Monster umstellen ein Dorf

"Man kann nicht ein kleines Dorf mit einer 380-KV-Freileitung einkreisen", so Sigmar Gabriel. Auf dem Bild das kleine Dorf Möhrenbach, umkreist von fünf Masten für die 380-KV-Freileitung.
Der Beitrag  „Natürlich“ kommt die Stromtrasse nicht“   hat viele Mails und Zuschriften ausgelöst. Zu emotional besetzt ist die Energiewende, die sich ja viele herbeisehnen. Aber immer deutlicher werden die Kosten.

Nicht nur in Euro, mittlerweile fast EUR 1.000,– pro Jahr für eine größere Familie von fünf Personen. Auch die Kosten für Natur und Umwelt. Denn während über die versteckten Kosten der Atomenergie schon lange debattiert wird – für Grünstrom bleibt das bislang tatsächlich versteckt: Wälder werden gerodet und zerhauen, um Platz für neue Stromtrassen und Zufahrtswege sowie Stellflächen von bis zu 100 Meter Durchmesser für Windräder zu schaffen. In Süd- und Ost-Bayern steht auf bis zu 70 % der landwirtschaftlichen Fläche Mais für die Vergasertanks; Essen wird verbrannt und die Umwelt mit Monokulturen, dem hohen Bedarf an Pestiziden und Herbiziden für Mais, belastet. (s. dazu auch „Hart aber fairDie Flut in Deutschland. Nur Laune oder Rache der Natur?“) Stellenweise sieht man vor lauter Mais die Alpen nicht. In Rheinland-Pfalz werden naturnahe Freiräume und Erholungsgebiete den Windstrommonstern gnadenlos geopfert. Die Windräder werden bis an den Rand geschützter Gebiete heran gebaut – wegen ihrer gigantischen Höhe dominieren sie also auch vermeintlich geschützte Bereiche. Die Liste lässt sich verlängern.

Bilder der Energiewende-Realität

Teresa Korn schickte die Fotos von Möhrenbach aus Thüringen, eine kleine Idylle, wie wir sie sonst nur noch aus der „Landlust“ kennen. Sie zeigen, wie die Strommonster den Ort buchstäblich umzingeln. Wegschauen geht nicht mehr. In der Nähe noch ein neu gebauter ICE-Tunnel, der natürlich nicht für die Verlegung von Stromtrassen genutzt wurde. Frau Korn schreibt:

„- Niemand hat die Absicht, die Gesundheit von Menschen zu gefährden. Und trotzdem werden die 380-KV-Leitungen unter Ignoranz des Strahlenschutzes bis 200m nah an Häuser gebaut.

– Niemand hat die Absicht die Natur zu verletzen. Und trotzdem wird Wald gerodet. Dort werden nie wieder Kinder spielen und Familien spazieren gehen.

– Niemand (der Staat) hat nicht die Absicht, den Bau der Leitungen mit gesetzlichen Mitteln durchzusetzen, denn dann hätte man ja jahrelanges Theater. Das wäre unklug. Und dennoch werden trotz Klagen und Protesten der Bevölkerung die Masten für die Leitungen einfach gebaut.

– Die Bundesregierung will auch Erdverkabelung zulassen. Wann? Wo? Man hätte mit Bau des Silberbergtunnels diese 380-KV-Leitung im Berg erdverkabeln können. Die Planung des Tunnels und das Planfeststellungsverfahren der 380-KV-Trasse hätte dies zeitlich ermöglicht. Man müsste nicht nachträglich kilometerweise den Boden aufbaggern. Somit wäre das sogar kostengünstiger als eine allein betrachtete Erdverkabelung. Aber es ist schlichtweg nicht gewollt. Es wird nur darüber geredet.

Und dann mit Abstand betrachtet: Wozu diese überstürzte und absolut undurchdachte Energiewende? Niemand hat die Absicht Braunkohlestrom mit den neuen Leitungen zu transportieren. Nein. Doch! Wo soll der Strom denn sonst herkommen, wenn der Atomstrom kompensiert werden muss?“

Argumente, die wir so schon kennen

Solche Argumente werden meistens weggeputzt – schließlich muss doch der Braunkohle- und Windstrom fließen, wenn anderer wegfällt. Natürlich müssen die Menschen ein Einsehen haben, wenn ihre Heimat geopfert wird – für Arbeitsplätze und Licht in den Metropolen. Natürlich muss das Kleine dem Großen weichen, der Baum dem Beton.

Aber waren das nicht die Argumente, mit denen früher die Großtechnik durchgesetzt wurde wie Kernkraftwerke? War es nicht so, dass die grüne Bewegung eigentlich die Menschen schützen wollte vor Großtechnologien? Mittlerweile wachsen sich die sogenannten Erneuerbaren Energien zur eigentlichen Bedrohung aus. Einfach, weil die Energiewende sich gut anhört, aber ihre Quantität in Brutalität umschlägt, die Mensch und Natur bedroht. Eine Diskussion darüber fehlt, die sie zumindest menschenerträglicher gestalten würde. Denn längst ist die Energiewende ein Großprojekt, das autoritär durchgepeitscht wird. Wie einst der Atomstaat, für den ja auch Gesetze geändert und Bürgerrechte eingeschränkt wurden – wie heute bei Stromtrassen. Noch fehlt der breite Bürgerprotest, weil ihm Organisation und Stimme fehlt. Robert Jungk hat ihn beschrieben und herbeigeschrieben, mit „Die Zukunft hat schon begonnen“ und zuletzt „Der Atomstaat. Vom Fortschritt in die Unmenschlichkeit. Kindler, München 1977, ISBN 3-463-00704-5

Er formulierte auch:

•„Gesellschaftliche Veränderung fängt immer mit Außenseitern an, die spüren, was notwendig ist.“

Ich freue mich auf die Diskussion darüber, wie die Energiewende human und naturverträglich gestaltet werden kann.

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