Seehofer sabotiert das Fachkräftezuwanderungsgesetz

Statt Asyl und Erwerbsmigration eindeutig voneinander zu trennen, plant die Regierung unter Federführung der CSU die endgültige Legalisierung des Missbrauchs des Asylrechts zur Arbeitsmigration. Wie viele Wähler der CSU folgen, zeigt sich am 14. Oktober.

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Am Dienstag dieser Woche haben vermutlich nicht nur bei den amtlichen und ehrenamtlichen Asylhelfern, sondern auch bei den Schlepperorganisationen dieser Welt die Champagner-Korken geknallt, nachdem sie erfahren haben, dass die deutsche Bundesregierung plant, abgelehnten Asylbewerbern ein einklagbares Bleiberecht zu erteilen, sofern sie einer sozialversicherungspflichtigen Arbeit nachgehen. Die illegale Zuwanderung in den Arbeitsmarkt via Asyl wird damit nachträglich legalisiert und das Asylrecht endgültig pervertiert. Sollte es bislang dem Zweck dienen, anerkannten politisch Verfolgten und Kriegsflüchtlingen vorübergehenden Schutz zu gewähren, soll es nun legal dafür genutzt werden können, selbst dann ein Bleiberecht zu erhalten, wenn gar keine Asylgründe vorliegen.

Ein Hebel dafür ist schon seit längerem die sogenannte „3+2-Regelung“. Sie sieht vor, dass auf die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber für die Dauer von fünf Jahren verzichtet wird, sofern sie eine Ausbildung begonnen oder eine solche in Aussicht haben. Demnächst soll gleiches oder ähnliches für alle abgelehnten Asylbewerber gelten, sofern sie sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind. Die genauen rechtlichen Details der geplanten Neuregelung sind zwar noch nicht publik, zu erwarten ist aber, dass in Zukunft nicht nur anerkannte, sondern auch abgelehnte Asylbewerber nach fünf, unter bestimmten Voraussetzungen sogar schon nach drei Jahren erstmals einen Antrag auf Niederlassung stellen und damit vom Asylrecht in das Aufenthaltsrecht wechseln können. Der von der SPD geforderte „Spurwechsel“ für abgelehnte Asylbewerber vom Asylrecht ins Aufenthaltsrecht soll somit in Deutschland Gesetz werden, auch wenn der Begriff in dem von der Koalition gebilligten Eckpunktepapier auf Wunsch der CSU nicht auftaucht. SPD-Arbeitsminister Heil ist mit der getroffenen Vereinbarung deswegen auch hoch zufrieden, entspricht sie doch weitgehend den Forderungen der SPD.

Um diese zu realisieren, werden bislang geltende rechtliche Kausalketten einfach umgekehrt. Die Anerkennung als Asylbewerber ist nicht mehr Voraussetzung, um ein Bleiberecht und, als Folge hiervon, eine Arbeitserlaubnis zu erhalten; vielmehr sollen umgekehrt Arbeitserlaubnisse selbst dann zu einem einklagbaren Bleiberecht führen, wenn gar kein Asylanspruch besteht. Das Asylrecht wird so nicht nur faktisch, sondern auch rechtlich endgültig in ein Einfalltor zur Erwerbsmigration umfunktioniert. Die Behauptung der Koalitionäre: „Am Grundsatz der Trennung von Asyl und Erwerbsmigration halten wir fest“ entpuppt sich so als eine reine Beschwichtigungsformel, um die Bürger davon abzulenken, dass sie mit der geplanten Neuregelung den Missbrauch des Asylrechts zur Erwerbsmigration nicht abstellen, sondern endgültig legalisieren wollen. Wer sich als Asylbewerber geriert, wenn er nach Deutschland kommt, soll hier, unabhängig von seiner Asylberechtigung, arbeiten und auf Dauer bleiben dürfen.

