Mit einer politischen Begründung feuerte der MDR den populären Komiker Uwe Steimle. Der Rauswurf kündigte sich schon vor Wochen an. TE sprach mit dem TV-Kabarettisten, der in kein gängiges Kästchen passt und von sich sagt: „ich bin ein Linker“
„Ich bin fix und fertig“, sagt Uwe Steimle ein paar Stunden nach seinem Rauswurf aus dem Mitteldeutschen Rundfunk am Mittwoch. Seine Stimme klingt ein bisschen brüchig. Nein, er habe nichts geahnt, als er zu einer Besprechung in den Sender gefahren sei. „Mir waren ja schon vier Sendetermine für 2020 zugesagt worden.“ Dann hätte er dem Fernseh- sowie dem Unterhaltungschef gegenübergesessen, die ihm ein Interview in der „Thüringer Allgemeinen“ vorhielten. Dort hatte Steimle sich darüber beklagt, der Sender stelle sich angesichts anschwellender politischer Vorwürfe nicht vor ihn. „Ich habe gesagt ‚das kann ich erklären’“, beschreibt der Kabarettist die Situation. „Da ist mir gesagt worden: ‚das brauchst du gar nicht mehr’.“ Das Vertrauensverhältnis sei zerstört.
Mit der Trennung des MDR von Steimle verschwindet seine Sendung „Steimles Welt“, die zu den populärsten der ARD-Anstalt gehörte. Unmittelbar, nachdem der MDR seine Entscheidung bekannt gab, baute sich eine Protestwelle bei Facebook auf. Der Sachse aus Dresden gehört seit vielen Jahren zu den so genannten Originalen, als Komiker, Fernsehschauspieler, nicht zuletzt auch deshalb, weil niemand im Land den einstigen SED-Chef Erich Honecker so perfekt imitieren kann.
Dafür, wie der Rauswurf des Kabarettisten Uwe Steimle und die Absetzung der Sendung „Steimles Welt“ im MDR vor sich ging, gibt es zwei sehr unterschiedliche Beschreibungen. Eine durch den öffentlich-rechtlichen Sender. Und die von Steimle selbst. In der Pressemitteilung der Sendeanstalt heißt es:
„Nach intensiven Beratungen innerhalb der zuständigen Hauptredaktion und der Programmdirektion Leipzig haben wir uns entschieden, die Sendereihe „Steimles Welt“ im kommenden Jahr nicht fortzuführen.“
Dann folgt als zweiter Begründungspunkt das erwähnte Interview mit der „Thüringer Allgemeinen“ vom 16.November. Darin sagte Steimle: „Ich bin auch entsetzt und traurig, dass der eigene Sender sich in dieser Situation nicht schützend vor einen stellt. Aber ich bin lieber schwierig als schmierig.“ Mit „in dieser Situation“ meinte er die Angriffe gegen ihn, nachdem er sich mit einem T-Shirt mit der Aufschrift „Kraft durch Freunde“ gezeigt hatte. Damit, so Steimle, habe er den Kabarettisten Werner Finck zitiert (zu dessen Lieblingssprüchen die Verballhornung der NS-Parole tatsächlich gehörte). Finck zählte zu den wenigen Kabarettisten, die im Dritten Reich eine Zeit lang weiter auftreten und das Regime zwischen den Zeilen verspotten durften. Berühmt war auch Fincks Satz: „An dem Punkt, wo der Spaß aufhört, beginnt der Humor.“ Im Jahr 1935 wurde Finck für kurze Zeit in das Konzentrationslager Esterwegen gesteckt. Später bekam er Auftrittsverbot, und wurde aus der Reichskulturkammer ausgeschlossen.
