So einfach macht es Kubicki der AfD

Wolfgang Kubicki (FDP) führt ein Streitgespräch mit Alexander Gauland (AfD) in der gestrigen FAZ-Ausgabe – und macht es Gauland dabei denkbar einfach.

@ Sean Gallup/Getty Images

Normalerweise freut man sich, wenn einem jemand in seiner Meinung zustimmt. Bei Wolfgang Kubicki ist das anders. Er kritisiert in der FAZ, dass die Maastricht-Verträge nicht eingehalten werden, insbesondere nicht das Verbot, nachdem ein EU-Mitglied nicht für ein anderes haften darf. Daran halte sich niemand. Soweit richtig. Gauland wirft ein: „Da würde ich Herrn Kubicki in vielem folgen.“ Charakteristisch für das ganze Nicht-Gespräch ist Kubickis verkrampfte Reaktion: „Das ist gefährlich, wenn Sie mir folgen.“

Tatsache ist: Es gibt bei allen gravierenden Unterschieden Gemeinsamkeiten zwischen der AfD und fast jeder im Bundestag vertretenen Partei – inklusive der Linkspartei. So wie es auch Übereinstimmungen gibt zwischen SPD und CDU, SPD und Linkspartei, Linkspartei und Grünen usw. Das ist ganz normal – „gefährlich“ daran ist nichts. Wenn ich sage, 2 plus 2 ist 4 und Herr Gauland stimmt mir zu, muss ich mich nicht lächerlich machen, indem ich dann aus Prinzip sage, es sind doch 5, damit er mir nicht mehr zustimmt.

Kubicki will Gründe für AfD-Erfolg nicht verstehen

Kubicki meint: „Warum Menschen die AfD wählen, wird mir ewig verschlossen bleiben. Ich werbe nicht um AfD-Wähler. Zwischen unseren Wählern gibt es kaum Überlappungen.“ Nun sollte man meinen, wenn man einen Wettbewerber oder einen politischen Gegner bekämpfen will, müsse man zuerst verstehen, warum dieser Erfolg hat, was also Menschen motiviert, sich für diesen zu entscheiden. Ist es nicht ein Armutszeugnis, wenn die AfD drittstärkste Partei wird und Kubicki meint, die Gründe dafür würden ihm „ewig verschlossen bleiben“? Was würde man zu einem Unternehmenschef sagen, der angesichts der Tatsache, dass ein Konkurrent erhebliche Marktanteile gewinnt, erklärt, die Motive der Käufer würden ihm ewig verschlossen bleiben? Und dann noch hinzufügt, er wolle dem Wettbewerber auch keineswegs Kunden wegnehmen?! CDU, CSU, Linke und SPD haben erklärt, sie wollten Wähler von der AfD zurückgewinnen. Und Kubicki verzichtet darauf? Die AfD darf sich freuen! Übrigens ist seine Behauptung, zwischen den Wählern der FDP und der  AfD gebe es kaum Überlappungen falsch. Im Gegenteil: Ich habe anhand mehrerer Umfragen gezeigt, dass es zwischen den Wählern von keinen Parteien so viel Übereinstimmungen gibt (z.B. in der Zuwanderungspolitik) wie zwischen denen von AfD und FDP. Zeitweise war sogar – wie ebenfalls Umfragen zeigten – FDP-Chef Lindner bei AfD-Wählern beliebter als Gauland.

Lächerlich ist, wenn man sieht, wie krampfhaft Kubicki versucht, auch nur den Anschein einer geringsten Übereinstimmung mit der AfD zu vermeiden: Kubicki streicht als ganz gravierenden Unterschied zur AfD die Gründe heraus, warum man gegen Merkel sei: „Gauland sagt, Merkel muss weg, weil sie die CDU zerstört hat. Ich sage: Mit dieser Kanzlerin ist die Zukunft Deutschlands nicht mehr zu gestalten.“ Fallen Kubicki keine besseren Argumente ein? Gauland kann ganz gelassen antworten: „Da sehe ich keinen Unterschied zwischen uns.“ So macht es Kubicki Gauland einfach.

Kubicki macht es Gauland sehr einfach

Die FAZ fragt Kubicki, ob der Nationalliberalismus heute in der FDP eine Rolle spiele. Seine Antwort ist gleich mehrfach falsch: „Nein. Den gab es vor allem bis in die sechziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts. Heute gibt es in der FDP Strömungen, die Deutschland gegen andere Länder abschotten wollen, nicht mehr.“ Kubicki hat damit erstens bewiesen, dass er gar nicht weiß, was Nationalliberalismus ist. Mit „Abschottung gegen andere Länder“ hat Nationalliberalismus nicht das Geringste zu tun. Zweitens: Natürlich gibt es auch heute Nationalliberale in der FDP. Ich bin beispielsweise einer. Und es gibt glücklicherweise viele andere auch.

