Sebastian Kurz wird sich nicht halten können

Die Staatsanwaltschaft wirft Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz Untreue und Bestechlichkeit vor. Jetzt kommt es auf die Reaktion des grünen Koalitionspartners an. Von Chris Veber

imago images / Viennareport
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz

Nachdem wir in Österreich sind, vorab das Übliche: Es gilt für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung. Aber jetzt das Wesentliche: Sebastian Kurz wird fallen. Die Vorwürfe gehen weit über das Übliche „ich zahl Dir was, Du schreibst mir was“ zwischen Politik und käuflichen Medien hinaus.

Wenn die Vorwürfe der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft stimmen (und die genehmigten Hausdurchsuchungen sind ein Indiz, dass die Suppe recht kräftig sein muss) hat Sebastian Kurz eben NICHT mit PARTEIGELD in „freundlichen“ Medien Inserate geschaltet, um sich eine vorteilhafte Berichterstattung zu kaufen. Er hat VERDECKT das GELD der STEUERZAHLER verwendet, um Meinungsforschungsinstitute und Medien zu bezahlen. Diese Leistungen wurden nicht offiziell abgerechnet, sondern in Scheinrechnungen ans Finanzministerium verpackt und versteckt. Die Staatsanwaltschaft wirft Kurz persönlich Untreue und Bestechlichkeit vor. Es geht um Millionenbeträge an Steuergeld.

Soweit das Bekannte. Die Frage ist: Was passiert jetzt? Die ÖVP steht – noch – in Nibelungentreue zum angeklagten Chef. Auch mangels attraktiver Personalalternativen.

Aber was machen die Grünen? Die Regierungsbeteiligung hat Macht, Einfluss und vor allem viele gutbezahlte Posten gebracht. Fällt die Regierung, sind diese Vorteile in Gefahr. Für die Grünen gibt es jetzt vier Möglichkeiten.

1) Sie halten bedingungslos zu Kurz. Das würde eventuell die Regierungsbeteiligung retten, aber nur solange Kurz nicht verurteilt wird. Wenn die Grünen Kurz bedingungslos unterstützen und es kommt zu Neuwahlen, erleiden sie nicht nur Verluste. Sie fliegen aus dem Parlament.

2) Sie verlangen von der ÖVP den Rücktritt von Kurz und die Installation eines neuen Kanzlers. Das ist aus mehreren Gründen schwierig. Es gibt keine wirkliche personelle Alternative für die ÖVP, kein Zugpferd. Und Kurz war nicht allein in der ÖVP. Er hat ein weitreichendes Netzwerk gespannt, Teile dieses Netzwerkes stehen jetzt mit unter Anklage. Der Rücktritt von Kurz allein würde also nicht reichen, um das „Saubermann“-Image wieder herzustellen. Die Grünen würden als inkonsequent und in Regierungsposten vernarrt empfunden werden, für die ÖVP wäre es ein Schuldeingeständnis. Eine Lose-lose-Situation für beide Parteien.

3) Die Grünen verlassen die Koalition und betreiben die Bildung einer Mehrparteien-Regierung. Ohne Neuwahlen auszurufen, wohlgemerkt. Bei denen würde nicht nur die ÖVP verlieren, auch die Grünen würden tief fallen. Meiner Meinung nach ist diese Variante die Wunschlösung der Grünen.

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Aber ohne die FPÖ hätte eine solche Mehrparteien-Regierung keine Mehrheit. Mit der FPÖ können die Grünen schlecht, außerdem hat die FPÖ ein großes Interesse an Neuwahlen. Die Verluste der ÖVP würden 1:1 an die FPÖ wandern. Selbst wenn die FPÖ pro forma einer Allparteienregierung (ohne die ÖVP, natürlich) oder der Stützung einer Minderheitsregierung zustimmt, wäre die Lebensdauer einer solchen wohl eher in Tagen oder Wochen als Monaten zu rechnen.

4) Die Grünen machen Tabula rasa, stimmen einer Auflösung des Nationalrats zu und verlangen Neuwahlen. Maximales Risiko, aber eben auch maximaler Sauberkeitsfaktor. Sie würden Verluste erleiden, aber hätten eventuell die Chance, im Parlament zu bleiben. Und würden wohl auf die (in meinen Augen sehr unrealistische) Bildung einer österreichischen Ampelkoalition hoffen (SPÖ/NEOS/Grüne). Aber wer keine andere Wahl hat, muss unter allen riskanten Möglichkeiten die für ihn beste nehmen.

Der grüne Vizekanzler Werner Kogler hat heute um 10:23 Uhr angekündigt, die Klubobleute aller Parteien zu Gesprächen einzuladen. Weiterhin wurde um einen Termin bei Bundespräsident Van der Bellen ersucht. Es wird also etwas passieren. Die Grünen können nicht zur Tagesordnung übergehen. Meiner Meinung nach wird es, vor allem mangels Alternativen, zur Absetzung von Bundeskanzler Kurz und Neuwahlen kommen. Eventuell nach einem kurzen Interregnum einer Minderheitsregierung.

