"Man muss über solche Fälle reden dürfen!“ liest man gestern: Bassam Tibi in einem Interview mit der WELT.
„Man muss über solche Fälle reden dürfen!“ liest man gestern: Bassam Tibi in einem Interview mit der WELT. Thema wie immer die Flüchtlingskrise und der Islam. Tibi ist emeritierter Professor und lehrt auch jetzt noch als Dozent an der Uni, an der auch ich studiere, in Göttingen. Was Tibi mit „solchen Fällen“ meint, sind jene, wie der einer somalischen Familie, der es in den USA nicht gefiel, weil man dort für seinen Lebensunterhalt arbeiten muss, die es mit der Wahrheit nicht so genau nahm und vorgab, sie sei gerade erst aus Somalia geflüchtet, um nach Deutschland zu kommen, wo sie jetzt mit Hartz4 und vier Kindern monatlich ebenso viel erhält wie Tibi als pensionierter Professor. Drei Jahre sei die Familie inzwischen hier. Die Sprache spricht man dennoch nicht. Es ist das Problem, auf welches im Beitrag über den Wohlfahrtstaat aufmerksam gemacht wurde. Das Problem, wie man Menschen integriert und für die Arbeit motiviert, denen von Beginn an der Sozialstaat offensteht und die durch Hartz4, sofern kinderreich, mehr einnehmen als mit einem Job.
Die zweite Meldung, die man heute überall liest, ist die, dass es zu einem enormen Anstieg von sexuellen Übergriffen in Freibädern gekommen sein soll. Auffällig sei dabei vor allem, dass die Täter in Gruppen vorgehen. Als auffällig könnte man das nicht bezeichnen, eher als absehbar. Es scheint die Fortsetzung dessen, was in Köln passiert ist. Auffällig ist – wenn überhaupt – also nur, dass man in einigen Medien schon wieder dazu übergangen ist, die Herkunft der Täter nicht zu nennen, auch, wenn man sich auf einen Bericht der BILD bezieht, aus dem eindeutig hervorgeht, dass es sich zu einem großen Teil um Zuwanderer handelt. Denn auch über solche Fälle möchte man ungern berichten. Tut man es nur dann, wie auch der Fall Köln gezeigt hat, wenn gar nichts anderes mehr übrig bleibt? Komisch ist dabei lediglich, dass man gerade bei Gruppenübergriffen im Freibad anscheinend davon ausgeht, dass noch Alternativen zur ganzen Wahrheit existieren.
Zurück zu Tibi. In dem Beitrag auf WELT erzählt er von Göttingen und wie stark die Stadt sich verändert hat. Studentisch sei es einmal gewesen und idyllisch. Heute sehe die Stadt wie ein einziges Flüchtlingslager aus, in dem afghanische und eritreische Gangs ihr Unwesen treiben. Das Göttinger Gemeinwesen sei erschüttert. Von Kommilitonen hört man das bereits seit Monaten.
Totschlag-Satz: Sie reden wie die AfD
Aber auch bei der WELT möchte man lieber nicht über solche Fälle reden, außer man heißt Henryk M. Broder oder Dirk Schümer. Wichtiger, als dass man über Dinge redet, erscheint in Deutschland, wie man über Dinge redet. „Sie reden wie die AfD.“ ist daher das Erste, was der Interviewerin der WELT, Andrea Seibel, folgerichtig in den Sinn kommt. Eine gewollte Diskreditierung des Gesagten. Als könne man mit einem solchen Stempel den Wahrheitsgehalt zunichte machen, als wäre es nicht ohnehin vollkommen absurd selbst jemandem wie Bassam Tibi, der über einen Migrationshintergrund verfügt und anerkannter Professor ist, mit dem Rechtsaußen-Etikett zu versehen. Tibi beklagt daraufhin, dass es in Deutschland keine wirkliche Debattenkultur gäbe. Kritische Äußerungen in Richtung Flüchtlinge und Islam würden sofort mit der AfD-Keule bedacht.
Die Reaktion von Andrea Seibel ist so satiretauglich wie offenbarend. „Was machen wir jetzt mit Ihrer Beschreibung von Göttingen?“ Es ist dieser eine Satz, der eigentlich das ganze Problem, was Deutschland mit der Flüchtlingskrise und dem fundamentalen Islam hat, verdeutlicht. Er zeigt, wieso wir hier nicht über „solche Fälle“ reden.
Denn würden wir es einmal ernsthaft tun, so ganz ohne die üblichen Keulen, die über alles drüber walzen, dann würden wir uns bei vielen Geschehnissen, Beschreibungen, Tatsachen der letzten Monate fragen, „was wir jetzt damit machen“ oder anders gesagt: Wie wir damit umgehen. Dann müssten wir uns mit der Frage beschäftigen, wie wir mit den Problemen, die der fundamentale Islam zu uns bringt, umgehen und wie viel Einwanderung aus patriarchalisch geprägten, islamischen Ländern wir überhaupt verkraften können. Wie tolerant wir angesichts der Intoleranz wirklich sein dürfen und wie wir mit Menschen auf den Straßen Deutschlands umgehen, die gegen Juden hetzen als sei es 1933 und die nicht dafür belangt werden, weil sie einen Migrationshintergrund haben. Wir müssten damit aufhören Placebos für das gute Gefühl in uns hineinzustopfen und anfangen, gegen jene Ideologie auf die Straße zu gehen, die den eigentlich präsenten Faschismus im 21. Jahrhundert repräsentiert. Bewusst darüber werden, dass die Bedrohung der Freiheit nicht von jenen ausgeht, die jemanden, sofern er gegen ihre Weltanschauung ist, auf eine Diskussion einlädt oder allenfalls ignoriert, sondern von jenen, die Kritiker mit Gewalt zum Schweigen bringen wollen.
