Die Wahlkampfstrategie der AfD: Spiel nicht mit den Sauberkindern

Merz als Bundeskanzler einer schwarzgrünen oder schwarzroten oder schwarzrotgrünen Koalition wird noch vor Ende der Legislaturperiode scheitern, weil er in dieser Konstellation keine andere Politik machen kann, aber der Niedergang Deutschlands sich rasant beschleunigen wird. Nach dem Desaster wäre der Weg für die AfD frei in die Regierungsverantwortung.

picture alliance/dpa | Sebastian Kahnert

Der Parteitag in Riesa hat die Wahlkampfstrategie der AfD noch einmal bestärkt und verdeutlicht – und gezeigt, dass sie nicht nur aus rationalen Gründen auf eine breite Unterstützung in der Partei trifft, sondern auch aus emotionalen.

Man kann die Strategie grob so zusammenfassen: Der politische Gegner ist die Union, über Habecks 13-Prozent-Partei denkt die AfD gar nicht erst nach. Nicht ein Duell für Alice Weidel mit Habeck, sondern mit Friedrich Merz stünde an. Habecks Schein-Bedeutung wird nur noch von den Habeck-Medien bis hin zur Welt hochgehalten, indem über jedes „Äh“ von Robert Habeck, jede noch so unbedeutende Erinnerung an seine Kindheit – beispielsweise, dass er beinah oder fast oder doch eventuell ein bisschen eine Lese-Rechtschreib-Schwäche hatte, gehabt hat oder gehabt haben werden wird, wo doch wichtiger und relevant ist, dass Habeck an einer heftigen Wirtschafts-Denk-und-Physik-Verständnis-Schwäche laboriert – berichtet wird, und man aus diesen Medien den Eindruck gewinnt, dass bei jeder Wahlkampfveranstaltung der Prophet als Prinz Zuversicht vom Berg Horeb herabsteigt. Aber es ist Sache der Medien, wenn sie sich auf Verlierer-Themen versteifen. Aus AfD-Sicht ist es richtig, die Grünen im wahrsten Sinne des Wortes links bzw. links- oder grünextrem liegen zu lassen.

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Nach den neuesten Wahlumfragen, bei der die Union auf 30 Prozent und die AfD auf 22 Prozent der Stimmen kommt, liegen CDU, ohne CSU, und AfD fast gleich auf, oder, um ein Lieblingswort der gesellschaftlichen Verwahrlosung zu benutzen, sind CDU und AfD auf „Augenhöhe“. Taktisch richtig ist es aus AfD-Sicht, sich im Wahlkampf auf die CDU als Hauptgegner zu fokussieren, weil sie kaum von den Grünen Wähler abwerben kann, dafür aber von der CDU. 3 bis 4 Prozent könnte sie aus dem Nichtwählerbereich, von den Unentschiedenen, vor allem aber von unzufriedenen CDU-Wählern holen – jeden Tag, an dem Merz redet, übrigens mehr.

Friedrich Merz ist derzeit Weidels bester Wahlhelfer. Sein Schwadronieren über die Brandmauer, mit der er seine politische Zukunft verbindet, seine schon intellektuelles Mitleid erweckende Hysterie über ein neues 1933, hindern ihn daran, eine neue Politik für Deutschland in den Bereichen Migration, Wirtschaft, Demokratie und Interessenpolitik, die im Bereich der Außenpolitik als Geopolitik zu formulieren ist, voranzutreiben. Denn all das, was existenziell notwendig ist für Deutschland in der sich rapide verändernden Welt, die Beendigung von Baebocks außenpolitischer Selbststrangulierung, die Beendigung der Zerstörung des Wirtschaftsstandorts, die Beendigung der Entwendung von Sozialversicherungsbeiträgen und deren Zweckentfremdung, die Beendigung der Auflösung der inneren Sicherheit und des Rechtsstaates in Multitribalismus, die Beendigung der schleichenden Islamisierung, werden Friedrich Merz und die Union nicht mit den Grünen und den Roten durchsetzen können.

