DSGVO: Das dümmste Gesetz

Die Datenschutzgrundverordnung ist genau fünf Monate Gesetz: Teuer, aufwendig, kompliziert - und wirkungslos. Sie hat sich den Titel "Das dümmste Gesetz" zu Recht verdient. Ihr Erfinder allerdings machte Karriere.

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Erinnern Sie sich noch an die Panik, die viele Unternehmen, Fußballvereine, Blogger und Verbände im Frühjahr ergriff? Auslöser war die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO), die am 25. Mai gültig wurde. In den Tagen davor brachen beim Unternehmer-Magazin „Impulse“ die Server zusammen – schnell noch wollten viele Unternehmen die Checkliste herunterladen, um der Existenzvernichtung zu entgehen. In Nachtschichten wurden Formblätter ausgefüllt, Computer programmiert, Daten vernichtet, Kosten in die Höhe getrieben.

Hektik, Panik, Schrecken

Sturmzeichen überall
Entdigitalisierung durch DSGVO
Seither wurden Newsletter eingestellt, ungezählte Tonnen Papier mit schriftlichen Einverständniserklärungen zu Selbstverständlichkeiten abgeheftet. Boutiquen vernichteten Adresskarteien ihrer Kunden, Visitenkarten wurden weggeworfen weil ihre Übernahme in die elektronische Datei angeblich Datendiebstahl ist, Blogs verschwanden vom Bildschirm, Großunternehmen richteten im Vorfeld Arbeitsstäbe ein, Unternehmensberater und Daten-Anwälte wurden zu bestverdienenden Superstars und Fußballvereine gaben unterschiedliche T-Shirts aus: Rote für solche Spieler, die mit einem Foto einverstanden waren und blaue für Spieler, die nicht fotografiert werden wollten. Auf einer Veranstaltung der CDU-Mittelstandsvereinigung wurde jeder Besucher, der dort nicht fotografiert werden wollte, mit einem roten Klebepunkt auf der Stirn gekennzeichnet. Alles aus Angst vor einer unverständlichen Gesetzgebung, die mit existenzvernichtenden Strafen in vielfacher Millionenhöhe durchgesetzt werden sollte.

Und dann geschah – nichts. Stille.

Reform ohne Wirkung

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Allmählich zeigt die DSGVO Wirkung. In Portugal soll eine Klinik 400.000 € Strafe zahlen, weil statt 200 plötzlich 800 Beschäftigte als „Ärzte“ Zugang zu Patientendaten hatten. Aus Wien wird gemeldet: Dort schrauben die städtischen Wohungsbesitzer die Klingelschilder an den Eingängen ihrer Wohnblocks ab. Völlig unnötigerweise, sagen die einen. Aber wer weiß das schon? Sicher ist nur eines: Alles ist unsicher und kann teuer werden. Sagen die Angsthasen. Die Mutigen scheren sich nicht darum. Einfach so. Langsam steigt wieder die Zahl unerbetener Newsletter. Viele Unternehmen und Verlage missachten die DSGVO so kaltblütig wie ignorant. Man atmet geradezu auf. Die roten Punkte und farbmarkierten T-Shirts sind weitgehend verschwunden. Es wird wieder fotografiert. Völlig unbehelligt blieben die Datenkraken wie Facebook und Google, gegen deren Sammelwut sich die DSGVO angeblich richtet. Den Schaden der DSGVO haben die anderen. Kosten in erdrückender Höhe fielen dagegen bei Kleinunternehmern und Mittelständlern an, die sich nicht die riesigen Beraterstäbe leisten konnten und verzweifelt an Lösungen bastelten. Das Leben normalisiert sich wieder; geblieben sind prall gefüllte Aktenordner, unnötige Aufregung und teure Anstrengungen, die jenen das Leben schwer machen, die dieses Land in Betrieb halten. Fein heraus sind diejenigen, die die DSGVO einfach ignoriert haben. Offensichtlich ist der Dumme, wer sich an die DSGVO hält oder sich um Anpassung bemühte.

