Wenn man keine Wahl hat … – Kein Politikwechsel in Sicht

Friedrich Merz wird aller Wahrscheinlichkeit nach der nächste Bundeskanzler. Das Wahlvolk aber weiß, dass er die politischen Ziele der CDU nicht wird umsetzen können, und dass der eigentliche Wahlkampf zwischen den Grünen und ihrer Ideologie und der AfD stattfinden wird. Einen echten Politikwechsel wird es nicht geben.

picture alliance/dpa | Christian Charisius

Die Situation ist trist, kompliziert, gefährlich, aber nicht hoffnungslos. Merkels Politik der Entpolitisierung und der Alternativlosigkeit, ihr Putsch von oben gegen die Demokratie in Thüringen und in ihrem Pandemie-Regime hat dazu geführt, dass sich ein politisches Establishment, eine „Elite“ gebildet hat aus Berufspolitikern von den Grünen über die SPD, die FDP bis hin zur Union, die sich für sakrosankt hält. Nennen wir sie die Herrscher von Neu-Versailles – abgehoben, weit weg von den Bürgern, auf die sie herabblicken. Sie sagen es jetzt ständig selbst, dass sie den Begriffsstutzigen „da draußen“, also vor den Toren von Neu-Versailles, nennen wir sie Bürger, ständig etwas erklären müssen, dass sie die Bürger mitnehmen wollen, und zwar dahin, wohin die Bürger eigentlich aus gutem Grund nicht wollen, weshalb man die grüngefälligen Medien benutzt, von denen man übrigens auch getrieben wird, und zunehmend Gesetze erlässt sowie die Staatsanwaltschaften und die Polizei bemüht.

Pharisäertum oder das Geschäft Tartuffes betreiben die Aristokraten von Neu-Versailles, wenn sie den inzwischen grünextremen, öffentlich finanzierten Rundfunk und die Propaganda von ZEIT, FAZ, Süddeutsche, sehr rührig übrigens: vom Handelsblatt unter anderem, vollkommen nutzen, aber die Diskussion zwischen Elon Musk und Alice Weidel als „illegale Parteispende“ behandeln wollen. 150 Zensurschaffende der Brüsseler Oligarchie sollten die Diskussion beobachten, in der Hoffnung, etwas zu finden, um X verbieten zu können. Wovor haben sie Angst? Davor, dass ihre Demokratie, die bei Lichte besehen immer mehr de facto zur Oligarchie entartet, wieder zur wahren Demokratie, zur Herrschaft des Volkes wird? Wird X etwa durch Zwangsgebühren finanziert und hat dafür einen öffentlich-rechtlichen Auftrag? Nein. RTL oder Pro 7 können so viel, wie sie wollen, für die Grünen oder die Roten werben, wenn ihnen danach die Gesinnung steht, sie sind privat finanziert, sie handeln im eigenen geschäftlichen Auftrag, auf eigenes geschäftliches Risiko. Elon Musk und X auch.

Kritik und Veränderung ist hingegen da von Nöten, wo ein Medium durch den Staat Zwangssteuern einziehen lässt und im Gegenzug den Informations- und Bildungsauftrag nicht mehr erfüllt, sondern Indoktrination, Propaganda und wie im Falle der Räuberpistole von Correctiv Desinformation betreibt, sogar aus eigener Machtvollkommenheit noch über ein Gerichtsurteil hinaus. Es ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk, der inzwischen zur Gefahr für die Demokratie und zur Propagandaabteilung des Brandmauerkombinats, der Aristokratie von Neu-Versailles wurde. Das ist nicht erstaunlich, denn diese Medienleute fühlen sich dieser neuen Aristokratie zugehörig, sie sind nicht Beobachter, sondern Teil des politischen Geschäfts.

Die Union propagiert nun einen Politikwechsel, hat aber nicht dessen Konsequenz bedacht, denn ein Politikwechsel bedeutet zunächst einen Wechsel der Politiker.

Im Grunde erlebt man – und daran wird die Wahl am 23. Februar wohl kaum etwas ändern – ein kleines Déjà-vu, denn im Ergebnis führte Merkels Politik der Alternativlosigkeit zum Brandmauerkombinat, den neuen Blockparteien. Damit einher geht der Autoritätsverlust der Eliten, den diese Eliten durch einen höheren Aufwand an Propaganda und immer drakonischer werdenden exekutiven Maßnahmen, durch eine fast an Orwell erinnernde Gesetzgebung zu begegnen suchen: Volkserziehung und Volkskontrolle. Obwohl fast 70 Prozent der Bürger eine bürgerliche Politik wünschen, bekommen sie durch den Verrat der Union eine grüne Politik. Wenn die Union nicht diesen gordischen Knoten löst, wird die Wirklichkeit ihn zerschlagen.