In der AfD weiß man das und man wird Merzens strategisches Dilemma, in das er sich selbst und ohne Not begeben hat, weidlich, kalt und auch zynisch ausnutzen. Zynisch schon deshalb, weil die Arroganz der Mandatsträger der Union den AfD-Abgeordneten gegenüber in den Parlamenten tiefe Wunden geschlagen hat, die nicht verheilten. Es waren Merz und mit ihm seine Getreuen und auch seine Ungetreuen, die keine Rede im Plenum ausließen, als größte Oppositionsfraktion erstmal gegen die zweitgrößte Oppositionsfraktion, gegen die AfD zu keilen, bevor sie sich, wie es eigentlich Aufgabe der Opposition ist, sich die Politik der Regierung vorzunehmen. Es ist nicht die Aufgabe der Opposition, Opposition gegen die Opposition zu machen. So gesehen ist die Union als Oppositionspartei und Friedrich Merz als Oppositionsführer an der eigenen Arroganz jämmerlich gescheitert.

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Immer weniger mag man, immer weniger hört man dem Ritter von der traurigen Parole zu. Er hat seine Chance verspielt und Deutschland und seiner Partei geschadet. Insofern ist es aus Sicht der AfD wahlkampftaktisch richtig, Wahlkampf gegen die Union zu führen, denn die Union hat einem so geführten Wahlkampf nichts entgegenzusetzen, weil sie meinte, die AfD nicht als politische Kraft wahrnehmen zu müssen, sondern es genüge, sie nur als Schreckgespenst an die Wand zu malen. So viel politische Dummheit produzieren nur geistig erstarrte Parteien, deren Horizont von einer Brandmauer verstellt wird. Vor Deutschlands realen Schrecken, für den auch die Union verantwortlich zeichnet, ist der Schrecken des Schreckbildes an der Brandmauerwand längst verblasst und teils abgeblättert. Die Union steckt im Dilemma, weil ein Anti-AfD-Wahlkampf nur die AfD stärkt, also ermuntert die AfD letztlich die Union dazu.

Die CDU und Friedrich Merz hatten nach dem Bruch der Ampel die Möglichkeit, eine Politik für Deutschland zu machen, sie hätten nur eines machen müssen, als Opposition zu arbeiten. Doch genau das hat die Union verweigert, ihre Rolle als Opposition wahrzunehmen. Merz orakelte stattdessen von Zufallsmehrheiten und gab sich damit endgültig der Lächerlichkeit preis und ließ sich dann auch noch von einem verschmitzten Olaf Scholz vorführen.

In der AfD setzt man auf das Scheitern der Union. Man mag folgendes Gedankenspiel anstellen: Merz als Bundeskanzler einer schwarzgrünen oder schwarzroten oder schwarzrotgrünen Koalition wird noch vor Ende der Legislaturperiode scheitern, weil er in dieser Konstellation keine andere Politik machen kann, aber aus wirtschaftspolitischen, aus migrationspolitischen und aus außenpolitischen Gründen der Niedergang Deutschlands sich rasant beschleunigen wird. Am Ende geht es eben immer schnell. Nach dem Desaster wäre der Weg für die AfD als einzige Opposition frei in die Regierungsverantwortung. Das Absurde ist, dass Merz dieses Szenarium, was er zu verhindern meint, selbst von Tag zu Tag wahrscheinlicher macht und seine Realisierung sogar noch beschleunigt.

Möglicherweise wird man in der Union nach der Wahl Merz gegen Söder auswechseln, der dann eine irgendwie geartete Kooperation mit der AfD einzugehen versucht, nur möglicherweise könnte es dann dafür zu spät sein, denn die AfD kann warten, zumal sie nicht allzu lange warten muss.

Doch, ob die Option Söder nicht die Union sprengt, weiß zur Stunde niemand, wie auch niemand zur Stunde weiß, ob eine Option Merz oder Wüst nicht auch die Union auseinanderplatzen lässt. Die CDU ist, die Spendenaffäre eingeschlossen, am gefährlichsten Punkt ihrer Geschichte angekommen. Weiß sie das?


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Kommentare ( 96 )

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96 Comments
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Sonny
8 Stunden her

Für diesen Artikel, Herr Mai, hätten Sie den Pulitzer-Preis verdient.

HarryDax
9 Stunden her

Wer die Union wählt, bekommt GRÜN eingeschenkt! Wer die Union wählt, bekommt Schwarz/Rot eingeschänkt! Also, es wird nie ohne die AfD ein Politikwechsel geben.
Alles was uns die Altparteien sagen ist Fake!

Ausserde, wenn die AfD vermutlich bald verboten werden sollte, dann sollte man doch auch gleich das Wählen verbieten!

pcn
10 Stunden her

Wenn die AfD einen Haufen Trümmer von Merz erntet, würde ich mal sagen, wird es für die AfD eine Aufgabe einen tonnenschweren Stein bergauf zu rollen. Man möchte meinen, dass solch eine Aufgabe eher eine Last als eine Lust sein wird.

