Tony Marshall ist nach langen und vielfältigen Krankheiten gestorben. Der Sänger von „Schöne Maid“ und „Bora Bora“ wurde 85 Jahre alt – er war ein Vollblut-Profi und ausgebildeter Opernsänger.
August 2001. Die Radiowelle SWR4 veranstaltet ein Open-Air-Konzert in Manderscheid in der Eifel. Plötzlich steht Tony Marshall, der Hauptact des Festivals, im Zelt der Mitarbeiter: Ob er sich dazu setzen könne, fragt er höflich? Kurz darauf folgt sein Manager und meint: Er müsse doch nicht hier essen, bei den Mitarbeitern, er habe schließlich ein eigenes Zelt. „Was willst’n? Hier gibt es Spießbraten mit Kartoffelsalat, komm, setz dich dazu!“
Die Vorstellung, allein im Zelt auf seinen Auftritt zu warten, war Marshall fremd. Den fröhlichen Volkssänger hat er nicht gegeben – das war er. Feiern war ihm nicht fremd – am liebsten war er mitten dabei. Außerdem war Marshall ein Vollblut-Profi. Obwohl ihn eine lange Krankheitsgeschichte begleitete, drängte es ihn immer wieder auf die Bühne. Zwar konnte er nicht verstecken, dass es ihm nicht gut geht. Aber anmerken lassen, wollte es sich Marshall nicht. Der Sänger wollte Applaus, kein Mitleid.
In den 60ern absolvierte Marshall eine Ausbildung als Opernsänger, die er erfolgreich abschloss. Eigentlich wollte er Chansons singen, sein Vorbild war Charles Aznavour. Doch damit floppte er in Deutschland, zog sich aus dem Musikgeschäft zurück und kaufte eine Kneipe. 1971 entdeckte ihn dann der Produzent Jack White und verhalf ihm zu seinem Durchbruch und dem Song, den seine Fans bis zuletzt einforderten: „Schöne Maid“. Wobei „Schöne Maid“ zumindest statistisch nicht der größte Erfolg Marshalls blieb. Während er mit diesem Song nur auf Platz drei der Single-Charts kam, schaffte er es ebenfalls 1971 mit „Komm gib mir deine Hand“ auf Platz eins. Es folgten weitere Hits wie „Bora Bora“, „Ich fang‘ für euch den Sonnenschein“ oder „Heute hau’n wir auf die Pauke“.
Durch den eher volkstümlichen Text wirkt der Hit wie ein Schlager. Doch die Musik war für ihre Zeit fortschrittlich. White orientierte sich dabei an den Tänzen der Maori und setzte auch deren Instrumente ein. Marshall wiederum verhalf White zu der Höhe seiner Popularität. Als in jenen Jahren ein PR-Beitrag in Spielfilmlänge über den Produzenten entstand, spielte Marshall die wichtigste Nebenrolle. Allerdings wurde er dabei synchronisiert, weil den Filmemachern sein badischer Dialekt zu breit war.
Marshall kam 1938 in Baden-Baden als Herbert Anton Bloeth zur Welt. Seinen 85. Geburtstag konnte er noch feiern, knapp zwei Wochen später starb er. Marshall litt an der Nervenkrankheit Polyneuropathie, hatte einen Herzschrittmacher, musste regelmäßig zur Dialyse, überlebte einen Schlaganfall und eine Corona-Infektion. Er hat drei erwachsene Kinder, zwei Söhne und eine Tochter.
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Abends konnte man ihn bei Wein, Weib und Gesang ganz gut für das persönliche Wohlgefühl mit einbinden und er war dafür auch ein guter Unterhalter, morgens auf der Fahrt zum Kunden, sah die Welt schon anders aus und ich spreche von den Jahren, wo er groß geworden ist und man selbst voll im Saft stand um die Welt zu erobern. Ein Arbeitskollege während der Ausbildung hat sich ebenfalls zum Opernsänger ausbilden lassen und war trotz gesanglicher Begabung nicht in der Lage, sein Können in damaliger Mark und Pfennig umzusetzen und so ist nun mal das Leben und ähnliche Krankheiten haben… Mehr
Bin zwar nicht so für Schlager.
Dennoch, dies ist ein Mann , der auch mir gute Laune macht und untadelig durchs Leben gegangen ist.
Also ruhe in Frieden und mische die himmlischen Heerscharen auf. 🙂
Erst vor ein paar Wochen habe ich ihn in einer Wiederholung von „Inas Nacht“ erlebt, bereits über 80 Jahre alt, wortgewandt, bodenständig und fröhlich. Eine Stunde Leichtigkeit in dieser speziellen Zeit – hat gutgetan. Mögen Sie in Frieden ruhen, lieber Tony Marshall, herzlichen Dank und gute Reise!
Ein schöner Nachruf. Tony hat es verdient. Hoffentlich werden Lieder wie die seinen noch lange gespielt. Und nicht gecancelt wie so vieles.
Danke Tony.
Nicht mehr ganz mein Stil, aber wenn man bedenkt, was sich die Jugend von heute so alles „reinzieht“, dann ist Stimmungskanone Marshall Medizin. „Bora, Bora“ dürfte aber demnächst wohl auf den Index, wegen kultureller Aneignung. Gut, dass er dies nicht mehr erleben muss. Ruh‘ Dich aus Tony!
Ich hatte dass Glück ihn noch live auf der Bühne als Tewje, den Milchmann aus Anatevka erleben zu dürfen.
Der Tony Marschall war sogar für uns Metal- und Punkrockfans der 80er eine Art Idol ?
Möge er in Frieden ruhen, er hat es sich verdient. So vielen Leuten unbeschwerten Spaß bereitet…
Die lyrische Genialität von Tony Marshall ist legendär. Er hat damit dem ein oder anderen meiner Studi-Kollegen so manchen Abend gerettet:
„Schöne Maid, hast du heut für mich Zeit?“
Besser geht´s nicht.