Thüringens Ministerpräsident von Merkels Gnaden versteht die Welt nicht mehr

Ohne Brandmauer könnten AfD und CDU in Thüringen komfortabel regieren. Mit Brandmauer bliebe nur eine Regierung aus CDU, BSW und SPD. Solche Umfragen überraschen nur noch einen: den Ministerpräsidenten Bodo Ramelow. Der kann sich nicht erklären, wie die Linke so abstürzen konnte.

picture alliance/dpa | Martin Schutt

Beim MDR wird man inzwischen bereuen, dass man den Thüringentrend in Auftrag gegeben hat, denn die Resultate der Wählerumfrage von Infratest dimap überraschen außer den MDR nur noch einen: den Ministerpräsidenten des Bundeslandes, Bodo Ramelow. Die AfD hat trotz medialen Dauerfeuers, trotz schlechten Krisenmanagements der Partei und trotz innerparteilichen Auseinandersetzungen in Thüringen nur einen Prozentpunkt verloren, von 29 % käme die AfD auf 28% – und würde damit stärkste Partei sein. Die CDU macht 3 Prozent gut und käme auf 23 %, doch das nützt ihr nicht viel, denn Sahra Wagenknechts BSW folgt ihr auf den Fersen mit 21 % und kann mit 6 % die höchsten Zuwächse verzeichnen. Ramelows Linke würden nur noch 11 % der Wähler überzeugen können und verlöre damit 5 %. Auch die SPD gibt noch einmal um 2 % ab und käme auf 7 %, während die Grünen mit 4 % (Verlust 1 %) genau wie die FDP nicht mehr im Landtag vertreten ist.

Eine Koalition zwischen CDU und AfD ergäbe eine stabile Mehrheit von 51 %. Die CDU könnte in Anlehnung an das Magdeburger Modell ein Erfurter Modell versuchen, und zwar eine Minderheitsregierung unter Tolerierung durch die AfD. Die andere Variante lautet, daß die CDU eine Koalition aus BSW und SPD anführen würde, die auf 51% schauen könnte. Möglich ist allerdings noch eine Koalition aus CDU, BSW und Linke, die es auf 55 % brächten. Auch ein Bündnis zwischen AfD und BSW wäre rein rechnerisch möglich. Nimmt man die Brandmauer der eingebrandmauerten CDU ernst, bleibt nur noch ein Regierungsbündnis zwischen CDU, BSW und SPD übrig. Ob die CDU sich die Thüringer SPD antun will und mit dem BSW koalieren möchte, würde man sehen. Möglich wäre auch, dass sich Höcke wie Gert Wilders zurücknimmt, um eine Koalition oder eine Tolerierung zu ermöglichen. Das gehört zu den vielen Fragen, die sich stellen würden, und zu der auch gehört, wer persönlich mit wem kann, wer wenn im Notfall vertrauen würde.

Allzu viele Hoffnungen auf die Kreativität und den Mut zum Besten des Landes muss man sich jedoch bei der Thüringer CDU nicht machen, denn sie wird mit jedem Tag, mit dem sie hinter der Brandmauer verharrt, zum Brandmauerblümchen.

Der Einzige allerdings, der Thüringen nicht mehr versteht, ist Bodo Ramelow. Ehrlich überzeugt von seiner tollen Arbeit für das Land, kann er es sich nicht erklären, wie seine Partei so abstürzen kann in der Wählergunst. Schließlich seien die Wähler doch grundsätzlich zufrieden mit seiner Arbeit als Ministerpräsident, denkt Bodo Ramelow über Bodo Ramelows Arbeit. Das kann natürlich alles nicht mit linken Dingen zugehen: „Das ist eine Paradoxie, bei der ich das Gefühl habe, dass man eine Emotion wählt.“ Heißt das, dass wer nicht Bodo Ramelow wählt, emotional wählt. Und dann schimpft er über die unerbetene Konkurrenz: „Sie kandidiert überhaupt nicht. Zur Europawahl stand sie in Ostdeutschland überhaupt nicht auf den Wahllisten. Sie hat nicht kandidiert, und trotzdem ist sie mit 15 Prozent gevotet worden. Und jetzt, bei den Umfragen in Thüringen, ist es so, dass auf einmal das Bündnis Sahra Wagenknecht in Thüringen bei 21 Prozent liegt, obwohl sie in Thüringen gar nicht kandidiert.“ Sowas aber auch. Gibt es nicht in Thüringen auch beliebte Politiker, die jetzt für das BSW antreten?

