Wer sich an den Grünen orientiert, landet in der Irre

Die Grünen sollen die "führende Orientierungskraft" werden. Das hat ihre Vorsitzende Ricarda Lang im ZDF-Sommerinterview gefordert. Sie versucht, die verlorene EU-Wahl aufzuarbeiten - berührt aber das eigentliche Problem nicht.

picture alliance/dpa | Hannes P Albert

Ein Bauernhof. Ein Unterstand für Pferde. So inszeniert das ZDF Ricarda Lang für das Sommerinterview. Die Grünen als die gute alte, naturnahe Kraft des Guten, Natürlichen. Zumindest im Staatsfernsehen hat die Partei noch ihre Freunde. Doch außerhalb dieser Schutzzone sieht es schlecht für die Grünen aus. Ihre Wähler laufen davon. Bei der EU-Wahl halbierten sie ihr Ergebnis fast. Besonders dramatisch fiel der Absturz bei den Erstwählern aus, die nun AfD und CDU attraktiver finden. Doch das ist noch nicht alles. Selbst die Tagesschau erkennt mittlerweile, dass die Grünen für viele zum „Feindbild“ geworden sind. Laut einer Insa-Umfrage sind sie nach der AfD die Partei, von der sich die meisten Wähler ausdrücklich distanzieren.

Acht Punkte haben die Grünen in einer Analyse vorgelegt, die sie künftig besser machen wollen. Dass diese Punkte vage formuliert sind, ist nicht das Problem. Das ist handelsüblich in der Politik. Entscheidender ist schon, dass Lang und ihr Co-Vorsitzender Omid Nouripour davon sprechen, die Leute hätten das Gefühl, dass die Politik nichts für sie mache. Das Gefühl. Als ob da jemand etwas Irrationalem nachgehe und es die Grünen bräuchte, dem Verwirrten das Gefühl zu nehmen und durch Wissen zu ersetzen. Mit dieser Arroganz nähert sich die Debatte schon eher der Frage, warum immer mehr Deutsche die Grünen strikt ablehnen.

Im Sommerinterview ruft Lang aus, die Grünen müssten die „führende Orientierungskraft“ in Deutschland werden. In dieser Aussage finden die beiden Gründe für die grüne Krise zusammen. Neben ihrer Arroganz ist das die fehlende Bereitschaft zu erkennen, dass sie nicht die Lösung sind – sondern das Problem. Die Grünen sollen die „führende Orientierungskraft“ werden. Werden. Als ob sie das nicht schon seit mindestens zehn Jahren sind. Als ob die Probleme Deutschlands nicht gerade daher kämen, dass die SPD, die CDU, die FDP und die Linken seit zehn Jahren grüner als die Grünen sein wollen – und oft genug auch sind.

Eine „Wirtschaftspolitik“ des Degrowth, die in der Realität tatsächlich zur Deindustrialisierung Deutschlands führt. Eine Energiepolitik, die auf die klimaneutrale Atomkraft verzichtet zugunsten von Windrädern im Wald. Eine Verkehrspolitik, die Pendlern das Autofahren vergällt, aber den Ausbau öffentlicher Verkehrsmittel vernachlässigt. Oder eine unkontrollierte Einwanderung, die Fachkräfte und Rentenzahler bringen soll. Aber während es an Fachkräften weiter mangelt und die Rente im europäischen Vergleich niedrig bleibt, steigt mit der Zahl der Zuwanderer auch die Zahl der erwerbsfähigen Empfänger von Bürgergeld, der schweren Gewaltverbrechen und der Wohnungslosigkeit.

