Mecklenburg-Vorpommern in den Farben der DDR

In Mecklenburg-Vorpommern hätte Manuela Schwesig mit der CDU weiter regieren können. Sie entschied sich für die Linkspartei. In Berlin hatte sich Franziska Giffey im Wahlkampf noch für Jamaika ausgesprochen, doch auch sie will jetzt mit den Linken reagieren.

IMAGO / Christian Ohde

Wer in Mecklenburg-Vorpommern bis heute noch nicht bemerkt haben sollte, dass die DDR nicht mehr existiert, muss es nun auch nicht mehr lernen, denn die DDR kehrt zurück. Manuela Schwesig, die schon als Familienministerin die Extremismusklausel gestrichen, dafür aber extrem die Amadeu Antonio Stiftung unterstützt hat – schließlich war es, wie der SPIEGEL damals schrieb, „Anti-Nazi-Initiativen nicht zuzumuten“, sich „schriftlich zur Verfassung (zu) bekennen, wenn sie staatliche Förderung wollen“ –, ist nun ganz bei sich angekommen. Für die Regierungsbildung in Mecklenburg-Vorpommern ließ sich Schwesig klar von der Frage leiten, „wo sind die meisten Schnittmengen, wo können wir die größte Klarheit auch was Personal angeht, was verlässlich Verantwortung angeht bekommen. Und da haben wir uns dann für die Linkspartei entschieden, weil wir einen Aufbruch in unserem Land wollen.“ Die WELT spricht von einer „Liebesheirat“.

1946 hat die SPD im Osten übrigens schon einmal „die meisten Schnittmengen“, die „größte Klarheit“ bei der KPD gefunden, mit der sie sich zur SED vereinigt hat, weil sie einen „Aufbruch in unserem Land“ wollte. In einer der Hymnen, die Manuela Schwesig im Blauhemd mitgesungen haben dürfte, hieß es: „Mit uns zieht die neue Zeit“. Aufbruch war übrigens immer, wenn man die Realität nicht meistern konnte. Um nicht falsch verstanden zu werden: Das Problem besteht nicht darin, wenn man als Jugendlicher aus welchen Gründen auch immer das FDJ-Hemd getragen hat, das Problem besteht darin, wenn man es bis heute nicht ausgezogen hat.

Als Familienministerin hat Schwesig Programme wie „Demokratie leben“ aus der Taufe gehoben und mit Steuermillionen ausgestattet. Linksextremismus bezeichnete sie als „aufgebauschtes Problem“. Zumindest könnten ihre Programme gegen rechts dazu beigetragen haben, dass aus dem „aufgebauschten Problem“ ein großes und zwar reales Problem geworden ist. Was man im SPD-geführten Bundesfamilienministerium im Jahr 2018 unter Meinungsfreiheit verstand, fasste die von ihr finanzierte Kampagne „Doppeleinhorn“ in die Worte: „Es heißt Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und nicht Grundrecht auf Scheißelabern.“

In diesem Zusammenhang lohnt es, sich an ein Diktum von Rosa Luxemburg gegen die totalitären Bestrebungen Lenins und der Bolschewiki zu erinnern: „Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden“; oder an den Aufklärer Voltaire, dem das Bonmot zugeschrieben wird: „Ich bin zwar nicht ihrer Meinung, aber ich werde alles tun, damit sie frei ihre Meinung äußern können.“ Klar sein dürfte, dass die Genossen von der SPD in vertrauter Koalition mit der Linkspartei künftig darüber entscheiden werden, was Meinung und was „Scheiße“ ist. Beraten wird man sich sicher von der von Schwesig und ihrer Nachfolgerin Giffey geförderten Amadeu Antonio Stiftung lassen.

Auch wenn sich Franziska Giffey im Wahlkampf für eine Jamaika-Koalition ausgesprochen hat, sieht es zur Stunde ganz danach aus, dass auch sie zum Nachteil von Berlin und in Täuschung ihrer Wähler mit den Linken eine Koalition eingehen wird, natürlich mit den in Berlin unvermeidlichen Grünen. Der BER, der mit Steuergeldern vor der Insolvenz gerettet werden muss, rät den Passagieren inzwischen, vier Stunden vor dem Abflug auf dem Flugplatz zu sein. Das hat Hauptstadtniveau – natürlich nur in Deutschland. Nach dieser Erfahrung wird die neue Berliner Koalition, die aller Voraussicht nach die alte sein wird, aus der Wahlpanne die Lehre ziehen, dass beim nächsten Mal gar kein Wahllokal öffnen, sondern Rot-Rot-Grün das Wahlergebnis schätzen wird; schließlich darf der große gesellschaftliche Aufbruch nicht gefährdet werden, den die Rot-Grün-Linken verheißen. Dass der Aufbruch im Desaster endet, ist sicher.

