Dem legendären früheren israelischen Außenminister Abba Eban wird folgendes Zitat zugeschrieben: „Wenn Algerien eine UN-Resolution einbringen würde, die behauptet, die Erde sei eine Scheibe und dass Israel dafür verantwortlich sei, dann würde diese Resolution mit 164 Stimmen bei 13 Gegenstimmen und 26 Enthaltungen verabschiedet.“
Die nun verabschiedete Resolution ist deutlich kürzer, aber in der Substanz ähnlich. Darin wird ein „sofortiger humanitärer Waffenstillstand“ gefordert und an „alle Parteien“ appelliert, ihren völkerrechtlichen Verpflichtungen nachzukommen. Nicht erwähnt werden die Hamas-Verbrechen. Es ist ein weiteres Mal die Forderung an Israel, einfach dabei zuzuschauen, wie die Hamas das nächste Massaker an seiner Bevölkerung vorbereitet.
Eingebracht wurde das Papier unter anderem von – Algerien! Und das Ergebnis lautete: 153 Ja-Stimmen, 10 Nein-Stimmen und 26 Enthaltungen. Was Abba Eban dazu wohl sagen würde? Wie wenig sich manche Dinge doch ändern! Die UN bleibt die UN, die Erde ist eine Scheibe und Israel darf sich nicht verteidigen. Man sollte diese Grundsätze am besten direkt in der UN-Charta verankern.
Und was tut Deutschland? Es enthält sich. Schon wieder. Genau wie Ende Oktober. Die deutsche UN-Botschafterin Antje Leendertse erklärte am Dienstag in ihrer Stellungnahme vor der Versammlung, Deutschland unterstütze das Ziel der Resolution, menschliches Leiden zu reduzieren. Zugleich bedauere es, „dass die Resolution die hauptsächliche Verantwortung der Hamas für den Beginn dieses schrecklichen Konfliktes nicht anerkennt“.
Neben inhaltlichen Gründen erklärt die Bundesregierung ihr lauwarmes Abstimmungsverhalten in der Regel damit, dass sie nur so ihr Verhandlungsgewicht gegenüber der arabischen Welt wahren könne. Nach der Resolution Ende Oktober teilte Außenministerin Annalena Baerbock mit, man habe auf diese Weise erreichen können, „dass wichtige Punkte wie eine klare Verurteilung aller Terrorakte und zumindest ein Ruf nach Freilassung der Geiseln enthalten sind“.
Es stellt sich die Frage, ob die Bundesrepublik damit ihr eigenes außenpolitisches Gewicht nicht gnadenlos überschätzt. Doch selbst wenn ihre Argumentation Substanz hätte, dann verkennt die Bundesregierung immer noch das Entscheidende: dass sie nämlich versucht, Kompromisse in einem System zu schließen, das von Grund auf faul ist. So etwas nennt man faule Kompromisse. Diplomaten mögen es Diplomatie nennen.
Resolutionen der UN-Generalversammlung haben keine völkerrechtlich verbindliche Wirkung. Es geht hier allein darum, durch Symbolpolitik weltpolitische Dynamiken zu beeinflussen. In diesem Fall mit dem klaren Ziel, Israel öffentlich bloßzustellen, zu delegitimieren und seinem gerechten Krieg das Stigma der Verurteilung durch die sogenannte „Weltgemeinschaft“ anzuheften. Das gelingt mit derlei Resolutionen immer wieder, völlig unabhängig davon, ob Deutschland noch hier ein Komma oder da einen Punkt in den Text hineinverhandelt hat.
Dazu muss man sich nur vergegenwärtigen, dass die gestrige Resolution unter der Überschrift verhandelt wurde: „Illegale israelische Aktionen im besetzten Ostjerusalem und dem Rest des besetzten palästinensischen Gebiets“. Schon in dieser Beschreibung des Tagesordnungspunkts ist die ganze Einseitigkeit angelegt. Man darf dahinter getrost Antisemitismus vermuten.
Am Ende geht es bei der Abstimmung also tatsächlich nur um Symbolik und nicht um Realpolitik. Die Frage, die sich jeder Staat stellen muss, ist ganz einfach: für oder gegen Israel? Tschechien, Österreich und sieben weitere Staaten haben eine klare Antwort gefunden: Sie stimmten mit Nein. Ausgerechnet Deutschland, das sonst immer „Zeichen setzt“, „Haltung zeigt“ und sich mit bombastischen Formulierungen wie der „Staatsräson“ schmückt, hat hingegen versagt – wieder einmal!