Setzt die Kaufprämien für E-Autos aus und lasst die AKWs länger laufen!

Robert Habeck ruft zwar die „Alarmstufe“ für die Gasversorgung aus, verweigert aber rationale Akut-Antworten: Die Förderung von E-Autos muss ausgesetzt werden – und Atomkraftwerke müssen länger laufen. Sonst droht die Energiepolitik völlig außer Kontrolle zu geraten.

IMAGO / Michael Gstettenbauer
Stromtankstelle in Düsseldorf

Wirtschaftsminister Robert Habeck hat schon am heutigen Donnerstag ausgerufen, was eigentlich erst in einigen Tagen passieren sollte: die „Alarmstufe“ als zweite Stufe des „Notfallplans Gas“. Auslöser ist der drohende Zusammenbruch der Gaslieferungen aus Russland, die für über 50 Prozent der deutschen Gasversorgung stehen. Kriegstreiber Putin weiß das, Erpressungen des Westens als Antwort auf dessen Sanktionen liegen nahe.

Erstmals in der Geschichte der Bundesrepublik wird es auf Anweisung der Bundesregierung zu einer vom Staat geplanten Einschränkung der Gasversorgung kommen. Es steht also quasi eine „Energie-Triage“ bevor, wer wie viel Erdgas erhalten darf in der Industrie und wie viel die privaten Haushalte für warme Stuben und Warmduscher im nächsten Winter. Die Jahre 1946/47 lassen grüßen.

Doch zugleich zeigen mindestens zwei Versäumnisse den mangelnden Realitätssinn der Bundesregierung. Dazu gleich.

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Fehlendes Gas bedeutet zwangsläufig auch eine negative Rückkoppelung auf die deutsche Stromversorgung. Denn bislang werden rund 12 Prozent der Gasimporte für die deutsche Stromerzeugung gebraucht. So viel Strom liefern zurzeit noch die verbliebenen drei Kernkraftwerke mit 12,5 vH an der deutschen Nettostromerzeugung von rund 570.000 Gigawattstunden. 

Zur Versorgung von Industrie und Haushalten reichte das nicht aus. Zusätzlich mussten bisher jährlich über 30.000 Gigawattstunden Strom importiert werden, davon auch Kohlestrom aus Polen und rund ein Drittel (9.800 Gigawattstunden) Atomstrom aus Frankreich. Hier haben sich die Bezüge im Jahr 2021 fast verdoppelt. Gründe dafür waren der planmäßige deutsche Ausstieg sowohl aus der Kohle wie aus der Kernkraft, die bislang für rund 35 Prozent der deutschen Stromerzeugung standen. 

Der Anteil der Erneuerbaren aus Wind und Sonne ist über 50 Prozent nicht hinaus gekommen. Der nun von allen Ampel-Koalitionären geforderte rasche Ausbau der erneuerbaren Energien zur Abwendung der absehbaren Strom-Unterversorgung im Winter 2022/23 (und den folgenden) ist reines Wunschdenken und weiße Salbe auf geschundene Verbraucherseelen.

Die Energiepolitik droht der Regierung außer Kontrolle zu geraten! In dieser Gefährdungslage 

  • Kernkraftwerke als sichere Stromlieferanten einer verschwurbelten grünen Ideologie zuliebe zusätzlich abzuschalten,
  • zusätzliche Stromfresser in Form von Elektroautos mit hohen Kaufanreizen in den Markt zu drücken, um damit Verbrennerautos, deren Versorgung mit fossiler Energie ohne Versorgungsängste reibungslos funktioniert, zu ersetzen und zu verschrotten (oder ins Ausland zu exportieren!),

entbehrt jeder Rationalität. 

Damit kein falscher Eindruck entsteht:

  • Dass die Transformation hin zu grüner Energieversorgung aus Klimagründen dringend erforderlich ist, steht außer Zweifel. 
  • Dass zur Erreichung einer CO2-Neutralität bis 2050 in der Energieversorgung und im Verkehr in der Vergangenheit unter völlig anderen geopolitischen Rahmenbedingungen weitreichende Pläne zum dualen und weltweit einmaligen Ausstieg aus Kohle und Kernkraft gefasst wurden, ist per se ebenfalls kein Grund zur Kritik an der Politik.