Aber mir ist auch bewusst: Prognosen sind schwierig, speziell wenn sie die Zukunft betreffen. Es kann also auch ganz anders kommen, und das handelnde grüne Personal macht jetzt ein wenig Wind, nimmt den Lohn für die verbleibenden Regierungsjahre bis zur nächsten planmäßigen Wahl und geht dann in Politikpension.


Chris Veber, Ex-Philosoph, Ex-Grüner, Unternehmer, freier Journalist, Innsbruck

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Kommentare ( 107 )

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jopa
3 Jahre her

Frage: Wer hat ein Interesse und wer gewinnt, wenn Kurz abgesägt wird? Die grünen: eher nicht, die ÖVP: auch nicht. Bleiben SPÖ und FPÖ. Blicken wir zurück auf Stacke und Ibiza. Wer hat da profitiert? Kurz und die ÖVP und die Grünen. Lachender Dritte könnte die SPÖ sein, keine Betreiligung an beiden Skandalen, was das Kassieren angeht, also eine weiße Weste. Wenn es also zu Neuwahlen kommt, ihr Parteichef den Olaf gibt und die Partei nicht mit den Hufen scharrt und ihre Freunde bei ORF und anderen Medien die Drecksarbeit machen, hat die Partei die große Chance als Gewinner darzustehen

derAlte
3 Jahre her

Wenn hier von Untreue und Bestechlichkeit geredet wird, wie verhält es sich dann mit den – jetzt wohl zurückgezahlten – Bezügen der Grünenspitze in D? Da klagt nur keiner!

Endlich Frei
3 Jahre her

Sollte sich der Vorwurf bewahrheiten, erhebt sich dennoch die Frage, was ist da los in Österreich, dass ein junger Mann angesichts einer Armee von linksbunten Blättern und TV-Anstalten ein einzelnes Tageblatt für etwas konservative Politik zu manipulieren versucht.
Das spricht nicht nur Bände und sagt aus, was Kurz von der Medienlandschaft hält, sondern stimmt am Ende doch eigentlich sehr nachdenklich

Endlich Frei
3 Jahre her

Es wäre schade um Kanzler Kurz.
Doch im Hintergrund w(m)erkelt längst eine mächtige Phalanx aus linksbunten Medien, EU, NGOs und Sorros daran, den „richtigen“ Kandidaten auf den österreichischen Kanzlerstuhl zu hieven.

elly
3 Jahre her

Die Frage ist: Was passiert jetzt?“
immer weiter gehts in den sozialistischen Einheitsstaat EU. Kurz stand da im Weg: erstens stellt er sich gegen die bedingungslose Einwanderung und zweitens stemmte er sich gegen die Transferunion.
Den Sozialismus in seinem Lauf, beschleunigen die (Quoten)Frauen zu Hauf.

Meykel
3 Jahre her

Der gute Kurz muss weg. Er steht dem „Resettlement- Programm“, dem Umsiedlungsprogramm, mit dem afghanische Staatsbürger in Europa angesiedelt werden sollen, im Wege.

Da wird mit allen Bandagen gekämpft und die fadenscheinigsten Mittel genutzt.

Man sollte sich nicht mit den wahren Herrschern des Universums anlegen!

MeHere
3 Jahre her

In Deutschland ist man da schon viel weiter: die SPD kontrolliert mit einer Medienbeteiligung von 400 Mio EUR alles was Rang und Namen hat ! Gleich noch eine Nachrichtenagentur mit – und jetzt auch noch Steuergeld für systemrelevante Haltungskäseblätter – die schreiben alles wie gewünscht ohne Schmierungen !!! da ist Kurz ein Schuljunge dagegen …

Sennekind
3 Jahre her

Moin. Da sind die Ösis schon mal wieder einen Schritt vor uns. Da wird dem Bürger jetzt immer klarer wie er hinter die Fichte geführt wird. Aber wir hier im Westen unserer Republik mereln immer noch nichts. Was wurde im Bundestag an Programmen beschlossen um bestimmte Bereiche der Bevölkerung am Leben zu erhalten und gleichzeitig Schieflagen von einer Partei abzuwenden. Was wurde an Geld in die Medien gesteckt mit Werbung, alles zum Zwecke der Stabilisierung der Selbigen. Jetzt hat man vor denen im Sturm der Zeit herrlichen Flankenschutz. Was gebe es alles nur auch hier aufzudecken in dieser Zeit was… Mehr

F.Peter
3 Jahre her

Rutschen die „Schüler Klaus Schwab`s“ langsam aus auf dem für sie offensichtlich doch zu glatten Parkett der Realität? Erst Bärböckchen, dann eine Ministerpräsidenten von Down Under und jetzt Kurz……..

Hoffnungslos
3 Jahre her

Die Aufregung verstehe ich wirklich nicht. Viele Foristen schrieben es bereits, wir erleben in den Öffentlich Rechtlichen Medien seit vielen Jahren die stringente Parteinahme für Linke und insbesondere Grüne, zwangsfinanziert von allen Bürgern. Ist das keine Inanspruchnahme von öffentlichen Geldern zur Förderung bestimmter Parteien? Bundeskanzler Kurz passt wohl so einigen Leuten nicht in die politisch verordnete Agenda. So viel Toleranz gegenüber selbstständigem Denken und Agieren, das haben die Initiatoren so nicht erlaubt.