Ein interessantes Phänomen, das man auch als Dekadenzphänomen betrachten kann, zeigt sich: Obwohl nach allen bisherigen Wahlumfragen Friedrich Merz Kanzler werden wird, die Union steht zwischen 29 und 31 Prozent, interessiert das im Wahlkampf immer weniger Bürger. Da Friedrich Merz und die Union ihr Wahlprogramm nicht mit der SPD, erst recht nicht mit den Grünen, mit denen Merz liebäugelt, verwirklichen können, sondern einzig mit der AfD – die FDP kommt rechnerisch nicht mehr in Frage –, wird Friedrich Merz eher auf das Wahlprogramm als auf die Regierungsbildung mit den Roten oder den Grünen oder mit beiden verzichten. Man weiß also, dass die Union sicherlich, die SPD möglicherweise regieren wird, doch interessiert das nicht weiter, nimmt man das nicht weiter zur Kenntnis.

Der eigentliche Wahlkampf findet zwischen den Grünen als Speerspitze der woken Eliten von Neu-Versailles und der AfD, zwischen Robert Habeck und Alice Weidel statt, obwohl die beiden nicht im Duell aufeinandertreffen werden, weil Habeck, der Held, sich seitwärts in die Büsche schlägt, weil er wie damals in Schlüttsiel vor den Bauern, dessen Minister er einmal war, geflohen ist, wie der Kämpfer für die Meinungsfreiheit, Robert Habeck, vor Alice Weidel davonläuft. So schnell hat man ihn noch nie laufen sehen. Aber Habecks Verständnis von Meinungsfreiheit lautet, dass jeder offen und frei Habecks Meinung äußern darf. Mit und an seinem Küchentisch und anderswo diskutiert er ausschließlich mit Leuten, die seine Meinung teilen. Aber die Wahl wird auf ein pro Elite oder contra Elite hinauslaufen.

Nach dem Gespräch zwischen Musk und Weidel, was erst die aufgeschreckten Bewohner von Neu-Versailles wichtig gemacht haben, werden die abenteuerlichsten Kommentare und Rechtsfiktionen das Publikum überraschen, schon deshalb, weil die Bewohner von Neu-Versailles inzwischen den eigenen Verschwörungstheorien, die immer abstruser werden, anheimfallen. Sie werden zu Opfern ihrer eigenen Fiktionen und ihres eigenen Denkens, das sie anderen unterstellen. Habeck führt im Grunde keinen Wahlkampf gegen Weidel, sondern gegen sich, gegen seine Ängste und für seine Eitelkeiten, für die allergrößte Fiktion, der Fiktion von sich selbst. Zum Wahlkampfauftakt wirft er sich in die Rolle des Messias von Lübeck. Einige wollen ihn über die Ostsee laufen gesehen, wieder andere dabei beobachtet haben, wie er Wein in Wasser verwandelt hat. In München strahlte sein Konterfei als Kanzler des allerneuesten Bundes vom Siegestor. „Ein Mensch. Ein Wort.“ Daran hielt er sich nicht, denn in Lübeck in der Pose von Nietzsches Übermenschen machte er sehr viele Worte, die dann doch nur auf ein Wort hinausliefen: ICH.

Was bleibt den Grünen, der SPD und der Union übrig, wo sie doch den Horizont vermauert haben und auf die Brandmauer starren, die eifrig mit dem illuminiert wird, was die alten Ideologien und Utopien so hergeben. Irgendwie haben sie Berlin-Mitte zu Wandlitz gemacht und träumen davon, dass es Versailles wäre.

Ungewiss ist derzeit manches. Vielleicht ereignet sich ein Wunder, vielleicht erkennt die Union noch, dass Deutschlands Talfahrt so dramatisch verläuft, dass eine wirklich neue, auf der Höhe der Zeit stehende Politik, die nur die Union mit der AfD durchsetzen kann, diese Talfahrt aufhalten und schließlich durch harte Arbeit aller umgekehrt werden wird. Doch will man, dass der Bürger sich engagiert, muss man Politik nicht gegen, sondern für den Bürger machen. Das wäre ein Anfang. Damit ist nicht zu rechnen, nicht solange Friedrich Merz das Sagen hat, dem der Meldestellenministerpräsident Hendrik Wüst im Nacken sitzt. Die Union könnte am Ende zerbrechen zwischen Ost und West und Nord und Süd.