In der Sackgasse des Zeitgeistes
Verbrenner-Aus 2035 – Das Schweigen der deutschen PS-Lämmer
Dass aber die politisch Verantwortlichen in einer absehbaren Notsituation der Volkswirtschaft immer noch unbeirrt und verbohrt an ihren langfristigen Plänen festhält und keine situativen Anpassungen und vorrübergehend Korrekturen vornehmen, ist hanebüchen. 

Die Beibehaltung der Kaufprämien für Elektroautos entbehrt aktuell jeglicher rationaler Grundlage. Die Betonung liegt auf aktuell. Dazu drei Aspekte zur Erklärung:

  • Laut aktuellem Stromspiegel liegt der Durchschnittsverbrauch eines Vier-Personen-Haushaltes in Deutschland bei 4.200 kWh pro Jahr. Ein Elektroauto (rein batterieelektrisch) benötigt etwa 2.400 kWh. Lädt dies zu 85 Prozent zuhause, erhöht sich also der Stromverbrauch eines Vier-Personen-Haushalts um knapp die Hälfte.
  • Die vorhandene Flotte von 47 Millionen PKWs benötigt in etwa 112 TWh zusätzlichen Strom. Das bedeutet mehr als 19 Prozent zusätzlichen Strombedarf, wenn tatsächlich morgen alle PKWs elektrisch unterwegs wären. Bei nur 10 Millionen wäre das mit 2,5 vH sicherlich verkraftbar.
  • Aber das deutsche Stromnetz hat eine vorgehaltene Leistung (= Stromreserve) von 68,5 Gigawatt. Um eine Million E-Autos gleichzeitig zu laden, benötigt man 350 Gigawatt, so die Experten. Diese Leistung muss als Minimum vorgehalten werden. Wie soll das geschehen?

Zusätzliche Stromverbraucher sind in der gegenwärtigen Zeit der drohenden Versorgungsengpässe des Teufels. Von daher sollte zumindest die Verkaufsförderung von Elektroautos mit hohen Prämien ausgesetzt werden. Kaffeemaschinen und Staubsauger werden auch nicht gefördert.

Clausewitz würde der grünen Ampel empfehlen, ruhig an ihrer Strategie festzuhalten, aber die Taktik anzupassen. Denn wichtig ist es, den Krieg zu gewinnen, einzelne Schlachten mögen dabei auch verloren gehen. Und der Landsmann aus Sindelfingen würde sagen: „Herr, schmeiß Hirn vom Himmel! Oder Steine!?!? Egal!! Hauptsache Du triffst!“

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 28 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

28 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
ErwinK
2 Jahre her

Schade, der richtige Ansatz dieses Beitrags wird leider verwässert. Der Autorsollte sich trauen, Wahnsinn als Wahnsinn zu bezeichnen. Der Abschnitt „Damit kein falscher Eindruck entsteht: Dass die Transformation hin zu grüner Energieversorgung aus Klimagründen dringend erforderlich ist, steht außer Zweifel.  Dass zur Erreichung einer CO2-Neutralität bis 2050 in der Energieversorgung und im Verkehr in der Vergangenheit unter völlig anderen geopolitischen Rahmenbedingungen weitreichende Pläne zum dualen und weltweit einmaligen Ausstieg aus Kohle und Kernkraft gefasst wurden, ist per se ebenfalls kein Grund zur Kritik an der Politik.“ mag als Appeasement an grüne Ideologen gedacht sein. Die Wahrheit aber ist: Es ist… Mehr

