Gleichberechtigung der Geschlechter zählt zu einem der obersten gesellschaftlichen Ziele. In vielen Bereichen ist dies für die Frau noch nicht gänzlich gegeben. Bei den eigenen Kindern ist es der Mann, der eklatant benachteiligt und zum bloßen Bittsteller degradiert wird.
Es ist einige Tage her, da postete ich bei Facebook einen Beitrag, in dem ich Bezug zu Gabriels neuester Forderung nahm, nach der unterhaltssäumigen Vätern künftig der Führerschein entzogen werden soll. Neben der Tatsache, dass es eventuell nicht unbedingt förderlich für die Sache sein könnte, Vätern, von denen man den Unterhalt für das Kind erzwingen will, den oft für den Beruf so wichtigen Führerschein wegzunehmen, mokierte ich, dass alleinerziehende Mütter in Deutschland per se als heilige Kühe angesehen würden, die stets alles richtig machen, während die Kindsväter, wenn sie überhaupt Erwähnung finden, zumeist nicht sonderlich gut dabei wegkommen.
Während die deutsche Presselandschaft voll von Artikeln über alleinerziehende Mütter und ihre schwierige gesellschaftliche und finanzielle Situation ist, mangelt es zumeist an Aufmerksamkeit und damit einhergehend auch Empathie für das Schicksal der dazugehörigen Väter der Kinder. Im Gegenteil, nicht selten ergießt sich ein wahrer Shitstorm über all jene, die es wagen, am Bild der armen alleinerziehenden Mutter zu rütteln. Dabei geht es mitnichten darum, an der durchaus oftmals prekären Situation alleinerziehender Mütter in Deutschland per se zu zweifeln oder gar zu behaupten, dass ein Großteil von ihnen entgegen der gängigen Meinung in Wahrheit bösartige Hexen seien, die die Männer nach Strich und Faden ausnehmen würden.
Nein, das worum es geht, ist ein wenig mehr Differenzierung und ein bisschen weniger Schwarz-Weiss-Malerei. Denn genauso wenig wie Väter per se gut sind, sind es Mütter. Auch nicht alleinerziehende. Es geht darum, den Blick für das Schicksal all jener Männer zu schärfen, die in der ganzen Debatte um Trennung, Unterhalt und Umgang zumeist nicht zu Wort kommen. Männer, die Verantwortung übernommen haben, für ihre Kinder finanziell aufkommen und sie trotz der manchmal schwierigen Umstände, aus denen sie entstanden sind, bedingungslos lieben.
Hierfür habe ich die letzten Tage nahezu ununterbrochen mit Vätern gesprochen, die sich auf die oder andere Weise – sei es von der Mutter oder auch vom Staat – nicht gerecht behandelt fühlen. Deren Ehen scheiterten oder die gar gänzlich ungewollt zur Vaterschaft kamen. Hinter jeder Geschichte, die ich nachfolgend kurz vorstellen werde, steckt das persönliche Schicksal gleich mehrerer Personen. Von Müttern, bei denen man sich irgendwann immer wieder zwangsläufig die Frage stellt, wann es genug ist. Von Vätern, die teils ihr ganzes Leben für ein wenig mehr Rechte an ihren Kindern kämpfen und dabei nicht selten psychische Schäden davontragen. Und von Kindern, die stets zwischen den Stühlen stehen und die am Ende dabei in aller Regel nur verlieren. So individuell und einzigartig die unterschiedlichen Fälle sind, so viele Gemeinsamkeiten haben sie auf der anderen Seite. Je mehr Gespräche ich geführt habe, desto öfter haben sich die Abläufe, die Schikanen, die Motive wiederholt. Aus jedem Fall zog ich eine andere wichtige Erkenntnis, die sich in der Summe jedoch zu einem Bild zusammenfügten, welches am Ende trotzdem die eine oder andere Frage unbeantwortet lassen wird.
Macht und Verletzung
Am Ende, so mein Fazit, geht es meist um zwei Dinge: Macht und Verletzung. Wobei das Spiel um Macht zumeist aus der Verletzung resultiert. Zugleich umfasst der Begriff der Verletzung zwei mögliche Ausrichtungen. So kann es sich zum einen um jene Verletzung handeln, die aus der Trennung vom und aus der Enttäuschung über den Expartner resultiert und zum anderen um diejenige, die man aufgrund der eigenen Unzufriedenheit mit sich und wie das eigene Leben verläuft, empfindet.
Nicht selten gehen beide Formen der empfundenden Verletzung miteinander einher, was die Situation oft noch einmal zuspitzt. Manchmal tritt jedoch auch nur eine Form auf. Dazu ist zu sagen, dass das Empfinden der Verletzung stets ein Subjektives ist, welches man als Außenstehender weder leichtfertig als gerechtfertigt deklarieren, noch grundsätzlich absprechen kann. Es ist also auch nicht Sinn dieser Darstellung, von Schicksalen aus der Sicht von betroffenen Vätern, den Müttern per se ein wie auch immer ungerechtfertigtes Verhalten zu unterstellen oder ihr Verhalten überhaupt bis ins letzte Detail zu bewerten. Hierfür bräuchte es zweifelsohne auch die Sichtweise der anderen Seite, die bewusst außen vor gelassen wurde, da es hierbei weniger um eine finite Wahrheitsfindung, denn um eine Möglichkeit für Väter geht, ihre eigene Sichtweise auf die Dinge darzustellen, ohne den direkten Versuch, diese augenblicklich wieder zu entkräften.
