Hurra, er lebt noch! Das ist so ziemlich das Beste, was man nach einem runden Jahr akuter Euro-Krise über die gemeinsame europäische Währung sagen kann.
Der Euro sollte ja auch ein neues Welt-Geld werden und den Dollar wenigstens teilweise ersetzen. Jetzt will eine dritte Währung Weltrang erringen – der chinesische Yuan.
Kann der Euro sich dagegen behaupten, Vertrauen zurückgewinnen? Die schlimmsten Befürchtungen der Euro-Skeptiker haben sich in der Krise nicht bewahrheitet – Griechenland ist weder ausgetreten noch ausgeschlossen worden; die Spaltung der Währungsunion in eine stabile Liga-Nord und einen Weichwährungssüden blieb aus. Trotz lautstarker Proteste und wackelnder Regierungen ist der Staatsnotstand in den Pleiteländern Griechenland, Irland und Portugal ausgeblieben. Erstaunlich schnell haben die europäischen Regierungen gigantische Milliardenbeträge mobilisiert, um die Währung zu stützen. Die groteske wirtschaftliche Verantwortungslosigkeit wird zukünftig kritisch beäugt, Statistiklügen werden offengelegt.
So wurde mit einem politischen und wirtschaftlichen Kraftakt die gemeinsame Währung – ja was denn? –„verteidigt“, wie es im Jargon der Politik heißt. Das suggeriert eine Bedrohung von außen, gegen die sich Europa wehren müsse, als Feindbild gelten anonyme „Spekulanten“. Das lenkt von den Ursachen, nämlich der hausgemachten Verschuldung ab. Neben den eingesetzten Milliarden ist die politische Rhetorik schon immer eine der wichtigsten Waffen gewesen. So wird das größtmögliche Bedrohungsszenario beschworen: Dass der Euro eine Frage von Krieg oder Frieden sei – diese Floskel gehört ins Standardrepertoire des europäischen Politik-Sprechs. In keiner Rede darf auch fehlen, dass ohne den Euro Deutschland in der Finanzkrise zum „Trümmerfeld“ geworden wäre oder Deutschlands Wohlstand einzig und allein dem Euro zu verdanken sei – beides natürlich „alternativlos“. Dabei zeigt ja schon ein Blick in die winzige Schweiz oder nach Norwegen, dass sehr viel kleinere Währungen ganz gut durch Währungsstürme segeln können. Angestrengtes Euro-Pathos und Brimborium soll all diejenigen zu kleinlichen Krämerseelen und Buchhaltern abwerten, die die Kosten und Konsequenzen der Rettung nachhalten. Denn die Realitäten lassen sich nicht mehr verbergen: So verwandeln sich die angeblich belastungsfreien Bürgschaften nach und nach in sichtbar abfließende Milliarden. Das Murren in Finnland, der Slowakei, Österreich und den Niederlanden wird immer lauter, weil es der Bevölkerung nicht einleuchten mag, dass europäische Solidarität neuerdings heißt, dass Ärmere für Wohlhabendere zur Kasse gebeten und schlechte Politik mit Finanzströmen aus der europäischen Umverteilungspumpe belohnt wird. Während die Politik ihre Rettungserfolge feiert, kommt ihr die Unterstützung der Bevölkerungen abhanden. Der Euro trägt damit nicht zur Vertiefung Europas bei, sondern wird zum Spaltpilz.
Immerhin, so freuen sich die Euro-Fans, ist der Euro doch mindestens so stabil wie der Dollar. Das stimmt. Aber die Stärke des Euro ist nur die Schwäche des Dollar: Schließlich ist die Verschuldung der Vereinigten Staaten so bedrohlich wie die mancher europäischer Staaten. Während sich also Euro und Dollar umklammern wie zwei Betrunkene, die sich gegenseitig bestätigen, dass nicht sie es sind, die torkeln, sondern die Welt um sie herum, betritt ein neuer Kraftprotz die Währungsbühne: Systematisch bereitet die chinesische Führung den Yuan auf die Rolle der neuen Weltwährung vor, mit Shanghai als neuem globalem Finanzplatz.
Europa wäre da mit einer soliden Währung schon gut bedient – einer Währung, deren Kraft aus innerer Stärke und wirtschaftlicher Dynamik erwächst und nicht aus Umverteilung und Nivellierung der Leistungsfähigkeit. An die Stelle der überschäumenden Euro-Rhetorik sollte jetzt die wirtschaftliche Reformarbeit treten.
(Erschienen auf Wiwo.de am 09.04.2011)
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