Das Milliarden-Loch für unsere Steuergelder trat bei der Hypo-Tochter Depfa auf – aber weil die in Irland residiert, haben die Aufseher der Bonner Blindenanstalt schon gleich gar nichts ahnen dürfen, sagt das Bundesfinanzministerium, während die BaFin behauptet, das Ministerium ständig vor der sich zuspitzenden Liquiditätskrise gewarnt und die Hypo verwarnt zu haben. Derart widersprüchliche und verwirrende Auskünfte erteilte die Parlamentarische Staatssekretärin des Bundesfinanzministeriums, Nicolette Kressl, vor dem Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags. Frau Kressl ist Berufsschullehrerin für Bäcker und Konditoren – eine Fachfrau, der man Kenntnisse über die komplexe Welt der Finanzmärkte zutrauen kann. Nicht nur das dreiste Vorgehen vieler Banker treibt einem Tränen der Wut in die Augen – das Versagen von Aufsichtsbehörden und Regierung wirkt auch nicht vertrauensbildend.
Ohne Vertrauen aber bricht der Geldkreislauf zusammen, weil keine Bank und kein Kunde Geld verleiht, wenn er erwarten muss, es zu verlieren. Deshalb schließen die Banken ihre Milliarden lieber in ihren elektronischen Tresoren ein. Wenn das Vertrauen weiter bröckelt, werden die Geldbündel unter der Matratze und das Loch im Kellerboden zu den neuen Banken der Bürger und zum Todesurteil für unsere Wirtschaft. Wie aber ist Vertrauen zurückzugewinnen? In den USA und Großbritannien wird dies mit riesigen Geldbeträgen versucht, die die Banken stabilisieren und den Geldfluss garantieren. Deutschland zögert damit. Klar, es ist ungerecht, die Fehler der Banken auf Staatskosten zu beheben. Aber über die Wasserpreise sollte man erst reden, wenn die Löschaktion gelungen ist, nicht vorher.
So aber spart Deutschland am Löschwasser. Jede einzelne relevante Bank – nicht pauschal das Bankensystem – will der Bundesfinanzminister retten. Das klingt vernünftig, sparsam – und ist falsch. Denn die tiefe Verunsicherung wird auch solide Banken mitreißen. Es ist zu teuer, jeden kippenden Dominostein wieder aufzustellen – klüger wäre es, die Kettenreaktion umfallender Banken von vorneherein zu verhindern. Das ist langfristig auch billiger.
Berlin vertraut auch zu sehr auf die Geldschwemme der Notenbanken. Kanzlerin und Finanzminister glauben, dass damit die Geldpumpe wieder anspringt. Nun hat aber John Maynard Keynes schon 1936 erkannt, dass es so etwas wie eine Geldfalle gibt – jeder Euro verschwindet im schwarzen Loch der Banktresore und wird nicht weitergereicht. Keynes hat daraus den Schluss gezogen, dass die Regierungen an den Banken vorbei Geld in Konjunkturprogramme stecken müssen. Im Extrem hat er gefordert, Menschen Geld dafür zu bezahlen, dass sie Löcher graben und sie anschließend wieder zuschaufeln. Hauptsache Geld kommt in Umlauf und gibt der Pumpe wieder Wasser – heute könnte das über Eigenkapitalspritzen an die Banken geschehen.
Wegen der Liquiditätsfalle, in der alles Geld der Welt verschwindet, wirkt damit die schwächliche Zinssenkung der Notenbanken wie eine Postkarte an einen Sterbenden, auf der „Gute Besserung“ steht.
Derweil sorgen sich Berlin und die Europäische Zentralbank um – Inflation. Was für ein Unsinn! Denn alle Vermögen, Immobilien, Rohstoffe und Aktien werden jetzt billiger. Derart in der Deflation entwertete Vermögen reduzieren auch die Nachfrage, denn Arme kaufen keinen Porsche.
(Erschienen auf Wiwo.de)
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