Dies führt mitunter wie gesagt dazu, dass Fragen unbeantwortet bleiben, wobei ich mir nicht sicher bin, ob sie überhaupt beantwortet werden würden, befrügte man die andere Seite dazu. Denn während die Männer sich in diesen Fällen zumeist als sehr offen und kommunikativ erweisen, sind sich vor allem die dazugehörigen Mütter als außerordentlich unkommunikativ und deren Front mitunter als so verhärtet, dass der Versuch des Dialoges wenig Sinn ergibt.
Es sind solche Fragen, wie jene, die bereits angeklungen ist. Die Frage danach, wann es genug ist. Wann und ob man über die eigene Verletzung, egal ob gerechtfertigt oder nicht, eines Tages hinwegkommt. Ob es einem irgendwann wieder wichtiger wird, zu leben, nach vorne zu schauen, oder ob man den eigenen Stress immer in Kauf nehmen wird, so lange man dem anderen Schaden zufügen kann. Ob man irgendwann erkennt, dass man damit vor allem auch dem eigenen Kind schadet oder ob all das, was man tut, stets unabhängig oder gar im Sinne der Mutterliebe gesehen werden wird. Und es die Frage, woher der Hass auf den Ex kommt. In manchen Fällen kann man über die Gründe des Hasses spekulieren. In anderen widerum wird man es wohl nie verstehen. Wieso bestrafen Frauen die Väter ihrer Kinder, selbst wenn diese sich nichts zu Schulden haben kommen lassen? Auch da spielt wohl letzten Endes vor allem wieder die Macht eine zentrale Rolle.
Was ich jedoch erfahren habe, ist viel über das Gefühlsleben, die Denkweise vieler betroffender Väter. Nicht alle Fälle konnte ich in diesen Beitrag aufnehmen, aber alle spielen in meinen Überlegungen eine Rolle. Kein Einziger hat von sich aus über seine Gefühle, darüber, wie es ihm dabei geht, gesprochen. Die eigenen Gefühle, sie kamen erst, wenn ich danach fragte, dann aber ungewohnt prägnant und offen. Die meisten Gespräche begannen mit einer sachlichen chronologischen Zusammenfassung dessen, was in den letzten Jahren im eigenen Leben passiert ist.
Im Fokus der Erzählung – und das stand zumeist im krassen Kontrast zum Verhalten der jeweiligen Kindesmutter – stand in aller Regel das Wohl des Kindes. Jene Fokussierung zog sich durch nahezu alle getätigten Aussagen, ob indirekt oder mit ganz direktem Verweis darauf. Ja, ich kann nicht beurteilen, ob diese Männer gute Partner, Ehemänner oder auch nur Bekanntschaften sind, aber ich maße mir an, nach diesen Gesprächen beurteilen zu können, dass es sich bei ihnen zumeist um gute Väter handelt, bei denen das Wohl des Kindes über allem steht. Ich habe darüber hinaus gelernt, dass dieses Problem ein gesamtgesellschaftliches ist. Dass es den Universitätsprofessor genauso treffen kann wie den Industriemeister. Und dass sich daraus noch ganz andere Probleme für die Gesellschaft ergeben können.
Als Frau beurteile ich die Dinge zunächst aus Frauensicht. Ich sehe die gesellschaftlichen und emotionalen Hürden für junge Frauen, sich heutzutage für Kinder zu entscheiden, weil ich selbst zu ihnen gehöre. Der Blick auf die andere Seite bleibt einem in Bezug auf viele Themen hingegen zumeist verwehrt. Das hat sich nicht zuletzt durch dieses Projekt und in Bezug auf die Situation vieler Väter hierzulande verändert. Dafür möchte ich mich bei allen Beteiligten bedanken und ganz besonders bei der Person, die mich erst empfänglich für dieses Thema gemacht hat. Heute weiß ich, dass es auch Hürden für Männer gibt, sich in dieser Gesellschaft für Kinder zu entscheiden. Dass man manchen durch die Art der Gesetzgebung, die hier in Deutschland immer noch nahezu ausschließlich die Frau begünstigt, die Lust auf Familie und Kinder vollkommen nehmen kann.
Auch ich selbst war im Zuge der Gespräche und vor allem der anschließenden Nachbearbeitung nicht selten am Rande der Desillusionierung. Selbst von Natur aus Romantikerin, die an die große Liebe glaubt, hat mich eins ums andere Mal schockiert, was ich teilweise zu hören bekam. Umso mehr gilt mein Respekt den vielen Menschen, zu denen auch ein Großteil der Männer gehört, mit denen ich gesprochen habe, die den Glauben an die Liebe trotz ihrer teils krassen Erfahrungen nicht verloren haben. Die den Kampf nicht aufgeben und sich nicht unterkriegen lassen.
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