Gleichberechtigung der Geschlechter zählt zu einem der obersten gesellschaftlichen Ziele. In vielen Bereichen ist dies für die Frau noch nicht gänzlich gegeben. Bei den eigenen Kindern ist es der Mann, der eklatant benachteiligt und zum bloßen Bittsteller degradiert wird.
Auch wenn das Geld mit zwei Kindern knapp war, wollte seine Frau nicht mehr arbeiten als die 20 Stunden, die sie bisher gearbeitet hatte. Dementsprechend musste Henning noch mehr arbeiten als sonst. „Rückblickend“, sagt er, „hätten da schon die Alarmglocken bei mir schrillen sollen, weil man eigentlich da schon gemerkt hat, dass es ihr immer darum ging, viel Ertrag mit wenig Aufwand zu erzielen.“ In den ersten Monaten nach Geburt des jüngsten Kindes vernachlässigte er, wie er selbst sagt, den Größeren. Es war eben sein erstes eigenes Kind, sagt Henning. Das war dann auch die Zeit, wo man sich mehr und mehr auseinanderlebte. Sex gab es nach der Geburt des jüngeren Kindes vielleicht noch zwei Mal im Jahr. „Da war keine richtige Liebe mehr, keine Zärtlichkeit, keine Zweisamkeit.“ Ab 2010 schlief man in getrennten Zimmern. Um das Kind wurde sich nur noch gestritten, wer es auf dem Arm tragen darf, wer es füttert. Einmal riss sie es ihm sogar mit den Worten, dass es ihr Kind sei, aus dem Arm.
Im Mai 2011 sagte sie ihm dann, dass sie ihn nicht mehr liebe und er die Wohnung verlassen soll. Er wollte reden. Sie war der Meinung, sie hätten oft genug geredet. Sie hätte ihm immer wieder gesagt, was er an sich ändern müsse. Fünf Tage nach dem Geburtstag des gemeinsamen Kindes zog er aus. Zunächst zum Bruder. Für den Fall, dass sie es sich noch einmal anders überlegen würde. Unmittelbar nach dem Auszug kamen die Unterhaltsforderungen. Er wollte Unterhalt für seine Kinder zahlen, bat sie jedoch um ein wenig Zeit, um das eigene Leben neu ordnen zu können. „Da habe ich gemerkt, worum es ihr eigentlich ging.“ In ihrem Blick hätte er den ganzen Hass und Ekel gesehen, den sie ihm gegenüber empfand und den er sich bis heute nicht erklären kann.
Die Wohnung durfte er von da an nicht mehr betreten. Die Kinder sah er vorerst auch nicht mehr. Er bat sie, sich einen gemeinsamen Anwalt zu nehmen. Auch, um zu zeigen, dass er ihr nichts Böses wollte. Erst hatten sie eine Anwältin. Die vertrat jedoch nur seine Frau, sodass er sich einen eigenen Anwalt besorgte. Einen christlichen Mann, wie Henning sagt, weil er jemanden wollte, „der für Gerechtigkeit ist.“
Der bibeltreue Anwalt wurde von der Anwältin der Ex zerrissen. „Alles, was ich besprechen oder erreichen wollte, wurde zerpflückt.“ Seine Exfrau sei nie auf Einigung aus gewesen. Ihr wäre es einzig um die Konfrontation gegangen. Den Unterhalt für die beiden Kinder zahlte er immer und dennoch verweigerte sie ihm lange Zeit den Umgang. „Sie wusste, dass das ihre stärkste Waffe war, dass sie mich damit am meisten treffen kann.“ Die Vereinbarung, dass er die Kinder alle zwei Wochen sehen könne, hielt sie nicht ein. Zum vereinbarten Telefonat einmal die Woche kam es auch nie. Entweder waren die Kinder nicht da, beim Essen oder es gab eine andere Ausrede. Das Verhältnis zum älteren Kind wurde immer schlechter. Von Großeltern und Mutter aufgestachelt, fungierte er, sofern er noch zu Besuch kam, nun mehr als Spitzel. Jedes Wort, was gegen ihn verwendet wurde, wurde an den Anwalt weitergeleitet. Und immer wieder die Androhung, die Kinder nicht mehr sehen zu dürfen, wenn er ihre Forderungen nicht erfüllt.
