Der Stellvertreterkrieg der Milliardäre auf unseren Straßen

Erneut drängten Klimaextremisten den Hauptstadtverkehr an den Rand des Kollapses. Bloßer Kollateralschaden in einem manifestierenden Kampf von Milliardären, die ihre Klimakohorten auf dem Experimentierfeld Deutschland einsetzen.

IMAGO / dts Nachrichtenagentur
Carla Reemtsma, Sprecherin von Fridays for Future, sitzt am Rande einer von Letzte Generation blockierten Straße in Berlin, 16.05.2023

Dienstagmorgen, 9 Uhr, im Südosten Berlins. Es herrscht Ausnahmezustand. Nicht von der Regierung, sondern von selbst ernannten Aktivisten verordnet. Irgendwo verklebt die „Letzte Generation“ neuerlich die Straßen der Hauptstadt. Das Chaos führt zum Dominoeffekt. Auch in weiter entfernten Straßenabschnitten quillt der Stau über. Von den Brücken geht der Blick über Blechlawinen.

Wer an diesem Tag glaubte, mithilfe des öffentlichen Nahverkehrs an sein Ziel zu erreichen, sieht sich zumindest in diesem Berliner Stadtteil eines Besseren belehrt. Zwischen Schöneweide und Baumschulenallee gibt es nur Schienenersatzverkehr. Wegen Bauarbeiten. Heißt: Dutzende Ersatzbusse pendeln zwischen den Stationen. Eigentlich eine kurze Distanz. Doch der Schmetterling, der mit den Flügeln schlägt, verursacht auch Kilometer entfernt Staus.

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Chaos trifft auf Dysfunktionalität. Wo der Klima-Stau sich mit den üblichen Baustellen des „failed state“ Berlin vereint, gebiert der Moloch Zustände wie in der Dritten Welt. Ob Autofahrer oder Nutzer des ÖPNV: Alle sind sie betroffen von dem Chaos. Eine Rikscha wie in Kalkutta wäre effizienter. Oder der reine Fußweg. Zähflüssig quälen sich die Fahrzeuge weiter. Irgendwo bei der Puschkinallee – so hört man im Bus – fände eine Blockade statt. Jemand spricht mit seiner Frau am Telefon. Der Handwerker kommt nicht, steckt auf der Autobahn 100 fest.

Im völlig überfüllten Ersatzbus dominiert eine Schulklasse auf Ausflug das Geschehen. Sonst reine Resignation. Von Peter Scholl-Latour stammt das Bonmot, dass, wenn sich der Zug verspätet, der Franzose ungeduldig am Bahnsteig wartet, auf die Uhr schaut und mit den Schuhen aufklopft, während der Deutsche schulterzuckend eine Zeitung kauft. Das mag man für eine Tugend halten; an diesem Tag wünschte man sich jedoch mehr romanischen Groll.

Auf einem der Plätze sitzt das, was man in Berlin landläufig einen „Malocher“ nennt. Der wuchtige Handwerker ist zusammengesackt. Wie so viele dürfte er an diesem Morgen eine Stunde brauchen, wenn er von der Peripherie ins Zentrum will. Man kann dagegenhalten, dass seine Kollegen auf der Straße länger brauchen. In seinen Augen spiegelt sich der Gedanke, warum er sich derlei überhaupt noch antut.

Es sind Bilder wie diese am zweiten Tag der Klimaproteste, die Teile Berlins lahmlegen. Teile der Presse stilisieren die wohlbegüterten Töchter der Klimabewegung, die Aktivismus als Hobby entdeckt haben, zu Märtyrern. Doch die Opfer dieses Stellvertreterkrieges, die Kollateralschäden in diesem Kampf, sitzen an jenem Morgen in Bussen wie diesen. Sie haben keine Stimme im Radio; sie haben auch keinen ARD-Moderator, der sie an der Spree entlang zum Interview begleitet; sie sind keine Reemtsma-Erben und sie haben auch kein Geld, um sich ökologisch hochwertiges Essen zu leisten oder darüber zu diskutieren, ob ihr Strom möglichst „grün“ sein muss. Sie sind ohnmächtig gefangen. Ihnen bleibt nichts als Fatalismus; rebellische Gedanken ihrerseits haben die Medien geächtet, indes dieselben Medien das Recht auf Revolution der Störer bekräftigen.