Ganz gleich, ob es nach der Wahl zu Schwarz-Rot, Schwarz-Grün oder zu Schwarz-Rot-Grün kommt, zu den ewig gleichen Politikern, zum Wechsel der Namen, aber nicht der Politik kommt, wird diese Regierung wohl kaum die Legislaturperiode durchstehen, auch wenn Angst sie zusammenschweißt. Doch sie werden Getriebene sein, wie jetzt schon der Wahlkampf von außen bestimmt wird, vom Ukraine-Krieg, von den politischen Entwicklungen in den USA, Trumps neuer Geo- und eben auch Energiepolitik, in Österreich, überhaupt in Europa. Ganz gleich, wie der Krieg in der Ukraine ausgeht, ein Verlierer steht jetzt schon fest: Deutschland. Dafür haben Baerbock, Habeck, Scholz, Merz und Kiesewetter gesorgt, das Brandmauerkombinat in trauter Einigkeit.

Ganz gleich, wie die Wahl ausgeht, es wird einsam in Neu-Versailles. Lehnen wir uns zurück, vergessen wir für einen Moment, aber auch nur für einen Moment, dass es um unsere Zukunft und die Zukunft unserer Kinder geht, mit der die neue Aristokratie spielt, und schauen wir uns mit einem Vergnügen an komödiantischen Gegenständen an, am Polit-Slapstick, was uns die neue Herrschaft bietet: Eine Farce nach der anderen, eine Groteske nach der anderen, ein Grand Guignol nach dem anderen wird bis zur Wahl aufgeführt werden. Molière hat in den Leuten des Brandmauerkombinats seine Lehrmeister gefunden.

Aber den Preis dafür zahlen wir, solange wir Publikum sind.


Unterstützung
oder

Kommentare ( 55 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

55 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
Peer 70
12 Minuten her

Wenn man keine Wahl hat, steht kein Politikwechsel in Sicht? Fritze Merz wird aller Wahrscheinlichkeit nach, der nächste Bundeskanzler sein.„Die Botschaft hör’ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube!“ Ich hoffe, das Volk lässt sich schließlich aber doch überzeugen, um einer demokratischen und ideologischer Partei den Wechsel im Lande, auch zu ermöglichen.

Last edited 8 Minuten her by Peer 70
Naivling
1 Stunde her

Ick hätt da mal sonne Idee: Warum nicht das Duell Weidel Habeck mit KI erstellen? Weidel in echt, wenn sie mag, und das Robertle als KI. Seine Redebeiträge ebf. ki-generiert und/oder echte Zitate von ihm. Das wäre doch ein Hingucker!

Freigeistiger
2 Stunden her

Die BT-Wahl im Februar kommt wohl zu früh, weil die Auswirkungen der kommendenTrump-Regierung noch nicht greifen und die meisten deutschen Bürger nach wie vor fest im Griff der polit-medialen Propaganda sind. Man könnte fast meinen, daß die Wahl vorgezogen wurde, um der Zeitenwende machtpolitisch zu entgehen, daß die FDP bzw. die Ampel also nur Theater gespielt haben. Die neue Regierung Merz wird jedoch von vorherein eine auf Abruf sein, sie dürfte kaum mehr als eine halbe Legislaturperiode durchstehen. Eine Regierung von CDU und AfD ist aufgrund des Problemdrucks unausweichlich, sie wird früher oder später kommen. Wäre Merz klug und wollte… Mehr

Okko tom Brok
2 Stunden her

Es wird leider wohl genauso kommen, wie es Herr Mai vorhersagt. Ob das kraft- und saftlose, gegen alle Notwendigkeiten der Realpolitik anregierende „Merz-Bündnis“ aber mehr als eine trostlose Episode wird, bleibt abzuwarten. Ich würde keinen Cent auf seinen Erfolg setzen.

rainer erich
3 Stunden her

Der Deal steht. “ Ich darf Kanzler spielen und Du sagst mir, was ich tun soll“. Das „System“ gibt es her, ergaenzt durch die speziell verfassten Michel. Ein System, das von Beginn an auf den Schutz der Machthaber vor den Untertanen ausgelegt war und ist, indem es den Herrschern alle Optionen und dem Demos keine einraeumte. Ich hoffe nicht, dass hier am Ende noch die „Wahl“ als Argument verwendet wird, eine Wahl, die zum einen von beiden Seiten eher als Akklamation gesehen wird und deren Grundlagen und Mechanismen die zu Waehlenden selbst bestimmen koennen. Z B. durch einen kartellmaessigen Zusammenschluss… Mehr

Hieronymus Bosch
5 Stunden her

Man wählt die Politik wieder, die man angeblich vor drei Jahren abgelehnt hatte: nämlich schwarz-rot! Statt Merkel nun Merz und als Vizekanzler und künftigen Außenminister einen aus der Truppe von Scholz, im schlimmsten Fall Scholz selbst!