Dass er in die Nähe zog, um bei seinen Kindern sein zu können, passte ihr zudem von Anfang an nicht. Eines Tages kam sie mit einem Zettel zu ihm, auf der ihre neue Adresse stand. 80 km vom damaligen Wohnort entfernt. Dagegen machen konnte er nichts. Sie hatte das Aufenthaltsbestimmungsrecht. Vier Monate sah er seine Kinder danach nicht. Wenn er sie zu seinem Besuchswochenende abholen wollte, waren Mutter und Kinder nicht da. Hilfe vom Jugendamt gab es nicht, da hebt er sich nicht von den anderen Fällen ab. Anschreiben könne man sie, ansonsten müsse alles gerichtlich geregelt werden. Zum Unterhalt von knapp 700 Euro kamen nun fortan die Fahrtkosten zu den Kindern.
Dann kam seine Ex auf die Idee, rückwirkend einen Lohnsteuerjahresausgleich für die letzten vier Jahre zu machen. Etwas, was sie zusammen nie gemacht hatten. Weil sie es tat, musste er es auch tun und plötzlich sollte er 18.000 Euro zurückzahlen. Er nahm sich einen Schuldnerberater, weil er das Geld nicht aufbringen konnte. Mit 20.000 Euro Schulden ging er schließlich 2015 in die Privatinsolvenz. Sein gesetzlicher Freibetrag, den er von seinem Gehalt behalten durfte, wurde von 1079 auf 1689 Euro angehoben, sodass er zumindest noch den Unterhalt zahlen konnte. Das Auto musste er hingegeben abgeben und plötzlich stellte sich die Frage, wie er künftig seine Kinder besuchen solle. Dann lernte er seine heutige Lebensgefährtin, seinen „Stern“ wie er sagt, kennen. Sie hatte ein Auto und Verständnis.
Den großen Sohn hat er inzwischen seit drei Jahren nicht mehr gesehen. Der Kleine ist immer noch gerne bei ihm. Über sein Leben, die Schule etc. erfährt er dennoch nichts.
Wie es ihm mit all dem gehe, frage ich auch ihn. Er sagt, er sei von Natur aus ein lustiger Mensch, seinen Humor hätte er sich nie nehmen lassen – auch damit seine Kinder ihn nicht als gebrochenen Mann erleben. Und dennoch hätte ihn all das, was seine Ex getan hat, wie sie mit ihm umgegangen sei, zermürbt. Auch auf der Arbeit wäre es das erste halbe Jahr nach der Trennung schlecht gelaufen, doch irgendwann riss er sich wieder zusammen. „Wenn ich meinen Job verloren hätte, hätte ich ja keinen Unterhalt mehr zahlen können und dann hätte ich meine Kinder nicht mehr gesehen.“ Seiner jetzigen Freundin müsse er es wahnsinnig hoch anrechnen, dass sie ihn so genommen hat. Sie wusste ja, dass er nichts hat.
Weitere Kinder will Henning, der selbst aus einer Großfamilie mit fünf Kindern stammt und für den Familie immer alles war, dennoch nicht, obwohl seine Freundin gerne noch eines hätte. Das hätte jedoch nichts mit seinen Erfahrungen zu tun. Er wolle die Kinder einfach gerne groß haben, um das mit seiner Freundin zu erleben, was er in seiner Ehe nie hatte.
Frauen, sagt Henning zu Ende unseres Gespräches noch, hätten eine ganz andere Lobby, weil sie sich als Opfer hinstellen können. Diese Opferrolle würden Männer oft nicht für sich annehmen wollen, weil man es von der Gesellschaft auch gar nicht reflektiert bekäme. „Als Mann bist du der Schuldige.“ Daran würde auch keine Selbsthilfegruppe etwas ändern.