Das „D“ steht für „Dumme“

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Mit gutem Recht könnte man sagen: Das „D“ steht für „Dumme“. Und offensichtlich ist der Dumme, wer sich an ein Gesetz hält. Damit richtet die DSGVO breiten Schaden an: Sie hat ihr Ziel komplett verfehlt, die Datensammellust der großen Netzwerke zu bremsen. Sie hat flächendeckenden Schaden angerichtet bei komplett harmlosen Datensammlern. Sie hat den Datenschutz, der eigentlich so zentral wichtig ist, lächerlich gemacht und unglaubwürdig; beim Wort Datenschutz verdreht mittlerweile jeder die Augen. Die DSGVO trägt aber auch dazu bei, unseren Rechtsstaat zu zerstören: Gesetze, die man nicht versteht und die außer allgemeiner Aufregung, Vergrößerung von Behörden und unsinniger Kosten nichts bewirken, lassen die Bürger an diesem Staat und insbesondere an der Weisheit der Beschlüsse in Brüssel ernsthaft zweifeln. Gesetze, die nicht sanktioniert werden, weil auch Behörden und Gerichte überfordert sind, sind nicht nur handwerklicher Unfug – sie unterminieren auch das Rechtsbewusstsein, wonach Gesetzesverstöße zu verfolgen sind. Da passt die DSGVO zu der wachsende Unzufriedenheit, die an der  Rechtsetzung ebenso zweifelt wie daran, dass Recht noch konsequent verfolgt wird.

Derjenige, der sich als Schöpfer der DSGVO hat feiern lassen, der grüne Europa-Abgeordnete Jan Philipp Albrecht, ist mittlerweile Minister in Schleswig-Holstein. Er gehört zu jener Generation von Politikern, die von ihnen angerichteten Schäden nicht verantworten, weil sie längst zum nächsten Tatort weitergezogen sind. Die DSGVO dagegen bleibt. Der Schaden wächst. Die Grünen haben Erfolg. Die Bürger zahlen.
Es ist viel Teures geschehen. Alles bleibt, wie es ist.

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Kommentare ( 62 )

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62 Comments
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enterfiles672
5 Jahre her

Das ist ja nur ein Gesetz von vielen Gesetze und hat man das ganze Paket an Gesetze vergisst man das Gesetze von Jurist*innen umgesetzt werden sollen und was dann da alles umgesetzt wird hat oft rein nichts mehr mit dem zu tun was das Gesetz zum Ausdruck brachte. Lustig an diesem jetzt hier betroffenen Gesetz ist der Begriff Datenschutz. Aktuell lernen nicht nur Top Politiker sondern salopp kleine Fische wie schnell der „Datenschutz“ umgangen werden kann. Noch lustiger finden wir das sich viele der Betroffenen bei Facebook und Co aufhalten natürlich alles echte Accounts uvm. dabei wissen wir doch das… Mehr

Sabine Friedl
6 Jahre her

In meiner Firma hat man die Auswirkungen der DSGVO kaum gespürt. Was sich geändert hat: 1. Der Kunde hört in der Warteschleife die Info, dass er die Infos zur Datensicherheit und unseren Umgang mit seinen Daten auf unserer Webseite nachlesen kann (wenn er denn möchte), 2. Der Kunde kann bei jedem Angestellten a) die Auskunft einholen, welche Daten über ihn gespeichert sind und b) die Löschung seiner Daten verlangen (früher wurde er dazu an die zuständige Abteilung verwiesen). Grund dafür ist angeblich, dass die DSGVO sich stark am deutschen Datenschutzgesetz orientiert und meine Firma sich eh schon vorher penibel dran… Mehr

Ulrich
6 Jahre her

Jan Philipp Albrecht – außer als Beteiligter an diesem Gesetz, das dafür sorgt, dass Gruppenfotos im Kindergarten nur noch mit verpixelten Gesichtern zur Erinnerung ausgegeben werden, ist mir diese grüne Lichtgestalt als Hauptdarsteller in einen sehenswerten Teletubbi-Video (http://www.youtube.com/watch?v=XPynZgJgMt4) aufgefallen. Da bin ich ja guter Hoffnung, dass den beiden anderen Hauptdarstellern Ska und Terry ein großartige Zukunft in Politi und Wirtschaft bevorsteht. Armes Deutschland, Caligula war mit seinem Pferd als Senator eine schwache Nummer dagegen.

Danton
6 Jahre her
Antworten an  Ulrich

Dieses Video ist das peinlichste was ich jemals gesehen habe. Ich schäme mich zur gleichen Spezies zu zählen. Ihr Teletubbi Vergleich trifft daher 100% ins Schwarze. Trotzdem kann ich immer noch nicht glauben was ich da gerade gesehen habe. Mein erstes Trauma …..

