Es wird ja heutzutage allerlei geschrieben über Quoten für Frauen in Führungspositionen, in Vorständen und Aufsichtsräten. Eine letzte Männerdomäne gilt es zu schleifen!
Dabei haben in einem erheblichen Teil der deutschen Wirtschaft längst Frauen die Macht übernommen und bauen sie aus: Ferdinand Piëch hat bestimmt, dass seine Frau Ursula ihm nachfolgen soll als bestimmende Mehrheitsaktionärin bei VW, dem vielleicht schon bald weltgrößten Automobilkonzern. Stellen wir uns vor, Uschi Piëch lädt zum Tee und trifft sich bei diesem Anlass in Salzburg oder Kitzbühel mit Johanna Quandt, der großen Dame hinter BMW, und Maria-Elisabeth Schaeffler, Dirigentin von Schaeffler/Continental, einem der weltgrößten Autozulieferer. Da würde dann an einem schön gedeckten Tisch das Schicksal von 60 Prozent der deutschen Automobilindustrie verhandelt.
Frauen, die das schwere Erbe ihrer großen Männer antreten, sind nach Jahren an seiner Seite häufig selbst zu großen Unternehmerinnen geworden, auch wenn sie dazu nicht ausgebildet waren. Einige haben sogar jahrhundertealte Imperien vor dem Ruin gerettet, wie Fürstin Gloria von Thurn und Taxis. Erinnern wir uns: So ein riesiges Vermögen kann man nicht versaufen, nicht verspielen, nur verdummen, hatte ihr Gatte einst gesagt. Einigen Männern mit Prädikatsexamen in der Tasche und Berufserfahrung bei McKinsey wäre das fast gelungen – eine Familie nach 500 Jahren vom Schlosshof zu jagen, wäre ihnen dann nicht die junge Fürstin in die Quere gekommen.
Auch Liz Mohn hat das Erbe ihres Mannes noch zu seinen Lebzeiten gerettet, indem sie Bertelsmann aus den fein gesponnenen Fängen von Thomas Middelhoff befreite, dieses Verspielers deutscher Milliardenvermögen. Menschenkenntnis und Lebenserfahrung helfen manchmal beim Durchschauen ausgebuffter Finanzierungstricks weiter als ein MBA. Auch Friede Springer – was haben die Flanellmännchen im Vorstand doch gelästert über seine Kleine – hat in brutalstmöglichen Übernahmeschlachten dem Medienkonzern die Unabhängigkeit bewahrt.
Offensichtlich ist Frauen die wirtschaftliche Unabhängigkeit noch wichtiger als den Unternehmensgründern, und sie denken langfristiger, dynastisch eben: Die Unternehmen expandieren dabei. Herbert Quandt hat BMW davor bewahrt, von Daimler geschluckt zu werden. Seine Frau Johanna hat den Kurs bei- und genialen Managern den Rücken freigehalten; heute beneiden sie in Stuttgart die Münchner um eine solide Ankeraktionärin, die auch dann die Ruhe behält, wenn es wie bei Rover einmal kritisch wird. Allerdings: Wenn nötig rollen im Quandt-Haus, in Berlin oder Gütersloh die Köpfe untauglicher Manager auch schneller, als dies in der Gemeinschaft der Seilschaften in Vorständen und Aufsichtsräten sonst üblich ist. Umgekehrt belohnen die Damen Treue und Loyalität – so wie ihre eigene auch belohnt wurde. Erfolgsmanager in solchen Frauenkonzernen haben längerfristige Perspektiven als in Firmen, die der wankelmütigen Laune von Finanzmarktinvestoren ausgesetzt sind.
Lassen wir uns nicht von dem geübten Vorurteil täuschen, Frauen wären nur weiche, ängstliche oder risikoscheue Bewahrer ererbter Traditionen. Maria-Elisabeth Schaeffler ist eine Conquistadora. Sie hat unter höchstem, manche sagen zu hohem Risiko zunächst mit Kugelfischer und später mit Continental größere und scheinbar unangreifbare Konzerne erobert.
Warum wird über die mächtigen Damen so wenig geschrieben? Vielleicht, weil sie die älteste Unternehmensform der Welt vertreten, die leider derzeit etwas unmodern ist: das verschwiegene Unternehmen Familie.
(Erschienen am 25.09.2010 auf Wiwo.de)
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