Wende ohne die Schwampel Jamaika

Ob man nun den Ausgang der Sondierungen von Jamaika bedauert oder begrüsst, einiges ist deutlicher geworden. Künftige CDU-Wähler können sicher sein, die Grünen mit zu wählen. Arbeitsplätze und abstürzende Regionen in Ostdeutschland interessieren nicht bei der Weltrettung.

Wenn man etwas vorhersagt und die Realitäten treten später nicht so ein, fühlt man sich trotzdem besser. In meinem Beitrag zum Begriff Wirtschaftsbegrünung vom 1. Oktober orakelte ich darüber, was in den Sondierungen zu einer westdeutsch dominierten Schwampel Jamaika eintreten würde – dazu ist es zum Glück nicht gekommen. Die Energiepolitik drohte zur Zugeständnismasse zu verkommen und von Schwarz und Gelb auf dem großen Basar den Grünen rübergeschoben zu werden.

Die FDP wollte die ungenießbare Suppe aus Formelkompromissen und im Grunde nicht aufgelösten eckigen Klammern nicht auslöffeln und zog die Reißleine. Lieber ein Ende mit Schrecken als eine schwamplige Schreckensherrschaft vpon Jamaika für vier Jahre.

Die Frage, ob ein sanfter Druck von der Straße gewirkt hat, ist spekulativ. Vor den Sondierungsorten protestierten Gewerkschafter der Industriegewerkschaft Bergbau/Chemie/Energie und wiesen auf die Folgen eines beschleunigten Kohleausstiegs hin. Ohne Molotow-Cocktails und Zwillen, Plünderungen und Gewalt gegen die Polizei. Vielleicht erfreuten sie sich deshalb nicht der sonst üblichen medialen Sympathie für „Aktivisten“.

Einige Politiker auf dem Wege nach Jamaika ließen sich auf Gespräche mit den Demonstranten ein, ohne Beiträge mit Neuigkeitswert abgeben zu können. Ministerpräsident Kretschmann sprach nach dem Hinweis auf den wirtschaftlichen Niedergang in den betroffenen Regionen davon, dass der Ausstieg ja „gleitend“ geschehe, wobei er offenbar die grüne Beschlusslage und die Forderung in der Sondierung vergessen hatte: Abschaltung sofort! Am besten 20 Kraftwerke, wenn möglich mehr statt weniger.

Neben den Braunkohlerevieren in der Lausitz sind auch die Siemensstandorte schwerpunktmäßig in Ostdeutschland betroffen. Die Werke in Görlitz und Leipzig sollen schließen, das Traditionswerk in Berlin verkleinert werden, insgesamt an die 1700 Stellen wegfallen. Gasturbinen werden nicht mehr benötigt. Zwar sind auch Offenburg und Mülheim a.d.Ruhr betroffen; aber für die dort Beschäftigten sind die Chancen größer, Jobs in diesen Ballungsräumen zu erhalten. In Ostdeutschland verdoppelt die berlingemachte Energiewendekrise die Probleme der strukturschwachen Region. Abhilfe ist nicht in Sicht; Abriß geht einfacher in Koalitionsvereinbarungen ein als Aufbau; Verarmung wird hingenommen wenn es darum geht, den Planeten zu retten.

Aber betroffen ist der gesamte Industriestandort Deutschland. Auf die Frage, wo die Grünen denn einsteigen wollen und ob sie neben den Ausstiegs- auch Einstiegspläne hätten, gab es keine Antwort. Der aktuelle Strommix am Freitagabend wurde ihm noch kundgetan. 3,3 Gigawatt Windeinspeisung und mehr als 50 Gigawatt konventionelle Kraftwerksleistung. Genau die soll jetzt reduziert werden; dass in der Zeit der Dunkelflaute von November bis Februar der Wind nicht weht und die Sonne zu schwach scheint berührt die Energie-Theoretiker der Grünen nicht und die CDU spielt dabei mit.

Göring-Eckhard behauptete, ostdeutsche Interessen zu vertreten. Die Siemensianer im Osten werden erstaunt sein, hat doch die grüne Wende den Markt für Gaskraftwerke gerade ins Aus geschossen. Hofreiter und Roth knien nieder vor den Klimazielen.

