Wie Bayerns Dörfer Berlin den Luxus bezahlen

Die Bundeshauptstadt lebt von fremdem Geld. Das meiste davon kommt aus Bayern. Der verschwenderische Senat von Berlin finanziert damit großzügig Wohltaten, die sich die Landesregierung im sparsamen Freistaat nicht leistet.

picture alliance / dpa | Markus Heine

„Arm, aber sexy“: Das hat Klaus Wowereit einst über Berlin gesagt. Der Satz des SPD-Politikers und früheren Regierenden Bürgermeisters ist locker die Untertreibung des Jahrhunderts.

Das trifft nicht unbedingt für den „sexy“ Teil der Aussage zu, ganz sicher stimmt es aber für den finanziellen Teil. Berlin kommt die Deutschen teuer zu stehen. Nicht erst seit der Wiedervereinigung ist die Stadt ein Fass ohne Boden. Ohne immer mehr fremdes Geld wären an der Spree schon längst alle Lichter ausgegangen.

Berlin hat sich wirtschaftlich noch nie selbst getragen. Seien wir gnädig und betrachten nur die Zeit nach der Wiedervereinigung: Als die sogenannte Berlin-Hilfe wegfiel, also der großzügige jährliche Zuschuss durch die Bundesregierung, wurde die einstige Mauerstadt unmittelbar und sofort zu einem schlimmen Sanierungsfall.

Seit 1995 wird Berlin über den sogenannten Länderfinanzausgleich quersubventioniert. Der funktioniert rechnerisch seit einigen Jahren etwas anders, hat im Kern aber unverändert dieselbe Aufgabe. Seit 1995 hat sich die Stadt in jedem Jahr die mit weitem Abstand größte Summe aus dem Topf gegriffen, im Jahr 2023 waren es fast vier Milliarden Euro. Das zweitgrößte Nehmerland, Sachsen, hat deutlich mehr Einwohner und bekam nur etwas mehr als drei Milliarden.

Der Länderfinanzausgleich soll „die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen“ ausgleichen und vergleichbare Lebensverhältnisse im Bundesgebiet sichern. So steht es im Grundgesetz (Art. 107 Abs. 2 Satz 1 GG). Das ist die Theorie.

In der Praxis sind einige gleicher als andere.

Konkret bedeutet das, dass der Senat von Berlin unter seinem aktuellen Regierenden Bürgermeister Kai Wegener vom Linksaußen-Flügel der CDU fleißig Geld für Dinge ausgibt, die man sich anderswo nicht leisten mag.

Das wäre kein Problem, wenn Berlin sein Geld selbst verdiente – dann kann man die Kohle natürlich raushauen, wofür man will. Aber die Hauptstadt lebt eben, siehe oben, vom Geld anderer Leute. Trotzdem gönnt sie sich Dinge, die sich genau diese anderen Leute nicht gönnen.

Das darf man dreist nennen.

Nehmen wir Bayern. Der Freistaat ist das mit Abstand größte Geberland beim Finanzausgleich. Neun Milliarden Euro geben die Bajuwaren jedes Jahr in den Topf, das ist die Hälfte der Gesamtsumme. Arithmetisch finanzieren die Bayern also ganz alleine alles, was die Berliner bekommen.

Und so geht das seit Jahrzehnten. Bayern zahlt immer das meiste Geld ein. Berlin nimmt sich immer das meiste Geld heraus.

Der Freistaat überlegt sich recht genau, welche öffentlichen Leistungen er seinen Bürgern zu welchem Preis anbietet. In der Kreisstadt Ebersberg bezahlen Eltern für maximal fünf Stunden Kita täglich im Monat 170 Euro. Berufstätige Mütter, die zehn Stunden pro Tag buchen, müssen jeden Monat sogar 245 Euro überweisen.

