Eine Währungsreform ist die Änderung von relevanten Merkmalen einer Währung. Die jüngste Währungsreform liegt gerade eine Woche hinter uns, sie datiert auf den 9. Mai 2010. Seither ist der uns bekannte Euro verschieden, und eine neue, inflationsgefährdete Weichwährung ist entstanden. Das innere Gefüge, die bisherigen Merkmale der Währungsunion, wurde über Nacht fast putschartig manipuliert.
So wird die Europäische Zentralbank in Zukunft wertlose Staatsanleihen gegen Euro ankaufen. Damit wird frisches Geld gedruckt, wenn die Regierungen es gerade brauchen. Noch vor wenigen Tagen hat der Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, dies ausgeschlossen, denn die Währungsgeschichte lehrt: Die direkte Staatsfinanzierung ist Hauptursache für Inflation. Und: Der Euro war gerade wegen der Unabhängigkeit der Zentralbank und ihres strikten Stabilitätskurses nach dem Muster der Deutschen Bundesbank bislang vorbildlich stabil.
In Zukunft ist er eine Weichwährung nach dem Vorbild des französischen Franc und der italienischen Lira. Selbst im Rat der Europäischen Zentralbank, dem obersten Entscheidungsgremium, das sonst meist einstimmig entscheidet, gab es Widerstand. BundesbankPräsident Axel Weber benannte öffentlich „erhebliche Risiken“ für die Geldwertstabilität. Dieser Widerspruch aus dem Innersten der EZB zeigt: Es waren nicht unabweisbare, zwingende Gründe, sondern es war politischer Druck, dem die Währungshüter nachgegeben haben. Wenn also der französische Präsident nach mehr Geld pfeift – Jean-Claude Trichet wird es brav apportieren. Die EZB hat ihre Unabhängigkeit verspielt.
Ebenso folgenschwer ist die jetzt eingeführte Praxis, dass bei Schuldenkrisen die weniger Verschuldeten den hoch Verschuldeten mit ungeheuren Milliardensummen aushelfen. Dies war bislang ausgeschlossen. Die Währungsunion ist über Nacht zur Transferunion umgemodelt worden. Man kann es Solidarität nennen, aber es bleibt ein gewaltiger Umverteilungsmechanismus, der aus dem vergleichsweisen soliden Deutschland immer neue Milliarden abziehen und in die Haushaltslöcher anderer Staaten lenken wird. Zusammen mit flotter Inflation sollen so die gigantischen Staatsschulden abgetragen werden.
Wahr ist: Die durch Griechenland ausgelöste Schuldenkrise hätte zu einer erneuten Bankenkrise führen können; es war diesmal die Erpressung französischer und spanischer Banken, die die Politik zur Kapitulation gezwungen hat. Aber diesmal hat die Politik nicht nur wie nach dem Bankrott von Lehman Brothers tief in die Kassen gegriffen; diesmal hat sie die Säulen unserer Wirtschafts- und Währungsordnung ins Wanken gebracht.
Die Nacht, in der die eiserne Kanzlerin zur Kapitulation in der Währungspolitik gezwungen wurde, war auch die Nacht der Wahlniederlage ihrer Regierungskoalition in Nordrhein-Westfalen. In der entscheidenden Stunde war Deutschland geschwächt. So entsteht eine europäische Wirtschaftsregierung – gegen Prinzipien, die Deutschland lange hochgehalten hat.
Kurzfristig entsteht wenig Schaden; die deutsche Exportindustrie gewinnt gerade wieder sensationell an Fahrt und wird die langfristigen Belastungen für Anleger und Haushalte verdecken. Die trotzdem notwendige strikte Sparpolitik aber wird keine Mehrheit finden – sollen wir wirklich, wie Roland Koch vorschlägt, für Frankreich und Griechenland an unseren Kindern, an Bildung, Forschung und Kindertagesstätten sparen? Glauben wir wirklich, dass jetzt, da die deutschen Kassen zur Plünderung freigegeben sind, am Mittelmeer plötzlich Haushaltsdisziplin einkehren wird?
Wir sollten konsequenterweise dem Euro einen neuen Namen geben: Weuro. Mit einem W für weich.
(Erschienen am 15.05.2010 auf Wiwo.de)
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein