Freiheitsliebende Kritiker der englischen Krone im späten 18. Jahrhundert gaben seinerzeit die Parole aus: "the influence of the crown has increased, is increasing, and ought to be diminished", das lässt sich heute sehr wohl auf die Organe der EU, Kommission, EuGH, und Parlament übertragen.
Vor gut zwei Wochen erschien ein Artikel führender Unionspolitiker, Annegret Kramp-Karrenbauer, Markus Söder und Manfred Weber (der mögliche Nachfolger Junckers als Kommissionspräsident), zur EU-Wahl unter der Überschrift: „Wir stehen gegen die Feinde Europas auf“ (FAZ 15. Februar 2019, S. 8, online: hier). Der Artikel betonte zunächst einmal in durchaus plausibler Weise, dass Deutschland die EU brauche, weil es zum Beispiel Handelskonflikte mit China – die USA wurden nicht explizit erwähnt, aber sicherlich mit gemeint – nicht alleine durchstehen könne. Dieses Argument ist im Kern sicherlich richtig und genauso richtig ist es, dass die EU auch in anderen Bereichen wie der Umweltpolitik Aufgaben übernimmt, denen die einzelnen Nationalstaaten isoliert nicht gewachsen wären. Soweit so gut.
Die Autoren versprachen sodann den mannhaften – falls ein solches männlich konnotiertes Wort noch zulässig ist – Kampf gegen eine mögliche Schuldenunion. Das hat die CDU ihren Wählern schon immer versprochen, in der Praxis ist aber eine Währungsunion ohne eine zumindest implizite Schuldenunion kaum möglich. Erfolgt die Vergemeinschaftung der Schulden nicht über direkte Transferzahlungen, dann eben wie zur Zeit über eine versteckte monetäre Staatsfinanzierung und die Target 2-Salden, also zinslose Kredite zu Lasten der Bilanz der Bundesbank und zu Gunsten anderer europäischer Notenbanken. Hier ergibt sich bei dem programmatischen Aufruf also schon ein gewisses Glaubwürdigkeitsdefizit.
Dazu kommt aber ein zweiter Punkt. Wenig bedacht wird, dass eine „Demokratisierung“ der EU – in der Praxis kann das ja nur heißen, dass das EU-Parlament mehr Rechte erhält – für Deutschland mit enormen Risiken verbunden ist, denn im EU-Parlament wird sich fast immer eine Mehrheit finden, die für mehr Umverteilung zu Lasten Deutschlands und der anderen nördlichen Länder ist, abgesehen davon, dass Deutschland beim jetzigen Wahlrecht im Parlament auf eine groteske Weise unterrepräsentiert ist (Litauen z. B. mit knapp 3 Millionen Einwohnern stellt 11 Abgeordnete, Deutschland mit 83 Millionen 96, bei einen normalen demokratischen Wahlrecht wären es proportional zu Litauen rund 300).
Oder soll Demokratisierung eher heißen, dass es mehr Mehrheitsentscheidungen im Europäischen Rat, wo die Minister oder Regierungschefs der EU-Staaten zusammen kommen, geben soll? Der Bundestagspräsident Schäuble hat ja vor kurzem vorgeschlagen, das Veto-Recht der einzelnen Mitgliedsstaaten im Rat grundsätzlich abzuschaffen. Vielleicht hofft er, dass es damit gelingen könnte, Länder wie Italien zu einer wirtschaftlichen Reformpolitik zu zwingen, auch gegen den erklärten Willen der italienischen Wähler. Aber das dürfte eine Illusion sein.
Natürlich ist auch im Rat die Gefahr außerordentlich groß, dass Deutschland in wichtigen Fragen von anderen Ländern mit starken nationalen Eigeninteressen, die mit den deutschen Interessen oft nur schwer kompatibel sind – dazu gehört in Fragen, die den Euro oder die staatliche Lenkung der Wirtschaft zugunsten großer „Champions“ betreffen, in der Regel Frankreich – überstimmt wird. Diese Gefahr ist bei Abstimmungen über die gemeinsame Handels-und Wirtschaftspolitik durch das Ausscheiden Großbritanniens aus der EU sogar noch erheblich größer geworden, da Länder, die eher auf staatliche Lenkung der Wirtschaft und Protektionismus setzen, im Rat nun sehr viel leichter eine qualifizierte Mehrheit der Stimmen mobilisieren können. Wie man als deutscher Politiker in einer solchen Situation mehr Mehrheitsentscheidungen verlangen kann, ist eigentlich kaum noch nachvollziehbar.