Der parteilose Bürgermeister von Ebersberg, Ulrich Proske, würde den Eltern in seiner Stadt diese Kosten auch gerne ersparen. Das kann er aber nicht, das gibt das Budget nicht her – das der Stadt nicht und das des Freistaats auch nicht. Proske sinniert: „Wenn der Länderfinanzausgleich nicht ganz so hoch wäre, dann könnte man sich vielleicht kostenlose Kitas in Bayern leisten.“

Auf Kosten anderer kann man es sich dagegen offenbar gutgehen lassen. Denn Berliner Eltern bezahlen für Kindergarten oder Krippe: nichts. Auch der Hort-Besuch von Schülern bis zur dritten Klasse ist kostenlos. Im Prinzip zahlen also die bayerischen Bürger über die Kita-Gebühren als Eltern die Betreuung ihrer eigenen Kinder – und über den Länderfinanzausgleich als Steuerzahler die Betreuung fremder Kinder in Berlin.

Dank der Schuldenorgie von Friedrich Merz dürfen die Bundesländer nun ja auch noch zusätzliche Schulden aufnehmen. Die können sie für „Infrastruktur“ ausgeben – müssen es aber nicht, weil die Union irgendwie vergessen hat, in die Grundgesetzänderung eine Zweckbindung mit hineinzuschreiben.

Bayern will keine neuen Schulden aufnehmen. Berlin will unbedingt neue Schulden aufnehmen. Die sollen aber nicht in die Infrastruktur fließen, sondern damit will die Stadt die exorbitanten Kosten für die Unterbringung von Migranten bezahlen. Und aller Finanznot zum Trotz will Berlin auch noch weiter so viele Migranten aufnehmen, wie es nur geht. Dank der de facto abgeschafften Schuldenbremse geht da wohl noch einiges.

Sparsamkeit oder gar ein Verzicht auf liebgewonnene Gewohnheiten kommt für Kai Wegener nicht in Frage. Gebühren für die Kinderbetreuung schließt er kategorisch aus. Zumindest könnten sie in den Berliner Kitas ja aber mal Schilder mit der Aufschrift anbringen: „Hier wird Ihr Kind dank der Großzügigkeit der bayerischen Steuerzahler kostenlos betreut.“

Gut, war nur so eine Idee.

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Kommentare ( 57 )

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57 Comments
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Anne W
2 Tage her

Egal welcher Partei und Couleur, die Regierenden scheinen in ihrer sicheren Regierungs- und anscheinenenden Lebensblase immer noch zu meinen, Berlin wäre neben „arm und sexy“ immer noch top, in, da mit Abstand die grösste Stadt Deutschlands…der goldene Stern der Hauptstadt würde am Firmament leuchten. Diese Stadt verkommt, verwahrlost, wird bewusst „überfremdet“, ist falsch und feige regiert und ist bereits a failed city, weil nichts mehr richtig funktioniert. Und das „trotz“ der vielen Milliarden, die hauptsächlich aus Bayern kommen. Die Bayern finanzieren nicht nur die kostenlosen Kitaplätze und das nur kurz gegoltene 29€ ÖPV -Ticket mit – sondern eine inzwischen in… Mehr

Last edited 2 Tage her by Anne W
Radisal
2 Tage her

Widerstand aus Bayern währe nur zu erwarten wenn Pensionen und Renten gekürzt würden.

Michael M.
1 Tag her
Antworten an  Radisal

Was für ein Schmarrn soll das denn jetzt bitte sein. Glauben Sie etwa ernsthaft der Überschuss in Bayern wird durch Rentner und Penionäre erwirtschaftet?! 🤔🙈🤦‍♂️
Ich bin übrigens Höchststeuersatzzahler aus Bayern und habe es so dermaßen satt die Berliner Clowns durchzufüttern und mir obendrein dann auch noch solche Käse-Kommentare anzuhören ‼️