Man fragt sich, ob Bodo Ramelow schon bei Angela Merkel angerufen hat. Zumindest hat man von der Bundeskanzlerin a.D. noch nicht die schicksalsschweren Worte gehört: „Die Umfrage muss unverzüglich rückgängig gemacht werden.“

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Kommentare ( 50 )

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RA.Dobke
6 Monate her

Ich genieße insbsondere mit Blick auf den Dummschwätzer Friedrich Merz diese Zwickmühle der CDU :o)) ! „Macht mich zum Vorsitzenden und ich halbiere die AFD … Selten so gelacht.

Ohanse
6 Monate her

Ein wenig unterkomplex, die Denkweise dieses Ramelow.

Nibelung
6 Monate her

Da sollten doch schon längst Neuwahlen stattfinden und dieser Typ klebt immer noch an seinem Amtssessel und wer immer noch nicht rückblickend sehen will, wie sich Kommunisten in rechtloser Weise begünstigt haben, der muß seinen Realitätssinn verloren haben, als die vor nicht allzulanger Zeit gehaust haben wie die Vandalen und noch die Ehrenwerten spielen, was der Gipfel der Unverschämtheit ist.

Freigeistiger
6 Monate her

Wenn die Entwicklung so weitergeht, wird die Linke in Thüringen einstellig und das BSW überholt die CDU. Grüne raus und womöglich auch die SPD, dann wird das Feld recht übersichtlich. Vielleicht sollte Wagenknecht mal mit Höcke reden, die Schnittmengen zwischen AfD und BSW sind beachtlich, sofern Wagenknecht es ernst meint mit ihren Positionen und die Brandmauer für sie kein Dogma ist.

Kalmus
6 Monate her

Wenn ein Drittel der Wähler, 32 Prozent, links wählt, kann Ramelow doch zufrieden sein. Es fehlt nur noch eine Koalitionsvereinbarung.

Franz Reinartz
6 Monate her

Da ist für die spd noch Luft nach unten. Sollte eigentlich in knapp zweieinhalb Monaten mit Hilfe von Frau Esken zu schaffen sein.

puke_on_IM-ERIKA
6 Monate her

Bodo hat ja auch nach sooo viel um die Ohren – er muß ja noch die Neuwahl organisieren, die er dem Wähler vor drei Jahren versprochen hat.
Oder hat der stalinistische Apparatschik das etwa vergessen und geglaubt, dass er mit scholzen durchkommt ?!

Marco Mahlmann
6 Monate her

Ramelow dürfte noch weniger verstehen, wie denn in einem linksregierten Bundesland eine Umfrage mit solch schlechten Werten für die Linke veröffentlicht werden kann. Haben Linke in ihrem Herrschaftsbereich die Medien usw. nicht besser im Griff?

Torsten99
6 Monate her

Der Vorteil von beratungsresistenz ist: abgewählt werden.
In einer Demokratie geht die Macht vom Volke aus. Politiker sind somit angestellte des Souveräns, inkl. „Feuerung“ durch den Souverän/Wähler.
Das findet gerade statt und das ist gut so.

Britsch
6 Monate her
Antworten an  Torsten99

Ich denke das ist zu „blauäugig“
bei der Koalition die zu erwarten ist kann man nach meinem Verständnis nicht sagen, das das der Entscheidung des „Souverän“/ Wähler entspricht. Betrug genau wie die FDP Ihre Wähler nacgh der Bundestagswashl betrogen hat.
Für mich entspricht so etwas nicht einer echten Demokratie, Parteien entscheiden, können bestimmen und den eigentlich Souverän genannten betrügen

Johann Conrad
6 Monate her

Praktisch von null auf 21 Prozent für eine Neugründung ist schon sehr seltsam, selbst mit den paar Zwischenumfragen. Ich könnte mir gut vorstellen, dass einige Prozente sich am Wahltag wieder auf Nichtwähler, AfD und CDU verteilen, je nach aktueller Form der AfD.