Ausrede gefunden: Deutschland schickt wieder Steuergeld an Palästinenserhilfswerk

Mitarbeiter des UN-Hilfswerks für Palästinaflüchtlinge (UNRWA) waren am Terrorüberfall auf Israel vom 7. Oktober aktiv oder unterstützend beteiligt. Nach einem kurzen Stopp und oberflächlicher Prüfung geht es jetzt wieder weiter mit der Terrorfinanzierung – Grünen-Politiker und ihre Medien jubeln.

picture alliance / Sipa USA | Lev Radin
Catherine Colonna, Chair of the Independent Review of United Nations Relief and Works Agency for Palestine Refugees in the Near East (UNRWA)

Wenn Du nicht mehr weiter weißt, bilde einen Arbeitskreis! Oder eine Untersuchungskommission. So haben es die Vereinten Nationen gemacht: Ende Januar hatte Israel der Öffentlichkeit Erkenntnisse mitgeteilt, wonach 13 Mitarbeiter des UN-Hilfswerks für Palästinaflüchtlinge (UNRWA) am Terrorüberfall vom 7. Oktober beteiligt gewesen waren. Insgesamt sei davon auszugehen, dass rund zehn Prozent aller Mitarbeiter im Gazastreifen Terrorverstrickungen hätten.

Der Bericht führte dazu, dass zahlreiche Geberländer Zahlungen an die Organisation aussetzten, darunter auch Deutschland. Den UN blieb nichts anderes übrig, als irgendeine Reaktion zu signalisieren. Also richtete Generalsekretär Antonio Guterres eine Untersuchungskommission ein, die feststellen sollte, ob die UNRWA genug tut, um Neutralitätsverstöße zu ahnden. Oder wie ein Guterres-Sprecher am 21. Februar recht freimütig ausplauderte: „um jene Geber zu beruhigen, die womöglich Zweifel haben“.

Your report ignored everything. #whitewashhttps://t.co/dk92imBwOZpic.twitter.com/0p1gfoPVW6

— Hillel Neuer (@HillelNeuer) April 22, 2024

Neutrale Untersuchung?

Als Leiterin der Kommission wurde Catherine Colonna ernannt. Colonna war bis Januar französische Außenministerin und hatte als solche die UNRWA bis zuletzt nachhaltig gestützt. Bei der Untersuchung griffen ihr unter anderem drei nordische Organisationen unter die Arme, die ebenfalls als einschlägige Unterstützer des Palästinerhilfswerks und der Palästinenser bekannt sind, wie die Organisation „UN Watch“ in einem schriftlichen Briefing herausarbeitete.

Insofern war von Anfang an klar, wohin die Reise gehen würde: Die Untersuchungskommission würde die UNRWA ganz sicher nicht grundsätzlich in Frage stellen, sie würde allenfalls punktuelle Problemfelder markieren, um dann kosmetische Veränderungen vorzuschlagen. Genauso ist es gekommen: Am Montag stellte Colonna den 54-seitigen Bericht vor, nach einer gerade einmal neunwöchigen Untersuchung. In einer Pressekonferenz machte sie deutlich, dass das Palästinenserhilfswerk eine „unverzichtbare und unersetzliche Rolle in der Region“ spiele und „alles in allem“ über eine „sehr bedeutende Zahl an Mechanismen“ verfüge, um seine Neutralität zu sichern.

Mitarbeiter werden nicht ausreichend geprüft

Das Signal: Im Grunde passt das schon alles so. Dabei macht selbst dieses Papier deutlich, dass in Wirklichkeit einiges im Argen liegt. Man muss es nur gründlich lesen. Zum Beispiel den Abschnitt zur Frage, wie der Mitarbeiterstab der Organisation überprüft wird, der in der Region 32.000 Personen umfasst, von denen 99,2 Prozent aus den lokalen Bevölkerungen stammen. Dazu meint das Dokument zwar, dass ein „umfassender Maßnahmenkatalog“ existiere, um die Mitarbeiter zu durchleuchten. Gleichwohl erlaube dieser „keine ausreichende Verifizierung“.

