Wahlkampf im Land des Achselzuckens

Der Osten steckt mitten im Wahlkampf. Der Rest von Deutschland könnte in einen geraten, wenn die Ampel umknickt. Doch der Wahlkampf würde nichts bringen – schuld daran ist Masochismus.

picture alliance / Wolfgang Maria Weber | R7172
Zwickau, 3. August 2024, Wahlplakat von Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU)

Zweierlei hat die ausländischen Gäste während der Europameisterschaft verstört: wie unzuverlässig die Deutsche Bahn fährt. Vor allem aber, wie geduldig sich die Deutschen das gefallen lassen. Kein Aufmucken der Fahrgäste, kein Protest der Wähler, dass die Bahn all die Milliarden Euro aus Subventionen und Ticketpreisen nicht für einen funktionierenden Nahverkehr nutzt. Keine Forderung nach einem Rücktritt des Vorstands, der das alles tagtäglich verbockt. Auch nicht, wenn dieser sich selbst Millionen Euro an Prämien auszahlt, weil er ja „Nachhaltigkeitsziele“ erreicht habe, die er sich selbst gesetzt hat. Der Deutsche ist wie ein Masochist. Nur noch viel passiver.

Sich Unzumutbares zuzumuten, ist längst zum täglichen Brot des Deutschen geworden. Etwa beim Internetempfang. Anderes Beispiel als die Bahn, gleiches Trauerspiel. Das Netz fällt aus. Wieder mal. Informationen vom Anbieter? Erst einmal keine, dann: „Wir arbeiten dran.“ Der Kunde kann ja ein Call Center anrufen. Dort duzt ihn dann eine Hilfskraft und sagt: „Wir arbeiten dran.“ Wer dann noch nicht zufrieden ist, wird angepampt. Der Kunde hat sich zu freuen, wenn mal Internet da ist, und es geduldig zu ertragen, wenn es ausfällt. Natürlich zahlt er weiterhin den vollen Preis. Bloß nicht aufregen, heißt die Maxime im Land des Achselzuckens.

Wohin?
Die große Vertreibung der Deutschen ins Nirgendwo
Träge Masochisten sind die Deutschen nicht nur als Kunden. Sie sind es auch als Bürger. Ein 17-Jähriger ist bereits 34 Straftaten überführt worden, läuft frei rum und ersticht jemanden? Kann man nichts machen. Einsperren? Man will doch einem 17-Jährigen mit 34 Straftaten nicht seine Chancen verbauen, Hirnchirurg oder Atomphysiker zu werden. Abschieben, weil er Syrer ist und die deutsche Gastfreundschaft für Straftaten missbraucht? Aber in Syrien könnte er niedergestochen werden und ihm will man diese Gefahr nicht zumuten.

Abschiebung ist in den Wahlkämpfen ein Thema. Michael Kretschmer (CDU) will Kriminelle abschieben. Doch keiner glaubt es ihm, auf X kommentieren die meisten Nutzer, dass er nur ein leeres Wahlkampfversprechen abgebe. Olaf Scholz verkündet über den Spiegel, er wolle „im großen Stil“ abschieben. Doch das ist nur ein Spruch im Rohrkrepierer der Demokratie. Wenige Tage später marschiert Scholz auf Demonstrationen mit, die sich gegen welche richten, die Abschiebung gefordert haben sollen.

Der Ministerpräsident des größten ostdeutschen Bundeslandes gibt leere Versprechen ab? Der Bundeskanzler widerspricht sich innerhalb von wenigen Tagen diametral? Ist halt so. Was Politiker sagen, gilt entweder gar nichts oder bedeutet genau das Gegenteil. So sind sie eben. Warum aufregen, bloß weil der Mann Regierungschef ist und sich vor Untersuchungsausschüssen damit rausredet, er habe alles vergessen? Achselzucken. Kann man nichts machen.

