Es ist wirkungsvoller, Gelegenheiten zu beseitigen, statt Diebe zu jagen. Konsumsteuern statt Einnahmen-Besteuerung: eine Idee wartet auf ihren Verwirklicher.
Dass es bei Anne Will sonntags nicht um Politik ging, zeigt, dass sie selbst nicht danach fragte und allein Gysi das Thema streifte, dass „Steuerschlupflöcher“ nur vom Gesetzgeber geschaffen worden sein können. Legale Diebstahlsgelegenheiten, um die legalen Nutzer dann an den Pranger zu stellen? Placebo-Politik, politisch folgenlos, aber höchst geräuschvoll wirksame Medieninszenierung von hohem Unterhaltungseffekt. Wir klären auf, ein Hauch von Watergate – und dann? Treiben wir die nächste Sau durchs Dorf, das Volk applaudiert. Ach, wie schön ist Panama.
Gelegenheit macht Diebe. Es ist wirkungsvoller, Gelegenheiten zu beseitigen, als Diebe zu jagen. Bei den Steuern ist es seit altersher die Frage, ab welchem Steuersatz der Staat selbst zum Dieb oder Räuber (schlag nach beim Heiligen Augustinus) wird. Biblisch wäre „der Zehnte“ die Legitimitätsgrenze. Vieles wird allerdings auch mit Steuern finanziert, wo es transparenter und wirtschaftlicher wäre, einfach angemessene Preise für Dienstleistungen wie die Benutzung von Straßen zu bezahlen.
Beim Hauptfeld Steuern warte ich auf die politische Kraft, die wirklich umsteuert: Vom Besteuern der Einnahmen aufs Besteuern der Ausgaben. Warum besteuern wir Arbeit, bestrafen also vom Unternehmen Ich über Eigentümer-Unternehmen, die andere Ich-Unternehmer beschäftigen als Angestellte, Arbeiter oder Selbständige?
Besteuern wir besser das Ausgeben. Da gleich der Routine-Einwand kommt, aber die Mehrwertssteuer trifft doch die kleinen Leute viel mehr, die einfache Antwort. Besteuern wir doch einfach die Bedürfnisse des täglichen Lebens gar nicht – aber allen anderen Konsum: Unternehmen zahlen z.B. Steuern auf den Verbrauch von natürlichen, nicht erneuerbaren Ressourcen.
Wovon finanzieren sich dann die Kommunen? Für alle individuell zurechenbaren Leistungen bezahlen die Benutzer – wie im Parkhaus. Was dann an unabwendbaren Ausgaben der Gemeinden nötig bleibt, dafür erheben sie Beiträge, über deren Höhe die Bürger der Gemeinde selbst bestimmen. Eine allgemeine Rückkehr zur Gemeindeautonomie und tatsächlichen Selbstverwaltung passt viel besser in die Gestaltung der lokalen Welten des globalen Dorfs als zentralistische Vorschriften „höherer“ Ebenen. Die höchste Ebene ist der Bürger. Stellen wir die Gesellschaft vom Kopf auf die Beine, also richtig auf – radikal dezentral.
Straßen, Bahnen, IT-Dienstleistungen, Brauch- und Abwasser, Strom und so weiter: Im elektronischen Zeitalter ist es kein Problem, Einzelverbrauch zu messen und zu kassieren. So manche Gemeinde wird sich – wie schon heute – entschließen, solche Kulturtechniken wie Internet über WLAN kostenlos zugänglich zu machen.
Da eine Konsumsteuer bei der Bezahlung des Konsums von den einzelnen Privaten und Unternehmen anfällt, geht sie von dort in die Steuerkasse, auf die das Finanzamt schrumpft. Steuerhinterziehung wird dann nur noch auf Kosten des Verkäufers möglich – im Vergleich zu heute ein übersichtliches Risiko.
Utopisch? Klar, bis es eines Tages ein Land macht. Darauf wette ich. Und übrigens: Es gibt Alternativen zum EU-Zentralismus, zum nationalen Zentralismus – auch in der föderalen Tarnkappe – und vor allem zum Nationalstaat. Dazu demnächst mehr.
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein