Trusted Flagger als staatliche Briefkastenfirmen der Zensur

Der DSA macht es möglich, dass staatlich finanzierte Meldestellen als Zensoren aktiv werden und damit den vom Grundgesetz zugesicherten Schutz vor staatlicher Zensur umgehen. Dabei basiert deren Einfluss noch immer auf der bereitwilligen Unterwerfung von Internetplattformen unter die Zensur.

IMAGO/Steinach

Die Wiedereinführung halbstaatlicher Denunziationsstellen in Deutschland unter dem verniedlichenden Namen „trusted flagger“ („vertrauenswürdige Hinweisgeber“) wirft nach wie vor Fragen über die Rechtmäßigkeit dieser Ernennung auf. Im Vordergrund stehen dabei Fragen nach der Rolle des Bundeswirtschaftsministeriums von Robert Habeck, das gegenüber Klaus Müllers Bundesnetzagentur weisungsbefugt ist, aber auch über den rechtlichen Rahmenbedingungen, innerhalb derer die Meldestelle REspect! nun ihre Tätigkeit zur Umsetzung des DSA betreibt.

Über die finanziellen Verstrickungen der staatsnahen Meldestelle REspect! berichtete TE bereits im Vorjahr, doch diese stellen offensichtlich kein Hindernis bei der Ernennung zum „trusted flagger“ dar, denn entscheidend ist dabei lediglich, dass keine finanzielle Abhängigkeit oder Nähe zu einer Internetplattform vorliegt.

Diese Konstellation geht von einer einfachen Grundannahme aus, nämlich dass staatliche Stellen und Abhängigkeiten keiner Kontrolle bedürfen und automatisch vertrauenswürdig und objektiv seien. Die Frage, wer die Kontrolleure kontrolliert (ebenso wie die Frage, wer die Fakten der Faktenchecker checkt), stellt sich in solch einem System schlicht und ergreifend nicht. Ob aus Hybris, Kalkül oder einer Kombination von beidem, ist zwar nicht deutlich, aber unerheblich. Was zählt, ist das Resultat.

EU-Gesetze nach deutsch-grünem Gusto

Was die Einflussnahme von Robert Habecks Wirtschaftsministerium auf die Bundesnetzagentur angeht, können die grünen Parteigenossen Habeck und Müller leicht einen auf Pilatus machen und die Hände in Unschuld waschen, denn es werden – in bester deutscher Tradition – nur Befehle befolgt. Und dieses Mal stammen sie aus Brüssel, wo man den Digital Services Act beschlossen hatte. Nur ist es ein Detail am Rande, dass kaum jemand mehr auf die Umsetzung des DSA gepocht hatte, als die deutschen Grünen, die mit dem NetzDG auch gleich die Blaupause für den DSA geliefert hatten.

Wobei nicht alles am DSA schlecht ist. Zumindest im Vergleich mit dem NetzDG. Denn während bei Letzterem gesperrte Nutzer keinerlei Recht auf Transparenz, Begründung oder Anfechtung ihrer Sperre hatten, bietet das DSA diese Möglichkeiten nun schon. Allerdings geht der DSA einen entscheidenden Schritt weiter, indem er nicht nur die verfassungsrechtlichen Grenzen von Kommunikation absteckt, sondern auch den juristisch schwammigen Begriff der Hassrede ins Zentrum der Zensurbestrebungen stellt.

In Ermangelung juristischer Definitionen handelt es sich bei der Verfolgung von Hassrede um ein stillschweigendes Übereinkommen zwischen Meldestelle, Staat und Plattformen, denn der DSA selbst bietet nur wenig Definition. Die Verfolgung sogenannter Hassrede wird vor allem durch die Übernahme dieses schwammigen Begriffs in die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGBs) von Internetplattformen ermöglicht. Eine tatsächliche zivilrechtliche Verfolgung solcher Verstöße steht dabei weniger im Vordergrund, als das besagte stillschweigende Abkommen zwischen Meldestelle und Internetplattform, die dem Ruf nach Zensur in vorauseilendem Gehorsam Folge leistet, anstatt sich auf eine Diskussion über die Natur von Hassrede einzulassen.