Auch nicht, wenn sich danach die ganze Geschichte um die vermeintlichen Remigrations-Pläne als inszenierte Fake News herausstellt. Ja. Das Staatsfernsehen hat die inszenierte Geschichte massiv verbreitet und danach die Prozesse totgeschwiegen, die diese Geschichte als eben solche geoutet haben. Die Mitarbeiter von ARD und ZDF sind eh alle linksextrem und missbrauchen die 18,36 Euro monatliche Zwangsgebühr dazu, einseitig ihr verquertes Weltbild zu verbreiten. Achselzucken. Weiß man doch.

Dossier
Die Affäre Correctiv – Anatomie einer politisch-medialen Operation
Deutschland hat sich festgefahren. Alle Missstände dulden die Deutschen mit einem Achselzucken. Also mehren sich die Missstände: regierungsnahe NGOs, die sich mit Steuergeld die Taschen füllen. Politiker, die deutsches Geld nach Peru tragen, um dort Gepinsel als Radwege zu verkaufen. Eine Wirtschaft, die kollabiert. Steuern und Abgaben, die stetig steigen. Eine Politik, die trotzdem mit dem Geld nicht auskommt. Die Bahn, das Internet … alles duldet der Deutsche mit dem Achselzucken eines passiven Masochisten.

Angesichts eines Volks mit dieser Mentalität konnten sich auch die politisch Verantwortlichen festfahren. Sie verfolgen eine grün-woke Agenda. Egal, wie oft diese an der Realität scheitert. Und egal, wie deutlich die Wähler ihre Ablehnung gegen diese Agenda demonstrieren. Parteien, die etwas dagegen haben, werden hinter eine Brandmauer gesperrt. Die anderen Parteien können dann das Gleiche weitermachen, völlig egal ob als Ampel, als Jamaika, Schwarz-Grün, Rot-Grün oder wie auch immer.

Mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht ist eine neue Partei aufgetreten, die noch keine Gelegenheit hatte, zu beweisen, ob sie nicht nur eine andere Politik propagiert – sondern diese auch entschlossen umsetzen will. Im Herbst wird das Bündnis diese Gelegenheit voraussichtlich erhalten: mindestens in Sachsen und Thüringen, eventuell auch in Brandenburg. Unklar ist auch, ob Wagenknechts Partei bereit ist, mit der AfD zu koalieren, um Brandmauern einzureißen. Die Wahrscheinlichkeit ist allerdings gering.

Die Frage stellt sich. Nach Umfragen erreichen AfD und BSW in Sachsen und Thüringen eine Sperrmajorität. Ohne eine der beiden Parteien ist dann keine Regierung möglich. Das Bündnis kann diese Option nutzen, um eine Agenda durchzusetzen, die nicht woke ist, wie die derzeit vorherrschende im Bund und allen Ländern.

Dass es aber eine Mehrheit für eine Konstellation gibt, die voraussichtlich nicht miteinander arbeiten will, zeigt das deutsche Dilemma. Eines, das für die Politik gilt. Das aber tief in der deutschen Gesellschaft ruht. In ihrer Tendenz, Missstände zu dulden und mit einem Achselzucken zu quittieren. Es gibt derzeit keine gesellschaftliche Mehrheit für einen Aufbruch. Bestenfalls kommen Leute zusammen in ihrem Protest gegen die vorherrschende woke Agenda. Aber eben nicht, um einen eigenen Entwurf entgegenzusetzen.

So lange die Deutschen ausgefallene Züge und Internetverbindungen für gottgegeben halten. So lange sie die Behauptung akzeptieren, gegen einen 17 Jahre alten Intensivtäter gäbe es kein Mittel, sich zu wehren. So lange sie Politiker im Amt lassen, von denen sie wissen, dass die lügen, während sie lügen. So lange ändert sich in der Politik nichts. So lange gibt es für Missstände nur ein Achselzucken. Und Umstände, in denen diese sich bestens vermehren können.