Merz muss so schnell wie möglich scheitern.
Für Deutschland.
Scheitern für den dringenden Wiederaufbau, der durch fundamentale Zerstörungsakte seiner Merkelianer und vor allem die von den Grünen systematisch herbeigeführt, die eine Totalsanierung erfordern.

Die Situation wird den Nachkriegswunden nach 1945 immer ähnlicher.

Last edited 10 Stunden her by pcn
AngelinaClooney
10 Stunden her

Hervorragend analysiert. Die Frage ist auch, ob der Bürger zügigst erkennt, in welchen Abgrund unser Land mit einem „weiter so“ geführt wird.

BellaCiao
10 Stunden her

Die Union hatte in der Vergangenheit schon einmal ein Wahlkampfmotto, das heute wie die Faust aufs Auge passen würde, nämlich:
»Freiheit statt Sozialismus.«

Das Motto, das damals (bei viel weniger Anlass) scharf, aber in Ordnung war, wäre aktuell absolut bitter notwendig. Aber das kann die CDU heute weder denken noch plakatieren, denn sie will ja mit den Sozialisten koalieren!

Last edited 10 Stunden her by BellaCiao
Hannibal ante portas
11 Stunden her

„AfD setzt auf das Scheitern der Union“ meiner Wahrnehmung nach ist die Union schon mit Mutti gescheitert. Das hat sich scheinbar auch hier noch nicht überall herumgesprochen. Ich bin da schon etwas weiter und frage mich ob die AFD (oder wer auch immer ) eines Tages in der Lage sein wird, den deutschen Zug wieder auf das Gleis zu stellen? Oder ob wir den gesellschaftlichen „Kipppunkt“ schon erreicht haben?

Konradin
11 Stunden her

Die Schadparteien CDUCSU kamen bei der Bundestagswahl vor gut drei Jahren bei den 18 bis 69-Jährigen, der Zukunft und den Leistungsträgen Deutschlands, auf 19%, in Worten neunzehn Prozent. Allein das – durch den CDUCSUSPDFDPGrüne-kontrollierten und nahezu ausschließlich für diesen grundlegend links/linksgrün ausgerichteten Parteienblock agitierenden ARD-ZDF-Haus- und Hof-Parteifunk – einseitig benebelte Gros der über 70-jährigen Rentner und Pensionäre dieses Landes haben das Unions-Ergebnis noch mal auf insgesamt 24% heben können. Womöglich wird das CDUCSU-Ergebnis am 23. Februar wieder nur wenig mehr als 24% betragen. Das wäre noch zu viel angesichts der massiven politischen Minder- und Schlechtleistung und Wegbereiterin der heutigen katastrophalen… Mehr

Je me souviens
11 Stunden her

„Man mag folgendes Gedankenspiel anstellen: Merz als Bundeskanzler einer schwarzgrünen oder schwarzroten oder schwarzrotgrünen Koalition wird noch vor Ende der Legislaturperiode scheitern, weil er in dieser Konstellation keine andere Politik machen kann, aber aus wirtschaftspolitischen, aus migrationspolitischen und aus außenpolitischen Gründen der Niedergang Deutschlands sich rasant beschleunigen wird.“ Hochgeschätzter Herr Mai, Gedankenspiele sind zumeist Wunschdenken. Denn, welche der Dreien bitteschön soll denn die Koalition beenden? Mir fehlt dazu die Phantasie. Welche Alternative gäbe es denn dann für jede der drei Parteien? Nein, die nächste schwarz/grün_und/oder_rote Regierung wird vier Jahre halten, fünf wenn es ginge, völlig unabhängig davon wie schnell der… Mehr

Engel
3 Stunden her
Antworten an  Je me souviens

Eine geläuterte FDP? Wie oft will die sich denn noch häuten, ähm läutern?

Es ist schlicht umgekehrt: wer AfD wählt, lässt die Grünen weiter regieren.“

Ja dann wählen Sie doch weiter Ihre FDP, das hatte ja vorher schon so gut funktioniert.

Desert Sled
11 Stunden her

100 Zustimmung. Für jeden vernünftigen Deutschen ist die CDU der Premiungegner.

eschenbach
11 Stunden her

Schreiben Sie Habeck nicht zu früh ab! Es gibt in diesen Land zuviel „Omas gegen Rechts“. Schon seit der Merkel- Ära sind ältere Wählerinnen ein nicht zu unterschätzendes Risiko für dieses Land.