Steinmeier projiziert seine naiven Vorstellungen auf eine völlig andere Wirklichkeit im Nahen Osten. Noch immer träumt der Bundespräsident von der Zwei-Staaten-Lösung.
Für Israel hat der 7. Oktober alles verändert. Dieses Land wird nicht mehr so sein wie zuvor. Nichts geändert hat sich hingegen an der deutschen Israel- und Palästinenserpolitik. Ein Offenbarungseid war in dieser Hinsicht bereits die Israel-Resolution, die der Bundestag am 12. Oktober – am gerade einmal 5. Tag nach dem Massaker! – verabschiedete. Darin sprach sich das Parlament für die „Zwei-Staaten-Lösung“ aus. Ein klares Signal: Der Zug rollt weiter vorwärts in die Vergangenheit mit den alten Illusionen im Gepäck!
Die Bundesrepublik bleibt damit langen Kontinuitätslinien ihrer Nahostpolitik treu: Diese ließ sich noch nie von der Realität vor Ort, sondern stets von ihrem Wunschdenken leiten. In den 1980er und 1990er Jahren etwa projizierte Bonn/Berlin seine Friedenshoffnungen permanent auf PLO-Chef und Erzterrorist Jasser Arafat. Als dieser sich wiederholt als friedensunfähig erwies, war die Enttäuschung jedes Mal groß. Trotzdem ließ man sich immer wieder auf ihn ein: Es sollte schließlich endlich Frieden sein.
Ein heutiger Vertreter dieser Politik der von Wünschen getriebenen Illusionen ist Frank-Walter Steinmeier. Als ehemaliger Außenminister (2005–2009, 2013–2017) kann er einfach nicht aus seiner Haut, immer irgendwo zwei Seiten sehen und einen Frieden herbeiphantasieren zu müssen. Das stellte er am Donnerstag einmal mehr unter Beweis.
In einer Rede zur Einleitung eines Runden Tischs im Schloss Bellevue zum Thema „Der Krieg in Nahost und unsere Schulen“ sah sich der sozialdemokratische Bundespräsident offenbar dazu gezwungen, auch zu ganz aktuellen Entwicklungen in Israel Stellung zu nehmen. Er hätte es lieber bleiben lassen sollen, getreu dem Motto: Hättest du geschwiegen, wärst du ein Philosoph geblieben. Wobei das mit dem Philosophen bei Steinmeier sowieso Quatsch ist.
Jedenfalls ließ der Präsident die Nation wissen: „Die Vereinbarung über die Freilassung der Geiseln und eine Feuerpause im Nahen Osten lässt in diesen Tagen Hoffnung aufkeimen. Hoffnung, dass ein Weg gefunden werden kann, der es Israelis und Palästinensern irgendwann möglich macht, darüber nachzudenken, wie sie dauerhaft in friedlicher Nachbarschaft leben können.“
Damit bezog sich Steinmeier auf ein Abkommen zwischen Israel und der Hamas, das die Freilassung von mindestens 50 der rund 240 Geiseln im Austausch unter anderem gegen die Freilassung von mindestens 150 palästinensischen Straftätern und eine mehrtägige Waffenruhe vorsieht. Als Steinmeier am Donnerstagvormittag seine Rede hielt, war dieses Abkommen weder umgesetzt noch überhaupt in trockenen Tüchern.
Die Sätze des Bundespräsidenten schweben so fernab jeglicher Realität, dass es schwerfällt, erst einmal zu begreifen, was uns Steinmeier hier eigentlich sagen will. Glaubt er ernsthaft, dass in der Region auch nur ein Mensch das Abkommen zwischen Israel und der Hamas als ersten Schritt zur Befriedung des 100 Jahre alten arabisch-israelischen Konflikts begreift? Sieht er wirklich nicht, dass es hier um eine praktische Regelung an einem spezifischen Punkt eines anhaltenden Krieges geht und ganz sicher nicht um eine Friedenslösung auf größerer Ebene?
Glaubt der Bundespräsident am Ende noch, es handle sich hier um einen lobenswerten Kompromiss der Islamisten, dem man Respekt zollen müsste? Hofft er gar insgeheim, dass Israel die Waffen dauerhaft ruhen lässt und damit das Ziel der Vernichtung der Hamas aufgibt? Dass sich dieser Krieg demnächst in Luft auflöst und dann alle Menschen in der Region wieder Zeit haben, um über Frieden nachzudenken? Dass Israel seine 1.200 Toten vom 7. Oktober vergisst, wenn es nur seine Geiseln zurückbekommt?