Siggi
5 Stunden her

Wenn Merz weiterhin die Koalition mit der übelsten und schädlichsten Partei in Aussicht stellt, wird er wohl kaum Kanzler. Das Mann hat doch kein Rückgrat. Wie soll der gegen Herrn Trump bestehen? ER kann nur vor den USA den Kotau machen und um Gnade bitten. Das hat Frau Dr. Weidel nicht nötig. Sie spricht auf Augenhöhe.

Apfelmann
3 Stunden her
Antworten an  Siggi

Frau Weidel spricht auf Augenhöhe???? Dann hören sie sich mal das Gespräch mit Musk von gestern an. Mehr als permanentes „yes“ und „wow“ kam da nicht. Das war eine Anbiederung die sicher nicht auf Augenhöhe stattfand!

H.Arno
15 Minuten her
Antworten an  Apfelmann

Wenn Frau Weidel und Herr Musk ihre Meinung zu aktuellen Problemen austauschen und im wesentlichen übereinstimmen, dann ist die
zustimmende Äusserung „yes/wow“ angemessen! Anders als beim
endlosen Applaus der Untertanen für Merkels Verdummungs-Phrasen – zum Schaden der Deutschen Bevölkerung! Soviel zu wirklicher Anbiederung und Gespräch auf politischer Augenhöhe!

Salvian
5 Stunden her

F. Merz hat sich Ende 2021 entschieden dafür ausgesprochen, überall „konsequent“ 2G-Regeln durchzusetzen, um Ungeimpfte aus dem öffentlichen Leben auszuschalten. Heute verteidigt er unbeirrbar seine (längst komplett gescheiterte) Brandmauer-Politik und ereifert sich darüber, dass seine Konkurrenten überhaupt zu Wort kommen dürfen.
Vera Lengsfeld über diesen Mann: „Statt sich für Meinungsfreiheit starkzumachen, ruft auch Friedrich Merz nach noch mehr Zensur. Nicht Robert Habeck ist der gefährlichste Mann Deutschlands. Das ist Friedrich Merz“.
https://vera-lengsfeld.de/2025/01/09/merz-contra-meinungsfreiheit/

maps
6 Stunden her

Die politischen Ziele der CDU/CSU wurden bereits umgesetzt und auch in Zukunft werden diese umgesetzt! Das ist gar nicht das Thema. Das Thema ist, dass die Union eine sozialistische Partei (geworden) ist, die die gleiche links-woke Politik macht und vorher den Wählern das Gegenteil vormacht. Es ist eine Bande an Heuchlern und Betrügern. Nicht mehr und nicht weniger. Wenn die Leute es so wollen, dann sollen sie es doch bekommen.

Kassandra
4 Stunden her
Antworten an  maps

In Stuttgart am Bahnhof lässt sich betrachten, was die Union anrichtet – und dass die grünen, mit dem Versprechen angetreten, dass Milliarden-Unsinnsprojekt zu beenden, gelogen haben.
Das scheint der Plan für ganz Deutschland – zu der „Umvolkung“, die Starmer bereits zugab: https://sciencefiles.org/2024/11/30/wow-der-britische-regierungschef-sir-keir-starmer-raeumt-absichtliche-umvolkung-ein/

imapact
6 Stunden her

Es ist gut, daß Herr Mai die Hoffnung nicht aufgibt. So wirklich kann ich momentan keine Grundlage dafür finden. Das politmediale Machtkartell wird, von Angst getrieben, immer radikaler und aggressiver. Und wo ist innerhalb der Union die Persönlichkeit, die eines Tages das Ruder herumreißen könnte? Eine Nord-Süd-Spaltung sehe ich in dieser Frage auch nicht, denn Söder betreibt – entgegen seiner vollmundigen Antigrünen-Kampagne – kaum eine andere Politik wie Wüst (TE hat darüber gestern ebenfalls berichtet). In Österreich haben die Wähler die FPÖ so weit gestärkt, daß dort jetzt ein Politikwechsel wahrscheinlich/sicher ist. Doch in Österreich gab es auch nie ein… Mehr