All das sind unangenehme Fragen. Und um sie nicht stellen zu müssen, versuchen wir in unserer Gesellschaft mittels Diffamierung jene aus dem Diskurs zu entfernen, deren Aussagen uns zu diesen Fragen leiten. Es ist der Überbringer der Nachricht, der problematisiert wird, nicht die Nachricht an sich.
Tabuisierungs-Kultur bis zur Selbstverleugnung
Was so über die Jahrzehnte hinweg entstanden ist, ist keine Debattenkultur, sondern eine Tabuisierungs-Kultur. Es gibt Themen über die sprechen wir nicht. Immer noch nicht. Egal wie ersichtlich es ist, dass deutsche Männer nicht plötzlich dazu übergegangen sind, sich in Gruppen zusammenzurotten, um Sexualstraftaten zu begehen. Es ist wie bei Andersens „Des Kaisers neue Kleider“. Jeder weiß, dass der Kaiser nackt ist, aber keiner spricht es aus. Zum einen, weil man dann über die Konsequenzen sprechen müsste und zum anderen, weil man nicht der böse Überbringer der Nachricht sein möchte, der in Deutschland stets als Erstes politisch gelyncht wird. Wie oft denken Menschen zunächst darüber nach, ob eine Aussage als „Rechts“ angesehen werden könnte, selbst wenn es darum geht, dass Menschen andere Menschen sexuell belästigen, Diebstähle begehen oder schlicht hier auf Kosten anderer leben möchten. Es passiert vieles, das angesprochen werden muss dennoch gilt die erste Sorge stets dem eigenen Ansehen und der Angst, ins gesellschaftliche Meinungsabseits gerückt zu werden oder gar doch noch irgendwem vielleicht Unrecht getan zu haben. Zur Aufrechterhaltung der Illusion ist vielen jedes Mittel recht.
Wie weit ideologische Verbrämung gepaart mit einer seit der Kindheit eingeredeten Nazi-Keule gehen kann, zeigt auch der Fall der 24-jährigen Sprecherin der Linksjugend, Selin Gören, die von männlichen Flüchtlingen vergewaltigt wurde und der Polizei zunächst nur zu Protokoll gab, dass sie bestohlen wurde und die Täter deutsch sprachen. Getoppt wurde die absichtliche Falschaussage nur noch davon, dass ihr größtes Problem bei all dem gewesen zu schein schien, dass dieser Übergriff dem Ansehen der Flüchtlinge, insbesondere nach den Geschehnissen von Köln, weiter schaden könne. Folgerichtig betont sie im SPIEGEL-Interview, dass vor allem die Reaktionen von deutschen Männern auf den damals verfassten Post von ihr ziemlich sexistisch gewesen seien. Wie sexistisch es von männlichen Einwanderern war, sie abwechselnd sexuell zu missbrauchen, darüber sagt Selin Gören nichts. Wie groß muss der Hass auf die eigene Herkunft und der Drang nach Widergutmachung gegenüber all den „von uns westlichen Menschen unterdrückten“ Völkern sein, dass es jemandem selbst dann noch wichtiger ist, „keine rechten Ressentiments“ zu schüren, wenn er selbst zum Opfer geworden ist? Der Fall Gören offenbart einen tiefen Einblick in ein verdrehtes Selbstverständnis.
Was bleibt, ist die Frage, was man nun tut, wenn die Folgen dieser falsch verstandenen Political Correctness sich bereits in all ihrer Verirrung offenbaren? Was tut man gegen das weit verbreitete Schweigen, das Nicht-Reden, das Nicht-Sagen-Dürfen, wenn selbst das Aussprechen, das Darüber-Hinwegsetzen über die Tabus nichts nützt? Das Realisieren, dass selbst das Durchbrechen des Schweigens nichts oder wenig ändert. Dass keine Tat in Deutschland und noch so viele Wahrheiten schwerwiegend genug scheinen, als dass man in Politik, etablierten Medien und einem Großteil der Gesellschaft beginnt, umzudenken.
Tibi sagt: „Ich finde die Lage unerträglich. Da kommen Menschen mit keiner Ausbildung und wenig Geld. Und sie erleben eine prosperierende Gesellschaft. All das ist hart erarbeitet. Das kann man nicht einfach verschenken.“ Letztlich wird genau das getan. Hauptsache bei allem scheint zu sein, dass man dabei „nicht den Rechten in die Hände spielt“.
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