Somit ist der DSA nur ein Gesetz und Grundgerüst, das den „trusted flaggern“ einen gesicherten Rahmen bietet, der genau jene Formen von Zensur und Diskurskontrolle verstetigt, die bereits vor Jahren im Rahmen der Twitter-Files hinter vorgehaltener Hand stattfand. Was damals allerdings noch auf der bereitwilligen Anerkennung der Rechtmäßigkeit solcher Forderungen von Regierungen oder regierungsnahen Organisationen durch Internetplattformen basierte, hat nun einen gesetzlichen Rahmen, der nicht nur Meldestellen mehr Autorität verleiht, sondern dabei auch hilft das Grundgesetz – demnach der Staat keine Zensur betreiben darf – aushebelt, indem die Zensur an finanziell vom Staat geförderte Vereine ausgelagert wird.

Aus den Twitter-Files lernen heißt, Zensur gesetzlich zu verankern

Meldestellen wie REspect! schießen momentan wie Pilze aus dem Boden und dies ist kein Zufall. Das in den Twitter-Files dokumentierte US-Modell erwies sich als äußerst erfolgreich. Was aber aufgrund der rechtlichen Grauzone in den USA noch einen Skandal auslöste, soll nun über EU-Recht europaweit legitimiert werden, sodass die Meldestellen nunmehr aus dem Zwielicht treten und vollkommen öffentlich Einfluss nehmen können.

Zu diesem neuen Selbstbewusstsein gehört auch, dass unter dem Banner des Kampfes gegen Hassrede auch die finanziellen Unterstützer der Meldestelle offen kommuniziert werden. Dennoch betont die Meldestelle REspect!, es handele sich nicht um ein „staatliches Angebot“. Das allerdings kann bei einer Trägerschaft, die sich zu 100 Prozent aus Steuergeldern finanziert, höchstens als Spitzfindigkeit bezeichnet werden. Vielmehr handelt es sich hier um das staatlich-ideologische Äquivalent zur Briefkastenfirma, die lediglich der Umgehung bürokratischer Hürden – in diesem Fall dem Grundgesetz! – dient.

Zieht man diesen Gedanken konsequent durch, erscheint auch das DSA als genau solch ein Konstrukt, das dazu dient, möglich zu machen, was dem Grundgesetz nach unmöglich ist. So ist es viel weniger die direkte Weisungsgebundenheit der Bundesnetzagentur an das Wirtschaftsministerium, sondern auf Umwegen das Bemühen grüner Lobbys in Deutschland um die Entwicklung von DSA & Co. gewesen, die dem Apparat Befugnisse einräumen, um auch als Staat effizient Zensur betreiben zu können.

Allerdings ist das Netz nicht ohne Lücken. Denn wie bereits erwähnt, basiert die Entfernung sogenannter Hassrede in den meisten Fällen auf der Unterwerfung von Internetplattformen unter die Forderungen von Meldestellen, deren Autorität auf einer Drohkulisse aus Bundesnetzagentur und EU-Rechtsprechung basiert. Doch manche Internetplattform könnte es durchaus auf eine Auseinandersetzung über die Definitionshoheit sogenannter Hassrede anlegen.

