Ach ja, die Maut. Nun kommt sie. Ich habe Verständnis für Autofahrer, die sich beim Osterurlaub nach Österreich oder Frankreich über die Gebühren ärgern, die sie zahlen müssen. Aber ist es deshalb richtig, die Fehler der anderen nachzumachen? Nicht wirklich. Und doch wurde das Mautgesetz verabschiedet, und vermutlich zahlen wir bald alle mehr, auch wenn es so nicht gesagt wird. Denn klar ist, dass die Gutschrift zementiert ist, um die die KfZ-Steuer reduziert wird. Aber die Maut kann ja jedes Jahr wachsen. Und damit werden wir alle abgezockt.
Spätestens in der nächsten Legislaturperiode wird mit düsterer Miene ein Verkehrsminister genau das verkünden und ein noch düsterer Finanzminister erklären, dass leider, leider diesmal die Senkung der KfZ-Steuer nicht wiederholt werden könne – die Kassenlage, Sie wissen schon. Und das Versprechen der heutigen Kanzlerin – das bindet den Nachfolger nicht. Paranoia? Nein, denken Sie an den Soli. Er war mal für die Wiedervereinigung gedacht, und läuft und läuft und läuft immer weiter. Was sie haben, geben sie nicht mehr her. So wird es auch bei der Maut sein.
Willkommen in der Mitmach-Regierung
Gleichwohl hat der Bundestag die Maut beschlossen. Die SPD war auch dagegen. Aber in der Groko herrscht die Logik: Jeder darf mal einen Fehler machen, wenn er bei den Fehlern der anderen mitmacht. Die CDU hält die Frühverrentung der SPD für einen Fehler, aber macht mit, weil die SPD bei der Mütterrente der CDU mit macht, was die SPD eigentlich für Irrsinn hält. Deshalb hat die CSU auch bei den Mindestlöhnen mitgemacht, damit jetzt alle bei ihrer Maut mitmachen. Es ist eine Mitmach-Regierung, die diesen Wahn im Koalitionsvertrag festgelegt hat und deshalb nicht mehr ändert. Und die vornehmste Aufgabe der Minister ist nicht, wie im Grundgesetz festgelegt, ihr Fachgebiet in eigener Verantwortung zu führen – sondern die Koalitionsbeschlüsse zu exekutieren. Koste es, was es wolle. Hier wird nicht gedacht, sondern ausgeführt.
Seltsamerweise gibt es im Grundgesetz keinen Paragraphen zu Koalitionsverhandlungen und keinen Vorschlag zu einem Koalitionsvertrag. Es gibt nur den freien Abgeordneten, der seinem Gewissen verantwortlich ist. Man kann nun ganz ordinär sagen: Scheiss drauf! Was ist schon so ein Grundgesetz wert, was geht uns das an, wenn wir einen Koalitionsvertrag haben? Und so erleben wir ein ganz und gar peinliches Verhalten. Jeder macht bei Sachen mit, die er mit seinem Gewissen erklärtermaßen nicht vereinbaren kann. Der Bundestag ist kein Parlament mehr, sondern die größte Notarkammer der Welt: Hier wird besiegelt, damit formal dem Grundgesetz Genüge getan wird. Aber nicht das Parlament hat entschieden, sondern gemacht wird, was ein kleiner Kreis ausbaldowert hat. Alle heben das Pfötchen und machen sich sogar noch lustig über sich selbst und ihre Schwäche: Es war geradezu erbärmlich, wie beispielsweise die Redner der SPD sich zuerst über die Maut lustig gemacht haben, um allerdings zuallerallererst zu verkünden, dass sie zustimmen werden. Merke: manchmal hat Wahnsinn System, aber das macht ihn nicht besser. Willkommen in der Demokratie 2.0, in der der Bundestag die überflüssige historische Ausprägung einer Sache ist, die mal mit Volksherrschaft bezeichnet wurde. Heute haben wir Parteien. Die einigen sich – das Parlament? Ach ja. Stimmt zu.