Last edited 1 Tag her by Michael M.
elly
3 Tage her

Angesichts knapper Kassen streicht Bayern von 2026 an die direkten Familien- und Landespflegegeldzahlungen auf die Hälfte zusammen: Durch die Kürzung beim Familiengeld in Bayern erhalten Eltern kleiner Kinder dann nur noch eine einmalige Zahlung von 3.000 Euro statt der bisherigen Summe von mindestens 6.000 Euro.“
https://www.merkur.de/bayern/soeder-massiv-gekuerzt-halbiert-aiwanger-geld-eltern-familien-bayern-familiengeld-pflegegeld-93408638.html#:~:text=Angesichts%20knapper%20Kassen%20streicht%20Bayern,Summe%20von%20mindestens%206.000%20Euro.
Dieses Familiengeld wurde von Feministinnen, Linken, Grünen, der SPD abfällig als „Herdprämie“ bezeichnet. Berlin freut sich

Edwin
3 Tage her

Länderfinanzausgleich = Innerdeutsche Schuldenunion!

Last edited 3 Tage her by Edwin
Nibelung
3 Tage her

Der sozialistische Finanzausgleich unter den Bundesländern ist auch so eine schräge Angelegenheit, denn wer sich eigenständig nennt und sich dabei sogar noch eine teuere Landesregierung leistet kann doch nicht verpflichtet werden, den anderen ständig auszuhelfen, wenn sie selbst nicht haushalten können. So entstehen halt als logische Konsequenz blühenden Landschaften auf der einen Seite und Brachen auf der anderen, denn wird die Unfähigkeit nicht bestraft, geht das immer so weiter und wer tüchtig ist erntet die Früchte seiner Fähigkeiten und wer unfähige Landespolitiker hat, muß gemeinsam mit ihnen darben und verkümmert dabei, weil sich kein Mensch mehr dafür interessiert und das… Mehr

Gerdt Novak
3 Tage her

Was, wenn man Siemens wieder zu einem Berliner Unternehmen machte? Warum ist es in München?

elly
3 Tage her
Antworten an  Gerdt Novak

Na warum wohl, Löscher sagte 2011 treffend „ Hier finden wir alles, was wir brauchen: wettbewerbsfähige Infrastrukturen, hoch qualifizierte Mitarbeiter und exzellente Forschungseinrichtungen“

NochNicht2022
3 Tage her

Es ist bislang nicht bekannt geworden, daß „Bayers Dörfer bzw. Dörfler“ so gewählt haben, daß das jemals anders wird. Jahrzehnte lang CSU gewählt, die mit der CDU eine Fraktionsgemeinschaft CDU/CSU im Bundestag bildet. Damit ist das Thema wg. der zahlreichen CDU-Beteiligungen bei Empfänger-Bundesländern schlichtweg schon erledigt. Ob das die Wähler endlich nach Jahrzehnten schon bemerkt haben? Überhaupt anzunehmen. Da ist die heutige Bild-Suche nach einem „Pawlo“ („mei der arme Bua“) sowieso wichtiger … – Übrigens: Der Länderfinanzausgleich via Art. 107 Abs. 2 Satz 1 GG soll „die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen“ ausgleichen und vergleichbare Lebensverhältnisse im Bundesgebiet sichern. Damit… Mehr

Edwin
3 Tage her
Antworten an  NochNicht2022

In Europa wollten wir ja auch keine Schuldenunion und dafür gab es die Maastrichtkriterien. Warum also eine Schuldenunion innerhalb Deutschlands.

Soweit zumindest die Theorie. Maastricht ist in Europa natürlich auch tot.

A-Tom
3 Tage her

Dann trifft es die Hinterwäldler, die auch Söder wählen, denn die CSU hat ihre Wählerschaft hauptsächlich hinter den Sieben Bergen und im tiefen Wald – eben Landeier.

eifelerjong
3 Tage her
Antworten an  A-Tom

Ich wüßte nicht, dass bayrischer Steuerzahler, die nun mal den Hauptstadtslum am Leben erhalten, ausschließlich auf dem Lande wohnen.