Wie auch immer Steinmeiers Einlassung zu interpretieren ist: Es bleibt die Frage, welche Synapsen bei ihm wie miteinander verbunden sind, dass er an dieser Stelle, bei diesem begrenzten Geisel-Deal und mitten in einem Krieg sofort das Wort Frieden assoziiert? Die Antwort steht oben: Der Bundespräsident projiziert seine naiven Vorstellungen aus dem Bellevue auf eine völlig andere Wirklichkeit im Nahen Osten. So läuft es seit Jahrzehnten: Was stört es die deutsche Eiche, wenn sich die Realität des Nahen Ostens an ihr wetzt?
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Im Westen begehen die Entscheider im Umgang mit der islamischen Welt immer wieder den selben Fehler: Sie schließen von sich auf andere.
Die sehen im Proletariat der Muselmanen das Spiegelbild des westlichen Malochers, der vom Unternehmer ausgeplündert wird. Nichts könnte falscher sein.
Das muselmanische Proletariat wird nicht ausgeplündert, die plündern uns aus.
Die plündern alles und jeden aus, der nicht zur islamischen Umma gehört.
Arafat soll friedensunfähig gewesen sein? Er hat doch den Friedensnobelpreis erhalten, für seine Verhandlungen mit Israel.
Gut, inzwischen weiß man, dass das keine so gute Idee war. Und nachhaltig war es auch nicht.
So wie Biden glaubt, er wäre ein Schnelldenker und Hochbegabter, also sozusagen der beste Präsident aller Zeiten, so denkt der Apparatschik FWS das von sich. In meinem Universum sehe ich nur Versager, Blender und Irrläufer.
„In den 1980er und 1990er Jahren etwa projizierte Bonn/Berlin seine Friedenshoffnungen permanent auf PLO-Chef und Erzterrorist Jasser Arafat. Als dieser sich wiederholt als friedensunfähig erwies, war die Enttäuschung jedes Mal groß. Trotzdem ließ man sich immer wieder auf ihn ein: Es sollte schließlich endlich Frieden sein.“
Erinnert mich ein wenig an den Immer-Noch-FDP-Wähler.
Ach, ist doch typisch für Steinmeier, dieses „Hoffnung, dass ein Weg gefunden werden kann, der es Israelis und Palästinensern irgendwann möglich macht, darüber nachzudenken….“. Ein geblähtes Nichts.
Warum nur ist es so schwer zu verstehen, was die Parole der Palästinenser bedeutet und dass sie keine Zweistaatenlösung wollen. Sie wollen Israel, und zwar ohne Israelis.
Die Freilassung einiger Geiseln, daß Israel das so akzeptiert hat wie das ablaufen soll, kann man sagen beruht auf reiner Erpressung. Die Hamas verschafft sich dadurch „Luft“ so lange sie braucht.
Lohnt sich auch nicht, so kurz vor dem Ende noch neue Sprechblasen zu erfinden. Da müssen’s die alten noch tun. Ganz gesund ist der nicht.
Das Gerede von einer „Zwei-Staaten-Lösung“ verstört mich.
De facto hatten wir das doch gerade!
Nur dass Gaza spätestens seit 2008 ein UN-finanzierter Mullah-Staat war, dessen einzige Leistung die Vermehrung der Bevölkerung ist.
Seit 2005 ist Gaza autonom. Israel ist abgezogen, hat 21 Siedlungen aufgegeben für Land gegen Frieden und hat die Siedler nach Israel verbracht. 2007 wurde gewählt: 44 % Hamas 41% Fatah (beide sind nicht bekannt für das Anerkennen des Existenzrecht Israels), danach Bandenkrieg mit Leute vom Hochhausdach schmeissen und ähnlich demokratischen Mitteln. Sieger: die Hamas, nunmehr seit 16 Jahren die Herrscher in Gaza. Inzwischen sind Mrd. € und $ an „humanitären Hilfsgeldern“ geflossen. Ergebnis: Raketen, Tunnel, AK 47, Hass ohne Ende aber nicht in der Lage wenige Wochen ohne Strom-Wasser-Diesel aus Israel zu überleben. Die Wahrheit ist: der „zweite“ Staat,… Mehr