Hartwig Sendner
2 Jahre her
Antworten an  ErwinK

Kann Ihnen nur zustimmen. Dieses Gefasel vom CO2-gemachten Klimawandel ist einer unsinnigen Voodoo-Wissenschaft entlehnt, bei der mit eigenen Berechnungen die eigene aufgestellte Hypothese bewiesen wird.
Welch ein Unsinn. Einstein sitzt auf Wolke sieben und schlägt sich vor Lachen auf die Oberschenkel angesichts dieser Dilletanten
Wann wachen eigentlich seriöse Wissenschaftler auf und lassen sich nicht mehr von diesen „Wisssenschaftskünstlern“ ein X für ein U vormachen

arnonymous
2 Jahre her

„Dass die Transformation hin zu grüner Energieversorgung aus Klimagründen dringend erforderlich ist, steht außer Zweifel…. “
Das ist absolut falsch. Der Treibhauseffekt durch CO2 ist bei dem derzeitigen Stand von 400ppm in der Sättigung. Mehr geht praktisch nicht mehr, selbst bei 1000ppm.

Bernd W.
2 Jahre her

Eine interessante, kluge Analyse; doch leider wissen sie und ich um die Reichweite solch klarer Worte hier in der Kommentarzone eines (leider!) medialen Nischenprodukts wie TE. Dennoch schreibt man immer wieder; wohl auch, um sich den Frust unter Gleichgesinnten von der Seele zu reden… In der Realität bin ich inzwischen soweit ernüchtert zu behaupten, dass es in Deutschland keine rechtzeitige Rückkehr zur Vernunft mehr geben kann; der Karren steckt an an allen Ecken schon zu tief im Dreck! Große Teile der Bevölkerung sind mittlerweile so tief links-grün indoktriniert (oder auch schlicht zu sehr geistig derangiert), als dass eine stramm konservative… Mehr

Candida Albicans
2 Jahre her

Die Sache mit den „Klimagründen“ haben ja schon andere hinreichend kommentiert. Und die relativ geringe Zahl an E-Autos ist in der aktuellen Situation uninteressant. Dieser Artikel geht doch etwas am Thema vorbei. Was würde denn tatsächlich passieren, wenn die Gasspeicher leer sind? Dass es dann in vielen Wohnungen kalt wird und große Teile der Industrie den Betrieb einstellen müssen, dürfte ziemlich unangenehm werden. Ein existenzbedrohendes Problem entsteht aber dadurch, dass es dann unweigerlich zu einem Blackout kommen wird. Wenn die Gaskraftwerke ausfallen, wird man auch nicht mittels Stromimporten das Netz stabil halten können. Was dann passiert, kann jeder in der… Mehr

Ruhrler
2 Jahre her

„Dass die Transformation hin zu grüner Energieversorgung aus Klimagründen dringend erforderlich ist, steht außer Zweifel.“ Und genau das ist das Problem, niemand stellt mehr ernsthaft die Frage welchen Einfluss Deutschland mit seiner Harakiri.Politik auf das Klima haben *KANN*. Rechnen wir es doch (noch) mal durch. Wir reden von (realistisch) ca 2 Grad Erhöhung bis 2100, und davon haben wir schon 1,2 Grad erreicht, bleiben also noch 0,8 übrig. Deutschland hat am weltweiten Ausstoss einen Anteil von 2%. Wenn wir also schon jetzt und heute klimaneutral wären hätte das bis 2100 einen Einfluss von 0,016 Grad, und jährlich von sagenhaften 0,0002… Mehr

Thorben-Friedrich Dohms
2 Jahre her
Antworten an  Ruhrler

Das 1,5°-Ziel wurde gestern vom grünen EU-Angeordneten Bloss als nicht mehr erreichbar bezeichnet. Laut ihm geht es nur noch darum den EU-Beitrag zum 2°-Ziel zu schaffen.

Auch das IPCC passt die Zielvorgaben gerne einmal an. Das errechnete CO2-Restbudget für maximal 1.5° betrug zum 1.1.2018 genau 420 Gigatonnen, zum 1.1.2020 waren es immer noch 400 Gigatonnen. Da 2018 und 2019 mindestens 72 Gigatonnen in die Luft geblasen wurden, hat uns das IPCC also mindestens 52 Gigatonnen „geschenkt“.

