Der chaotische Prozess der völligen Grenzöffnung und des trotz vereinzelter Abschiebungen dauerhaften, unbegrenzten Bleiberechts muss neu geordnet und das Dickicht des Asylrechts geklärt werden.
5. „Flüchtlinge lösen das demographische Problem“
Diese Aussage stimmt nur, wenn die Flüchtlinge deutlich jünger sind als die Bevölkerung in Deutschland. Die großen demographischen Lücken treten bei den unter 20-Jährigen auf. Darüber verschärfen sie nur das Problem der Demographie, statt es zu lösen. Dazu kommt aber: Sie müssen auch in den Arbeitsmarkt integriert werden.
Arbeitslose Migranten verschärfen das demographische Problem. Die Integration in den Arbeitsmarkt wird kurzfristig nicht möglich sein, einfach weil die Migranten nicht Deutsch sprechen, oft Analphabeten sind oder nur die arabische Schrift beherrschen und kaum über eine moderne Berufsausbildung verfügen.
Hier zeigen sich die Folgeprobleme zwischen Fluchtursachen nicht zu unterschieden: Wirtschaftlich gesehen sind „Wirtschaftsflüchtlinge“ ideale Migranten – wegen ihrer Qualifikation und ihrer Motivation; noch dazu, wenn man sie gezielt anwerben kann, wie es klassische Einwanderungsländer deshalb auch tun.
Wirtschaftsmigranten wollen vom ersten Tag an arbeiten, das ist ja das Ziel ihrer Reise. Insofern ist es aus demographischer und wirtschaftlicher Sicht falsch, wenn Migranten aus dem Balkan zurückgeschickt werden, weil keine Asylgründe vorliegen. Sie wären für die Wirtschaft jedenfalls leichter integrierbar als Menschen aus Afrika oder Arabien, denen Schrift, Nähe und Modernität in größerem Umfang fehlen.
Auch viele arbeitslose Jugendliche aus Spanien mit der Jugendarbeitslosenquote von 50% wären so gesehen ideale Einwanderer, weil sie sofort für den Arbeitsmarkt zur Verfügung stünden. Das gilt auch für viele Osteuropäer, die gezielt vom deutschen Arbeitsmarkt ferngehalten wurden und werden. Die scheinbare „demographische Lösung“ wird als Argument für die fehlgeleitete Einwanderungspolitik der Bundesregierung nur vorgeschoben oder noch schlimmer: missverstanden.
6. „Der Arbeitsmarkt verlangt Flüchtlinge“
Wie die Demographie ist auch der Arbeitsmarkt nur ein Argument zum Tarnen und Täuschen. Es ist dieselbe Regierung, die mit der Vorverlegung der Rente auf nur mehr 63 Jahre gerade mehrere Hunderttausend Fachkräfte in die Rente geschickt hat und jetzt von einer Fachkräftelücke spricht, die nur von Nordafrikanern geschlossen werden könne.
Der Arbeitsmarkt ist nur ein Hilfsargument. Sicherlich können Migranten auch aus anderen Kulturkreisen und ohne Schulbildung integriert werden – aber es dauert, und zwar nicht einige Jahre. Integration ist ein Prozess, der sich über 3 Generationen vollzieht.
Und die Rechnung, die beispielsweise das DIW von der „wissenschaftlichen Evidenz“ aufmacht, wonach Einwanderung wirtschaftlich positiv für das Einwanderungsland ist, unterschlägt genau diese Vermischung von Wirtschafts- und Flüchtlingsmigration, weil Flüchtlinge nur zufällig in den Arbeitsmarkt passen oder mühsam gefördert werden müssen. So werden humanistische und wirtschaftliche Argumente in populistischem Opportunismus vermischt.
7. „Kontingente helfen, und wir sollen uns nicht abschotten“
Dass man Grenzen nicht schließen oder abschotten könne, ist eine der beliebtesten Lebenslügen der deutschen Politik – denn genau das verlangen wir von anderen. Denn die Türkei, Griechenland und Mazedonien sollen genau das tun: Die Außengrenzen der EU sichern, also „abschotten“. Mit einem freundlichen Gesicht gibt man sich modern und weltoffen – und janusköpfig: mit der hässlichen Variante verlangen wir genau das von anderen Ländern. Die sich das im übrigen bezahlen lassen werden, wie die Türkei, und die Migration als Instrument ihrer Politik einsetzen.