Ob es angemessen ist, heute als Uwe Steimle gewissermaßen in Fincks Kleider zu schlüpfen, wäre noch eine andere Debatte. Aber Steimle wurde, nachdem das Foto mit dem Kraft-durch-Freunde-Shirt durch die sozialen Netzwerke ging, vor allem vorgeworfen, mit einer Nazi-Parole zu spielen. „Im vergangenen Juni ließ sich Steimle mit einem „Kraft durch Freunde“-Shirt fotografieren – eine Anspielung auf die nationalsozialistische Freizeitorganisation“, schrieb beispielsweise Spiegel Online. Steimle sagt, er habe den MDR gebeten, ihm in einer Sendung Gelegenheit für die Erklärung zu geben, woher der Satz eigentlich stammt. „Ich bin doch kein Rechter“, meint Steimle im Gespräch mit TE. „Das wissen die im Sender auch.“ Er findet, der MDR hätte sich vor ihn stellen und ihm Gelegenheit zur öffentlichen Erklärung geben müssen. Das habe ihm der Sender verweigert. Darauf habe sich seine Bemerkung in dem Interview mit der „Thüringer Allgemeinen“ bezogen. „Das war“, so Steimle, „ein Hilfeschrei im Affekt.“
Dieser Satz führte nun endgültig dazu, dass die Rundfunkanstalt seine Sendung absetzt: er habe, heißt es in der Pressemitteilung des MDR, dem Sender „mangelnde Loyalität“ vorgeworfen: „Diesen neuerlichen Vorwurf können wir so nicht nachvollziehen. Vor diesem Hintergrund sehen wir keine weitere Basis mehr für eine Zusammenarbeit, die von gegenseitigem Respekt und Vertrauen geprägt sein muss.“
„Das ist doch Kindergartenniveau“, kommentiert Steimle.
Sein Rauswurf, sagt Steimle, habe ihn trotz dieser bekannten Forderungen überrumpelt. Seine Sendung habe eine Quote über 10 Prozent gehabt, im Sendegebiet sei „Steimles Welt“ regelmäßig von 450 000 Menschen gesehen worden, außerhalb noch einmal von 600 000. „Und wir liefen jedes mal gegen den Tatort.“ Die Quote sei für ihn noch nicht einmal das Entscheidende. „Diejenigen, die im Sender bestimmen“, so Steimle, „haben vergessen, dass das Publikum sie bezahlt.“
Wer sich länger mit Steimle unterhält, der merkt: der Komiker besitzt ein, vorsichtig gesagt, disparates Weltbild, mit dem er nirgendwo richtig hineinpasst. In dem Interview mit der „Jungen Freiheit“ 2018 hatte er Deutschland als „besetztes Land“ bezeichnet, eine Wendung, die normalerweise im weit rechten politischen Spektrum vorkommt. Gleichzeitig bezeichnete er sich in dem JF-Interview wie auch jetzt, im Gespräch mit TE, als Linken. In dem gleichen Interview damals sagte er, es wisse doch jeder, dass die öffentlich-rechtlichen Sender nicht staatsfern seien, den ZDF-Nachrichtenmann Claus Kleber verspottete er als „Karl Eduard von Schnitzler der BRD.“ In einem anderen Gespräch mit der JF lobte er seinen Sender MDR dagegen ausdrücklich: dort gebe es „keine Zensur“. Sein Arbeitgeber, der MDR, nahm ihm die Bemerkung über Kleber, Schnitzler und die Staatsferne übel, es gab eine Verwarnung. Steimle versprach, ein Jahr lang keine Interviews zu geben. „Und daran habe ich mich gehalten.“
In seinen Bühnenauftritten teilt der Komiker nach vielen Seiten aus. Mal gegen Merkel, mal gegen den damaligen SPD-Chef Sigmar Gabriel, beispielsweise, als er eine seiner Sprachschablonen vom „Tanker Deutschland“ zitierte, der auf Kurs gehalten werden müsse, um anschließend eine ganz ähnliche Wendung von Erich Honecker zu zitieren, angereichert mit dem Kommentar: „Gabriel schreibt bei Honecker ab!“
Gleichzeitig verurteilte er die USA immer wieder als „Kriegstreiber“. Vor einiger Zeit zeigte er sich in einem T-Shirt mit der Aufschrift „Ami Go Home“, der von der Querfront-Zeitschrift „Compact“ stammte. Aber dieser Satz, verteidigte er sich, sei doch vor allem lange eine linke Parole gewesen. Zu Steimles Repertoire gehört auch das auf der linken Seite angesiedelte Klischee, an der Migrantenwelle nach Deutschland seien die deutschen Rüstungsexporte schuld: „Daher meine ich auch, per Volksabstimmung sollte festgelegt werden: Die Kosten für die Geflüchteten in Deutschland übernimmt die Rüstungsindustrie.“