Dieses von den maßgeblichen Asylorganisationen und ehrenamtlichen Helfer-Netzwerken schon lange propagierte Prinzip wurde inzwischen nicht nur von der SPD-Führung, sondern, entgegen offizieller Verlautbarungen, auch von der CDU- und der CSU-Führung übernommen. Schützenhilfe bekommen sie seit geraumer Zeit außerdem von einigen Unternehmen und Wirtschaftsverbänden aus dem Mittelstand und dem Handwerk, die sich angesichts einiger Engpässe bei der Arbeitskräfterekrutierung dafür einsetzen, erwerbstätigen abgelehnten Asylbewerbern ein dauerhaftes Bleiberecht zu erteilen. Ihrer Lobbyarbeit ist es wohl zu verdanken, dass in dem Eckpunktepapier der Koalition angekündigt wird, man werde „klare Kriterien für einen verlässlichen Status Geduldeter definieren, die durch ihre Erwerbstätigkeit ihren Lebensunterhalt sichern und gut integriert sind.“

Angesichts des Scheiterns der von der Regierung noch unlängst angekündigten Offensive zur Rückführung abgelehnter Asylbewerber in sichere Drittstaaten oder in ihre Heimatländer kommen auch CSU-Innenminister Seehofer derlei Forderungen aus dem Unternehmerlager mehr als nur gelegen. Auf Basis des geplanten Gesetzes muss er zukünftig abgelehnte Asylbewerber, sofern sie arbeiten, nicht mehr ausweisen. Arbeitsverträge hebeln insofern nicht nur das Asylrecht aus, sondern entlasten die Regierung auch von Rückführungen und Abschiebungen. Darüber hinaus werden zusätzliche Anreize geschaffen, auf der Suche nach Arbeit in Deutschland weiterhin den Weg des Asylmissbrauchs und nicht den Weg einer regulären Arbeitsmigration zu wählen, der demnächst mit Hilfe des geplanten Fachkräftezuwanderungsgesetzes erleichtert werden soll. Gesamtmetall-Hauptgeschäftsführer Oliver Zander hat daher zurecht darauf hingewiesen: „Wer die ‚Spurwechsel‘-Debatte führt, muss sich bewusst sein, dass er damit faktisch das Fachkräfte-Zuwanderungsgesetz sabotiert.“ Innenminister Seehofer scheint zu glauben, dies ließe sich dadurch vertuschen, dass in dem Eckpunktepapier zur Zuwanderung das Wort „Spurwechsel“ vermieden wird. In welchem Ausmaß die Wähler, die auf die von Seehofer versprochene Wende in der Asylpolitik warten, der CSU damit auf den Leim gehen, wird man nach dem 14. Oktober genauer wissen.


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Kommentare ( 113 )

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W aus der Diaspora
6 Jahre her

da mach ich mir herzlich wenig Gedanken drum. Die vielen Analphabeten werden ganz sicher keinen Job erhalten.

Ruud
6 Jahre her

In Berlin leben 50% aller Türken von Hartz 4. Das waren auch damals ganz ganz dringend benötigte Fachkräfte und deren heutige Nachfahren. Eine echte „Erfolgsgeschichte“ also.
Da Araber und Afrikaner aber als viel kultivierter gelten als Türken, wird uns das mit diesen Neudeutschen bestimmt nicht noch einmal passieren…
Aber solange dumme Menschen diese Politiker wählen, wird sich nichts ändern…

Ruud
6 Jahre her

Das Fachkräftezuwanderungsgesetz ist doch genau so ein Schwachsinn wie der „Spurwechsel“. Wenn diese Wirtschaftsverbände so „heiss“ auf diese ach so gut ausgebildeten afrikanschen und arabischen Facharbeiter sind, schlage ich doch folgendes vor: Sie hinterlegen eine Garantiesumme von 500 Milliarden Euro, und alle anfallenden Kosten, welche ihre eingewanderten Schätze dann so verursachen in den nächsten Jahren, werden aus diesem Topf bezahlt… ach nein, so war das ja nicht gemeint, Verantwortung übernehmen und für das Risiko einstehen wollen sie ja nicht…

spindoctor
6 Jahre her

Danke für den Link. 🙂

maria000
6 Jahre her

Es ist mir ein Rätsel, wie Herr Seehofer kurz vor der bayrischen Landtagswahl einem solchen Gesetz zustimmen konnte. Manchmal frage ich mich direkt: Wollen die unbedingt verlieren? Zur gleichen Zeit bezeichnet Herr Söder in Bayern die AFD als ‚gefährlich‘ und will sie sogar vom bayrischen Verfassungsschutz beobachten lassen. Damit verliert er auch noch den letzten Wähler, der jetzt noch zwischen der CSU und der AFD schwankt.
Macht‘ s nur so weiter, kann ich da nur sagen!