Die deutsche Migrationspolitik ist schlicht verlogen. Noch eine Unentschiedenheit der Migrationspolitik: Mit Kontingenten, so versprechen beispielsweise SPD-Politiker, könnte man bevorzugt Alte, Kranke und Schwache aus den Lagern in der Türkei nach Deutschland holen. Das ist sehr human gedacht und bedenkenswert. Allerdings – dann wird Deutschland wirklich zum Sozialamt der Welt. Und die eigentlichen Fluchtursachen werden auch nicht beseitigt – diejenigen, die keinen Platz im Kontingent finden, werden sich wie bisher auf die Balkanroute oder einen anderen Weg begeben. Die Kontingentlösung ist keine – weil sie die Fluchtursachen nicht beseitigt und die Anziehungskräfte nicht reduziert. Das kommt alles nur aus ein und demselben unlauteren Geist: verschieben, wegschieben, zwischenlagern, schönreden – alles, bloß keine Entscheidungen.
8. „Der Sozialstaat hat keine Grenze“
Das Wesen des Sozialstaats in Deutschland ist, dass er neben Steuerzuschüssen zum größten Teil über Beiträge der Erwerbstätigen finanziert wird und ein bedingungsloses Grundeinkommen garantiert, das ohne Frage nach Ursachen und Selbstverantwortung bezahlt wird. Die Sätze nach Hartz IV mögen nach deutschen Verhältnissen nicht sehr hoch sein, übersteigen aber um ein Vielfaches schon die Verdienstmöglichkeiten in Rumänien, Bulgarien oder auf dem Balkan.
Dieses Grundeinkommen, zu dem noch Wohnung, Krankenversorgung und Schule für die Kinder kommen sowie später Rente und Pflegeleistung, steht derzeit jedem Menschen in Deutschland praktisch bedingungslos zur Verfügung. Es ist klar, dass dieser Sozialstaat leerlaufen muss, wenn diese Leistungen im wahrsten Sinne des Wortes unbegrenzt zur Verfügung stehen sollen. Die Politik versucht derzeit, diese Tatsache zu leugnen oder zu beschönigen.
Demographie, Arbeitsmarkt, Europa und andere Hilfsargumente werden herangezogen. Es ändert aber nichts daran: Ein Sozialstaat ohne Grenzen wird sich selbst zerstören. Das mag inhuman klingen, weil Dazugehören und Draussenbleiben so willkürlich gestaltet sind – sie hängen schlicht davon ab, ob man in Deutschland bleiben darf oder abgeschoben wird. Aber der Sozialstaat unserer Prägung funktioniert nur durch Grenzen; ohne Grenzen wird er nivelliert. Das gilt übrigens auch innerhalb der europäischen Gemeinschaft: Da der EuGH schrittweise allen EU-Bürgern, die ja Freizügigkeit genießen, auch deutsche Sozialleistungen zuerkennt, verstärkt das die Armutswanderung aus Bulgarien und Rumänien nach Deutschland. Ob man es will oder nicht – der deutsche Sozialstaat ist auf Dauer nicht zu halten, wenn die Zahl der Leistungsempfänger durch Zuwanderung steigt. Es ist schon erstaunlich, dass gerade Linke und Sozialdemokraten eine Entwicklung fördern, die den hochgelobten Sozialstaat, von dem ihre Klientel profitiert und den sie deshalb ständig ausgebaut haben, jetzt zum kollabieren bringen wird.
9. Was Deutschland wirklich braucht – nicht die Türkei oder Syrien
Deutschland braucht eine ehrliche Debatte über die Neugestaltung seines Asylrechts und über ein Einwanderungsgesetz, das Alternativen anbietet. Es ist auch eine Debatte über demographische Veränderungen und deren Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft, soziale Sicherungssystem und Alternativen. Der derzeitige chaotische Prozess der völligen Grenzöffnung und des trotz vereinzelter Abschiebungen dauerhaften, unbegrenzten Bleiberechts muss neu geordnet und das Dickicht des Asylrechts geklärt werden, weil sich so zu unterschiedliche Politiken vermischen. Wir können nicht die Probleme ständig auf die Türkei oder den Bürgerkrieg in Syrien abschieben und mit Tornados und Fregatten zu bekämpfen versuchen – wir müssen uns dem gedanklichen, rechtlichen und organisatorischen Wildwuchs hier stellen und ordnen.
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