Die Staatsanwaltschaft hat den Bürgermeister von Istanbul unter zweifelhaften Vorwänden verhaftet. Er ist Erdogans aussichtsreichster Gegner. Das riecht nach Missbrauch der Justiz – oder der Anpassung der Türkei an die Verhältnisse in der EU.

Morgens stürmt die Polizei die Wohnung. Dann ist man entweder in Deutschland und hat im Internet eine Grafik geteilt, die den „Wirtschaftsminister“ Robert Habeck (Grüne) mit dem Wort „Schwachkopf“ in Verbindung bringt. Oder man ist der aussichtsreichste Gegenkandidat von Recep Tayyip Erdoğan bei der kommenden Präsidentschaftswahl in der Türkei. So wie der Bürgermeister von Istanbul, Ekrem İmamoğlu.
„Was werfen sie ihm vor“, fragt einer in der türkischen Gemeinde Berlins. Bestechung, Betrug, Terrorismus? „Egal. Sie sagen, er ist schuldig. Wessen er schuldig ist, findet sich noch“, scherzt ein anderer. Nach zwei Jahrzehnten Erdoğan ist die türkische Gemeinde hart im Nehmen geworden. Die genannten Vorwürfe halten die in Berlin lebenden Türken für konstruiert. Zumal mit İmamoğlu auch zahlreiche seiner Anhänger verhaftet wurden. Was ihnen vorgeworfen wird, ist ebenfalls unklar: vielleicht Falschparken, an der Kasse im Supermarkt vordrängeln oder Annalena Baerbock (Grüne) kritisieren? Vieles ist möglich. Wobei das Kritisieren von Baerbock nur in Deutschland strafbewehrt ist.
„Wir stehen einer großen Tyrannei gegenüber, aber ich möchte, dass Sie wissen, dass ich mich nicht entmutigen lasse“, wendet sich İmamoğlu an seine Anhänger. Über die Plattform X. Sein Medienberater, Murat Ongun – ebenfalls einer der rund 100 Verhafteten – wendete sich auch über das ehemalige Twitter an die Anhänger: „Ich werde festgehalten. Sie glauben, dass sie uns daran hindern können, Ekrem İmamoğlu zu verteidigen und zu unterstützen, indem sie uns zum Schweigen bringen.“
X verbreite nur Hass und Hetze sowie Fake News. Deswegen sollte künftig der Staat kontrollieren, was über X noch verbreitet wird. Letzteres ist allerdings nicht die türkische Position. Das sehen so führende Politiker in der EU – darunter der kommende deutsche Kanzler, Friedrich Merz (CDU). Mit dem „Digital Service Act“ hat die EU-Bürokratie bereits Gesetze beschlossen, die türkische Verhältnisse im EU-Raum verhindern sollen – also, dass sich Oppositionelle nach ihrer Verhaftung noch an die Bürger wenden können.
Den Sieg eines unliebsamen Kandidaten für nichtig erklären lassen? Das ist in der Türkei noch nicht passiert. Ihm danach ein Verfahren anhängen, um ihn so von der nächsten Wahl ausschließen zu können? Das passiert nicht nur in der Türkei. Sondern auch im EU-Staat Rumänien. Demnach ließe sich die Verhaftung İmamoğlus auf zwei Weisen interpretieren. In der einen missbraucht Erdoğan als Staatschef die Justiz, um sich einen politischen Gegner vom Leib zu halten. In der anderen macht Erdoğan die Türkei fit für die Aufnahme in die EU. So wie Rumänien, das die Europäische Union aufnahm, als es der Türkei die Aufnahme zuletzt verweigert hat.
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Daran kann der geneigte Leser erkennen, was hier im Land passieren wird, wenn die AfD erst in Regierungsnähe kommen sollte. Türkei, Rumänien, Serbien, so sieht die demokratische Zukunft in der EU aus, und da ist noch gar keine weitere Virusseuche in der ach so tollen EU bekannt, rette sich wer kann.