Den deutschen Parteien fehlen die Konzepte für eine rationale, an Interessen orientierte Politik
Im deutschen Interessen muss es grundsätzlich sein, das EU-Parlament mit seiner starken Tendenz, eine Politik der ungebremsten Zentralisierung zu verfolgen, zu schwächen und den Rat der EU zu stärken. Auch dort kann man leicht in die Minderheit geraten, aber die pro-zentralistischen Tendenzen sind hier geringer. Im übrigen wird sich an der zentralistischen Politik des Parlaments auch für den Fall, dass im Mai verstärkt nationalkonservative oder „rechte“ Parteien (die AKK und ihre Mitstreiter als „Feinde Europas“ bezeichnen) gewählt werden sollten, wenig ändern. Das wird nur dazu führen, dass die ohnehin schon in vielen Fragen bestehende fast Allparteienkoalition aus Bürgerlichen, Sozialisten/Sozialdemokraten, Liberalen und Grünen die Reihen noch fester schließt und mit ihrer sicherlich immer noch ausreichenden Mehrheit eine mögliche Opposition vollständig marginalisiert.
Das ändert aber nichts daran, dass auch die etablierten deutschen Parteien kaum brauchbare Konzepte für eine rationale Politik der EU haben, schon deshalb, weil sie sich scheuen, offen darüber nachzudenken, was die nationalen deutschen Interessen überhaupt sind, geschweige denn sie auszuformulieren. Sicherlich, mit dem Euro hat sich Deutschland in eine fast aussichtslose Position manövriert. Scheinbar – das erzählen ja deutsche Politiker jeden Tag – profitiert es ja enorm vom Euro. Dieser Analyse hat sich vor kurzem sogar das früher renommierte Centrum für Europäische Politik in Freiburg mit einer phantasievollen Modellrechnung angeschlossen, die weitgehend unseriös ist, wie auch die Zeitung Die Welt zurecht hervorgehoben hat.
Solche Beteuerungen und Pseudo-Analysen wecken natürlich den Neid der anderen und die Forderung nach Transferleistungen, die Deutschland schwerlich auf Dauer zurückweisen kann, wenn die offizielle Linie der deutschen Politik stets ist: „Der Euro ist ein ungeheurer Segen für unser Land.“ Nein, das ist er nicht, denn die Reallöhne sind in Deutschland zwischen 2000 und 2016 nur um gut 3 % gestiegen, da schneidet selbst Italien mit 4 % ein wenig besser ab und erst recht Frankreich mit 14 % . Sicherlich, in diesen Ländern ist die Arbeitslosigkeit höher als in Deutschland. Das gilt erst recht für Griechenland, wo jedoch trotz der Staatspleite und des wirtschaftlichen Debakels die Reallöhne im selben Zeitraum nur um 5 % gesunken sind (was natürlich für die vielen griechischen Arbeitslosen kein Trost ist, wie man einräumen muss).
Jedenfalls relativiert sich der Mythos vom segensreichen Euro, der eher ein Subventionsprogramm für die deutsche Exportwirtschaft auf Kosten der deutschen Verbraucher, Sparer, Mieter und Steuerzahler ist, sehr erheblich, wenn man genauer hinblickt, und erst recht gilt das, wenn man auf die hohe Verschuldung der Länder der Eurozone blickt, die eigentlich nur noch durch umfassende Monetarisierung (dauerhafter Aufkauf von Staatsanleihen durch die EZB) bei gleichzeitiger finanzieller Repression, also negativen oder extrem niedrigen Realzinsen, wie das ansatzweise schon jetzt geschieht, abgebaut werden kann, zu Lasten der Gläubiger, zu denen leider auch Deutschland und die deutschen Sparer gehören.
Mehr Ehrlichkeit statt Kampf gegen die vermeintlichen oder wirklichen „Feinde Europas“
Warum ist das wichtig? Weil die deutschen EU-Politiker sich irgendwann einmal zumindest ansatzweise dazu durchringen müssten, dem Wähler nicht immer nur Märchen, sondern gelegentlich auch mal, und sei es in homöopathischen Dosen, Wahrheiten zu präsentieren. Aus der Falle des Euro wird man so bald nicht mehr rauskommen, aber dann sollte man wenigstens erkennen, in welcher extrem ungünstigen Situation man sich befindet, und sich offen und vor den Augen des Wählers damit auseinandersetzen, und versuchen den Schaden, soweit es geht, zu minimieren, indem man etwa die unsinnige nationale Schuldenbremse für die öffentlichen Haushalte aufhebt. In einem Währungssystem, in dem die Zentralbank die staatlichen Ausgaben über die Notenpresse (respektive durch digitale Geldschöpfung) finanziert, ist derjenige, der spart und damit immer mehr zum Gläubiger der anderen wird, einfach nur dumm, denn wir haften nun mal auf diese oder jene Weise eben doch für die Schulden derjenigen, die eben nicht sparen wollen oder dies vielleicht auch wirklich nicht können, weil man sich aus einer wirtschaftlichen Stagnation oder Depression halt nicht raussparen kann.