Kinder gewonnen und trotzdem verloren
Der Fall von Jens ist etwas anders gelagert als die anderen, denn im Gegensatz zu den anderen Vätern darf Jens seine Kinder oft sehen. So oft, dass sie bis auf zwei Wochen im Jahr genauso viel bei ihm sind wie bei seiner Expartnerin. All das hatte er vor Gericht erstritten und Recht bekommen. Damit ist er nach allen Gesprächen, die ich bis jetzt geführt habe, eine absolute Ausnahme und dennoch kann man auch Jens am Ende nicht als „Gewinner“ dieser Schlacht bezeichnen.
Als seine Ex ihm mitteilte, dass sie sich trennen wolle, war sie gerade hochschwanger mit dem dritten gemeinsamen Kind. Jens sagt, dass es weder Streit, noch einen anderen Partner gab. Sie hätte sich wohl schlicht neu erfinden, noch einmal durchstarten wollen. Die Kinder wurden, so wie es in der Regel der Fall ist und trotz gemeinsamen Sorgerechts, nach der Trennung der Mutter zugesprochen bzw. wurde es so kommuniziert, erklärt Jens. Er hätte den Fehler begangen, nicht direkt dagegen vorgegangen zu sein, was ihm später vor Gericht als Duldung ausgelegt worden war.
Als es ihm irgendwann zu willkürlich mit den Besuchszeiten wurde, nahm er sich eine Anwältin, um ein geregeltes Umgangsrecht zu erwirken. Was folgte, war ein jahrelanger Krieg vor Gericht. Am Ende hatte er so gut wie alles gewonnen und verlor am Ende trotzdem – vor allem finanziell.
Was war das Problem? Jens hatte sich ein solch umfangreiches Umgangsrecht erkämpft, dass die Kinder nun fast genauso oft bei ihm waren wie bei der Mutter. Eigentlich ein klassischer Fall für das Wechselmodell, bei dem die Kinder zu gleichen Teilen bei den Eltern sind und jeder auch für sich die Kosten für den Unterhalt trägt. Ein Modell, welches heutzutage nahezu allen Familien nach einer Trennung empfohlen wird, weil es nachweislich zu mehr Absprachen und den Willen zur Kompromissfindung zwischen den Eltern führt. Daneben können die Kinder weiterhin bei beiden Elternteilen aufwachsen.
Doch Jens Ex wollte das Wechselmodell nicht, denn das hätte bedeutet, dass sie für die Zeit, die die Kinder bei ihr sind, selbst hätte dafür aufkommen müssen. Also erstritt sie genau jene zwei Wochen, die die Kinder im Jahr mehr bei ihr sind, die nun dafür sorgen, dass Jens trotz der Tatsache, dass er sich gleichermaßen um die Kinder kümmert und dementsprechende Mehrkosten hat, den vollen Unterhalt an seine Ex für die Kinder zahlen muss und sich selbst nichts anrechnen lassen kann. Dazu beantrage seine Ex ständig Kostenübernahmen für Schulgeld, Essensgeld und andere Dinge, weil sie das nicht vom Kindergeld bezahlen möchte. Für seine Ex, sagt Jens, haben der Staat und der Vater finanziell für die Kinder aufzukommen. Daran halte sie fest. Ihr Einkommen sei ihres.