Der Bericht geht auch auf das bekannte Problem von extremistisch durchsetzten UNRWA-Gewerkschaften ein: „Einschüchterungstaktiken und Drohungen“ hätten zahlreiche UNRWA-Direktoren gezwungen, „sich zu ihrer eigenen Sicherheit an andere Orte zu begeben“. Über aufhetzende Inhalte in Schulbüchern liest man, selbst wenn diese marginal seien, stellten sie „eine schwere Verletzung der Neutralität dar“.

Die Verfasser des Textes standen vor dem Problem, dass sie einerseits gravierende Mängel feststellen mussten, andererseits aber die UNRWA nicht delegitimieren durften. Um beides miteinander zu versöhnen, wählten sie den Ausweg, insgesamt 50 Reformanregungen zu formulieren. Zum Beispiel sollten die Mitarbeiter künftig zur „zivilen Natur“ von UNRWA-Einrichtungen geschult werden. Oder neue Wege gefunden werden, um UNRWA-Mitarbeiter im Anstellungsprozess zu durchleuchten.

Im Dokument findet sich auch die Anregung, dem UNRWA-Personal „Raum zu geben“, um „traumatische Zwischenfälle zu diskutieren“. Schließlich fänden „Neutralitätsverstöße“ – sprich: Hetze gegen Israel beziehungsweise Identifikation mit Terror – häufig statt, nachdem etwa Angehörige Gewalt zum Opfer gefallen seien. Die Passage macht die vorsätzliche Naivität des Berichts symptomatisch deutlich: Es ist der Versuch, mittels gutem Zureden und der Einführung einiger bürokratischer Verfahren eine Organisation zu retten, die von Grunde auf faul ist – weil sie in einem Umfeld operiert und mit diesem verstrickt ist, das strukturell Juden- und Israel-feindlich ist.

Die Bundesregierung schlüpft unter die Tarndecke

Entsprechend fiel auch die Reaktion aus dem israelischen Außenministerium aus: „Der Colonna-Bericht ignoriert die Schwere des Problems und bietet kosmetische Lösungen an, die das enorme Ausmaß der Infiltration durch die Hamas nicht adressieren“, erklärte ein Sprecher am Montag: „Das Problem mit der UNRWA im Gazastreifen ist kein Problem von ein paar schlechten Äpfeln; es ist das Problem eines verfaulten, giftigen Baumes, dessen Wurzeln die Hamas sind.“

Die Bundesregierung ließ sich davon nicht beeindrucken: Das Palästinenserhilfswerk habe erklärt, die Empfehlungen des Berichts rasch umzusetzen, teilten Auswärtiges Amt und Entwicklungsministerium am Mittwoch in einer gemeinsamen Stellungnahme mit: „Vor diesem Hintergrund und in Begleitung dieser Reformen wird die Bundesregierung die Zusammenarbeit mit UNRWA in Gaza in Kürze fortsetzen, so wie u.a. bereits Australien, Kanada, Schweden und Japan.“ Das Ergebnis einer anderen, noch laufenden Untersuchung zu den Vorwürfen gegen die 13 konkreten Mitarbeitern will Berlin offenbar gar nicht mehr abwarten.

Chris Gunness, bis 2019 Sprecher der UNRWA, hatte im März dem Nachrichtenportal „PassBlue“ gesagt, er hoffe, dass der Colonna-Bericht den Geberländern eine „zusätzliche Tarndecke (cover)“ zur Verfügung stellen werde, „falls es das ist, was sie brauchen, um ihre Zahlungen wiederaufzunehmen“. Deutschland ist nun bereitwillig unter diese Tarndecke geschlüpft und hat die UNRWA-Beruhigungspille geschluckt. Colonna machte am Montag übrigens klar, dass einige der vorgeschlagenen Reformmaßnahmen zusätzliche Geldmittel benötigen dürften. Damit könnte der Skandal dem Palästinenserhilfswerk am Ende sogar noch einen zusätzlichen Geldregen bescheren.

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