„Arbeiterpartei“ SPD kürt einen Nobel-Golfplatz-Aktionär zum Finanzminister

Jörg Kukies (SPD), Ex-Goldman-Sachs-Deutschlandchef und nun Bundesfinanzminister – eine hochbrisante Mischung. Doch es geht weiter: Nach jüngsten Recherchen ist Kukies auch Anteilseigner in einem sehr exklusiven Golfclub. Ein Bundesminister in diesen elitären Kreisen? Das lässt Fragen zur Verflechtung von Politik und Finanzelite immer lauter werden.

picture alliance / dts-Agentur
Berlin, Deutschland: Deutscher Bundestag: 197. Bundestagssitzung: Der neue Bundesminister der Finanzen Jörg Kukies (SPD) leistet vor Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) seinen Amtseid

7. November 2024: Deutschland hat für ein paar Wochen einen neuen Finanzminister. Er heißt Jörg Kukies (SPD). Im Rang eines beamteten Staatssekretärs im Finanzministerium war er ab April 2018 Vertrauter des damaligen Finanzministers Scholz und dann im Kanzleramt ab Ende 2021 des (Noch-)Kanzlers Scholz. Zuvor war Kukies Top-Investmentbanker, sogar Deutschland-Chef von Goldman/Sachs. Scholz wollte Kukies haben, um mehr Banken-Expertise im Haus zu haben. TE hat am 7. November 2024 die wichtigsten biographischen Stationen inkl. Verwicklungen des Jörg Kukies dargestellt.

Warum Kukies den Job als Staatssekretär annahm? Die Besoldung als Staatssekretär in der Besoldungsgruppe B11 konnte es nicht gewesen sein, denn als Bänker hatte er ein Mehrfaches eines B11-Gehalts der monatlich gut 16.000 Euro. Aber wahrscheinlich hatte Kukies (im Jahr 2018 mit dem Einstieg ins Finanzministerium des Olaf Scholz gerade 50 Jahre alt geworden) damals seine Schäfchen längst im Trockenen. Das lässt sich unter anderem aus einer „Bild“-Recherche schließen. Denn Kukies ist Anteilseigner und Mitglied eines ganz prominenten Golf-Clubs – des Beaverbrook Golf Clubs südlich von London. Wer dort aufgenommen werden will, muss eine prominente Empfehlung mitbringen und allein als Aufnahmegebühr mehr als 120.000 Euro berappen.

Dieser Club gilt als Tummelplatz für Investmentbanker und einflussreiche Millionäre, ja Milliardäre. Der skandalumwitterte Investor Lars Windhorst gehört dazu. Prominente wie Bayerns 100-Millionen-Kicker Harry Kane spielen dort. Ebenfalls Mitglied ist der Saudi-Milliardär Al-Rumayyan: engster Vertrauter des saudischen Kronprinzen, „Blutscheich“ Mohammed bin Salman, und Chef des Ölriesen Aramco. Pikant: Rüstungsexporte an Saudi-Arabien waren lange ein Tabu. Zuletzt hatte die „Ampel“ jedoch den Export von Waffen an die Saudis gelockert – nach BILD-Informationen auch auf Druck von Kukies.

Kukies tauchte erstmals im Januar 2019 auf der Liste der Anteilseigner des Golf-Clubs auf: als Nummer 145. Damals war Kukies übrigens bereits Scholz-Staatssekretär im Finanzministerium. An seiner Mitgliedschaft und dem damit verbundenen diskreten Draht in die große Finanzwelt hat Kukies offenbar festgehalten. Auf Anfrage erklärt eine Sprecherin des Finanzministeriums, Kukies habe sich seit seinem Wechsel in die Politik im April 2018 allerdings „nicht mehr in diesem Club aufgehalten“. Aha! Es gibt ja keine Telefone oder SMS-Kommunikation (siehe „Vorbild“ Ursula von der Leyen).