Die Grünen sind die „führende Orientierungskraft“ in Deutschland: Ihre Intoleranz gegenüber anderen Meinungen hat sich die SPD zu eigen gemacht, wenn ihre Innenministerin Nancy Faeser Medien über das Vereinsrecht verbietet. Wenn sie Sturmhauben und den Verfassungsschutz auf politische Gegner hetzt. Die grüne Wirtschaftspolitik, nach der Unternehmen am besten funktionieren, wenn der Staat selbst Details reguliert und ein milliardenschweres Paket nach dem anderen raushaut, machen sich immer mehr in der CDU zu eigen. Allen voran Ursula von der Leyen in Brüssel. Und es war ein von der FDP gestellter Justizminister, der den Verweis auf nur zwei Geschlechter und die falsche Anrede von Geschlechtswechslern unter Strafe gestellt hat.

Die Grünen waren in den vergangenen zehn Jahren die „führende Orientierungskraft“. Weil sich die CDU unter Angela Merkel an dieser Kraft ausgerichtet hat, konnte die AfD überhaupt erst aufsteigen. Nachdem die Diffamierungskampagne grüner Medien gegenüber der AfD immer besser funktionierte, suchten die Unzufriedenen neue Parteien, um vor den grünen Parteien fliehen zu können: Volt, Bündnis Sahra Wagenknecht, Werteunion, Bündnis Deutschland oder der Erfolg der Freien Wähler in Bayern und Rheinland-Pfalz sind ein Ergebnis dieser Flucht vor der „führenden Orientierungskraft“.

Entweder hat Ricarda Lang nicht erkannt, dass die Unzufriedenheit der Wähler und der Aufstieg von AfD und Bündnis Sahra Wagenknecht eine direkte Folge des Endes des grünen Zeitgeists sind. Dass immer mehr erkennen, wohin dieser grüne Zeitgeist führt, wenn er in Regierungsverantwortung mündet. Oder Lang geht darüber hinweg, will grüne Ideen mit aller Macht durchsetzen, obwohl und gerade, weil sie nicht mehr Zeitgeist sind. Zuzutrauen ist es Lang.

Lang ist für viele rechte Kommentatoren nur eine Witzfigur. Das ist eine Fehleinschätzung und eine Arroganz, wie sie sonst den Grünen zuzuschreiben ist. Lang ist durchaus zuzutrauen, dass sie erkannt hat, dass sie grüne Ideen durchdrücken muss, weil der Zeitgeist nicht mehr hinter ihnen steht und eine freiwillige Umsetzung unmöglich macht. Das Problem sind die vielen grünen Anhänger in Politik und Medien, die diese Mechanik nicht erkannt haben, nämlich dass die Leute nicht umschwenken, weil es an grüner Orientierung mangele – sondern weil sie dieser überdrüssig sind. Diese grünen Anhänger werden sich von Lang auf die Linie einschwenken lassen, es brauche einfach nur mehr grüne Orientierungskraft.

Das beste Beispiel dafür ist der Klimaschutz: Klimakleber, die Arbeitnehmer auf ihrem Weg zur Arbeit blockieren, um dann selbst in Urlaub nach Bali oder Mexiko zu fliegen. Monatliche Berichte, dass nun genau dieser Monat der heißeste aller Zeiten – seit dem Urknall und davor – sei. Madenexperten, die auf Klimakenner umschulen und den „Höllensommer des Jahrtausends“ verkünden, in dem die Deutschen dann bei Regen und 20 Grad Celsius die Strickjacke raussuchen. 60 deutsche Städte, die bereits seit fünf Jahren im permanenten „Klimanotstand“ sind. Ein „Kind“, dass Kohlendioxide mit dem bloßen Auge sehen konnte, sich aber jetzt als das rausstellt, was es immer war: eine Marionette von PR-Agenturen, die sich nun auch noch mit antisemitischen Plüschfiguren umgibt. Klimaschutz ist als Thema reichlich diskreditiert. Zwar ist es durchaus sinnvoll, wenn acht Milliarden Menschen auf der Welt sparsam mit deren Ressourcen umgehen. Doch zu viele der Klimakatastrophen-Prediger erweisen sich als zu windige Figuren, als dass ihnen eine Mehrheit noch folgen wollte.