Zu dem Vorwurf, er sei „pegida-nah“, sagt Steimle: „Was heißt pegida-nah? Ich habe immer wieder gesagt: ‚redet mit den Leuten, die dort jeden Montag auf die Straße gehen.’ Aber das lehnt die Politik ja ab mit der Begründung: ‚das sind alles Nazis’. Indem man andere zu Nazis erklärt, hat man eine Begründung, warum man sich nicht mit ihnen auseinandersetzen muss.“
Uwe Steimle passt in kein gängiges Kästchen. Seine Ansichten sind auch nicht festbetoniert. Vor einiger Zeit erklärte er beispielsweise, er habe es satt, „dass die USA und Israel Kriege anzetteln, und wir müssen sie bezahlen“. Was Israel angeht, erzählt Steimle im Gespräch mit TE, würde er das heute nicht mehr so sagen. „Nicht, weil ich Kreide gefressen hätte. Ich bin vor einiger Zeit zusammen mit jüdischen Freunden in Israel gewesen. Seitdem sehe ich das etwas anders.“ Er rege sich darüber auf, dass Israel, wie er sagt, Krankenhäuser im Gazastreifen bombardiert habe. Aber wenn die Hamas Raketen bewusst von Krankenhäusern und Schulen abfeuere, um Gegenschläge dorthin zu lenken, „dann ist das natürlich kriminell“. Wenn Israel seine Existenz verteidige, „dann ist das völlig in Ordnung.“
Wenn Steimle seine Sicht der Welt aufblättert, dann erinnert das ein wenig an das Kinderspiel „Exquisit Corps“, in dem Fabelwesen durch horizontal getrennte Buchseiten entstehen, bei denen nichts zusammenpasst: der Kopf des Elefanten sitzt dann auf dem Maulwurfskörper, der auf Gänsefüßen spazieren geht. Er weiß, dass er selbst so etwas Ähnliches ist: eine exotische Figur, ein Unikum. Einer, der Feuer von allen Seiten auf sich zieht.
An dem Tag nach seinem Rauswurf sinniert er viel darüber. Für jemand wie ihn, findet er, müsse es eben auch einen Platz im öffentlich-rechtlichen Rundfunk geben. Es gebe schließlich auch Platz für einen Jan Böhmermann. Oder für die Unterhalterin, die kürzlich im WDR darüber nachgedacht hatte, Chemnitz mit Napalm zu bombardieren. „Wenn“, sagt Steimle, „hätte man dort sagen müssen: hier ist aber Schluss.“ Er sei ja zu Kompromissen mit dem ARD-Apparat bereit. „In meiner Sendung habe ich mich schon zurückgehalten.“
Einen Dauervertrag mit dem MDR besaß er nicht. Ein Vertrag sei immer nur von Sendung zu Sendung zustande gekommen. Gegen den Rauswurf besitzt er also kein rechtliches Mittel. Im Internet sammeln Fans Stimmen für eine Petition, die seine Rückkehr an den Bildschirm fordert. „Es wollen sogar Leute für mich demonstrieren.“ Er findet das anrührend. „Aber es geht hier nicht in erster Line um mich. Ich wäre gern der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt.“
Welches Fass? „Es geht darum, dass nicht mehr miteinander gesprochen wird. Wenn es nicht mehr möglich ist, dass wir miteinander sprechen, dann sehe ich schwarz für die Demokratie.“ Das meint er mit dem Fass: vielleicht führe sein Fall zu einer Debatte, wie viel Meinung eine Gesellschaft aushalten sollte. „Ich denke manchmal, vielleicht ruft doch noch jemand vom Sender an und sagt: das war alles nur eine Übung.“