Letzte Lücken vor der Abschaffung der Meinungsfreiheit

Das ist allerdings nicht die einzige Wolke am Himmel der Zensoren, denn die vermehrte Aufmerksamkeit für die Meldestelle REspect! führte auch dazu, dass der Dresdner Abgeordnete der Freien Wähler, Torsten Küllig, einen Antrag auf Prüfung der Meldestelle bezüglich deren DSVGO-Konformität bei der Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit stellte. Denn angesichts der strafrechtlichen Irrelevanz des Begriffes der Hassrede ist die Frage nach der Konformität von Sammlung und Verarbeitung von Daten durch die Meldestelle als zumindest fragwürdig zu bezeichnen. Freilich ist davon auszugehen, dass sich Mittel und Wege finden werden, diese Zweifel abzubürsten. Anders könnte es jedoch aussehen, wenn eine Internetplattform es darauf anlegen würde, bis zur letzten Instanz vor Gericht zu ziehen.

Das alles darf aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass gegenwärtig eine Kampagne im Gange ist, die massive Beschränkung der Meinungsfreiheit voranzutreiben. Denn wenn es wie eine konzertierte Aktion aussieht und sich wie eine konzertierte Aktion anfühlt, ist die Wahrscheinlichkeit, dass es sich um eine konzertierte Aktion handelt, groß. Im Frühjahr war die Kampagne zur Rettung der Demokratie der Grundstein für die nun folgende Anschlusskampagne, die da besagt, dass eine Rettung der Demokratie nur durch die Beschränkung der Meinungsfreiheit möglich ist, an der Reihe. Der letzte, absehbare Schritt, der ebenfalls verklausuliert bereits zur Debatte steht, ist die Rettung der Demokratie durch deren Abschaffung. Spätestens 2025 dürfte auch dieses Thema auf der Tagesordnung stehen. Was danach kommt, steht in den Sternen.

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Kommentare ( 65 )

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Bald Anders
1 Monat her

Was würde denn passieren, wenn nur vielleicht ein, zwei Millionen Menschen sich entscheiden würden, eventuell mit Hilfe einer KI diese „trusted flagger“ mit täglich je 5.000 oder 10.000 Denunziationen zu fluten? Richtig, das wären 5 bis 20 Milliarden Meldungen am Tag. Jede schon länger und noch nicht so lange in diesem Land lebende Person wäre etliche Male am Tag dran – Demokratie pur.

Last edited 1 Monat her by Bald Anders
Leroy
1 Monat her

Aha, die unterste Ebene des Faschismus, der Block(Blog-)wart ist zurück.
Neben den faschistischen Kampfgruppen (Antifa) ist die zweite Säule etabliert.

Martin Mueller
1 Monat her

DDR is back, nur in einen outgesourcten Format names „Respect“ unter dem Banner des pink gemalten Sowjetstern.

Und nun komm noch der „Sozialschädling“, wie ihn Justizminister Buschmann einführen will. Ein Begriff, der schon beim Lesen die Erinnerung an dunkle Nazizeiten weckt. Damals war es der Volksschädling….
Was muss im Gehirn von Herrn Buschmann falsch laufen, um einen solchen asozialen und ademokratischen Begriff zu kreieren, um ihn zugleich justiziabel zu setzten…Irre – oder?

Stefan Z
1 Monat her

Dann drücke ich halt zukünftig meine bedingungslose Liebe und die große Hochachtung für die Taten von Olaf, Nancy, Robert, Annalena und Co aus. Sie sind die Sterne am Himmel über Deutschland! Unfehlbar und genial in dem was sie tun und nicht tun. Sie können über das Wasser laufen und Energie mit reiner Willenskraft erzeugen. Sie haben stets Recht und sind einfach unersetzlich. Meine Liebe wächst täglich mit jedem Menschen den sie uns schenken und ich erstatte in Ehrfurcht vor ihrer grenzenlosen Weisheit. Grüße auch an den lieben Herrn Haldenwang. Auch Sie liebe ich von ganzem Herzen. Ich kann es gar… Mehr

siebenlauter
1 Monat her

Im Grunde ist das Organisierte Kriminalität, von der Regierung betrieben. Denn es ist absehbar, dass unzählige Straftaten der Verleumdung u.ä begangen werden und sogar begangen werden sollen. Das ist fern jeglicher Rechtsstaatlichkeit schlicht mafiös. Ein Skandalon in jeder Hinsicht.

