Journalistische Subgenres unterliegen Moden. So galt es nach dem Amtsantritt Friedrich Merz‘ als chic, Schimpf und Schande über der CDU auszubreiten. Doch dann ließ das nach. Nur noch ganz unzufriedene Leser wollten sich an der politischen Schwäche des Blackrock-Manns ergötzen. Aber plötzlich ist das CDU-Bashing zurück. Denn so sehr man die Christdemokraten inhaltlich auch verteufeln mag: Sie bilden die Partei der Stunde. An ihnen geht nichts vorbei und deshalb finden sich wieder Leser für diese Texte, die bei Angela Merkel anfangen und bei Angela Merkel enden.
Die CDU ist zurück. Sie ist die Partei der Stunde, einfach weil ihr Uralt-Konkurrent SPD verfällt und ihr Traum-Partner Grün dahinschmilzt. Und sie stellt mit einer recht hohen Wahrscheinlichkeit nach der nächsten Bundestagswahl den Kanzler. Die Frage, wer für die Christdemokraten kandidiert, ist also von Interesse. Vielleicht ist das ja auch ein Christsozialist. Denn auf dem bayerischen Volksfest Gillamoos hat CSU-Chef Markus Söder seine Bereitschaft zur Kandidatur angekündigt – was in etwa gleich wert ist wie die Bereitschaft des nigerianischen Prinzen, sein Vermögen mit einem zu teilen, wenn man ihm denn erst einen kleinen Beitrag überweist, um besagtes Vermögen frei zu schaufeln.
Denn die Geschichte hat gezeigt: Wenn der CDU-Chef Kanzlerkandidat werden will, dann wird er es auch. Selbst wenn er Armin Laschet heißt und erwiesenermaßen mit einer solchen Kandidatur auf eine groteske Weise überfordert ist. Es läuft also alles auf einen Kandidaten und auch auf einen Bundeskanzler Friedrich Merz raus. Nach oder kurz vor der Brandenburg-Wahl wird er seinen Anspruch benennen.
In vielen Texten wurde beschworen, dass der nächste Kanzlerkandidat der CDU ein Merkelianer sein soll. Am ehesten kam dafür der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Hendrik Wüst in Frage. Doch einen überforderten Kandidaten aus Düsseldorf hatte die CDU bereits. Danke, genug, bitte nicht wieder anrufen für ihn. Wüst ist raus. Selbst die Merkel treuesten Medien oder Ruprecht Polenz bringen ihn nicht mehr ins Spiel.
Zum anderen ist Solingen mehr als nur das individuelle Versagen eines nach dem Peter-Prinzip zum Ministerpräsidenten Hochgedienten. Es bedeutet die endgültige Abrechnung mit der Merkelschen Einwanderungspolitik. Wir schaffen das? Ja, wenn mit „das“ eine steigende Zahl von Gewaltverbrechen gemeint ist, überforderte Schulen und Wohnungsmärkte oder der Anstieg der Zahl erwerbsfähiger Empfänger von Bürgergeld – dann haben wir das geschafft. Neun Jahre hat sich die CDU eingeredet, dass diese Politik richtig war. Allen voran Merkelianer wie Wüst. Doch mit Solingen ist das zu Ende.
Merz hat das erkannt. Immerhin. Er tapst allerdings immer noch ungeschickt rum. Vor dem Migrationsgipfel mit der Ampel hat der CDU-Chef nur eine Vorgabe gemacht: Wenn am Dienstag keine Ergebnisse rauskämen, bräuchten sich Opposition und Regierung erst gar nicht mehr zusammenzusetzen. Es sind am Dienstag keine Ergebnisse herausgekommen und die beiden haben trotzdem das nächste Gespräch vereinbart. Der Stoff für das Subgenre CDU-Bashing geht also nicht aus. Ist Merz erst einmal Kandidat oder sogar Kanzler, dann finden diese Texte auch wieder ihre Leser.