Ich würde Kubicki gerne mit dem entgegnen, was der – leider verstorbene – frühere FDP-Vorsitzende und spätere Ehrenvorsitzende Otto Graf Lambsdorff – (übrigens ebenfalls in der FAZ) sagte: Ein „gewisser Teil Nationalliberalismus“ habe immer zur FDP gehört. „Wir sollten vorsichtig mit einer Beinahe-Gleichsetzung [von Nationalliberalismus und Rechtsextremismus] sein; sonst müsste die FDP sich fragen lassen, ob sie sich nachträglich von Thomas Dehler trennen sollte, denn er war ein Nationalliberaler.“ Und: „Nationalliberale sind immer Teil der FDP gewesen. Sie haben den Liberalismus in bestimmten Phasen der deutschen Nachkriegsgeschichte mitgeprägt oder sogar repräsentiert, wie Thomas Dehler als früherer Parteivorsitzender.“ Das sagte Lambsdorff übrigens keineswegs in den 60er-Jahren, sondern drei Jahrzehnte später.

Kubicki macht es Gauland einfach. Auf seine Behauptung, in der FDP gebe es keine Nationalliberalen mehr, freut sich der AfD-Chef zu antworten: „Deswegen nehmen wir das nationalliberale Erbe in Anspruch.“

Kubicki vertut die Chance, sich inhaltlich ernsthaft mit der AfD auseinanderzusetzen und beispielsweise ausführlich zur Ablehnung des Freihandels durch die AfD Stellung zu nehmen. Oder dazu, dass Teile der AfD mit Parolen der „sozialen Gerechtigkeit“ (Mindestlohn etc.) in Ostdeutschland um enttäuschte Linken-Wähler buhlen. Auch fragt er nicht, ob die AfD immer noch – so wie früher – für ein Zuwanderungsrecht nach kanadischem Modell ist, oder ob sie inzwischen davon abgerückt ist. Stattdessen hält er Gauland vor, dieser wolle lieber „einen Menschen sterben als ihn von einem syrischen Arzt operieren zu lassen“ und behauptet, Gustav Stresemann wäre heute für einen „europäischen Nationalstaat“ als nächsten Schritt eingetreten. Gauland dürfte sich freuen, wenn sich Kubicki auf diesem Niveau mit ihm auseinandersetzt. Wenn Kubicki sich vorgenommen hat, der AfD garantiert keinen einzigen Wähler abspenstig zu machen, dann hat er mit diesem „Streitgespräch“ sein Ziel erreicht.

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Kommentare ( 245 )

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Udo B.
6 Jahre her

Wie war es nach der Wahl überall zu hören? „Man wolle jetzt die AFD mit Argumenten stellen und entlarven“. Ich erlebe es genau anders herum. Und das ist gut für dieses Land.

Jürgen J.G.
6 Jahre her

Die FDP ist die AFD für Feiglinge. So kann man das auch sehen.
Die FDP täte gut daran sich nicht dem allgemeinen AFD Bashing anzuschließen, sondern die Gründe der Bürger ernst zu nehmen die für die AFD votieren. Ständig als Nazi beschimpft und von der Antifa terrorisiert zu werden gebiert AFD Wähler und Neumitglieder. Als (noch) FDP Mitglied muss ich mir bei Kubickis Statements die Haare raufen.
Mal sehen wie lange ich den Langmut habe weiter zur FDP zu stehen. Vielleicht hat sich Kubicki auch nur als Luftpumpe geoutet, so wie Schulz in der SPD.

Udo B.
6 Jahre her
Antworten an  Jürgen J.G.

Die FDP ist die AFD für Feiglinge.

Guter Satz. Sehe ich genau so.
Von wegen nationalliberal: das Wort „national“ ist so was von verbrannt, daß man es auf gar keinen Fall mehr in den Mund nehmen darf. Zusammenhang und Kontext sind dabei völlig egal. Genau so geht die subtile Meinungsdiktatur der Politischen Korrektheit.
Und genau deswegen brauchen wir eine Gegenbewegung, ein Korrektiv. Und das leistet ausschließlich die AFD, wie man an diesem Artikel sehr schön erkennen kann.