Im Juni 2023 hatte sich schließlich der CDU-Bundestagsabgeordnete Stefan Rouenhoff in einer Kleinen Anfrage nach den Beteiligungen des Ex-Investmentbankers erkundigt: Kukies ließ damals mitteilen, er habe vor Antritt seines Amtes als Staatssekretär alle Beteiligungen veräußert. Zum Beispiel an FinTech-SP Global (heute Moonfare), FinCompare GmbH, Acatus GmbH und IMMO, CIP 2011 Partners Offshore L. P., Cookies Labs GmbH im Rahmen des Insolvenzverfahrens, ferner Mitarbeiter-Aktien von Goldman Sachs Group Inc. Aktuell hielt (Stand: Mitte 2023) Kukies noch Beteiligungen an der OneFootball GmbH (Fussball-App, Berlin) und an der FelFel AG (Lebensmittelvertrieb zur Mitarbeiter-Verpflegung in Unternehmen, Schweiz). Beachte: Seine Beteiligung an dem britischen Golf-Club führte Kukies nicht auf. Warum? Die Beteiligung sei nicht aufgeführt worden, weil es „keine (handelbare) Finanzbeteiligung an einem Unternehmen“ sei, so erklärt das Finanzministerium auf Nachfrage. So sind sie, die Exponenten der (vormaligen) Arbeiterpartei SPD.

Stets drehen sich die Drehtüren zwischen Politik und Goldman/Sachs

Als der damalige Finanzminister Scholz im März 2018 den Goldman-Sachs-Banker Kukies zum Staatssekretär machte, bekam er dafür heftige Kritik von der Opposition. Linke und Grüne zweifelten an der Unabhängigkeit des SPD-Mannes.

Die enge Verbindung von Goldman Sachs mit der Politik hat allerdings Tradition. Unter anderem war der damalige Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, früher einmal für das Wall-Street-Haus tätig, ebenso der ehemalige US-Finanzminister Henry Paulson, der von 1999 bis 2006 sogar Chef bei Goldman Sachs war. Auch US-Präsident Donald Trump hatte in seiner ersten Amtszeit mehrere Ex-Goldman-Mitarbeiter in seine engste Führungsriege geholt. Der damalige Finanzminister Steven Mnuchin hat ebenfalls mehrere Jahre für die US-Investmentbank gearbeitet. Auch andersherum funktioniert die Drehtür: Beispielsweise wechselte der frühere portugiesische Ministerpräsident und EU-Kommissionschef Jose Manuel Barroso nach seiner EU-Amtszeit als Berater zu der Bank. Gleiches gilt für den ehemaligen Chefvolkswirt der Bundesbank und der EZB, Otmar Issing.

Kukies: Scholzens Mann fürs Geldausgeben oder fürs Vertuschen?

Hat Scholz Kukies zum Finanzminister gemacht, weil er beim Geldausgeben schnelle Finger hat? Laut einem „Spiegel“-Bericht drängte Kukies im Juni 2020 noch zwei Tage vor der größten betrügerischen Pleite in der deutschen Wirtschaftsgeschichte, der Wirecard-Insolvenz, in einem Telefonat mit der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) die sich sträubende staatliche Bank dazu, einen weiteren Kredit an den Pleitekandidaten zu vergeben. Neben Wirecard war auch damals schon die Commerzbank eines seiner Hauptprojekte. Die Fusion von Commerzbank und Deutscher Bank, die einen internationalen Champion hervorbringen sollte, war sein Ziel, mit dem er allerdings scheiterte.

Durchleuchtet gehört auch, was Kukies vom Bankenskandal in Hamburg weiß. Hamburg wollte im Jahr 2016 (Scholz war Hamburgs Bürgermeister) auch zum Nachteil des Bundes die Rückforderung der zu Unrecht erhaltenen Kapitalertragsteuererstattungen aus CumEx-Geschäften der M.M.Warburg & CO Bank verjähren lassen. Im Jahr 2017 musste Hamburg schließlich durch das Bundesministerium der Finanzen (Minister war Schäuble) mit zwei Weisungen zur Geltendmachung weiterer Steuerrückforderungen veranlasst werden.