Nicht sie stehen als Geprellte im Mittelpunkt des Geschehens, sondern die Sprecherin der Klimaextremisten, Carla Hinrichs. Die Kameras sind auf sie gerichtet. Hinrichs ist jung, weiblich und ideologisch auf der richtigen Seite; dagegen hat der Malocher aus Treptow-Köpenick schlechte Karten. Sie hatte sich am Montag auf die Straßen Berlins geklebt – zum wiederholten Mal. Eigentlich brisant. Denn eigentlich hatte das Amtsgericht Frankfurt am Main sie zu zwei Monaten Haft auf Bewährung verurteilt. Und eigentlich müsste nun Haftstrafe drohen. Eigentlich.

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Aber der Konflikt um die neuen Helden der kulturellen Hegemone sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass Deutschland nicht nur in der Geiselhaft von Ideologen ist. Die Bundesrepublik ist ein Experimentierfeld. Klima-NGOs, Stiftungen und einzelne Personalien sind Söldner in einem Stellvertreterkrieg der Milliardäre. Möglich, dass Hinrichs, Reemtsma und Neubauer an das glauben, was sie sagen. Möglich, dass sie von anderen, mächtigen Leuten instrumentalisiert werden. Sicher ist jedoch, dass eine Gruppe von Klimaextremisten behauptet, für die „Lebensgrundlagen“ der Menschen auf den Straßen zu protestieren, und diese in Wirklichkeit zerstört.

Freilich: Auch in anderen Ländern gibt es Attacken von Klimaextremisten. Sie finden jedoch nicht in dieser Systematik statt – und sie können kaum anderswo in Europa auf einen solchen Rückhalt vertrauen. Weil Carla Reemtsma nicht nur bei Fridays for Future aktiv ist, sondern auch im Aufsichtsrat der Agora, jener Denkfabrik, die der soeben geschasste Staatssekretär Patrick Graichen jahrelang geleitet hat, und in dem auch der Klima-Mogul Hal Harvey vertreten ist. Weil das grüne Netzwerk NGOs wie Beamtenstuben demnach durchsetzt und ein grün vernebeltes Journalistenmilieu in Wirklichkeit die Interessen jener Multimillionäre bedient, die sie in der Form etwaiger Lobbys zu bekämpfen behaupten, aber eben nur jener, die ihnen nicht angenehm sind. Autokonzerne und Kohle pfui, Klimastiftungen von Hedgefonds hui.

Am Beispiel von Chris Hohn hatte TE schon früher dieses Konzept belichtet. Klimastiftungen sind offenbar die neuen Hedgefonds. Hohn finanziert jene Extinction Rebellion, die der Letzten Generation nahesteht. Andere „aktivistische“ Netzwerke stehen wiederum über den Climate Emergency Fund auf der Bezahlliste der Ölerbin Aileen Getty oder der Bill & Melinda Gates Stiftung, wie David Boos bereits früher schrieb. Zu den Begünstigten zählt auch die Letzte Generation. In den Bundesministerien sitzen Staatssekretäre mit Sitz im Rat der Agora, die wiederum mit einem internationalen Netzwerk aus Klimastiftungen von Milliardären verknüpft ist.

Eine führende Wirtschaftsnation wurde zum Testfeld jenes Milliardärssozialismus degradiert, wie ihn der Historiker David Engels bereits vor Jahren definiert hat. Zu lange hat das konservative Lager geglaubt, dass die große Wirtschaft ihm gewogen sei. Das ist sie seit Jahren, Jahrzehnten nicht mehr. Sie finanziert direkt oder indirekt eine neue Form der Machtausübung über NGOs. Zugleich agiert Big Business nicht gegen die Regierung, sondern mit ihr. Eine neue Chimäre aus Liberalismus und Sozialismus ist bereits vor Jahren geboren worden. Engels sieht eine Parallele zum Übergang zwischen Römischer Republik und Imperium.