Menschenfreund
6 Jahre her

Sie schreiben Unsinn! Juristische Sprache hat mit der Alltagssprache nichts zu tun. „Verordnung“ im Sinne der EU heißt nicht nur Gesetz, sondern Mega-Gesetz. Noch viel restriktiver und umfassender als ein normales Gesetz. Das ist nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern in den Gärstuben der EU. Sie können ja behaupten, dass die EU keine Gesetzesmacht hat. Ethisch-moralisch bin ich da ganz Ihrer Meinung. Doch wenn sich die hiesigen Gerichte und Vollstreckungsbehörden so verhalten, als hätte die EU diese Macht, dann hat sie die Macht faktisch. Also gefährden Sie bitte nicht naive Leser, indem Sie der EU und ihren Schergen die physische… Mehr

enterfiles672
5 Jahre her
Antworten an  Menschenfreund

…schmunzel und genau das passiert wenn wer auch immer ein Gesetz oder Verordnung oder was auch immer erfindet und das dann wie auch immer auf das Leben einwirkt. Man fängt an über Begriffe und Auslegung zu reden und Jurist+innen verfassen dazu Kommentare und Firma Schönfelder und Satorius bringen ein 1. Mio. Update auf deren Standartwerke und Blabla und hin und her … uvm. Was aber bleibt ist das das Volk wieder mehr und mehr bevormundet wurde und der kleine Mann oder Frau es ausbaden darf.

Berndi
6 Jahre her

Was soll man da sagen? Ich hab von Anfang an gesagt, dem Bürger hilft das am Ende nichts. Was bringt es mir, haarklein Auskunft über Verarbeitungen zu bekommen, ohne die Ausführungen prüfen zu können? Was hab ich davon, irgendwelche Beamte in meinem Sinn klagen zu lassen, wenn ich davon ausgehen kann, in den nächsten fünf Jahren kein Urteil zu bekommen und es am Ende auch nur ums Rechthaben geht, weil Schadenersatz dann wieder Erbsenzählerei ist und die drakonischen Strafen nur dem Staat in die Kasse wandern?

jansobieski
6 Jahre her

Tja, früher dachte man mal, Deutsche seien ein intelligentes und fleißiges Volk. Fleißig sind viele immer noch, kann man da nur feststellen.

Nicholas van Rijn
6 Jahre her

Zum Abmontieren der Namensschilder bei Wiener Wohnen gibt es ja auch noch abstrusere Theorien: https://www.kleinezeitung.at/oesterreich/5516686/Wirbel-um-DSGVO_Gudenus_Tuerschilder-sollen-Auslaendernamen.
Obwohl, vielleicht ja doch?

MartinS
6 Jahre her

Dass das DSGVO von einem Politiker der Grünen initiiert und verantwortet wird ist genauso wenig Zufall, wie dass es derzeit im Wesentlichen straffrei ignoriert wird. Das DSGVO ist ein äußerst klever konstruiertes Gesetz, das genau das tut wofür es gemacht wurde. Wie kann ich so etwas absurdes schreiben, wo das Gesetz Großkonzerne wie Google und Amazon in Frieden lässt. Nun das Gesetz stammt von den Grünen, einer totalitären Partei, deren längerfristiges Ziel die Übernahme der absoluten Macht in Europa ist. Mittelfristig ist Deutschland im Visier. Mit diesem Gesetz ist im Grunde jeder Bürger und jedes Unternehmen ein Straftäter, der über… Mehr

Rebell
6 Jahre her

Als ich nach vielen Jahren im Ausland nach Deutschland zurückkehrte bekam ich eine „Schelle“ nach der anderen. Was beim ÖR für Märchen und Lügen damals schon verbreitet wurden lies mich an meiner Gedächtnisleistung zweifeln. Ich überprüfte meine ausländischen Quellen noch mal und konnte beruhigt feststellen. Mein Gedächtnis funktioniert. ARD und ZDF lügen schlicht. Aufhänger war der Abschuss eines Flugzeugs über dem Mittelmeer, bei den ÖR wurde der Ort auf das Hoheitsgebiet der Türkei verlegt. Wach geworden überprüfte ich per Internet viele Nachrichten beim ÖR und verglich die mit Internationaler Presse. Irgendwann lies ich schlicht die ÖR sein. Warum Zeit damit… Mehr

Juergen Schmidt
6 Jahre her

Ich möchte nochmal jedem empfehlen, sich auf youtube die Dokumentation „Democracy – im Rausch der Daten“ vollständig anzusehen. Hier wird die Entstehung des Gesetzes bei der EU gezeigt. Lief mal im Spätabendprogramm im ÖRR, hat wohl so gut wie niemand gesehen. Was vermutlich als PR der EU-Kommission gedacht war, um zu zeigen wie transparent und jugendlich man doch vorgeht, hat mich doch erschüttert zurückgelassen. Denn hier wird klar, wer dieses Gesetz gemacht hat, und wie. Wie bei der EU gearbeitet wird. Nein, es waren nicht ganze Kompanien von Juristen, die hellsten und erfahrensten Köpfe Europas, die dieses komplexe Gesetz ausgearbeitet… Mehr