Ricarda Lang sagt etwas im Sommerinterview, das den Punkt trifft: Wollen die Grünen wieder erfolgreich sein, muss es ihnen gelingen, den Klimaschutz wieder stärker in den Mittelpunkt zu rücken. In der Tat. Mit diesem Thema steht und fällt der grüne Erfolg. Das Problem der Grünen und ihrer Anhänger in den Medien ist nur: Mehr ist nicht mehr automatisch besser. Wenn sie ihre Agenda von Höllensommern, Todeshitzen und unbewohnbarem Planeten verstärken, führt das nicht automatisch zum Erfolg der Grünen. Sondern eher zu weiteren Trotzreaktionen. Das Thema Klimaschutz ist nur eines, aber sicher das anschaulichste, das zeigt: Wer sich die Grünen als Orientierungskraft auswählt, der landet ziemlich sicher in der Irre.

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Kommentare ( 104 )

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K.Behrens
1 Monat her

In Schleswig-Holstein schaut ein CDU-Ministerpräsident wie ein treuer Dackel seiner zukünftigen neuen Vertretung hilflos zu. Diese plant den gesellschaftlichen Umbau weiter und findet das «hammergeil«. 

Landdrost
1 Monat her

Monatliche Berichte, dass nun genau dieser Monat der heißeste aller Zeiten – seit dem Urknall und davor – sei.“
Passend dazu:
Weltweiter Rekord: Sonntag war heißester Tag seit Wetter-Aufzeichnung | Leben & Wissen | BILD.de
Weißte Bescheid.

Stefan Z
1 Monat her

Frau Lang und Co sind leider kein Witz sondern todernste Realität. Der einzige Witz ist, dass wir überhaupt über sie diskutieren müssen. Das kann sich selbst ein „El Hotzo“ nicht ausdenken.

Stefan Z
1 Monat her

„Wollen die Grünen wieder erfolgreich sein, muss es ihnen gelingen, den Klimaschutz wieder stärker in den Mittelpunkt zu rücken.“ Dann gibt es jetzt wohl 24 Stunden Klimadauerberieselung im Panikmodus und alle anderen „unwichtigen“ Themen werden verboten. Es bleibt aber trotzdem eine Tatsache, dass Deutschland wenig zur CO2-Reduktion beitragen kann aber dafür seine Zukunft verjubelt. Auch bleibt es eine Tatsache, dass Deutschland nicht die Welt retten kann. Deutschland muss im Gegenteil bald selbst gerettet werden. Der erste Schritt dahin, wäre die Rettung vor den Grünen. Das würde ja vielleicht auch die CDU umdenken lassen. Leider, ist denken aber auch dort nicht… Mehr

Riffelblech
1 Monat her

Das tote Pferd vom Klimawandel ist die einzige Argumentation die den Grünen noch Zulauf bringt in Zusammenhang mit „ queerer „ Lebenseinstellung ( 0,0016% derBevölkerung) . Damit reduziert sich deren Argumentation auf „ Hoffen und Bangen „ ,auf Lügen und Betrügen ,nicht aber auf wissenschaftliche Erkenntnisse. Jedes Hochwasser ,jeder kräftige Regenguss und jeder Asphalttemperatur über 40 Grad sind in deren Augen Hinweise auf den angeblichen Klimawandel . Klima ist und bleibt in seiner Definition die Zusammenfassung von Wetterereignissen über den Zeitraum von 30 Jahren ,alles andere ist nun mal Wetter . Aber erklär das mal den Gesistesgrößen Lang,Nourupur,Habeck und Claudia… Mehr

Kontra
1 Monat her

Habe mir dieses Interview am Sonntag unter großen Schmerzen angetan. Lang reiht einen auswendig gelernten Textbaustein an den nächsten. Ohne Inhalt, ohne jegliche Substanz. und komplett unfähig zur Selbstreflexion. Eine Sekte mit bummelig 12 % Wähleranteil hat den Anspruch, einen Kanzlerkandidaten aufzustellen. Natürlich jemanden, der mit mäßigem Erfolg ein Co-Autor von Kinderbüchern war. Irre? Passt sehr gut!