Der Mittelstand als eigentliches Fundament einer bürgerlich-parlamentarischen Demokratie wird zerstört: ob durch Wärmepumpen-Regelungen, Verbrennungsmotor-Verbote oder den alltäglichen Zermürbungskrieg auf dem Weg zur Arbeit. Das Individuum wird pulverisiert zugunsten des zukünftigen Dienstes im Kollektiv, ob nun auf staatlichem Posten, Angestelltenjob in Riesenfirmen oder als Unterschicht, deren elende Existenz durch Brot und Spiele abgemildert werden soll. Das alles zur Rettung der Menschheit vor dem Klimakollaps: die Zukunft des Menschen in einem mechanischen Zahnrad. Es ist eine der Urdystopien der modernen Zeit.

Hinter dem Anspruch der Menschlichkeit steht demnach Menschenfeindlichkeit. Das gilt nicht nur im Großen, für die Milliardäre. Das gilt auch für eine Carla Hinrichs, die mit ihren Aktionen den Alltag des Malochers zerstört. Es ist ein Kampf, der vielleicht nicht der unsere ist; und es ist zugleich einer, der vor unseren Augen stattfindet. Die Advokaten des grünen Geistes versprechen eine bessere Welt. Dass es ihre Welt ist, steht im Kleingedruckten.

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Kommentare ( 42 )

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Landgraf Hermann
1 Jahr her

Wie man sieht, schneidet jetzt die Polizei rund um die Hand den Straßenbelag ab. Hoffentlich lässt man das grüne Geschöpf dann mit diesem Gewicht auch nach Hause gehen.

Deutscher
1 Jahr her

Die kleine Millionen-Carla sitzt auf der Straße und kostet die Bohéme-Romantik aus, das illusionäre Gefühl, zu den Geschundenen, Geknechteteten und Ausgestoßenen zu gehören, ja, gar ihre Robina Hood zu sein – für ein, zwei Stunden imaginär unter Brücken zu schlafen, billigen Fusel zu trinken und dabei die kommende Revolution aus der Sicht des Bodensatzes zu diskutieren: Wie erhebend muß das sein! Wie gerne säße sie dabei, heute Nacht, am Pizzakartonfeuer….! Und wie fade erscheint ihr dagegen das Dasein eines überbehüteten Hätschelkindes, das niemals rauen Schimpf und laute Schelte zu hören bekam!

Last edited 1 Jahr her by Deutscher
Robert Tiel
1 Jahr her

Jeder, der vom „menschengemachten Klimawandel“ redet, den es zu verhindern gilt, ist bereits ein Unterstützer der Letzten Generation und ihrer Ideologie.
Meine Meinung.

Fatmah
1 Jahr her

Unerträglich, mit welcher Arroganz Menschen die sich keine Sorgen um ihren Lebensunterhalt machen brauchen, dem kleinen Malocher den Alltag zur Hölle machen. Es ist wohl der deutschen Lethargie zu verdanken, das es sich hunderttausende gefallen lassen, von 50-80 „Klima Chaoten“ wie sie liebevoll verklärt werden, sich jeden Tag zum Narren halten zu lassen. In anderen Ländern würden solche Aktionen auf Dauer sicher blutig gelöst. Aber nicht in Deutschland wo Polizisten die Kriminellen vor Übergriffen beschützen und zärtlich mit Holzstiel und Olivenöl deren selbst festgeklebte Finger lösen um ihnen bloß kein Haar zu krümmen, was das sofortige Kariereende bedeuten würde.

Juergen P. Schneider
1 Jahr her

Die Milliardäre aus den USA wissen eben, dass man mit den geduldigen deutschen Schlafschafen alles machen kann. Der deutsche Größenwahn ist eine durchaus konstante Größe und er lässt sich sehr gut instrumentalisieren. Man muss der naiven und denkfaulen Mehrheit in Deutschland nur Angst vor einer künftigen Katastrophe machen und sie führt willfährig ein völlig anderes Desaster in der Gegenwart herbei. Corona war die Blaupause. Es ist hierbei sehr hilfreich, wenn man den obrigkeitshörigen Durchschnittsdeutschen beibringt, ihre sinnlosen Anstrengungen würden die Welt retten. Die links-grün indoktrinierte Mehrheit im Land glaubt so ziemlich alles, man muss es nur oft genug wiederholen. Hier… Mehr