Genau in dieser Zeit gab es mindestens zwei Treffen zwischen dem damaligen Ersten Bürgermeister Scholz und dem damaligen Aufsichtsratsvorsitzenden und Miteigentümer der M.M.Warburg & CO Bank Christian Olearius sowie mindestens ein von Bürgermeister Scholz initiiertes Telefonat mit Olearius. Daneben fanden Treffen von Olearius mit verschiedenen Hamburger SPD-Politikern statt, etwa dem damaligen, im Mai 2020 aus dem Bundestag freiwillig ausgeschiedenen Bundestagsabgeordneten Johannes Kahrs. Das ist der, in dessen Schließfach Fahnder im Sommer 2022 satte 200.000 Euro in bar fanden. Woher diese Gelder stammen, ist bis heute nicht geklärt.

Der Name Kahrs kommt übrigens im Zwischenbericht des seit November 2020 ununterbrochen tätigen, mittlerweile in der 61. Sitzung angekommenen Hamburger Untersuchungsausschusses (PUA) zum Bankenskandal von Ende Februar 2024 insgesamt 281mal vor

Im Zusammenhang mit dem Hamburger Bankenskandal taucht auch der Name „Kukies“ auf: in dem 1.057 -Seiten umfassenden PUA-Zwischenbericht vom 28. Februar 2024 insgesamt 31mal. Zumeist in relativ unverfänglichem Zusammenhang. Bis auf eine Stelle, denn auf Seite 599 heißt es: Der damalige Staatssekretär Kukies frühstückte am 2. April 2019 im Beisein von Olearius mit Johannes Kahrs. Kann Kukies hier seine Hände in Unschuld waschen? Immerhin war Olearius einer der wichtigsten Parteispender des Hamburger SPD-Landesverbandes. Oder kommt Kukies ungeschoren aus der Affäre, weil er laut PUA-Bericht die von Olearius ab 2018 erhobenen Vorwürfe gegen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) nicht teilte?

Kommt es nach dem Regierungswechsel doch zu einem Scholz-Untersuchungsausschuss?

Nicht abschließend und überzeugend beantwortet ist die Frage, ob der damalige Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz möglicherweise einer Skandalbank geholfen hat. Die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag wollte dazu am 18. April 2023 (https://dserver.bundestag.de/btd/20/064/2006420.pdf) über den seit November 2020 tätigen Untersuchungsausschuss im Hamburger Abgeordnetenhaus hinaus einen Untersuchungsausschuss im Bundestag einrichten. Die dafür notwendige Mehrheit hatten CDU/CSU. Denn eigentlich hat eine Minderheit von 25 Prozent der Abgeordneten gemäß Artikel 44 Grundgesetz (GG) einen Anspruch darauf, dass ihrem Einsetzungsantrag stattgegeben wird. Die Ampel-Koalition verhinderte diesen Untersuchungsausschuss aber am 5. Juli 2023 mit der Begründung, die Aufdeckung des Hamburger Bankenskandals sei Ländersache. Dagegen wiederum hat die CDU/CSU-Fraktion Verfassungsklage erhoben. „Karlsruhe“ hat der beklagten „Ampel“ mittlerweile, im Februar 2024, eine Fristverlängerung eingeräumt. Das heißt, „Karlsruhe“ schiebt die Sache auf die lange Bank. Noch Fragen?

Die Klage zum Scholz-Untersuchungsausschuss wurde vom Berliner Rechtsprofessor Christian Waldhoff verfasst und hat einen Umfang von 88 Seiten. Dabei macht Waldhoff vor allem drei Argumente geltend, warum der Bundestag die Hamburger Vorgänge doch untersuchen darf. Erstens führen die Länder die Steuerverwaltung im Auftrag des Bundes aus. Zweitens habe der Bundestag die haushaltspolitische Gesamtverantwortung. Und drittens gehe es um die politische Glaubwürdigkeit des Bundeskanzlers. Kommt es zu diesem Untersuchungsausschuss, dürfe Kukies ein wichtiger Zeuge sein.