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Kommentare ( 69 )

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DDRforever
3 Monate her

Sehen Sie es endlich ein, die BRD hat fertig. Es müsste einen völligen Neustart geben und dieser würde eine Revolution vorraussetzen. Und nun stellen Sie sich mal ganz schnell in Gedanken vor, BRD Bürger und Revolution. Wie niedlich.

imapact
3 Monate her

Wir sehen gerade in GB/England, wie schwer es ist, sich gegen die Herrschaft des Unrechts durchzusetzen. Die Engländer wollen sich, ausgelöst durch das Messermassaker eines Schwarzen, eben nicht mehr alles bieten lassen. Die Zustände dort ähneln in vielerlei Hinsicht denen in Deutschland. Der Protest dagegen erzeugt dann tatsächlich die berühmten „unschönen Bilder“, die den Machthabern dann den Grund liefern, mit aller Macht zurückzuschlagen. Plötzlich werden binnen 48 Stunden Urteile ausgesprochen, die Polizei, welche vor einem Mob von Zig…, pardon: „Südosteuropäern“ geflohen war, tritt vor laufenden Kameras Türen ein (kann auf YT gesehen werden), verhaftet 73-jährige Frauen, alles unter der Begleitmusik… Mehr

Michaelis
3 Monate her

Und die Herren Woidke und Ramelow gehen auf „Stimmenfang“, indem sie – jeder für sich – die Liebe für Verhandlungen im Russland-Ukraine-Konflikt entdeckt zu haben meinen. Billige Propaganda zwecks Schwächung von AfD und BSW.

Eddy08
3 Monate her

Eigentlich sollte langsam Schluss sein für die CDU, SPD und Grüne in Sachsen. Die CDU ist seit der Wende an der macht und seit Milbrat geht es stetig bergab. Egal ob der Partner FDP, SPD, Grüne heißt…. der Weg geht Berg ab. Wenn man sich schon solch merkwürdige Wahlslogan durchliest, fragt man sich wovon träumen die nachts.1.Fall erste Zeile :“ Kriminelle Hassen“ darunter die 2. Zeile „Die CDU „. darunter ziemlich klein kommt dann das man mehr Polizei mehr Sicherheit und was auch immer will. So soll nun der Kriminelle die CDU hassen, oder ruft man uns auf Kriminelle zu… Mehr

Boris G
3 Monate her

Es ist tatsächlich Zeit sich einzugestehen, dass Deutschland nach allen empirisch Daten zur Leistungscharakterisierung einer Volkswirtschaft auf dem absteigenden Ast sitzt. Mit 2.4 Billionen Staatsschulden ist exakt die Summe aller privaten Ersparnisse erreicht, wobei wir ohnehin nur noch auf Rang 17 des UBS-Global Wealth-Index stehen, Tendenz weiter abfallend. Die Produktivität wächst seit langem nicht mehr, die Meritokratie wird durch Wokeness und Quoten ausgehebelt und die letzten noch vorhanden Reserven werden verpulvert, um Russland in die Knie zu zwingen und das Weltklima zu retten. Finden wir uns damit ab: Der Niedergang ist aus demographischen und ideologischen Gründen nicht mehr aufzuhalten. Bonjour… Mehr

Rob Roy
3 Monate her

Es gibt viele Thesen, warum deutsche Wähler immer wieder die gleichen Parteien ins Amt setzen, die unserem Land schaden. Dummheit und Naivität gehören dazu, jetzt die Idee einer selbstquälenden Unterwürfigkeit. Vermutlich spielt alles eine Rolle. Ich glaube aber, auch das Thema Verantwortungslosigkeit gehört dazu. Deutsche halten wenig von Eigenverantwortung, sondern geben die Verantwortung über sich selbst, über ihre Familie und Kinder, gerne an den Staat ab. Das hat in früheren Zeiten, als Politiker Verantwortung übernahmen, noch halbwegs funkioniert. „Ruhe ist die erste Bürgerpflicht“ hieß es beim Kaiser und dafür hat der Staat immerhin Recht und Ordnung sowie soziale Sicherheit geboten.… Mehr

