Jesus zieht in Jerusalem ein, begrüßt und umjubelt von den Menschen. Mit diesem Bild beginnt die Karfreitagsprozession in San Cristóbal de la Laguna auf Teneriffa.
Auf Wagen in „Pasos“, figürlich dargestellt, entrollt sich die Kreuzigungsgeschichte – eine Abfolge von Jubel, Verrat, Qual, Leiden und Tod. Diese Bilder passen so gar nicht in die heutige glatte Welt. Bis wir daran erinnert werden – qualvoll. Überraschend?
Die Bruderschaften begleiten ihre jeweiligen Darstellungen; in vielen Fällen verbergen sich darunter übrigens Frauen. Das Leid hat kein Gesicht. Seit dem 16. Jahrhundert hat sich wenig geändert. Nur das Bewusstsein für Endlichkeit.
Jesus im Garten Getsemani: Die Jünger schlafen, die Angst und der Selbstzweifel erfahren keinen Trost. Nennen wir es Depressionen. Das schiebt es weg ins Fach der Krankenkasse.
Der Verrat hat ein Gesicht. „Ehe der Hahn drei mal kräht wirst Du mich verraten“. Das Neue Testament als Prozession – oder Film über unsere eigenen Abgründe.
Paso de la Dolorosa, die Schmerzensmutter. Es sind ergreifende Bilder, immer wiederkehrende Motive des Christentums, hier scheinen sie zu leben und üben eine ergreifende Wirkung aus.
Jesus fällt zum 3. Mal. Wie oft schauen WIR weg? Und übrigens: Christenverfolgung gibt es doch gar nicht. Laßt uns wegschauen. Erbarmungslos. Wir kümmern uns um das Leben niedliche Küken! Hauptsache, Abtreibung bleibt bestehen. Unser Recht.
Veronika reicht das Schweisstuch. Die ewige Geste des Mitgefühls und der eigenen Hilflosigkeit jenseits unseres imaginierten Machbarkeitswahns.
Jesus am Kreuz, das Leid bleibt bei den Hinterbliebenen zurück – Assoziationen bitterer Aktualität in einem uralten Motiv festgehalten.
Kreuzigungsszene in San Cristobal de la Laguna – tiefe Hingabe der Bevölkerung, während in Deutschland über ein Tanzverbot debattiert wird.
Kein Bild für die Gegenwart: Büsser schleppen Ketten an den Füssen und ein Kreuz. Gibt es noch Schuld und vor allem: Verantwortung? Oder tragen heute immer andere die Ketten – oft die Eltern, meist die Gesellschaft, wer auch immer, Hauptsache Andere?
Die Stadt ist ein einziger Gedenkort. Die Prozession löst sich auf und doch wird sie zum Strom, der alle mitnimmt. Vermutlich würde in Deutschland dergleichen untersagt mit Rücksicht auf die Gefühle muslimischer Mitbürger.
Jesus im Grab. Die Santa Semana ist in San Cristóbal de la Laguna die wichtigste Woche des Jahres. Ein Drittel der Einwohner sind übrigens Studenten.
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