Kita-Streik: Geiselnahme im Kindergarten

Eine gute Idee von Funktionären der Gewerkschaft Ver.di beim Kita-Streik in Osnabrück: Eltern sollen ebenfalls streiken, „indem sie ebenfalls die Betreuung der Kinder verweigern und sie zum Beispiel beim Bürgermeister abgeben.“ Das also ist das stabile, geregelte, vertrauensvolle Umfeld, in dem unsere Allerkleinsten gut heranwachsen können? Krabbeln zwischen Schreibtischen, Papierkorb und Gummibaum im Einwohnermeldeamt?




Aber das interessiert weder Ver.di noch die dort organisierten Erzieherinnen. Kita ist ein Geschäftsmodell, eines, das umso besser funktioniert, weil es öffentlich betrieben wird. Die Verstaatlichung der Familie zeigt ihr wahres Gesicht: Die Freiheit vom Kind wird gegen die Unfreiheit getauscht, die im Ermessen von Ver.di-Funktionären liegt.

Viele haben Verständnis für den Kita-Streit. Aber es ist auch die Geschichte eines großen Schwindels: Viel versprochen – wenig gehalten.

Der grosse Kita-Streik-Schwindel

Denn die Kosten für die vielen hunderttausend neuen Kita-Plätze sind enorm. Die Städte sind überfordert. Verantwortlich sind nicht geizige Bürgermeister. Jetzt, wenn es um’s Zahlen für ihre Versprechungen geht, verdrückt sich die große Koalition im Bundestag. Sonst gilt: Wer bestellt – bezahlt. In der Sozialpolitik wird bestellt – andere sollen bezahlen. Weil das nicht klappt, werden die Kitas zur Falle für Kinder und Eltern. Auch die Qualität ist oft schlecht – auch wenn jetzt immer die gezeigt werden, wo Babies Chinesisch lernen. In den meisten Bundesländern sind die Kita-Gruppen zu groß, um den Bedürfnissen der Kleinen gerecht zu werden. Auch das war zu erwarten: Hunderttausende neuer Betreuungsplätze gibt es nicht ohne Abschlag auf die Qualität, wenn nur Quantität zählt. Auf die versprochene Qualitätsoffensive warten Eltern vergebens. Jetzt geht´s erst mal um mehr Geld für die, die drin sind.

Und die Qualität wird noch schlechter, wenn nur noch weniger Erzieherinnen eingestellt werden, um die Kosten im Griff zu halten. Aber wen stört das schon in der Politik des Kita-Schwindels? In 20 Jahren werden wir wehleidige Artikel über eine verlorene Generation lesen, die ihrer Kindheit beraubt wurde. Vermutlich erscheint dann ein Bestseller „Generation Kita“. Dafür melde ich hiermit das Copyright an. Darin wird stehen, wie Kinder emotional verarmten, weil das Geld für die versprochene gute Betreuung fehlte, und dass diese Generation zur Bindungsarmut verdammt ist. Alles klar – Ausreden sind ja ein probates Mittel der Entschuldigung. Das Ziel der Familienpolitik ist, die Erwerbsbeteiigung von Frauen zu fördern. Dem wird alles untergeordnet – insbesondere die Kinder.

Besonders hübsch: In Baden-Württemberg und Bayern gibt es Beiträge der Eltern zu den Kita-Gebühren, in Rheinland-Pfalz und Berlin nicht. Die Eltern in den Zahlerländern des Finanzausgleichs zahlen also die Erhöhung der Löhne in den Empfängerländern mit. Das ist Föderalismus pervers. Aber so ist Deutschland: Nicht wirklich reformfähig, wenn es um den Sozialschwindel geht. Zahler und Empfänger, Draufzahler und Begünstigte werden vermischt. Bis keiner mehr durchblickt. So entsteht der undurchdringliche Dschungel der Umverteilung, in dem Politiker für die nächste Wahl mal wieder ein Opfer ausspähen und erlegen.

