Im aktuellen SPIEGEL-Interview vermittelt FDP-Vize Wolfgang Kubicki den Eindruck, er wolle Jamaika um jeden Preis. Auch unter Preisgabe zentraler FDP-Positionen.
Während Christian Lindner zu Recht immer wieder betont, es sei keineswegs eine ausgemachte Sache, sondern höchst unsicher, ob Jamaika komme, vermittelt sein Vize Kubicki im SPIEGEL-Interview den Eindruck, als ob Jamaika bestimmt komme, wenn nur „Vertrauen“ zwischen Grünen und FDP aufgebaut werde. Dafür müsse man lediglich „gegenseitige Zerrbilder“ auflösen. Viele Grünen-Politiker hielten die FDP für „herzlose Neoliberale“ und viele Freidemokraten hielten die Grünen für „ideologiefixierte Verbotsapostel“, beklagt Kubicki. Was, bitte schön, ist denn daran falsch? Seit wann schämt sich die FDP dafür, „neoliberal“ zu sein? Und stimmt es denn nicht, dass die Grünen ideologiefixierte Verbotsapostel sind? Sind das denn „Zerrbilder“, wie Kubicki meint, oder ist es einfach wahr?
„Flüchtlingspolitik“
Europapolitik
In der Europapolitik vertritt Kubicki exakt das Gegenteil dessen, was Lindner im Wahlkampf vertreten hat und was im FDP-Programm steht. DER SPIEGEL weist Kubicki zu Recht darauf hin, im Wahlprogramm der FDP stehe, dass der ESM langfristig abgeschafft werden solle. Kubicki dagegen hält Schäubles Plan, den ESM langfristig in einen europäischen Währungsfonds umzubauen, für eine gute Idee. Und was fällt ihm zu Griechenland ein? DER SPIEGEL weist darauf hin, dass im FDP-Wahlprogramm das letzte Griechenlandrettungspaket als Fehler bezeichnet wird.
Nato-Vereinbarungen „albern“
Nebenbei erklärt Kubicki, die in der Nato einvernehmlich getroffenen Vereinbarungen, nämlich zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes für Verteidigungsausgaben vorzusehen, für „albern“. Das traut sich nicht einmal Merkel. Kubicki sagt das offenbar, um auch hier Gegensätze zu den Grünen aus dem Weg zu räumen. Will Deutschland offiziell erklären, dass man sich nicht an gemeinsam in der Nato getroffene Vereinbarungen hält, indem man diese einfach als „albern“ vom Tisch wischt? Dabei ist die Forderung, sich an diese Vereinbarung zu halten, keineswegs eine Idee Trumps, wie es oft dargestellt wird, sondern wurde berechtigterweise auch schon von Barack Obama vertreten.
Förderung der Elektromobilität
Ein Jamaika-Projekt könne sein, so Kubicki im SPIEGEL, sich gemeinsam zu überlegen, wie man „die Elektromobilität so fördern (könne), dass sie sich rechnet“. Wie bitte? Bei Merkel und den Grünen wird er dafür Zustimmung ernten. Aber die FDP soll jetzt Subventionen oder Steuervorteile für Elektromobilität als Kern eines „Jamaika“-Projektes aushandeln, nachdem Lindner genau das im Wahlkampf abgelehnt hat? Aufgabe des Staates ist es keineswegs, eine bestimmte Technologie zu favorisieren und zu subventionieren. Welche Technologie sich durchsetzt, soll der Verbraucher entscheiden. Das war die FDP-Position im Wahlkampf und so sehen es übrigens – wie Umfragen belegen – eindeutig auch die FDP-Wähler.
Das Gegenteil des Wählerwillens
Was Kubicki in diesem Interview erklärt, steht nicht nur im Gegensatz zu dem, was die FDP im Wahlkampf und im Wahlprogramm gesagt hat, es widerspricht auch den Meinungen der FDP-Wähler. Eine jüngst veröffentlichte Focus-Umfrage zeigt, dass die FDP-Wähler in Fragen der Flüchtlingspolitik genau das Gegenteil der Positionen der Grünen vertreten und sogar näher bei den Meinungen der AfD-Wähler stehen.
** Der Autor dieses Beitrages ist seit 23 Jahren FDP-Mitglied.
Sie müssenangemeldet sein um einen Kommentar oder eine Antwort schreiben zu können
Bitte loggen Sie sich ein
Haben wir nicht jetzt schon mehr als 7 Mio. Einwohner mit Migrationshintergrund, wengistens in der vorigen Generation?
