Vallendar ist ein verwunschener Ort in einem Seitental des Mittelrheins. Ein Nonnenkloster liegt da, es ist ein Zentrum der katholischen Schönstatt-Bewegung mit Kapellen und Gnadenorten und hat eine Ordenshochschule für Theologie. Es ist ein Ort weit weg vom Weltgetriebe, noch weiter weg vom Berliner Politikbetrieb und seinen politisch-korrekten Debatten. Wohl gerade deshalb diskutieren dort Bundesaußenminister, Frank-Walter Steinmeier und ein Kirchenfürst: Walter Kasper, als „Kardinalspriester“ einer der ranghöchsten Kirchenfürsten. Die Brutalität der Realität, wie beide sie darstellen, steht in einem seltsamen Widerspruch zur idyllischen Magie des Orts: „Unsere Welt ist aus den Fugen geraten“, sagt der Politiker. Der Priester plädiert für Waffenlieferungen als „Gebot der Nächstenliebe“.
Ukraine-Konflikt auch in 5 Jahren noch nicht gelöst
Steinmeier zerstört jede Hoffnung auf eine schnelle Entspannung oder Lösung der Konflikte in der Ukraine: Dieser werde auch in „fünf Jahren noch nicht ausgeräumt sein“. Russlands Vorgehen sei eine „Verletzung des Völkerrechts“, sehr viel mehr als nur ein regionaler Konflikt.
Wenn Russland Grenzen in Europa wegen ethnischer Gruppen neu ziehen wolle, dann „stellt das die europäische Sicherheitsarchitekur in Frage. Das ist keine der üblichen Krisen, sondern eine Veränderung der Welt“. Dabei schwingt mit: Gegen eine Veränderung der Welt von der einen Seite aus werde sich die andere, also die NATO und die USA, wehren müssen.
Steinmeier zieht damit eine klare Linie zwischen sich und seinem früheren Regierungschef und Parteivorsitzenden Gerhard Schröder, der noch vor einer Woche als Aufsichtsratsmitglied der russischen Gazprom-Tochter Nord Stream geprahlt hatte „Ich bin ein Rußland-Versteher – und stolz darauf“. Steinmeier differenziert zwischen verstehen und Verständnis und hält dagegen: „Das Vertrauen ist zerstört“. Zwar werde er versuchen, die verschiedensten Gesprächskanäle offen zu halten. Doch in der Sache gibt es bei ihm wohl kaum Spielräume – er stellt sich mit seinen Formulierungen gegen die stillschweigende Hinnahme von immer neuen Regelverstößen Russlands und einer schrittweisen Destabilisierung Osteuropas. Man beobachte jeden Tag Verletzungen des Waffenstillstands – und doch sei der bislang der wohl größte Erfolg: „Vielleicht wird man als Außenminister zu Unrecht zu bescheiden. Aber noch vor drei Wochen drohte der Eintritt in den Krieg. Wenigstens das haben wir im Augenblick abgewendet“. Das sei der eigentliche Erfolg: „Krieg entsteht innerhalb weniger Wochen, Lösungen aber dauern vier, fünf, sechs Jahre“.
„Wir müssen Aspekte der Landesverteidigung wieder stärker berücksichtigen“ (Steinmeier)
Und es hat Konsequenzen auch für die Verteidigung Deutschlands: „Wir brauchen Flugzeuge, die fliegen“.
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