Gabriele Kremmel
1 Jahr her

Das alles findet nicht zur Rettung vor einem Klimakollaps statt sondern unter dem Vorwand eines solchen mit der Hybris, ihn aufhalten zu können. Das sind schon zwei ganz große Lügen in einem. Es ist das ganz große Kino mit einem Titel, der in einem Wort das Anliegen der Inszenierung dieser Scharade beschreibt: Alternativlosigkeit. Der Aufschlag für die Klimakleber und die plappernden Vorzeigedamen auf dem Boden der Realität wird sehr hart werden, wenn sie unter dem Druck der informierten Öffentlichkeit erkennen, für was und für wen sie sich wirklich auf den Straßen zum Affen gemacht und sich als nützliche Vollidioten rekrutieren… Mehr

RandolfderZweite
1 Jahr her

„Klima“ ist ein stinknormales Geschäft….bildlich gesprochen ein großer Kuchen, der aufgeteilt werden muss!! „Milliardäre“ müssen investieren oder wie sind sie sonst zu diesem Reichtum gekommen?? Die finanzierten Klimakleber werden hier als Mittel zum Zweck missbraucht, sie selbst merken es nicht (noch nicht!) und erfreuen sich an diesen üppigen Unterstützungen- sie sind Ausdruck einer Art Wertschätzung für geleistete und gute „Arbeit“! Für die Medien gilt ähnliches, hier steht das nackte Überleben an oberster Stelle – sie müssen, sonst fehlt das Geld!! Eine perfekte Symbiose!! Daher ist es auch nicht verwunderlich, dass sich diese Klebeaktionen ausweiten, schließlich ist der „mediale Erfolg“ eine… Mehr

RandolfderZweite
1 Jahr her
Antworten an  RandolfderZweite

„…und kaum einer bemerkt es!!“ – muss es natürlich heißen!

beko
1 Jahr her

Es gab eine Zeit – um Vergleiche zu vermeiden sage ich nicht welche oder wann – da wurden auf der Straße auch Krawalle provoziert und Straßenschlachten durchgeführt. Die Kontrahenten wurden sogar mit Lastwagen „angekarrt“. In dieser Zeit geschahen auch noch andere furchtbare Dinge, die danach nie wieder hätten geschehen dürfen, da sie nicht nur diskriminierend sondern auch rassistisch und gar mörderisch waren. Was zu jener Zeit auch Fakt war, es ging besonders und auch um die Durchsetzung politischer Ziele und privater Interessen elitärer Kräfte, auch machtintensiver Art, im In- und Ausland. Wobei bei den „Straßenschlachten“ die politischen Gegner aufeinandertrafen und… Mehr

Sozia
1 Jahr her

Grundsätzlich bin ich eigentlich gegen Enteignungen und gegen Sozialismus. Bei Milliardären jedoch, die ihr Vermögen einsetzen, um die Politik von Demokratien zu manipulieren und Gesellschaften nachhaltig zu stören, sehe ich eine Ausnahme.“ Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.“ (Art 14 GG, Abs.2) Man kann nicht akzeptieren, dass das deutsche Grundgesetz in solcher Weise von Einzelpersonen verhöhnt wird. Es wird allerhöchste Zeit, solchen Personen das Handwerk zu legen.

P. Pauquet
1 Jahr her

Sind Alles nur Einzelfälle. Richtig. Jeden Tag aber mehrere. Tendenz zum Stundentakt. Meine Bewunderung gehört den Ordnungskräften incl. des Polizeipräsidenten. Glauben die etwa, sie wären ein Teil des Ganzen? Sie würden irgendwann auch zur Elite gehören? … Da unterliegen sie einem fatalen Irrtum. Sie werden in den meisten Fällen hinweggefegt werden und können dann froh sein auf irgendeiner Müllkippe eine Lizenz zum Wertstoffe sammeln zu bekommen. Die neue sogenannte Mittelschicht, nicht sehr groß, wird aus Verwaltungsbeamten bestehen, die den Pöbel beobachten und verwalten. Und die Kommandos zur Aufstandsniederschlagung. SA wird dagegen wie ein Kindergarten aussehen. Wenn, ja wenn der Bürger… Mehr