Entgegen Zitat: „Aber bis dahin sind hier rd. 7 Mill. Migranten“
Wenn Kubicki im SPIEGEL fordert, sich mit den Koalitionspartnern gemeinsam zu überlegen, wie man „die Elektromobilität so fördern (könne), dass sie sich rechnet“, so lautet die beste Antwort aus FDP-Sicht und gemäß FDP-Wahlprogramm eben: Man fördert die Elektromobilität indirekt, indem die Benzinpreise infolge höherer CO2-Preise genügend ansteigen, so dass es mehr Nachfrage für Elektroverkehr (Bahn und Elektroautos) gibt, aber nicht durch dirigistische Vorgaben. Laut Lindner ist das überhaupt der einzige mit ihm gangbare Weg, dies zu erreichen. Die Grünen hatten schon vor 18 Jahren ähnliche Forderungen… Kubicki gibt jetzt eben den good guy der Verhandlungen, der sich bemüht, die verschiedenen… Mehr
Warten wir mal ab. Einer Fortsetzung der Merkelschen Politik der sperrangelweit offenen Grenzen für jeden, wie sie Herr Bosbach gerade bei Maischberger auf Kritik von von Strack-Zimmermann scheinbar zu meinem Erstaunen verteidigte, werden die FDP-Mitglieder an der Basis wohl kaum zustimmen.
Sketch 😉
„“ Ich befürchte, Sie irren. Beide Parteien haben eine größere Schnittmenge an potentiellen Wählern, als der FDP lieb ist. „“
Falls sich der gegenwärtige Kubicki-Kurs allerdings durchsetzen sollte, dann dürfte die Schnittmenge deutlich dezimiert werden. 😉
Wenn Kubicki im SPIEGEL fordert, sich mit den Koalitionspartnern gemeinsam zu überlegen, wie man „die Elektromobilität so fördern (könne), dass sie sich rechnet“, so lautet die beste Antwort aus FDP-Sicht und gemäß FDP-Wahlprogramm eben: Man fördert die Elektromobilität indirekt, indem die Benzinpreise infolge höherer CO2-Preise genügend ansteigen, so dass es mehr Nachfrage für Elektroverkehr (Bahn und Elektroautos) gibt, aber nicht durch dirigistische Vorgaben. Laut Lindner ist das überhaupt der einzige mit ihm gangbare Weg, dies zu erreichen. Die Grünen hatten schon vor 18 Jahren ähnliche Forderungen, aber auch die FDP ist ja lernfähig. Kubicki gibt jetzt eben den good guy… Mehr
Schuld sind „die anderen“?
Merkel liess 2013 in den letzten 14 Tagen nur Wahlkampf gegen die FDP machen, obwohl die wegen der Folgen, die Umfragen nachwiesen, darum bat, das an der 5%-Hürde zu stoppen. Merkel hat absichtlich diese Kampagne voll weitergeführt mit dem Ziel, die missliebige FDP aus dem Bundestag zu kegeln. So einen Vertrauensbruch gegenüber dem Koalitionspartner und so einen Betrug am Wähler, dem Merkel zuvor versprochen hatte, mit der FDP die Koalition fortsetzen zu wollen, gab es noch nie! Obendrein hat sie mit ihrer vorgetäuschten Koalitionsaussage für die FDP vor der Wahl die Wähler über ihre Absichten getäuscht und ist prompt nach… Mehr
Selbst in der Spätphase dieser Koalition redete Herr Rösler noch von „Jetzt wird geliefert“.
Das war ein weiteres Märchen.
Dann koalieren Sie mal mit Frau Merkel und versuchen mal, konstruktive Politik durchzusetzen!
Eine gigantischere Herkulesaufgabe kann man sich wohl kaum vorstellen.
Soweit wird es nicht kommen. Herr Kubicki hat ausserdem nur *Sondierungsgespräche* begrüsst und schätzt die Möglichkeit von Koalitionsverhandlungen auf 50%. Ich schätze sie noch viel geringer ein, denn ich sehe momentan nicht, wie man dem als FDP-Mitglied zustimmen kann.
Ich würde angesichts etlicher Pläne und Forderungen der Union in den letzten 20 Jahren und einige andere Aktivitäten und Ungerechtigkeiten in den letzten 32 Jahren sicherlich so leicht nicht nochmal Union wählen – nichtmal mit der Erststimme, obwohl inzwischen mein ehemaliger Schulfreund hier kandidiert. Ich habe mich über die Union einmal zu oft geärgert und liebe keine Überraschungen in Form von rückwirkend geänderten Gesetzen und rückwirkend eingeführten Strafen für Unternehmen a la Offenlegung forte im EHUG 2007, die von Frau Merkel ebenfalls -wie fast alles- im Eiltempo als angeblich besonders eilbedürftig durchgepaukt wurde, um die gesamte deutsche Wirtschaft damit in… Mehr