Waehler 21
6 Jahre her

Ich war immer ein Fan von Seehofer. Sollte man aber wieder Leute ins Land lassen und sie mit Rechten ausstatten , die uns angelogen haben, falschspielen und uns ausnutzen. Dann ist mein Respekt dahin !
Da sind wieder zigtausende ohne Pass, aber mit einer Menge Probleme.
Man kann diesen Leuten eventuell die Möglichkeit eröffnen in ihr Heimatland zu gehen und sich dann in einem geordneten Verfahren ( Bluecard) zu bewerben.
Aber dann müsste man ja seinen richtigen Namen nennen.
Wie lange können wir uns diesen Blödsinn noch leisten ?

giesemann
6 Jahre her

Beim Thema „Fach…“ singe ich gerne immer wieder nach Reinhard May: „… sieh mal, Achmed, kuck mal da, Mann aus Allemania …“. Der Schreckensruf seinerzeit, bei genau der Generation, die sich nunmehr die Fachkräfte lieber von dort holt, wo sie einstens der Inbegriff des Schreckens waren … . Weiter so, wir saffen das – auf die Bäume ihr Affen, der Urwald wird gefegt. Raus mit den Hambi-Bambis aus den Baumhäusern im Hambiwald – zum Abseilen auf den Boden der rauhen Wirklichkeit. Das kömmt schon noch, keine Sorge, wenn Wunsch auf Wirklichkeit trifft, kann der Aufschlag heftig sein. Vor allem, wenn… Mehr

Protestwaehler
6 Jahre her

Vielmehr sollte man hinterfragen, welches Ziel diese Politik eigentlich verfolgt.
Den Arbeitsmarkt mit Lohnsklaven fluten ist eine Sache (Zitat Merkel: Wir stehen mit chinesischen Löhnen in Konkurrenz)… der Schuh drückt an anderer Stelle jedoch viel intensiver, 918 Mrd. Euro für Sozialausgaben jährlich (Tendenz steigend), ist dauerhaft einfach nicht zu schaffen… prioritäres Ziel kann also nur die Abschaffung dessen bedeuten, was man als Folge der Zuwanderung mit Sicherheit bald begründen werden kann.
Gutmenschentum hat eben seinen Preis, war aber schließlich für die „gute“ Sache, und wer wollen dem schon widersprechen, das wäre schließlich voll Nazi.

Protestwaehler
6 Jahre her

Damit macht sich CDU, CSU u. SPD für die Parteienlandschaft überflüssig.
Wer für die totale Massenzuwanderung ist muss LinksGrün wählen, wer das nicht will hat nur noch die AfD zur Auswahl. Und für Unentschlossene bleibt dann die FDP, die je nach Tageslaune als Mehrheitsbeschaffer einer dieser beiden Fraktionen dient… bis dann auch die letztendlich von der Bildfläche verschwindet.

Sonny
6 Jahre her

Bis sich die Erkenntnis mehrheitlich durchgesetzt hat, dass Schluß sein muß mit der Zerstörung des deutschen Landes und eine Umkehr erfolgt, wird der Schaden, der angerichtet wurde, kaum noch wieder gut zu machen sein.
Die Mühlen mahlen viel zu langsam – die Lawine mag rollen, aber den Bodensatz der Zerstörer erreicht sie als letztes. Bis dahin wird es fürchterlich werden.
Deutschlands Problem sind seine Alt-Parteien und deren verdeckte Diktatur. Gefolgskader und Opportunisten – nach ihnen die Sintflut.