EMMA läuft Amok
Im Bundesrat wurde am Freitag endgültig die Frauenquote verabschiedet. Das ist jetzt ein Gesetz, das 200 sehr erfolgreichen Frauen und zukünftig vielen Frauenpolitikerinnen fette Aufsichsratsmandate zuschanzt; warten wir das Ende der Legislaturperiode ab und schauen wir vergnügt zu, wie die ganz und gar kompetenten Frauenpolitikerinnen sich über Nacht zu Expertinnen der Automobil-, Chemie oder Telekombranche mausern. Es ist eine Art Selbstbedienungsgesetz, allerdings im Koalitionsvertrag verabredet, was es nicht besser macht. In denselben Wochen wird breit bejubelt, dass jetzt islamistische Lehrerinnen demonstrativ ihr Kopftuch in den Schulen tragen dürfen. Es geht ja nicht um das Kopftuch an und für sich, es geht um die Botschaft. Und die Mädchen in den Schulen haben zu verstehen und dem Vorbild nachzueifern: Demut ist die Sache der Frau, verbunden mit Unterwürfigkeit. Ihr Reich ist das Haus, gerade noch die Schule. Das ist jedenfalls ziemlich unemanzipativ. Aber irgendwie ist es so multikulti, und ach ja: Eine Islamisierung findet nicht statt, Sie bilden es sich nur ein, wenn Sie solche Anzeichen zu erkennen glauben. Emanzipation ist, wenn Einige/innen noch reicher werden, und die Verkäuferin mit islamischen Hintergrund gesellschaftlich ihrer Rechte beraubt wird.
Statt für die Recht von Zehntausenden einzutreten, wird das Selbstbedienungsrecht einiger weniger gefördert. Schon irgendwie lustig, was man heute so unter Emanzipation versteht. Logik eben; Dein Blick ist durch den Sehschlitz der Burka verschattet. Und besonders hübsch in dieser Woche EMMA, die Zentralorganin der Emanzipation. Dort wird eine Quote für die Doppelbesatzung in den Cockpits gefordert. Da kommen sofort Fragen auf: Pilotinnen auch gerne mit Kopftuch? Und wenn Lufthansa zu wenig Pilotinnen grad zur Verfügung hat – warten wir dann auf folgende Durchsage, die mich per Twitter erreichte:
@RolandTichy Pilotinnendurchsage: Wir waren zwar nicht die Besten bei LH aber die Quote half uns hier ins Cockpit. Wir wünschen guten Flug.
Andrea Nahles tanzt den Tsipras
Kommt mit dem Amt der Verstand? Andrea Nahles hat sich mit einem ihrer Büchsenspanner überworfen, dem Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband (DPWV). Dieser Verband hat noch nie irgendeinem Menschen etwas Gutes getan oder zu seinem Recht zu verholfen. Es ist eine reine Lobby-Organisation der großen, staatlich finanzierten Wohlfahrtsverbände, die in Wirklichkeit die größte Arbeitgeber in diesem Land und die härtesten Lobbyisten in eigener Sache sind. Nun hat der DPWV wieder so gepoltert, dass die Armut auf Rekordhöhe sei. Das Maß ist ja bekannt: Wer weniger als 60 % des Medianeinkommens (statistisch etwa: „häufigstes Einkommen“) verdient, hat als arm zu gelten.
Andrea Nahles hat darauf hingewiesen, dass bei dieser Art Armutsfestlegung immer 60 % arm bleiben werden, auch wenn wir alle und auch die Armen die größten denkbaren Einkommenssprünge machen sollten. Recht hat sie. In der Vergangenheit haben aber gerade Frau Nahles und ihre SPD aus dieser Art schwachgeistiger Begründung immer neue Forderungen abgeleitet, die übrigens immer dem DPWV und seinen Mitgliedsverbände zu Gute gekommen sind. Als Ministerin macht Nahles jetzt das Tsipras-Erlebnis: Sie schlägt hart in der Wirklichkeit auf. Willkommen da, Frau Nahles. Sie haben ja nur studiert und politisiert. Praxis auch im weltenfernen Berlin hilft bei der Realitätswahrnehmung. Und viel Vergnügen, wenn Sie ihren Namen tanzen, die Schritte kann ihnen ja Alexis Tsipras mal zeigen.
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