Erpressung mit Kindertränen

Jetzt ist aber erst mal Ver.di dran. Der gemeinste Schwindel:  Ver.di erpresst uns jetzt mit dem, was uns am meisten schmerzt: Mit kullernden Kindertränen. Dabei wollen sie das Tarifgefüge im öffentlichen Dienst durcheinander wirbeln. Auch Polizisten und Müllmänner leisten wertvolle Arbeit, das Pflegepersonal in den Seniorenheimen ebenfalls. Die Erzieherinnen sind die Müllmänner der Gegenwart im Gewerkschftskampf: 1974 erkämpfte der damalige ÖTV-Chef Kluncker mit dem Streik der Müllmänner über 10 Prozent Lohnsteigerung; der Sturz von Willy Brandt als Bundeskanzler liegt auch in den explodierenden Budgets begründet. Ver.di-Chef  Bsirske argumentiert ja bei allen Berufsgruppen immer gleich: Gutes Geld für gute Arbeit, lautet seine Formel. Nur zu. Beim Wünschen nach Geld und Gerechtigkeit ist der Himmel offen. Es wird ein heißer Herbst, und dann streiken nicht mehr die Erzieherinnen – ihr Plus aber wird der Maßstab für weniger populäre Berufsgruppen sein.




Wer jetzt populistisch mehr Geld für die Einen fordert wie Sigmar Gabriel und Manuela Schwesig, der muss auch sagen: Wer zahlt dafür, und zwar für Alle? In der Industrie und Wirtschaft wissen die Gewerkschaften: Wenn unsere Autos oder  Maschinen zu teuer werden – gehen früher oder später die Arbeitsplätze verloren. Diese Vernunft-Bremse fehlt beim öffentlichen Dienst. Er muss dafür aus Vernunft das richtige Mass halten; Politiker müssen auch mal hart bleiben. Mass hat Ver.di verloren und fordert vier mal so viel wie bei Auto, Maschinenbau oder Chemie: Die Rechnung ist einfach: Beim öffentlichen Dienst zahlen eben andere – nämlich wir, die anonymen Steuerzahler. Und Politiker? Applaudieren auch noch und knicken ein. Es ist peinlich, wenn insbesondere Gabriel und Schwesig durch die Lande tingeln und Verständnis äußern. Es ist der permanente Wahlkampf, der zu Lasten des Steuerzahlers ausgetragen wird: Alle nicken bei der Lohnerhöhung für Erzieherinnen; Schwesig macht Punkte bei Frauen. Wer zahlt? Ach so…. Andere! So irgendwie. Es ist das Festival des Populismus, was wir hier erleben und das der Verantwortungslosigkeit.

Die Entwertung der Selbsterzieher

Und der größte Schwindel: Angeblich wird die Arbeit der Erzieherinnen nicht gewürdigt. Doch, das wird sie. Ich kenne nur einen Berufszweig, der ständig schlecht gemacht wird, der verspottet und lächerlich durch den Kakao gezogen wird: Die selbsterziehende Mutter. Wer drei Kinder zu Hause aufzieht, wird um 100 € Betreuungsgeld beneidet und vor dem Bundesverfassungsgericht verklagt; Manuela Schwesig wird sich sichtlich freuen, wenn diesen bösen Muttis das Betreuungsgeld von den Richtern am Bundesverfassungsgericht verweigert wird. Wer drei fremde Kinder in der Kita versorgt, für den wird gestreikt. Wer sie zu Hause erzieht, muß bestraft werden. Ist das fair? Es ist nicht mal wirtschaftlich. Ein Krippenplatz mit allem drum und dran kostet an die 4.000 €. Er ist die teuerste denkbarste Form der Betreuung, Tendenz steigend. Die Akzente in der Familienpolitik werden notorisch fragwürdig gesetzt. Wir haben es ja. Haben wir es wirklich?

Wir haben nicht genug Geld. Gabriel will deshalb notfalls sogar das Grundgesetz ändern, damit er gut verdienende Eltern noch stärker besteuern kann, um damit weniger gut verdienende Eltern zu unterstützen. Richtig wäre ein anderer Weg – das Familiensplitting. Dabei wird das Einkommen auf die Anzahl der Familienmitglieder, Vater, Mutter, Kinder aufgeteilt und dann versteuert. Im Ergebnis wären größere Familien schnell steuerfrei. So funktioniert das in Frankreich – und zwar effizient. Großfamilien sind dort populär. Deshalb, Wirtschaftsminister Gabriel, kämpfe beim Finanzminister für das Familiensplitting, damit Kinderreiche bei Steuern endlich mal richtig besser gestellt werden. Und Familienministerin Schwesig muss lernen: Nicht nur an die Zielgruppe für den nächsten Wahlkampf denken. Wenn alles teurer wird, hat am Ende keiner was davon. Aber Gesamtverantwortung ist ein Fremdwort. Bekanntlich hat ja der Wahlkampf begonnen. Ausgerechnet in den Kitas. Die können sich ja nicht wehren. Und Familienpolitik ist das neue Thema der SPD.




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