Jens ist selbstständig. In schlechten Monaten hat er abzüglich des Unterhalts, den er an seine Ex zu entrichten hat, nicht mehr als die in seinem Bundesland festgelegten 1.080 Euro Selbstbehalt plus 270 Euro, die ihm vom Kindergeld zustehen. Davon muss er dann die vierköpfige Familie ernähren. Ein schier unmögliches Unterfangen. Früher war Jens Künstler, reiste mit Kollegen durch die Welt und verdiente nach eigenen Angaben ziemlich gut. Mit drei Kindern war das nicht mehr möglich. Heute hat er drei Jobs, um über die Runden zu kommen. Einen als Angestellter, damit er zumindest krankenversichert ist. Seine private Krankenversicherung hat er längst gekündigt. Wenn er kann, zahlt er dann und wann 100 Euro in eine private Altersvorsorge ein. Jens sagt, die Trennung hätte sein ganzes Leben verändert. Manchmal würde man sich fragen, ob es sich überhaupt noch lohne, nach etwas Höherem zu streben, wenn man doch am Ende ohnehin weder für sich, noch für die Kinder etwas davon hätte.
Auch auf die Psyche und den Körper wirkt sich all das aus. Zu den Prozesszeiten hätte er extreme Schlafstörungen gehabt. Auch Aggressionen und Hassgefühle spielten eine Rolle. Und dann die ständige Angst, die Kinder zu verlieren. Zwei Bandscheibenvorfälle hatte Jens mittlerweile. Als die Mutter den jüngsten Sohn vor Gericht als Zeugen zerrte, tat das Jens so weh, dass er nicht mehr vor Gericht kämpfen wollte. „Ich wollte nicht, dass mein Kind vor Gericht muss.“ Dann zog er es doch auf Anraten des Rechtsbeistands durch. Vermutlich wäre sonst alles noch viel schlimmer gekommen.
Jammern wolle er dennoch nicht. Die Kinder gäben ihm immer wieder Kraft und dass sie so viel bei ihm sein können, sei natürlich Klasse. Es wäre immer sein Wunsch gewesen, Familie zu haben. Daran hätte sich nichts geändert. Er hätte auch immer wieder Partnerschaften gehabt, wobei diese oft aufgrund der beruflichen Belastung und der wenigen Zeit scheiterten. Die Frauen, die meist selbst auch Kinder hatten, waren sehr verständig, aber irgendwann ging es meist nicht mehr.
Für ihn bedürfe es ganz klar einer Reformierung der Gesetze, die noch aus einer Zeit stammen würden, wo Frauen zu Hause blieben und der Mann arbeiten ging. Bis heute geht auch in Sachen Wechselmodell nichts ohne die Zustimmung der Frau. Ohne Zustimmung des Mannes geht es hingegen sehr wohl.
Und das ist letztlich der alles dominierende Faktor in dieser Angelegenheit zwischen Frauen und Männern, Müttern und Vätern. Wir leben in Zeiten, wo wir die Gleichberechtigung der Geschlechter zu einem der obersten gesellschaftliche Ziele ernannt haben. In vielen Bereichen ist diese Gleichberechtigung für die Frau noch nicht gänzlich gegeben. Besonders in Bezug auf die eigenen Kinder lässt sich jedoch nach all meinen Erkenntnissen sagen, dass es hier der Mann ist, der eklatant benachteiligt und zum bloßen Bittsteller ohne eigene Entscheidungsbefugnis degradiert wird. Er ist derjenige, der in Bezug auf die eigenen Kindern bei einer Trennung oder, wenn er nie mit der Mutter zusammen war, einen Haufen Pflichten, aber kaum Rechte besitzt und der durch diese gesetzliche Schieflage zermürbt wird.
All das, das muss man eigentlich gar nicht mehr extra erwähnen, schadet in immenser Weise nicht zuletzt auch den betroffenen Kindern. Denn bei aller Toleranz gegenüber den unterschiedlichen Familienmodellen, brauchen Kinder sowohl Mutter als auch Vater. Nicht jeder wird dieser Rolle gerecht oder will dieser Rolle gerecht werden, aber wieso machen wir jenen, die Vater sein wollen, das Leben hierzulande so schwer? Hier bedarf es eines Umdenkens. Sowohl beim Staat, als auch bei den Müttern.
Die Namen wurden auf Wunsch der Väter geändert.
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