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“ Vor einiger Zeit erklärte er beispielsweise, er habe es satt, „dass die USA und Israel Kriege anzetteln, und wir müssen sie bezahlen“. Was Israel angeht, erzählt Steimle im Gespräch mit TE, würde er das heute nicht mehr so sagen.“ Was haben denn palästinensische Mörser mit der vielen militärischen Aggressionen zu tun, die Israel direkt oder oder indirekt über die unbestreitbar einflussreichste Lobby in den USA und die Vielzahl von US-Politikern und Staatsangestellten mit doppelter Staatsbürgerschaft (der einzigen erlaubten, wohlgemerkt) zu verantworten hat. Schade, dass Steimle ausgerechnet an der Stelle zurückrudert, an der sich Prinzipientreue am besten beweisen ließe. Auf… Mehr
Nach so einem überraschenden Rauswurf kommt einem das Leben irgendwie unwirklich vor. Vermutlich ist es eine Art Schock, der einen zeitweise die Welt ungläubig begutachten lässt. Steimel scheint noch Hoffnung auf ein Zurück zu haben. Evtl. auch bei anderem Sender. Die mehrheitlich linken Medienfritzen die das Sagen haben, werden das zu verhindern wissen. Es ist so lächerlich welch eingleisiges Demokratie- und Moralverständnis diese übersozialisierte gendergerechten Medienschaffenden heutzutage vertreten. Sicher hat das auch etwas mit sich selbst belügen zu tun. Man kann für diese große Clique nur hoffen, dass sie nicht eines Tages von der Wirklichkeit eingeholt wird. Das kann weit… Mehr
Es gibt übrigens jetzt eine Petion zu dem Fall des abservierten Uwe Steimle: https://www.openpetition.de/petition/online/wir-sind-steimles-welt
Das ist keine Besetzung, sondern ergab sich daraus, das Deutschland bis vor einigen Jahren noch die östlichste Grenze der Nato war. Besetzung wäre, wenn die Besatzungstruppen als Druckmittel da sind, wenn die dt. Regierung nicht im US Sinne spurt und diese Truppen dann ein genehmes Regime stützen.
Wenn Herr Steimle das hier liest – Sie haben ja nun mehr Freizeit.
Wie wäre es mal mit Auftritten hier im Westen..
Nur mal so als Idee..
Eben. Vor allem sind die Verträge über die Stationierung so gestaltet, daß sie von der Bundesregierung nur theoretisch, nicht aber de facto gekündigt werden können. Im Falle einer Kündigung tritt eine Ersatzregelung in Kraft, die den Status Quo so lange sichert, bis ein für die fremde Macht zufriedenstellender neuer Vertrag geschlossen wurde. Das ist eine EWIGKEITSKLAUSEL! „Sie [die Bundesregierung] ist bereit, im Falle einer Kündigung mit den Regierungen der Entsendestaaten unverzüglich in Verhandlungen über den Abschluss angemessener Ersatzregelungen einzutreten. Bis zu dem Abschluss solcher Regelungen würde sie den Truppen eine die Stabilität ihrer wesentlichen Stationierungsbedingungen nicht beeinträchtigende Stellung gewähren“ (Unterzeichnungsprotokoll… Mehr
Ich kenne Uwe Steimle nicht persönlich, … daher kann ich nur meinem Gefühl folgen. Und das sagt JA, ich glaube ihm sofort, dass er ein ‚Nature-Linker‘ ist… – und zwar im allerbesten Sinn von EINSATZ für ‚Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit‘ und ABLEHNUNG jeder ungerechten Unterdrückung ‚von oben‘. Genau diese Haltung kommt in seiner Satire zum Ausdruck: Gegen eine Politik, die sich zwar ‚demokratisch‘ nennt, aber uns Bürger täglich autoritärer gängelt und die zunehmend gesetzeswidrig unsere Souverän-Rechte kastriert. Dass Steimles ‚Witze‘ sämtliche Polit-Kungel-Kader mit ihrem zwar ‚links‘ gelabelten, aber zutiefst faschistoid ausgelebten ‚Bessermenschen-Feudalismus‘ hin zu bösartigem Machtmissbrauch samt seiner Existenzvernichtung treiben, war… Mehr
Uwe frag doch mal bei Netflix an?! Ich könnte wetten die machen das!
Das drehen an sich dürfte doch heute kein Problem mehr sein.
Das stimmt so nicht.
Reiter hatte nach der Wende den MDR zum beliebtesten Programm unter den öffentlich rechtlichen Dritten gemacht.
Erst seit der rotgrünen Indentantin zieht sich ein kommunistischer Modergeruch durchs Funkgebäude.