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Dass SPD, Grüne und Linke einen Parteienblock bilden, wozu sich die FDP als neue LDPD und die CDU/CSU allenfalls als getreue Blockparteien erweisen dürfen, scheint doch recht absehbar zu sein. Nicht überraschend ist, dass die Öffentlich-Rechtlichen in vorauseilendem Gehorsam schon Staatsfernsehen proben, wenn sie gut dotiert den Verzicht predigen. Man hört schon die alte Parole wieder: „So wie wir heute arbeiten, so werden wir morgen leben“ – die alten Durchhalteparolen, mit denen der wirtschaftliche Niedergang als Durchgang zum irdischen Paradies uminterpretiert wird. Heines Vers klingt wie den Rot-Grün-Roten ins Stammbuch geschrieben: „Sie sang das alte Entsagungslied,/Das Eiapopeia vom Himmel,/Womit man einlullt, wenn es greint,/Das Volk, den großen Lümmel./Ich kenne die Weise, ich kenne den Text,/Ich kenn auch die Herren Verfasser;/Ich weiß, sie tranken heimlich Wein/Und predigten öffentlich Wasser.“

Manuela Schwesig hätte komfortabler mit der CDU weiterregieren können, mit einer doch so anspruchslosen CDU. Sie hat sich ohne Not und aus großer innerer Überzeugung für die SED entschieden. Franziska Giffey hat entweder bewusst ihre Wähler getäuscht oder sie hat in der Berliner SPD nichts zu melden, wenn sie die rot-rot-grüne Koalition fortsetzen sollte.

Eines aber kann der Wähler lernen: Wer die SPD wählt, bekommt die SED. Wer zur klimaneutralen Gesellschaft aufbricht, wird im Steinzeitkommunismus ankommen.


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Kommentare ( 47 )

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luxlimbus
3 Jahre her

Hier hätte ein Herr Scholz mittels eines „Machtwortes“ alles auf eine Karte setzen -, und so einen ganz beträchtlichen Einfluss in seiner Partei (und selbst bei seinen politischen Gegnern an Ansehen) gewinnen können. Risiken vernachlässigbar!
Zeitfenster verpasst! Vom vermeintlichen Koch zum Kellner, in seiner Partei, geht es dann ganz hurtig.

Ulrich B.
3 Jahre her

Ich verstehe die Aufregung nicht. Eigentlich ist – bis auf einen Punkt – alles in Ordnung. Diese Koalitionen gehen nur, weil eben genug Wähler sie ermöglicht haben (und es wohl auch mehr als genug gibt, die dem Zustimmen). Und einmal offen und ehrlich: die SPD in ihrem heutigen Zustand und die Linke (ehemalige SED) passen doch wirklich gut zusammen. Also warum die Wähler noch viel mehr täuschen mit einer angeblich ‚konservativen‘ CDU… Nein, dass alles passt sehr gut und ist auch wohl wirklich der Wille vieler Wähler. Der Punkt ist ein anderer: Wenn sie (die Parteien und die Wähler) wirklich… Mehr

H. Priess
3 Jahre her

Als Zeitzeuge kann ich ihnen eines versichern, damals waren alle Westparteien hinter dem Ostwähler her wie der Teufel hinter der Seele. Ob CDU, LDPD,NDPD, DBD oder SED alles eine Soße. Die meißten Genossen der SED konnten gar nicht schnell genug ihr Parteibuch los werden um bei den Westparteien unterzukriechen. Der harte Kern bildete dann die Linkspartei aus der mit der WASG dann die PDS entstand. Es ging um Wählerstimmen und man wußte genau, daß man die Menschen nicht ausschließen konnte. Eine Aufarbeitung der DDR und damit der SED Vergangenheit fand nie wirklich statt. Was nicht verwunderlich ist bei der Verquickung… Mehr

JuergenR
3 Jahre her

„Eines aber kann der Wähler lernen: Wer die SPD wählt, bekommt die SED. Wer zur klimaneutralen Gesellschaft aufbricht, wird im Steinzeitkommunismus ankommen.“
Auf den Punkt gebracht.

