Wachstum statt Niedergang: Die Alliance for Responsible Citizenship platziert ihre Zukunftsvision

„Growth and prosperity“: Über 4000 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft, Wissenschaft, Medien und Kultur tagten in London, um die westliche Zivilisation aus dem Niedergang zu reißen. Der Zeitpunkt ist günstig: Bedingt durch den Ausgang der US-Wahlen eröffnen sich Perspektiven.

Parsons Media

Zum zweiten Mal widmete sich in London die Alliance for Responsible Citizenship (ARC) einem breiten Themenspektrum. Von Politik bis Energiewirtschaft, von Künstlicher Intelligenz bis Demographie, von Klimawandel bis Kunst: Die Konferenz will eine umfassende Analyse der Krise der „westlichen Zivilisation“ und, noch wichtiger, Lösungsansätze vorlegen.

Zusammengehalten wurde der Reigen aus Vorträgen, Reden und Diskussionsrunden von der Suche nach einer „better story“. Der Kabarettist Konstantin Kisin verglich die Narrative, die Europa seiner Innovationskraft und Vitalität berauben, mit den Reden Gríma Schlangenzunges aus Tolkiens Herr der Ringe: ein lügnerischer Ratgeber, der dem starken König einflüstert, dieser sei schwach, die aufkommende Krise das Ende seines Volkes und seiner selbst.

Ein Gegengift gegen toxische Narrative

Kisin konkretisierte seine These anhand zweier Narrative: Er beschrieb, wie der Westen seine eigenen Stärken übersieht und leugnet, wie etwa Wokeness oder „queere“ Ideologie westliche Intoleranz anprangern, während Minderheiten doch in keinem anderen Kulturkreis so große Freiheit und Sicherheit genießen, wie im angeblich so feindseligen „Westen“. Als zweites Beispiel für ideologisches Gift, das nicht nur den Westen schwächt, sondern von ihm ausgehend die ganze Menschheit, nannte Kisin die Ansicht, dass der Mensch im Grunde ein Parasit sei, vor dem man den Planeten oder das Klima schützen müsse – die ideologische Grundlage nicht nur für sinnlose oder gar kontraproduktive Klimaschutzmaßnahmen, sondern auch dafür, Deindustrialisierung voranzutreiben, Geburtenraten niedrig und Abtreibungsraten hoch zu halten, Empfängnisverhütung zu propagieren sowie eine familien- und kinderfeindliche Politik zu betreiben.

Kisin stimmte damit ein in den Tenor, der die Konferenz beherrschte, gleich, welches Thema auf dem Programm stand: Die westliche Zivilisation müsse sich befreien vom Mehltau, der sich über sie gelegt hat in Form von Passivität, Selbstzerstörung, Selbstverachtung und Hoffnungslosigkeit. Es braucht Gegenrede und Gegengift.

Chancen erkennen, Initiative ergreifen

Viele Schlagworte der Konferenz lassen sich im Deutschen nur schwer wiedergeben: Ein zentraler Begriff etwa, der die Tagungseinheiten strukturierte, ist „this civilisational moment“. „Zivilisatorisches Moment“ klingt aufgeblasen und phrasenhaft, „zivilisatorischer Augenblick“ seltsam. Gemeint ist eine Kombination aus beidem: Das Bewusstsein dafür, in einen bestimmten historischen Kontext hineingestellt zu sein, den man gestalten muss, trifft auf die Erkenntnis, dass genau jetzt Stellschrauben justiert werden müssen, um die Zukunft entscheidend zu prägen. Bevor man in komplexe Systeme eingreifen kann, muss man jedoch ihre Mechanismen verstehen, begreifen, wie einzelne Parameter zusammenhängen.

Das erklärt die Themenvielfalt der Konferenz. Immer wieder wurde deutlich: Politische Veränderungen sind nicht genug. Ökonomischer Wandel wird angestrebt, ist aber nicht ausreichend. Zivilgesellschaftliches Engagement ist notwendig, aber nicht alles. Vielmehr müssen auch weltanschauliche und sogar spirituelle Grundlagen auf den Prüfstand, und entsprechend entwickelt und propagiert werden. Das Ziel: „Growth, not decline“, Wachstum statt Niedergang, auf allen Ebenen.

Ganzheitliche Auseinandersetzung mit der Krise

Die Tagung bewältigte diesen Anspruch der ganzheitlichen Auseinandersetzung, indem Themenkomplexe konkret heruntergebrochen wurden: Man sprach nicht bloß über die Bedeutung von Kunst für die westliche Zivilisation, sondern stellte Werke zeitgenössischer Künstler aus; man ließ den Poetry-Slammer zu Wort kommen, dessen Worte über Verwurzelung und den Schmerz des Loslassens gleich mehrere Vorträge verdichteten. Bischöfe verschiedener Konfessionen und Theologen kamen zu Wort, um die geistliche Dimension der Vision von ARC zu erörtern. Die Bildungsinitiative, die das, was man am Tag zuvor von Psychologen erfahren hatte, praktisch umsetzt, das Unternehmen, das persönliche Daten im Netz schützen will, der Think Tank, der konkrete sinnvolle Maßnahmen zum Umgang mit dem Klimawandel entwickelt, wurden vorgestellt.