Schöne heile Welt, die Rechten verhaften die Linken, wo sie die Möglichkeit haben und die Linken die Rechten und das sieht alles nach einer gewaltigen Revolution am Horizont aus, was sich über ganz Europa und auch die USA erstrecken kann und dann gute Nacht Deutschland, denn das könnte auch noch durch weitere Kräfte ausgenützt werden und hätte zur Folge, daß wir unter Umständen lange Verwerfungen vor uns haben könnten, die in der gleichen verweltlichten Glaubensfrage enden wie anno 1618 bis 1648, was auch nur ein Vorherrschaftsmodell der unterschiedlichen Gruppen darstellte und in einem Inferno endete, wobei noch die lieben Gäste… Mehr
> Den Sieg eines unliebsamen Kandidaten für nichtig erklären lassen?
Am Schwarzen Meer gibt es noch das Musterländle „unserer Demokratie“, wo man die Wahlen einfach komplett abgeschafft hat – dann muss auch nichts für nichtig erklärt werden. Wozu Wahlen, wenn es ausreicht, dass wokisierte Medien einen bejubeln?
Das wäre aber nichts für Erdogan – der trägt Anzüge und nicht verschwitzte grüne T-Shirts.
Die Frage ist, was die Türkei in der EU will. Da gibts nichts mehr zu holen. Sie sitzen an der Schnittstelle zwischen Europa und Asien – also werden sie beide Seiten gegeneinander ausspielen.
Vance Rede hat noch eine viel umfassendere Tragweite. Wenn Europa stumm bleibt bei Erdogans Manöver, was anzunehmen ist, hat es seinen Freiheitskern komplett verloren. Menschen von der Wahl auszuschließen (…versuchte man ansatzweise bei Trump, versuchte man erfolgreich bei Georgescu, versucht man bei Le Pen, praktizierte Merkel erfolgreich bei Kemmerich…) ist im Westen offenbar nicht mehr verpönt, sofern es sich nicht um Russland handelt.
Es wird gesagt, der oberste Türke muss als Voraussetzung einen Uni-Abschluss haben. Auch Erdogan behauptet einen zu haben … von der Koranschule die er später zur Universität ernannte. Siehe
http://www.nzz.ch/zweifel-am-diplom-des-tuerkischen-praesidenten-erdogans-vita-auf-dem-pruefstand-ld.89280
(und andere Quellen qwie Spiegel + T-online)
Leider kann die entsprechende Urkunde nicht vorgezeigt werden.
Türkei macht sich fit für die EU“
und
„Was werfen sie ihm vor“, fragt einer in der türkischen Gemeinde Berlins„
Da bin ich beinahe versucht zu sagen: „Finde den Fehler“
IS Erdogan aber bitte nicht , besser vor den Internationalen Gerichtshof .
Und seine Anhänger , in ihre Heimat , vieleicht lernt ihr dann endlich einmal Demut.
Wie treffend: „Türkei macht sich fit für die EU.“ Na, da mußte man in Ankara doch zugreifen, die rumänische Regierung hat es ja vor ein paar Tagen vorgemacht mit dem Verhaften. Da kommt dann bestimmt eine Quisling-Marionette auf den Präsidentensessel. Die AfD-Spitze muß sich durchaus darauf einstellen, daß in zwei, drei Jahren ein Herr Höcke oder ein Herr Brandner oder gar Frau Weidel „abgeholt werden“. Methode „45“: Vier steigen aus, fünf steigen ein … Die werden dann für Monate aus dem Verkehr gezogen. Danach sind die jeweiligen Wahlen vorbei … Der Querdenker – damals noch etwas „schlimmer“ als ein AfDler… Mehr
Im Jahr 1999 war Erdogan selbst für vier Monate inhaftiert. Seit den Zeiten von Karl May („Von Bagdad nach Stambul“) hat sich in der Türkei völkerpsychologisch wenig geändert. Nobelpreisträger Orhan Pamuk hat das wunderbar im Roman „Schnee“ eingefangen, musste deshalb aus Angst um sein Leben längere Zeit im Ausland leben. Weiter geht`s mit „Durchs wilde Kurdistan“ und, ach ja, in Europa „Im Land der Skipetaren (Albanien)“ oder „In den Schluchten des Balkans“. Karl May war ein genialer Völkerpsychologe, vulgo „Rassist“.