Spannend dürfte auch sein, ob Scholz am 22. Dezember 2024 zum dritten Mal vor dem Hamburger Untersuchungsausschuss auftritt. Für diesen Tag ist er jedenfalls vorbestellt.


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Kommentare ( 67 )

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67 Comments
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HansKarl70
1 Monat her

Also Golf spielen ist ja wohl das Mindeste…..

JuergenR
1 Monat her

Kukies war bei Goldman Sachs? Aber waren dann er und Alice Weidel nicht sogar Kollegen? Ich frage für mich, nicht für einen Freund. Obwohl, vermutlich waren beide zu unterschiedlichen Zeiten dort beschäftigt.

zaungast
1 Monat her

Es gab mal einen SPD-Politiker Müntefering (zur Zeit des Brioni-Kanzlers), der im Zusammenhang internationaler Finanzkonzentration von „Heuschrecken“ sprach – was ihm als menschenverachtender Tiervergleich ausgelegt wurde. Sicher wird dem Autor des Artikels jetzt die „Entfesselung einer Neiddebatte“ vorgeworfen werden: wer sozialdemokratische Golfspieler als sozialdemokratische Golfspieler bezeichnet delegitimiert sicher nach Herrn Miersch unseren Staat. Nennen sie die Herren besser Hütchenspieler.

andreas
1 Monat her

Die internationale Plutokratie ist eben faktischer Besitzer ganzer Staaten. Wahlen, Parlamente und der ganze Krimskrams sind nur dazu da, den Schein zu wahren.

Peter Klaus
1 Monat her

Die Arbeiter, die in Wolfsburg eigentlich noch die nächsten 25 Jahre bis zum Ruhestand Golfs zusammenschrauben wollten, wird es mit Sicherheit freuen.

Buck Fiden
1 Monat her

Na und? Der Juso- Chef rennt mit einem Lacoste- Pullover in eine Talkshow. So sind die Sozen: Geld ausgeben gerne, wenn es sich um das Gels der anderen handelt, für sich selber, da muss es halt schon teuer und qualitativ hochwertig sein….

Cubus
1 Monat her

Ja, das nennt man Korporatismus oder auch Faschismus (Mussolini). Aber wo ist der Unterschied zu Merz, ehemals Deutschland-Chef von BlackRock? Überall sitzen die Vermögensverwalter der US-Oligarchen. Deutschland ist Beuteland, nicht nur für arabische Clans, das Organisierte Verbrechen ist überall. Warum tritt sonst eine Oberstaatsanwältin frustriert zurück (Cum Ex)?

WGreuer
1 Monat her

Wie Mario Draghi: Einmal Goldman, immer Goldman. An der Wahl des Finanzministers sieht man die Präferenz von Scholz und seiner Truppe: sie wollen neue Schulden um jeden Preis. Die Bürger, die für diese Schulden eines tages geradestehen müssen, sind den egal. Ganz abgesehen davon, dass der Großteil dieses Geldes nicht an Deutsche fließt, sonden in Kriegsmaterial und Migranten „investiert“ werden wird.
Btw. Goldman-Sachs ist – als eine der weltgrößten Banken, versteht sich – auch einer der Treiber des Globalismus und des Weltwirtschaftsforums. Honi soit …

Westfale
1 Monat her

Der Golfer passt.
Wir haben ja auch einen Noch-Kanzler der sich als Kanzler der Ukraine geriert.

Deutschland zuerst gibt es für diesen „besonderen Schlag“ nicht.

Also nicht wundern ihr Universalkanzler und Grünspezialisten, so zieht man ihn sich heran:

Den nächsten Schicklgruber.

Klaus D
1 Monat her

„Arbeiterpartei“…..das ist die SPD doch schon lange nicht mehr und angefangen hat das mit dem boss der bosse Gerhard Schröder siehe agenda2010 die ja politisch schwer konservativ war/ist. Ok dazu muss man auch eingestehen das der heutige arbeiter nicht mehr viel mit dem arbeiter von früher zu tun hat.