Herr Fuchs
3 Monate her

Der Artikel lässt mich ratlos mit den Achseln zucken. Man hat als kleines arbeitendes Licht keine Möglichkeit, etwas zu ändern. Sicherlich kann man montags spazieren gehen, aber das ändert nichts, wenn sich der Staat gemütlich zurücklehnt und das friedliche Treiben unbeindruckt über sich ergehen lässt. Wird es ihm trotzdem leicht unbequem, pickt er sich einzelne heraus und macht ihnen das Leben schwer, siehe Martin Sellner, Shlomo Finkelstein oder die Anführer der Querdenker-Hippies oder Elsässer… oder den kleinen Mann, der es wagt, die GEZ-Gebühr nicht zu zahlen. Klar, man kann wählen. In Thüringen wurde dann die Wahl rückgängig gemacht und in… Mehr

Reinhard Schroeter
3 Monate her
Antworten an  Herr Fuchs

Man hofft auf etwas , was nicht kommt. Aus Frust darüber kommt die innere Emigration. Die Glotze bleibt aus, der Dudelfunk funkt nicht mehr, keine Zeitung kommt mehr ins Haus, keinerlei gesellschaftliches Agagement mehr, Rücktritt als Gemeindevertreter, Austritt aus der Freiwilligen Feuerwehr , kein sonntäglicher Gottesdienstbesuch mehr. Wer die DDR genannte, von den Sowjets besetzte Zone erlebt hat, weiss wie das geht und das es geht Nur noch Familie, das eigene Umfeld, ein paar gleichgesinnte enge Freunde und ab und zu mal raus aus dem übelen Mief und der kleinkarierten Enge in Buntschland . Wie damals , ist das heute… Mehr

Peter Gramm
3 Monate her

will mal versuchen meine Empfindungen darzulegen. Die autochtone Bevölkerung in Deutschland war hilfsbereit. Die Ankömmlinge suchten lediglich ihren Vorteil. Dies führte auf Dauer zur Ablehnung und späterhin zu Konflikten da archaische Lebensweisen aus Stammeskulturen unserer Gesellschaft schlicht fremd waren. Diesen Widerspruch merken die etablierten Parteien jetzt immer mehr. Dies in wenig substantiierten Wahlkapfreden zu verschleiern gelingt immer wenigeren Wahlkämpfern. Die Staatsmacht versucht mit allen möglichen und unmöglichen Mitteln dies zu verhindern und macht sich damit immer unbeliebter.

rainer erich
3 Monate her

Es sind andere Psychomechanismen, die hier in Sch’land wirken. Individuell und kollektiv. Alle bekannt und von klugen Leute bereits beschrieben. Feigheit, Angepasstsein, Unterordnung, Duckmaeusertum, Stoerverweigerung, Kollektivismus uvm, aber natuerlich auch suizidale Elemente. Der “ Deutsche“ hat die Lektion nach 45 endlich begriffen und akzeptiert. Im Konkreten gehoert dazu, dass es Schlechtleistung, Versagen oder Nichteignung nicht mehr gibt, weil es sie nicht mehr geben darf. Es reicht ein mehr oder weniger ausgepraegtes Bemuehen, der gute Wille, der immer unterstellt wird. Dass hier mitunter unedle Motive am Werk sind, hat der Deutsche offiziell verdrängt. Da koennen Fehlentscheidungen oder Leistungsverweigerung derart offensichtlich sein,… Mehr

moorwald
3 Monate her

Wahlen sind das eine, anschließende Koalitionsbildungen etwas anderes. Wer hätte denn 2021 ganz bewußt die Ampel gewollt oder gewählt – wenn er denn die Wahl gehabt hätte?
Wahlen sind längst zu reinen Ritualen in einer nur noch formal existierenden Demokratie verkommen.
Der Wähler macht sein Kreuz und kann anschließend ohnmächtig zusehen, wie auf dem Basar der Machtversessenen gemauschelt wird.