GermanMichel
1 Monat her

Sie agieren jetzt ganz offen im Scheinwerferlicht. Offensichtlich haben sie durch Jahrzehnte der Demoralisierung junger Gehirne erreicht, dass das gemeine Wahl-Vieh alles schluckt, egal wie offensichtlich.

Dummheit und Demoralisierung als stärkste Waffe der modernen Zensur, wenn die Leute in der Masse zu blöde sind krasse Widersprüche zwischen Etikett und Inhalt zu erkennen, oder sie so an Lügen und Widersprüche gewöhnt sind dass sie keine kognitive Dissonanz mehr spüren, kann das System auch bedenkenlos ankündigen, Zensur einzuführen und die Meinungsfreiheit zu retten.

Martin Mueller
1 Monat her

Jetzt geht es dem „Hasssprech“ an den Kragen…

Was kommt danach?

Wahrscheinlich kommt dann „Hasswahl“.

Also Strafe für falsches! wählen oder Votum in den Papierkorb…

Martin Mueller
1 Monat her

Wahnsinn potenziert sich! Die am lautesten Demokratie und Meinungsfreiheit schreien, meinen aber nur ihre Definition von Demonkratie und Meinungsfreiheit. Nichts fürchten sie mehr als die freie Wahl und Meinung des Volkes. Und so ist das auch bei selbsternannten Edeldemokraten. Kommen ihre Argumente respektive politischen Handlungen beim Volk unter die kritische Lupe, verfängt ihr Wille, ihre politische Macht, die ihnen die repräsentative Demokratie nun mal bietet, zu bündeln. Und diese Machtdünkel schaukelt sich mit der Zeit hoch, mit der Erwartungshaltung, der Wähler und Bürger habe ihnen kritiklos Folge zu leisten. Folgt der Bürger nicht mehr, wie erwartet, muss er dazu erzogen… Mehr

Last edited 1 Monat her by Martin Mueller
Innere Unruhe
1 Monat her
Antworten an  Martin Mueller

Hoffentlich ist derjenige stärker, der in der Wahlkabine für die eigenen Interessen stimmt, für die eigene Sicherheit… Wer schreit, ist unerheblich. Noch glaube ich an Wahlen und es zählen die Wähler. Ich hoffe, die Deutschen fragen sich eines Tages – wenn wir einem Asylantenkind Zukunft ermöglichen? Eine, die zehnmal besser ist, als in der Heimat seiner Eltern. Wer wird unseren Kindern eine Zukunft ermöglichen, die zehnmal besser ist als unser jetziges Leben??? Ich hoffe, dann sagen sie, dass die Aslyanten selbst für die eigenen Kinder zuständig sind. Ohne uns. In der eigenen Heimat. Wir mischen uns da nicht ein. Auch… Mehr

JuergenR
1 Monat her

Auch Reichelt hat dies in einem Video thematisiert:
https://www.youtube.com/watch?v=c3CZ89dN2j4

hert
1 Monat her

Fragen über Fragen. Ihr Kommentar, lieber D. Boos, lässt darauf schließen, dass die Initiatoren eindeutig bei den Grünen und ihren devoten Helfern zu suchen sind ebenso wohl bei v.d. Leyen und vermutlich Merkel im Hintergrund als Strippenzieherin. -Warum hört man nichts von den sog. Liberalen? -Warum melden sich keine noch-aufrechten demokratischen Sozis, oder gibt es die nicht mehr? -Warum ist Schweigen im Walde bei Merzens CDU wie auch bei Söders CSU angesagt? Jeder kritische Bürger weiß, dass die Brüsseler Kommission Demokratieanforderungen in keinster Weise gerecht wird. Und die Crux ist, dass Brüssel und Berlin hier Hand in Hand arbeiten, um… Mehr