Peter T.
6 Jahre her

Kubicki sieht sich selbst als überaus schlau an und versucht das auch Anderen zu vermitteln. Das ist aber sein gewaltiger Irrtum, denn er ist es kein bißchen. Kubicki ist der Ralf Stegner für die FDP.

Ruud
6 Jahre her

„Kubicki vertut die Chance, sich inhaltlich ernsthaft mit der AfD auseinanderzusetzen und beispielsweise ausführlich zur Ablehnung des Freihandels durch die AfD Stellung zu nehmen. Oder dazu, dass Teile der AfD mit Parolen der „sozialen Gerechtigkeit“ (Mindestlohn etc.) in Ostdeutschland um enttäuschte Linken-Wähler buhlen. Auch fragt er nicht, ob die AfD immer noch – so wie früher – für ein Zuwanderungsrecht nach kanadischem Modell ist, oder ob sie inzwischen davon abgerückt ist.“ Was sind das für plumpe Aussagen? 1.Die AfD lehnt nicht den „Freihandel“ ab, übrigens auch nicht Trump. Aber auch der „Freihandel“ braucht eben Regeln, und um die wird gestritten.… Mehr

Udo B.
6 Jahre her
Antworten an  Ruud

Sehe ich genauso. Ich habe jede Menge Verwandte über ganz Canada verteilt leben. Und die sind zunehmend beunruhigt. Die sind doch nicht doof. Die wissen doch, daß da aus Afrika und den islamischen Ländern kaum was gutes kommen kann. Die Länder sind äußerst problematisch. Warum wohl? Ist das ein Naturgesetz? Oder hat es etwas mit den Menschen, deren Kultur und Brauchtum zu tun, warum diese Länder so eine schlechte Performance abliefern?

Markus Hofmann
6 Jahre her

Ausschnitt der Rede des liberalen Urgesteins Thomas Dehler auf dem Bundesparteitag der F.D.P. In Würzburg 1956: „Oft bin ich der Meinung, dieses unglücksselige Bundeshaus am Rhein in Bonn ist deswegen so seelenlos, weil nicht von dem Eigentlichen, weil nicht von der deutschen Seele, von der deutschen Kultur, von der Kultur der Welt gesprochen wird“
Vielleicht sollte man das Dehler Haus in Hate-Speech Haus umbenennen.

S.Surface
6 Jahre her

Solange Kubicki so einen Bödsinn verzapft wird die FDP meine Stimme nicht mehr bekommen.

Brezi55
6 Jahre her

Kubicki meint: „Warum Menschen die AfD wählen, wird mir ewig verschlossen bleiben. Und genau das kann ich Ihnen erklären Herr Kubicki, ich war 30 Jahre eingeschriebenes FDP Mitglied und jetzt raten Sie mal was ich wähle.?? Nach dieser katastrophalen Politik das Sie und Herr Lindner machen, mit der Annäherung an die CDU/SPD mit der Berfürwortung der Flüchtlingspolitik, bleibt einem vernünftigem Menschen keine andere Wahl mehr.

Berger
6 Jahre her

Lasst den Kubicki schwätzen. Ich habe der FDP seit den 70er Jahren meine Zweitstimme gegeben. Aber 2013 war ich nach vier katastrophalen Jahren Schwarzgrün froh, eine Alternative zu haben. Und es sieht so aus, als würde sich so bald nichts ändern.

A. Schmidt
6 Jahre her

Wie drückte es doch kürzlich Marie Agnes Strack-Zimmermann in einem Interview in der Sendung Extra-3 vor gut 2 Wochen aus: „Wenn die böse Fee verscheucht wäre“ wolle Christian Lindner regieren…

Ulrich Salloch
6 Jahre her

Die FDP war von Anfang an eine Nationalliberale Partei, auch dank Thomas Dehler. Zu den wichtigen Stützen der Partei gehörten viele Liberalkonservartive, vor allem überzeugte Wirtschafliberale und selbstständig Mittelständler.Das war ihr Markenkern und Stärke, außer in Bayern wo es einen F.J. Strauß gab der nie Zweifel am Markenkern seiner Partei zuließ , und diese auch Christliche-Soziale – Liberale- UNION hätte nennen können. Aber dann kam der „ Verrat „ an Kiesinger und mit Scheel kam der politische Dandy , der in vielem an Kubicki erinnert ins Rampenlicht. Kubicki ist kein ernsthafter Politiker, sondern ein politischer Spieler mit einem ausgeprägten Ego,… Mehr

Religionsfeind
6 Jahre her
Antworten an  Ulrich Salloch

Kubicki ist ein abgehalfterter Rechtsverdreher!