Kubicki von der FDP war etwas irritiert über die „Wolfgang, Wolfgang“- Rufe der Demonstranten. Dass Arbeitnehmer ihn als letzte Hoffnung bezeichneten, wird ihm noch nicht so oft passiert sein. Parteichef Lindner sprach mit den Rotbemützten noch bevor er sich vor die Galerie der Mikrofone stellte.

Kanzleramtschef Altmaier will alles mit Geld regeln und hat gehört, dass Deutschland sowieso den Strom nur exportiert. Mehr Fantasie ist ihm nicht gegeben. Einen weitgehend subventionsfreien Industriezweig aus symbolpolitischen Gründen abzuschalten, bereitet ihm offenbar kein Problem. Die Zeiten, als der CDU noch Wirtschaftskompetenz zugeschrieben werden konnte, sind auch vorbei.

Ob man nun den Ausgang der Sondierungen von Jamaika bedauert oder begrüßt, einiges ist deutlicher geworden. Künftige CDU-Wähler können sicher sein, die Grünen mit zu wählen. Und es scheint doch noch eine Partei mit Charakter zu geben.

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Kommentare ( 31 )

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Hartwin Brückner
6 Jahre her

Deutschland 2016…172000 Stromausfälle…472 pro Tag. Das ist die Bilanz der Energiewende. Aber keine Sorge, es wird noch weitaus schlimmer werden, je mehr Grundlastkraftwerke abgeschaltet werden.

Rainer Franzolet
6 Jahre her

Idiotische Energiepolitik?

Sören Hader
6 Jahre her

In wirklich fast allen Industriestaaten findet eine Energiewende statt, schauen Sie sich bitte mal um. Selbst in amerikanischen Bundesstaaten wie Kalifornien setzt man u.a. verstärkt auf Solarstrom und Elektromobilität. In vielen Ländern gibt es mittlerweile eine Quotenregelung oder eine Einspeisevergütung wie bei uns das EEG.

Hans Diehl
6 Jahre her

Die Antwort geben doch gerade diejenigen, die dafür

verantwortlich sind und damit Geld verdienen..

Siehe hier:
https://www.welt.de/wirtschaft/energie/article125425602/RWE-setzt-jetzt-voll-auf-die-Energiewende.html

RWE setzt jetzt voll auf die Energiewende

Rainer Franzolet
6 Jahre her

Das Thema wurde auf TE an anderer Stelle ausführlich behandelt. Ich staune immer wieder über die Chuzpe der Grünen Märchenverbreiter.

Rainer Franzolet
6 Jahre her

Im Winter brennt die Sonne also in Deutschland so stark, dass wir die AKWs in Frankreich ergänzen können. Dazu hätte ich gerne mal eine Quelle.

Jan Schöler
6 Jahre her

Lass uns das schnell machen, dann haben wir es hinter uns. Atomkraft ausschalten und Kohle auch. Wir verpennen sonst die Zukunft und die ist nicht im Mittelalter und den Windmuehlen zu suchen, sondern Dual-Fluid-Reaktor…

markmunich
6 Jahre her

Das instabile Remake einer Weimarer Republik überzeugt mich nicht. Die AfD muss angesichts der (Not)Situation nun halt etwas schneller erwachsen werden. Weitere 4 Jahre u. der Drops ist endgültig gelutscht.

Michel Rieke
6 Jahre her

Wenn die IT erst mal durchgegendert ist, werden wir Weltmarktführer! Gerade da kann doch die Diversität ihr Potential entfalten, statt Frau und Mann, also 0 und 1 (Reihenfolge zufällig!!), gibt es dann 60 Schaltzustände in jedem Bauteil. Die Rechner werden dann so schnell sein, dass Fratzscher den Rentenbeitrag für das Jahr 47.110.815 in laufenden Talkshows sofort berechnen kann. Das Rendering von 4k-Material läuft dann in Echtzeit!

Michel Rieke
6 Jahre her

Eben, der ZMD vertritt die IGD, die wiederum die MB vertritt, die wiederum …..