Wie leben, investieren, wer sind die Reichen? Brauchen wir Reiche, oder müssen sie enteignet werden?
Ausgerechnet das winzige Zypern! Mit der ursprünglich geplanten Zwangsabgabe für Sparer und Millionäre auf Steuersparkurs hat es den Menschen in der gesamten Euro-Zone plötzlich vor Augen geführt, wie zerbrechlich Wohlstand ist: Ein Federstrich, und weg ist ein Teil meines Geldes. Zypern könnte damit zum Wendepunkt der Euro-Geschichte werden. Die seit drei Jahren anschwellenden Hilfsleistungen um immer neue Beträge nicht unter 100 Milliarden Euro haben die meisten noch ruhig hingenommen; zu abstrakte Zahlen, zu unvorstellbar, zu weit weg. Der Zypernschock trifft tief – plötzlich könnte das eigene Konto betroffen sein. Neuerdings wird nachgerechnet, dass bei einem Prozent Zins für das Guthaben und zwei Prozent Inflation die Euro-Politik die Tugend des Sparens gegen die Dummheit eines Verlustgeschäfts eingetauscht hat.
Unzeitgemäß wirkt da, dass sozialdemokratische und grüne Politiker einerseits dafür plädierten, die Zwangsabgabe wieder abzuschaffen – in Zypern, während sie in Deutschland noch viel kräftiger hinlangen wollen. Ihre Parteiprogramme sind vollgepackt mit Steuererhöhungsplänen, die im Ergebnis wie die verteufelten Zypernabgaben funktionieren: Die Vermögensabgabe (Grüne) oder die Vermögensteuer (SPD) wirken nicht anders. Das werde nur die starken Schultern treffen, die auch mehr tragen können, verspricht Peer Steinbrück: “Wir werden nicht alle Steuern für alle erhöhen, aber einige Steuern für einige.” Aber sein Steuerprogramm greift früh und gierig zu. Schon bei 64.000 Euro Jahreseinkommen werden nach den SPD-Plänen die Steuern erhöht; bei Alleinstehenden mit einem Kind sogar schon bei 50.000 Euro, weil die Kinderfreibeträge gekürzt werden sollen. Wer umverteilt, redet viel von Gerechtigkeit und verspricht: Genommen wird immer von den anderen. Aber das ist Wählertäuschung: Das “Oben” beginnt bei diesen Plänen in der arbeitenden Mitte, also weit unten, wo von echtem Reichtum noch lange nicht gesprochen werden kann. Das “Unten” dagegen reicht weit nach oben: Arm im Sinne des Armutsberichts ist, wer weniger als 12.000 Euro verdient. Gerade 40.000 Euro machen den Unterschied zwischen “Arm” und “Reich” im Sinne der SPD aus. So weitet sich sowohl die Zahl derer aus, die künstlich armgerechnet werden, wie auch derer, die noch höhere Steuern zahlen sollen – das Betätigungsfeld für Umverteilungsingenieure wird ausgeweitet.
Aber die vermeintliche Notwendigkeit der Umverteilung wird mit dem Brustton der Überzeugung vorgesungen. Deutschland wird als ebenso unsozial wie ungerecht interpretiert, obwohl die Daten dies nicht hergeben. Trotzdem kreiselt die öffentliche Diskussion um die Frage, wer wie viel verdienen darf – nicht nur bei Bankern und Top-Managern: “Bild” und “Stern” investigieren, ob der Koch mehr verdienen darf als der Friseur. Talkshows diskutieren aufgeregt, welches Vermögen gerecht ist und ob überhaupt und wenn wie viel noch an die Kinder vererbt werden darf. Aber geht es wirklich darum?
Denn während die Deutschen sich gegenseitig Einkommen und Steuern vorrechnen, bleibt die Welt nicht stehen; die Zahl der Milliardäre nimmt schneller zu denn je. Ob ihnen Hass, Neid oder Bewunderung entgegenschlägt, hängt davon ab, wo man lebt und wie man lebt. Braucht man nicht doch Reichtum als Anreiz und Lohn für Erfolg; als Seed-Money für Ideen, die sonst keiner finanzieren würde? Wäre die Welt ärmer oder reicher ohne Mäzene, Prasser, Spieler, Unternehmer und Verspieler – und Ideensucher? Reiche sind die ergiebigen Melkkühe, die man scharf angehen darf – so das Versprechen von SPD/Grünen. Oder sind sie die kräftigen Zugtiere für das Wohlergehen aller, die man eher pfleglich behandeln soll?
Besser wäre, Reichtum nicht zu denunzieren, sondern Armut zu reduzieren. Nicht die Geldgier ist das größte Übel dieser Welt, sondern der Geldmangel.
(Erschienen auf Wiwo.de am 23.03.2013)
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