London
Plötzlich Massenbewegung: Die globalen Libertär-Konservativen sammeln sich
Die beeindruckende Rednerliste umfasste zwar reihenweise Prominenz wie den Sprecher des US-Repräsentantenhauses, Mike Johnson, den Unternehmer Peter Thiel, Vivek Ramaswamy, Nigel Farage und Kemi Badenoch, die ehemalige ungarische Staatspräsidentin Katalin Novák; die Islamkritikerin Ayaan Hirsi Ali, oder den Journalist Douglas Murray, um nur einige zu nennen. Die Vorträge international weniger bekannter Persönlichkeiten waren aber nicht weniger lohnend, sondern im Gegenteil teilweise aufgrund der deutlich werdenden Expertise noch um einiges spannender.

Bei der Fülle an Beiträgen war das Niveau nicht durchweg gleich hoch: Manche Diskussionsrunden plätscherten ewas ziellos vor sich hin, einige Vorträge wirkten eklektisch oder bemühten einigermaßen undifferenziert Gemeinplätze. Allerdings: Solche Mängel fielen auf, weil ihnen eine Phalanx exzellenter Vorträge – inhaltlich wie formal – gegenüberstand. An den Reaktionen aus dem Plenum wurde deutlich, dass das Publikum dazu bereit war, differenzierte Töne wahrzunehmen: Nach fortwährendem Lob für die neue Trump-Administration etwa mahnte der kanadische Autor David Brooks, dass Trump kein Konservativer sei und lediglich eine destruktive, keine konstruktive Agenda vertrete, und dass nicht Zerstörung von Institutionen, sondern Vertrauen in funktionierende Institutionen den Konservatismus auszeichne. Dafür kassierte er hörbar Widerspruch, aber der Punkt war gesetzt: Zur echten Auseinandersetzung gehört auch Kritik.

Lässt sich die Dynamik in Europa umsetzen?

Das angelsächsische Gepräge war überdeutlich: Kemi Badenoch sah ihre Ansprache eher als Beitrag zum britischen Wahlkampf, und erklärte das British Empire gleichsam zur Personifikation westlicher Werte. Nicht nur die an anderer Stelle lautstarken anwesenden Franzosen hätten hier wohl angesichts des jahrhundertealten, notorisch schlechten Rufs britischer Außenpolitik Zweifel anzumelden gehabt. Ihre Kernaussagen, etwa, dass nicht alle Kulturen gleichwertig seien, sind dennoch valide. Zwar sagte auch Badenoch nicht, welche Kulturen denn nun weniger wert seien, immerhin aber sprach sie an, was man in Deutschland nicht zu denken wagt.

Pathos, vor allem in Form etwas banaler musikalischer Untermalung, wurde nicht vermieden, allerdings aufgefangen durch sympathische angelsächische Selbstironie. Das Vertrauen in Selbstwirksamkeit und die eigene Gestaltungskraft schien grenzenlos und vermochte auch den einen oder anderen Kontinentaleuropäer zu erfassen: Ob und wie es gelingt, die Dynamik, Begeisterungsfähigkeit und Risikofreude in den romanischen, deutschsprachigen oder gar zentraleuropäischen Raum zu übertragen, ist die Frage, wenn hier nicht die westliche Zivilisation platt gleichgesetzt und gleichgeschaltet werden soll mit der „Anglosphäre“ – womit sich ARC selbst widersprechen würde, schließlich ist auch die kulturelle Vielfalt Teil des Ideenbündels, dem sich ARC verpflichtet sieht.

Zwei Vorurteile, die in Bezug auf ARC immer wieder geäußert wurden, kann man mit der zweiten Edition der ARC-Konferenz indes getrost einmotten. Erstens: Hier trafen sich nicht bloß Jünger Jordan Petersons. Der Mann, dessen öffentliche Präsenz maßgeblich als Anker und Magnet fungierte, um eine Tagung dieser Größe und mit derart prominenten Teilnehmern zu ermöglichen, bekam Standing Ovations, schien aber bewusst hinter die Themen zurückzutreten.

Und: Das ARC-Netzwerk ist weder politisch noch weltanschaulich homogen. Die Narrative von Wachstum, Wohlstand und Fülle mögen einen, aber sie vereinheitlichen nicht. Der Guardian etwa offenbart irritierende Ahnungslosigkeit, wenn er behauptet, hier handele sich um einen „alt-right heaven“: Während sich von libertär bis konservativ viele mit den Prinzipien der ARC identifizieren, sprechen weder der transatlantische Impetus noch das Bekenntnis zum Judentum als einer grundlegenden Quelle der westlichen Zivilisation eine europäische „Alt-Right“ an. Allein die Breite der abgebildeten Perspektiven schließt nicht nur eine Verengung auf einzelne politische Positionen aus, sie bietet einen wohltuenden Kontrast zur im Noch-Mainstream herrschenden Meinungshegemonie.