Albert Pflueger
3 Jahre her

Immer wieder der Luxemburg-Spruch: „Freiheit ist immer die Freiheit des Andersdenkenden“- das bedeutete in ihrer Auffassung nicht, daß die Andersdenkenden frei sein sollten, sondern eher, daß „Freiheit“ ein Wert ist, den die „Andersdenkenden“ auf ihre Fahnen geschrieben haben, und nur die. Die Kommunisten sehen Freiheit als die Fähigkeit, „Einsicht in die Notwendigkeit“ zu zeigen, wobei sie selbst sich die alleinige Freiheit nehmen, zu definieren, was denn diese Notwendigkeit jeweils sei, bis hin zum Mord an „Klassenfeinden“. Dieser Freiheitsbegriff wird auch von unserer Regierung vertreten, wie man anhand der Corona-Maßnahmen glasklar erkennen kann, sowie an der finanziellen Förderung der Antifa, die… Mehr

Bernd Schulze sen.
3 Jahre her

Zu gern wüsste ich die Gründe, warum man die Spd, in Mecklenburg-Vorpommern oder Brandenburg, wählt. Was haben die Regierungen bisher an positiven erreicht, also wo der Bürger etwas von hat. Mit Tesla in Brandenburg kündigt sich jetzt schon eine Investitionen an und dies hat mehre Gründe . Von fehlenden Strom bis das nicht vorhandene große Potential der Käufer von solchen Autos bis hin zum fehlenden Material Mangel und der Chef aus Übersee lacht sich bei einer Pleite dennoch kaputt und um das zu verhindern wird man weiter subventionieren. Nicht aus acht zu lassen ist der Verbrauch von Wasser und deren… Mehr

Warte nicht auf bessre zeiten
3 Jahre her

Das Problem liegt auch darin, dass Menschen, wenn sie an den Kommunismus denken, immer dessen Endzeit im Blick haben: halbwegs zivilisiert, ideologisch scheintot, bescheidener Wohlstand, technologisch rückständig zwar, aber ein irgendwie normales Leben, nur eben nicht ganz so wie im Westen, der faktisch Vorbild war. Was vergessen wird, ist, dass dieser Zustand einer „kommoden Diktatur“ (Kocka) Ergebnis eines Weges der Rezivilisierung war, geboren in der Erkenntnis, dass sonst am Ende keiner überleben würde. Die kommunistischen Illusionen der ersten Häfte des 20. Jahrhunderts haben Millionen Menschen unendliches Leid, Hunger und Tod gebracht. Heute hat kaum jemand eine Vorstellung, was für eine… Mehr

Wilhelm Roepke
3 Jahre her

Widerspruch. Ich hätte an Stelle von Frau Schwesig genauso gehandelt. Warum? Nehmen wir die übrigen Parteien: * CDU: zerlegt sich gerade selbst, reißt einen in den nächsten Jahren mit in den internen Strudel und muss nach dem Ende der Groko im Bund in den Ländern auf Krawall gegen die SPD gebürstet werden. * Grüne: sind noch radikaler als die Nordost-Linkspartei, die verhindern auch noch NS-2. Wird außerdem mit den Prozenten eng. * AFD: da gibt es keinerlei Schnittmengen beim Parteiprogramm und das erlauben die Bundesparteien nicht FDP: reicht nicht für eine Mehrheit und die sind als Neulinge im Landtag auf… Mehr

axel58
3 Jahre her

Was die SPD vorhat ist doch eigentlich klar. Ihr Kalkül ist sich im Bundesrat eine Mehrheit zu verschaffen um Gesetze besser durchbringen zu können und da stört die Union. Und eine Wiedervereinigung mit der SED ist ja auch ganz im Sinne solcher Gestalten wie Esken, Kühnert, Schwesig u. s. w. Wie sagte noch Herr Maaßen? Die SPD hat ein Problem mit dem Linksextremismus.

santacroce
3 Jahre her

Ja, auf die SPD ist Verlass!
Im Allgemeinen entscheidet sie sich immer dafür, Deutschland den größten Schaden zuzufügen.
Danke Frau Schwesig…