7 Irrtümer der Flüchtlingspolitik

Alle sitzen in einem Boot, denn für das Flüchtlingsdrama gibt es keine einfache Lösung. Was sind die Konsequenzen für Zivilgesellschaft und Arbeitsmarkt? Die Fragen werden nie gestellt - und entscheiden aber über unsere Zukunft.

3. Sind die Deutschen Rassisten?

Es gibt kaum ein Land in Europa, das in den letzten Jahrzehnten derart viele Einwanderer und Flüchtlinge aufgenommen hat wie Deutschland. Bei jedem Zwischenfall kommt dann wieder der Rassismus-Vorwurf. Aber das ist absurd. In Großbritannien, den Niederlanden oder Frankreich gibt es wesentlich härtere und massivere rassistisch motivierte Vorfälle. Und es ist das Recht jeden Bürgers, sich gegen eine derart massive Veränderung der Kultur und des gesellschaftlichen wie staatlichen Lebens auszusprechen, die hier faktisch stattfindet. Dabei ist die Aufnahmebereitschaft nach wie vor überwältigend groß.
Jeder zweite Deutsche will mehr Flüchtlinge in der Bundesrepublik aufnehmen. Das ist eines der Ergebnisse des DeutschlandTrends des ARD-Morgenmagazins. Mit 44 Prozent der Befragten sind aber auch viele Deutsche gegen eine verstärkte Aufnahme.

Die beste Hilfe bei der Bekämpfung künftiger Flüchtlingskatastrophen ist nach Ansicht der großen Mehrheit der Deutschen, die Beseitigung der Fluchtursachen in den Heimatländern. Dazu sei mehr finanzielle Hilfe nötig.
Mehr als zwei Drittel der Deutschen (70 Prozent) sind laut der Befragung dafür, weitere legale Möglichkeiten zur Einwanderung nach Europa zu schaffen. Etwa jeder Vierte (27 Prozent) lehnt diese Idee ab. Mehr Geld für Rettungsschiffe finden 62 Prozent der Deutschen richtig. Seeblockaden für Flüchtlingsboote nach australischem Vorbild stoßen indes bei 63 Prozent auf Ablehnung, 32 Prozent finden diese Maßnahme richtig.

Der Deutschlandtrend ist eine Umfrage von Infratest dimap im Auftrag des ARD-Morgenmagazins. Befragt wurden vom 20. bis 22. April 1.000 Bundesbürger. Rassismus sieht anders aus. Aber mit dem Rassismus-Vorwurf wird versucht, die kritische Diskussion zu vermeiden. Es ist ein widerlicher Tabuisierungsversuch, um demokratische Prozesse zu blockieren.




4. Wer profitiert von der Einwanderung?

So lange es eine wachsende Kluft zwischen armen und reichen Ländern gibt, wird es auch Wanderung geben – und den Versuch der Reichen, diese zu beschränken. Wobei „reich“ sich eher auf diejenigen bezieht, die in der Wohlstandspyramide in den reichen Ländern relativ weit unten rangieren. Es ist ja nicht so, dass es nur eine begrenzte Zahl von Arbeitsplätzen gäbe. Es hängt nur vom Preis der Arbeit ab: Niedrige Löhne ermöglichen mehr Beschäftigung. Generell sind beispielsweise die deutschen Arbeitgeberverbände extrem zuwanderungsfreundlich; klar, das drückt die Löhne und erhöht das verfügbare Arbeitskräftepotential. Der Wettbewerb um Arbeitsplätze wird am unteren Ende der Einkommenshierarchie ausgetragen; die Mieten billiger Wohnungen steigen, nicht so sehr in den Villenvierteln. Es sind die Schulen in den prekären Stadtvierteln, die zusammenbrechen, weil sie die Integrationsaufgabe nicht leisten können – nicht die teuren Privatschulen. Auch die Dienstmädchen werden wieder billiger. Deutschland hat sich in seinem Wohlstand wohlig eingerichtet. Wir haben Mindestlöhne, die aus globaler Sicht phantastisch hoch sind. Wir begrenzen wirtschaftliche Aktivität – gerade lese ich von einem Gewerbegebiet in einer Kiesgrube, das nicht gebaut werden darf, weil drei nicht sehr seltene Salamander gesichtet wurden. Wir schalten funktionierende Kraftwerke ab und investieren in Neue – das alles habe ich hier nicht zu kritisieren.

Aber: Der unfassbare gesellschaftliche Wohlstand wird in unfassbar hohen privaten Konsum investiert – und in gewaltige Sozialleistungen, riesigen Staatsverbrauch mit hohen Gehältern, alles im internationalen Vergleich. Der Wohlstand wird künstlich durch Wachstumsbeschränkungen und gewollte Ineffizienz reduziert; Bauvorschriften, Regulierungen, Mindeststandarts, was weiß ich. Das klappt ganz gut in einer stagnierenden Wirtschaft. Eine auch bevölkerungsmäßig wieder wachsende Gesellschaft müsste anders reagieren, robuster, wachstumsorienterter; mit mehr Beton statt Burn-Out. Wer umverteilen will, muss auch sagen: Wo wird weggenommen, wem wird weggenommen? Um es konkret zu machen: Flüchtlinge müssen irgendwo wohnen.

Wird dann das riesige, brachliegende Tempelhofer Feld in Berlin verbaut für neue Mietskasernen einfacher Wohnungen? Treiben wir die Baukosten weiter künstlich hoch durch irgendwelche gutgemeinten Auflagen für das Weltklima – oder bauen wir schnell und billig für die neuen Millionen? Oder halten wir das Feld frei für die, die bereits da sind und es für sich als zusätzliche Grünfläche und Schrebergarten nutzen? Das sind schmerzhafte Fragen, wie alle Verteilungsfragen. Dieser Wohlstand funktioniert nur, weil eine hocheffiziente Wirtschaft für immer mehr ineffiziente oder versorgte Bürger sorgt, sorgen kann. Aber auch das findet ein Ende. Mit Mietpreisbremsen werden die Wohnungen nicht gebaut, die wir brauchen, wenn wir die unmenschlichen Massenlager auflösen. Und das gilt auch für alle anderen gesellschaftlichen Luxus-Bereiche einer alternden Gesellschaft. Die natürlich auch ihren Charakter ändern wird. Hungrige Einwanderer könnten sich möglicherweise nicht an die flauschigen Regeln halten, die Deutschland so gemütlich machen. Die zornigen, jungen Männer werden sich holen, worauf sie glauben, Anspruch zu haben. Eine Einwanderungsgesellschaft ist von harten Konflikten geprägt zwischen denen, die schon lange da sind und das haben, was die dazukommenden erst wollen. Und das gilt nicht nur materiell; es gilt auch kulturell. Die rasante Veränderung in eine echte multikulturelle Gesellschaft wird anders aussehen, als sie in Sonntagsreden beschönigend beschworen wird.




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