Soistes
3 Tage her
Antworten an  A-Tom

Das ist ungefähr so ein Unfug, wie zu sagen, dass sich die Berliner Bevölkerung hauptsächlich aus jenen nicht gerade arbeitsaffinen Menschen zusammensetzt, die sich aus politischen Gründen hoch alimentiert, während des kalten Krieges auf der Insel Westberlin niedergelassen hatten.

Last edited 3 Tage her by Soistes
Edwin
3 Tage her
Antworten an  A-Tom

Auf dem bayerischen Land wird zwischenzeitlich auch vielfach AfD gewählt. Beispiel Waldkraiburg, Sitz meines ehemaligen Arbeitgebers, ca. 20%, also Bundesschnitt. Das Problem ist das grün-linksverseuchte München und vermutlich sieht es in den beiden übrigen Großstädten Nürnberg und Augsburg ähnlich aus.

Berlindiesel
3 Tage her

Hochmut kommt vor dem Fall. Das rechtfertigt zwar nicht die schon fast kriminelle Verschwendung in Berlin (die ich als rechter Berliner aber nicht abwählen kann) doch man sollte auch in Bayern nicht die Augen davor verschließen, dass alles ganz schnell nach unten gehen kann. Kein anderes Bundesland hat von der deutschen Teilung so profitiert wie Bayern, einschließlich der Aufwertung von München. Die bayrische Wirtschaft, erst im Rahmen der Deindustrialisierung von West- und Norddeutschland so richtig in Fahrt gekommen, ist mehr als viele andere rein auf Export ausgerichtet – ein Konzeot, von dem klar ist, das es sich so nicht mehr… Mehr

Edwin
3 Tage her
Antworten an  Berlindiesel

Immer wieder die Leier, daß Bayern von dem Länderfinanzausgleich nach dem Krieg profitiert hat und sich dadurch vom Agrarstaat zum Industriestaat wandeln konnte. Bayern hat das Geld in Infrastruktur investiert und nicht wie Berlin in den Konsum. Das ist genau der Unterschied. Daraus sollte sowohl in Deutschland als auch in Europa gelernt werden. Solche Subventionen sollten zweckgebunden (z.B. materielle Infrastruktur) und befristet sein (z.B. maximal 10 Jahre, danach kein Geld mehr). Warum erhalten in Europa Irland und Polen immernoch Zuwendungen der EU, obwohl es beiden Ländern sehr gut geht und dies größtenteils dadurch, dass sie Deutschland Arbeitsplätze durch die fortgesetzte… Mehr

Last edited 3 Tage her by Edwin
alter weisser Mann
3 Tage her

Mal Berlin außen vor.

„Berufstätige Mütter, die zehn Stunden pro Tag buchen, müssen jeden Monat sogar 245 Euro überweisen.“

Das bedeutet etwa 12 € pro 10 Stunden Betreuungstag und ist näher an den 0 € am Tag als an irgendeinem nennenswerten Kostendeckungsbeitrag. Sollte man im Blick haben, sonst klingt das Wehklagen so hohl.

eifelerjong
3 Tage her
Antworten an  alter weisser Mann

Es geht nicht, alter weißer Mann, um die Summe die monatlich in Bayern zu zahlen ist, es geht darum, dass bayrische Eltern für etwas zahlen, was der Hauptstadtslum gratis aus fremdem Geld anbietet.

alter weisser Mann
3 Tage her
Antworten an  eifelerjong

Falsch, es geht immer um Anspruchdenken gegenüber staatlichen Leistungen, hier wie da.
Dass die Berliner da vor den Bayern liegen, bleibt unstrittig. Das insgesamt erreichte „Niveau“ sollte man deshalb aber nicht ignorieren.
Weil: Wer bezahlt den bayerischen Eltern, die Kita-Subvention? … Der, der damit auch nur ohne direkten eigenen Nutzen zum Nutzen Dritter vom Staat abgezogen wird. Da wiederholt sich der Zustand Berlin-Bayern nur auf einer anderen Ebene. Steuerzahlerfinanzausgleich … bis wohin ist er, z.B. für den Sozialstaat, ok, ab wo nicht mehr?