Eine rationale deutschen Politik würde auch einsehen, dass eine von einem Deutschen geführte Kommission der EU keineswegs im deutschen Interesse ist. Sollte Manfred Weber überhaupt als Präsident gewählt werden – was mehr als ungewiss ist – wird er alles tun müssen, um nicht als Sachwalter der Interessen seines eigenen Landes zu erscheinen, sonst fliegt ihm die Kommission sofort um die Ohren. Dem Vertreter eines kleinen Landes mag man eine pro domo-Politik nachsehen – Juncker ist dafür ein Beispiel – bei einem großen Land sieht das anders aus, und bei Deutschland, das in der EU wenig beliebt ist, erst recht.
Ein echter europäischer Staat ist nicht ohne einen umfassenden europäischen Länderfinanzausgleich zu haben, und die Rechnung dafür wird überproportional stark Deutschland zahlen müssen, das zeichnet sich jetzt schon ab, und das auch dann, wenn der reale Wohlstand der Durchschnittsfamilie in Deutschland nicht höher ist als, sagen wir, in Frankreich. Im Vergleich dazu war der Aufbau Ost mit geschätzten Kosten von 1,5 bis 2 Billionen Euro sicherlich ein Kinderspiel. Vielleicht findet man für ein solches Programm in Deutschland trotzdem eine – links-grüne – Mehrheit. Es mag bei uns genug Leute geben, die diese Art von Selbstopfer zu schätzen wissen. Aber man sollte den Leuten immerhin offen sagen, was auf sie zukommt. Will man diese Art von Finanzausgleich jedoch nicht – und die CDU will das ja offiziell nicht – kann die Maxime nicht sein „Mehr Europa“, sondern die Maxime muss sein, die Macht der EU-Kommission und des EU-Parlamentes zu begrenzen. Freiheitsliebende Kritiker der englischen Krone im späten 18. Jahrhunderten gaben seinerzeit die Parole aus: „the influence of the crown has increased, is increasing, and ought to be diminished“, das lässt sich heute sehr wohl auf die Organe der EU, Kommission, EuGH, und Parlament übertragen.
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Ich brauche weder die EU, noch den Euro (mit der D-Mark habe ich mich viel wohler gefühlt). Der erste wichtige Schritt ist, bei der kommenden EU-Wahl die Altparteien zum Teufel zu jagen, denn sie sind so überflüssig wie ein Krebsgeschwür. Mit Sicherheit werden die neuen, nationalkonservativen Kräfte zueinander finden (auch wenn ab und zu die Fetzen fliegen). Nur so kann aus meiner Sicht ein Neustart gelingen. Auch wenn andere es anders sehen, aber es gibt Dinge, an die kann ich mich nie gewöhnen und dazu gehören die EU und Angela Merkel!
Macron kommt eben von Goldman Sachs; wie Draghi, wie…
Schon die CO2 – Emissionsvorgaben für Kraftfahrzeuge (was für ein Wort) steht im Widerspruch zu den Naturgesetzen, und ist ein Diktat. Da ist es nur offensichtlich, dass die EU jede bürgerliche Freiheit bedroht. Also kein Grund auch nur irgendeiner Partei seine Stimme zu geben, die mehr Diktatur/EU will.