Eingeborener
1 Monat her
Antworten an  Kontra

Das ist deren Mission, auswendig gelernte grüne Ideologie gebetsmühlenartig zu wiederholen.

ceterum censeo
1 Monat her

Lang ist für viele rechte Kommentatoren nur eine Witzfigur. Das ist eine Fehleinschätzung und eine Arroganz, wie sie sonst den Grünen zuzuschreiben ist.“ Was ist daran eine Fehleinschätzung? Lang ist DAS Paradebeispiel für Inkompetenz und galaktisch falscher Selbsteinschätzung. Jedes ihrer Worte basiert auf Bevormundung und Arroganz gegenüber deren, die nicht ihrer Meinung sind. Ich weiß nicht, wer in der verzerrten Selbsteinschätzung vorne ist: Lang oder Esken (wobei Esken eher ein Fall von pathologischer Ignoranz der Realität ist gepaart mit hündischer Unterwürfigkeit bis hin zur Selbstaufgabe unter Inkaufnahme der Bloßstellung).

Anne
1 Monat her
Antworten an  ceterum censeo

R. Lang nur als Witzfigur zu betrachten, ist auch nach meiner Auffassung brandgefährlich. Zu beachten ist nämlich Folgendes: Die Grünen verfügen derzeit über ein großes Machtpotential durch ihre Beteiligung an der Regierungskoalition und des Umstandes, dass auch ihre Koalitionspartner (SPD, FDP) sowie die Opposition (CDU/CSU) auf der grünen Linie marschieren. Nicht zu vergessen ist, dass die Grünen in vielen Landesregierungen sitzen und demzufolge auch auf dieser Ebene Macht ausüben. Wie jeder unschwer erkennen kann, der die aktuelle Politik auf Bundes- und Landesebene verfolgt, nutzen die Grünen ihre gewonnene Macht skrupellos zur Umsetzung ihrer Agenda. Diejenigen, die die grüne Politik kritisieren… Mehr

ceterum censeo
1 Monat her
Antworten an  Anne

Jaaa, das ist alles richtig. Dennoch kann ich diese Abziehbild nicht Ernst nehmen. Und wer das macht, gibt diesen Figuren Berechtigung und Bestätigung!

Lupo A
1 Monat her

Niemand ist wirklich überflüssig. Er kann immer noch als schlechtes Beispiel dienen. Auch die Grünen. Sie haben eindrucksvoll den Weg in den Abgrund gezeigt und damit eine für die Zukunft wichtige Orientierung geliefert.

In diesem Sinn hat Ricarda Lang doch völlig recht. Sie markiert wie ein Merkelpoller unübersehbar einen Weg und eine Richtung, in die es nicht mehr weiter gehen darf.

Querdenker73
1 Monat her

Ricarda Lang fordert(!) für die Grünen die Anerkennung als Führungskraft! Da brauchts ja keine Beendigung des grünen Blindflugs! Das soll sie mal den grünen Nieten im Nadelstreifen mitteilen. Auf dem Bild ist übrigens ihre Lieblingspose sichtbar: Die erläuternde Gestik der Frau Oberlehrer. Wenn sie sich diese Pose mal verinnerlicht, würde sie erkennen, warum dieser unnütze Verein auch bei den Jugendlichen immer weniger Anklang findet! Sie arbeitet kontinuierlich am eigenen Absturz! Leider arbeiten hier Gottes Mühlen zu langsam!

Martin Mueller
1 Monat her

Bei den Grünen können zuhauf stramme Lebensversager und Arbeitsscheue Karriere machen…..Dazu muss man nur zu 4 bis 5 politischen bzw. gesellschaftlichen Themen die von der Partei gesetzen Phrasen auswendig lernen und etwas blumig ausmalen. Und wenn man argumentativ nicht mehr mit diesen hohlen Prasen in einer Diskussion Punkten kann, schreit man den missbilligen Diskutanten mit moralischer Diffamierungsbegriffen nieder. Mehr braucht man nicht zu können.