Die Summe der „key uncertainties“ im IPCC-Report für den Wert von 420 Gigatonnen betrug übrigens plus 920 und minus 820 Gigatonnen!

ErwinK
2 Jahre her
Antworten an  Ruhrler

1930-1940 war es in etwas so warm wie heute. Alle historischen Originalmessungen können das bestätigen. Es gibt keinerlei ernsthafte Gefahr, dass das Klima sich duaerhaft weiter erwärmen wird. Wir erleben eine natürliche Fluktuation, die uns nicht schadet.

Biskaborn
2 Jahre her

Ich kann diesem interessanten Artikel in vielen Teilen zustimmen! Nur brauchen wir wirklich diese Transformation zur grünen Energieversorgung? Sicher kann man Wind und Sonne nutzen, richtig, aber niemals ausschließlich. Das ist auch gar nicht notwendig, denn das Klima wird sich nichts vom Menschen diktieren lassen!
Natürlich muss man die Politik dafür kritisieren, solche irrationalen Ziele wie CO2 Neutralität zu fassen. Warum und weshalb eigentlich diese Ziele? Damit einige Wenige auf dieser Welt mit diesem Geschäftsmodell reich werden und der Rest der Menschheit verarmt?
Wenn man solche Hypothesen aufstellt, dann bitte mit faktenbasierter Begründung!

Dr. Heisenberg
2 Jahre her
  • Dass die Transformation hin zu grüner Energieversorgung aus Klimagründen dringend erforderlich ist, steht außer Zweifel. 
  • Dass zur Erreichung einer CO2-Neutralität bis 2050 in der Energieversorgung und im Verkehr in der Vergangenheit unter völlig anderen geopolitischen Rahmenbedingungen weitreichende Pläne zum dualen und weltweit einmaligen Ausstieg aus Kohle und Kernkraft gefasst wurden, ist per se ebenfalls kein Grund zur Kritik an der Politik.

Sorry, beide Dogmen sind kompletter Blödsinn. In 30 Jahren, interessiert sich kein Mensch mehr für diesen grünen Unfug. Pseudoreligiöses Geschwurbel der Extraklasse. ??

Fred Schneider
2 Jahre her

„Damit kein falscher Eindruck entsteht: Dass die Transformation hin zu grüner Energieversorgung aus Klimagründen dringend erforderlich ist, steht außer Zweifel.  Dass zur Erreichung einer CO2-Neutralität bis 2050 in der Energieversorgung und im Verkehr in der Vergangenheit unter völlig anderen geopolitischen Rahmenbedingungen weitreichende Pläne zum dualen und weltweit einmaligen Ausstieg aus Kohle und Kernkraft gefasst wurden, ist per se ebenfalls kein Grund zur Kritik an der Politik.“ Na, mein lieber Herr Doktor! Da haben Sie aber richtig mit dem falschesten aller Eindrücke gearbeitet. Ihr Text hebelt genau die vorgenannten Thesen hinten herum fast vollständig aus. Ich will das mal richtig stellen:… Mehr

Walter B.
2 Jahre her

Nun ja, da man sich mit dem Öl-Embargo ab Jahresende noch tiefer ins eigene Fleisch schneidet, steht die Frage ob man mit Verbrennern besser fährt, im Raum.
Den Wermutstropfen den ich sehe ist, dass mit dem Öl-Embargo vor allem der Osten inkl. Berlin betroffen. Mit Berlin träfe es dann zumindest mal die Verursacher direkt.

HPM
2 Jahre her

Grundsätzlich hat der Autor recht. Der Strombedarf eines E-Autos ist gravierend. Mit den angegebenen 2400 kWh läuft der Elektrische ca.12000 km im Jahr (bei ca. 20 kWh für 100 km). Damit wird die E-Mobilität zum neuen großen Stromfresser im privaten Bereich.
Und ohne grundlastfähige Stromerzeuger (Kernkraft, Gas, Kohle) wird man sein schönes E-Auto auch nachts bei Dunkelheit und Schwachwind gar nicht aufladen können. D.h.also tagsüber Auto laden und nachts zur Arbeit fahren 🙂