Mehr Ehrlichkeit statt Kampf gegen die vermeintlichen oder wirklichen „Feinde Europas“, so heißt es im Artikel. Dieser wohlgemeinte Rat war noch nie so wichtig, wie in dieser Zeit, und noch nie wurde er von der deutschen Politik je wirklich ernst genommen. Der Bürger, so heißt es immer, sei nicht bereit für die unverblümte Wahrheit. Leider verkennen die Politiker – verständlicher Weise – die Intelligenz ihrer Wähler. Verständlicher Weise, weil diese jene immer wieder wählen, ohne dass jene je zur Rechenschaft gezogen wurden, ob ihrer gebrochender Wahlversprechen und -lügen. Dabei kann man den deutschen Parteien das Fehlen von rationalen Konzepten für… Mehr
„Wie aber sollen die unterschiedlichen nationalkonservativen, rechtsgerichteten oder „populistischen“ Parteien im Parlament gedeihlich zusammenarbeiten?“
Vermutlich ähnlich wie die internationalsozialistischen, grüngerichteten, oder „optimatistischen“ gedeihlich zusammenarbeiten. Wobei die populistischen „Demokratiefeinde“ es da eigentlich einfacher haben. Wer nicht „die Macht hat“, dem liegen auch weniger Ansprüche vor den Füßen. Zumindest von meiner Warte aus. Erstmal zusehen, dass das Ancien Régime bestraft und im Mülleimer der Geschichte landet, dann sehen wir weiter.
Einfach nur ein ehrliches Kompliment für diesen Beitrag ! Ich könnte die EU als Wirtschaftsgemeinschaft und auch als Binnenmarkt sogar vorstellen – dann nämlich, wenn die Marktwirtschaft die Grundlage wäre und es ein Club wäre, der so attraktiv wäre, dass man auch ohne Bestrafung der Anderen austreten könnte, es aber ob der Vorteile nicht macht. Im freien Handel gäbe es so viele Gemeinsamkeiten innerhalb eines Europas der Vaterländer, dass auch das „Friedensprojekt“ nicht in Gefahr wäre. So wie es seit Jahren und bis heute läuft, wird die EU bei den Bürgern zunehmend keine Akzeptanz finden (die Deutschen hinken hier auch… Mehr
Europa wird niemals zu einem Einheitsstaat zusammenwachsen, dafür sind die Kulturen und Mentaltäten der europäischen Nationen viel zu unterschiedlich. Das zu denken ist absolute Utopie und Träumerei. Jedes Land hat seine eigene Geschichte, Kultur und Vergangenheit auf die man stolz ist und die auch gelebt wird im Gegensatz zu Deutschland, dass erkennt man doch schon an der Ereignissen in einer kleinen Region namens Katalonien. Sicherlich haben andere Staaten im laufe ihrer Geschichte auch Kriege geführt und fragwürdige Sachen gemacht aber Deutschland bleibt der ewige böse und Zahlmeister (bzw. der deutsche Steuerzahler) was an den Leuten liegt die am Hebel sitzen… Mehr
Die Feinde Europas sind im Artikel namentlich genannt. Mitgliedsstaaten, die eigentlichen Freunde Europas, werden drangsaliert, bedroht und mit Sanktionen belegt. Und nichts ist zu blöd, um es noch vor der Europawahl zu versuchen, um es dann klammheimlich wieder zurückzuziehen (Urheberrecht u.a.). Wenn die Staaten nichts gelten, dann sind auch die Bürger dieser Staaten nichts wert. Auch die Bürger der Staaten der Feinde Europas werden vor den Kopf gestoßen. Das Schiff Europa ist von Piraten gekapert, die keine Skrupel haben, demokratische Grundsätze anzuzünden.
Sie sollen nicht die EU wählen, oder die Befürworter der EU, also Union, SPD, FDP, Grüne und PdL. Eine Partei ist gegen die EU. Wählen Sie die. Nichtwählen im Mai heißt die EU stärken.
Falls Sie, Berlindiesel, mit der einen Partei die gegen die EU ist die AfD meinen, liegen Sie nicht richtig, dann haben allenfalls die MSM bei Ihnen ganze Arbeit geleistet. Die AfD ist keineswegs gegen die EU, sie kämpft nur gegen die EU in ihrer gegenwärtigen, im Artikel gut beschriebenen, Form. Die AfD versteht die EU als Wirtschaftsunion und nicht wie aktuell als Verwaltungsmoloch der nichts auf die Reihe bekommt. Daneben besteht die AfD auf nationalstaatliche Interessen der einzelnen Länder. M.E. der einzig richtige Ansatz.
was nützt es, „diese Partei“ nicht zu wählen, damit sie nicht verboten wird? Wenn man sie nicht wählt, wo ist dann der Sinn, dass es sie überhaupt gibt?
Nun ja, Sie wollen die Hoffnungslosigkeit der Bemühungen illustrieren. Aber vielleicht sollte man die Hoffnung doch nicht aufgeben.
Die EU und vor allem der Euro schadet Deutschland mehr, als er Nutzen bringt. Siehe Target2-Salden – 1 Biilion Euro einfach weg und uneinbringlich! Also zurück zu den Nationalstaaten. Wir können es allein besser“!