„Wie können wir eine Zivilisation wieder aufbauen?“, fragte Douglas Murray in seiner Ansprache. Die Alliance for Responsible Citizenship steht an einer günstigen Ausgangsposition, um das durch das Ergebnis der US-Wahlen bedingte Momentum tatsächlich zu ergreifen, und Protagonist einer echten „Zeitenwende“ zu sein.

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Kommentare ( 8 )

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jopa
1 Monat her

Amerika und Europa unterscheiden sich. Wer hat Amerika besiedelt? Untertanen und Schleimer sicher nicht. Da sind eher die Aufmüpfigen, Unangepaßten und Querdenker ausgewandert.Dieser Unterschied in Denke und Mentalität trennt beide. Und dieser Unterschied wird wachsen, dank der hervorragenden Politzik „unserer“ Demokraten und der untertänigen Mentalität der Mehrheit der Europäer.

Innere Unruhe
1 Monat her

Die Rede von Konstantin Kisin war sehr erfrischend.
In der Tat ist die Frage zu stellen, wenn wir so schlecht und rassistisch sind, warum fliehen alle nach Europa und keiner nach Afrika oder in den Nahen Osten?
Und auch muss man die Frage stellen, was genau hindert andere Länder daran, genauso wie in Europa zu leben?

Igel
1 Monat her

Wo ein Peter Thiel, der Initiator und Investor von Palantir, Meta und X, also der größten Datensammlungskraken der Welt, eine Keynote hält, schrillen bei mir die Alarmglocken. Er will natürlich nur mein Bestes: meine Daten. also alles über mich wissen. Um mir danach zu erlauben, was nach seinen Vorstellungen ist.
Man sollte sich weder durch Angst noch durch Euphorie das kritische Denken abschalten lassen.

BK
1 Monat her

Soll das jetzt die nächste NGO sein, die mich in meinen Bürgerrechten vertreten und nur mein Wohl will? Dann wird man das mit den bürgerlichen Freiheiten wohl gänzlich vergessen oder wenigstens um 200 Jahre verschieben müssen. Gerade wenn 4000 Mann der Prominenz aus Politik, Wirtschaft, Kultur und weitere Banausen anreisen, kann das nichts Gutes bedeuten. Da wird an der nächsten Davos-Seilschaft gestrickt und es sind die gleichen Leute, unter denen wir schon heute zu leiden haben. Es gibt nur ein Demokratiemodell und das ist in der Schweiz. Übrigens leistet dort jeder seinen Wehrdienst, die Reservisten haben ihr Sturmgewehr zu Hause… Mehr

Maunzz
1 Monat her
Antworten an  BK

Die Schweiz ist wegen ihrer Nichtressourcen so uninteressant, dass man sich die Schweiz als Paradies vorstellt und glaubt, dort könne man mit einem Gewehr im häuslichen Schrank Luftangriffe abwehren. Kein potentieller Aggressor verpulvert Ressourcen wegen Nichts.

Phil
1 Monat her
Antworten an  BK

Wir wissen was die Neo-marxisten und Maoisten (BSW, Linke, Grüne) und die Sozialisten (SPD) eint, wir kennen auch ihre Vision der Zukunft. Sie unterscheidet sich nicht gross von dem was in Venezuela und Nordkorea am laufen ist, oder früher mal in der DDR, in der UDSSR oder China gelaufen ist. Die Grundsätze des Liberalismus, welcher unserer Zivilisation zu Wohlstand und Sicherheit verholfen hat, wurden über die Jahre hinweg untergraben. Dies konnte nur geschehen weil unsere Kultur und unser Selbstverständnis geschwächt wurden, unsere Moral untergraben, unsere christlichen Werte und Familien zerstört wurden und wir keine positive Vision einer möglichen Zukunft an… Mehr

mediainfo
1 Monat her

„Growth and prosperity“

Jetzt wo die US-Administration Deutschland mehr oder weniger die Freundschaft gekündigt hat, und eigene Interessen voranstellt, haben wir doch die Freiheit, ökonomisch gedeihliche Beziehungen mit Russland aufzunehmen.

Als Erstes: Nord Stream-Leitungen instandsetzen und in Betrieb nehmen!

Last edited 1 Monat her by mediainfo
h.milde
1 Monat her

Was die linksGRÜNEN Eliten sog. „Woke“ á la WEF/Transformation & „Think Tanks“-Panzer?- zuerst in der „Neuen Welt“, USA & Canada, sowie dann in Europa angerichtet haben, kann man wohl als orchestrierte DEZIVILSATION bezeichnen.
Deswegen ist eine REZIVILISATION, oder Reconquista ÜBERLEBENS-notwendig. In den USA & Argentinien hat´s gerade begonnen. Hier in der €UdSSR wird´s no a weng dauern, dabei werden aber leider noch mehr Blut & Tränen vergossen werden.