Rufe nach Kalifat ist für SPD keine Delegitimierung des Staates, sondern erlaubt

Ein SPD-Abgeordneter findet, dass Aufrufe zum Kalifat nicht strafbar sein dürften. Das fiele unter die freie Meinungsäußerung. Dabei hatte Faeser erst vor kurzem davon gesprochen, aufräumen zu wollen. Aber offenbar ist jede Meinung erlaubt, solange sie (noch) nicht die Ampelpolitik kritisiert bzw. delegitimiert.

IMAGO - Collage: TE
Widersprechen sich in ihren Aussagen zum Kalifat: Nancy Faeser und Dirk Wiese, beide SPD

Wie hilflos ist Nancy Faeser? Zur Abwechslung ist das keine Meinung dieses Blattes, sondern eine Unterstellung aus der eigenen Partei. Auch, wenn die womöglich gar nicht beabsichtigt war. Denn der SPD-Bundestagsabgeordnete Dirk Wiese hat dem Redaktionsnetzwerk Deutschland gegenüber gesagt, dass die Forderung „hilflos“ sei, den Ruf nach dem Kalifat strafbar zu machen.

Eigentlich ging der Seitenhieb gegen die Union. Aber genau das, was der SPD-Politiker sagt, trifft auf die eigene Genossin zu. Faeser hatte auf X angekündigt: „Gegen islamistische Terrorpropaganda und Judenhass gehen wir hart vor. Wer ein Kalifat will, ist in Deutschland an der falschen Adresse.“

Was die SPD sagt und was die SPD tut in Sachen Islamismus, wird kaum so deutlich wie an diesem Beispiel. Denn auch Nancy Faeser bleibt weit hinter dem zurück, was sie vermeintlich liefern will. Wir erinnern uns: Schon im November 2023 warnte Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) vor der Gruppe „Muslim Interaktiv“. Diese Gruppen hätten ein erhebliches Mobilisierungspotenzial, es seien auch häufiger Polizisten angegriffen worden.

Die einzige Äußerung des BMI auf diese Forderung: Man wolle sich zu Verbotsforderungen nicht äußern. Stattdessen gab Faeser den Schwarzen Peter an die Länder weiter. In einem Bild-Gespräch sagte sie: „Alle rechtlichen Instrumente, die das Strafrecht, das Versammlungsrecht und das Aufenthaltsrecht bieten, müssen durch die verantwortlichen Landesbehörden ausgeschöpft werden.“ Oder übersetzt: Soll sich Reul doch bitte selbst um das Problem kümmern.

Zwischen die Faeser-SPD und die Wiese-SPD passt also, trotz gegenteiliger Äußerungen, kein Blatt Papier. Islamistenaufmärsche sind „schwer erträglich“; aber das bedeutet in letzter Instanz: Irgendwie erträglich sind sie schon. Oder wie Wiese bezüglich des Kalifatsrufes sagte: „Das ist dummes Geschwätz, aber nicht strafbar. Tatsächlich gehört die mögliche Konfrontation mit beunruhigenden Meinungen zum freiheitlichen Staat, den wir ja schützen wollen, dazu – auch wenn sie in ihrer gedanklichen Konsequenz gefährlich sein könnten und selbst wenn sie gegen die geltende Ordnung gerichtet sind.“

Auch das ist die Faeser-Wiese-Republik. Das Bundesinnenministerium und der Verfassungsschutz wollen genau das, wenn es um die Delegitimierung des Staates geht: „beunruhigende Meinungen“ strafbar machen. Warum das bei Corona-Protesten gehen sollte, aber nicht beim Aufruf zur Kalifatserrichtung, das bleibt Sache der SPD. Oder Frau Faeser ist doch hilfloser als gedacht.

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Kommentare ( 80 )

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Ralf Poehling
7 Monate her

Die Forderung nach einem Kalifat ist der offene Aufruf zum Staatsstreich.
Wenn der Staat dagegen nicht vorgeht, muss man ihm Kollaboration mit dem Feind unterstellen. Und wenn der Staat mit Staatsstreichlern aus dem Ausland kollaboriert, löst dies Grundgesetz Artikel 20(4) aus.
Und nein, das ist keine rechte Agitation, was ich hier schreibe, sondern offensichtlich.

Sani58
7 Monate her
Antworten an  Ralf Poehling

Wäre es denn schlimm, wenn es rechte Agitation wäre ? M.M. haben die Rechten – das bedeutet die Konservativen, Heimatliebenden, viel öfter und eher recht und Realitätssinn, als das Klientel der ^Anderen.

Ralf Poehling
7 Monate her
Antworten an  Sani58

Wenn das von rechts kommt, ist das natürlich nicht schlimm.
Mir ging es aber um „Agitationspropaganda“, also Übertreibung oder Lügen. Aber da ist nichts übertrieben oder gelogen, wenn es um den radikalen Islam geht. Auch dann nicht, wenn es von rechts kommt.
Umgekehrt ist die Agitationspropaganda gegen die AfD aber vollkommen übertrieben. Nur scheint das bisher keinen zu stören, außer der AfD selbst.

DDRforever
7 Monate her
Antworten an  Ralf Poehling

Das ist es eindeutig nicht. Es schlägt die Änderung der Staatsform und eine Lösung diverser anders nicht mehr zu lösender Probleme vor. Solange dies mit bei demokratischen Wahlen zur Mehrheit gelangter Parteien geschieht sehe ich da kein Problem. Gesetze werden durch Menschen gemacht und können durch Menschen verändert werden!

Ralf Poehling
7 Monate her
Antworten an  DDRforever

So ganz stimmt das in unserem ganz speziellen Fall nicht. Unser Grundgesetz hat immer noch bestand und die ersten 20 Artikel im GG dürfen nicht(!) geändert werden. Auch auf demokratischem Wege nicht.
Insofern lässt sich daran rechtlich nur etwas ändern, wenn wir das Grundgesetz komplett über Bord werfen würden.
Mal abgesehen davon, dass ich unser GG in manchen Punkten kritisch sehe und für veraltet bzw. zu steif halte, gerade wenn es um Situationen wie die jetzige geht, sollte man das GG natürlich nicht für den Islam über Bord werfen.

Stephan M.
7 Monate her

Mei, was wohl passierte, wenn ein paar wackere Katholiken auf die Straße gingen und ganz im Sinne der abendländischen Tradition und Werte die Umsetzung der Staatstheorie eines Juan Francisco María de la Salud Donoso Cortés forderten, die er in seinem Werk „Staat Gottes“ (übrigens bei Wikidingenskirchens nicht in der Werkliste aufgeführt) skizziert hat. (Grundgedanke: Der Staat als Gemeinwesen lebt von Grundlagen, die er sich selbst nicht geben kann, sprich dem christlichen Welt- und Menschenbild, welches uns in der katholischen Theologie überliefert ist.) Da klingelten doch ganz schnell wieder morgens um sechs die Staatsdiener und würden Rosenkränze, Andachtsbildchen und die Werke… Mehr

ketzerlehrling
7 Monate her

Ach was. Und wie steht es mit Rufen nach einer anderen Regierung, einer Politikwende im 180 Grad?

Axel Fachtan
7 Monate her
Antworten an  ketzerlehrling

Die wird es nicht geben. Dafür sind keine Mehrheiten da. Das Politkartell Linkspartei – Grüne – SPD – CSU – CDU – FDP teilt sich weitgehende zum wechselseitigen Nutzen die Macht zu. BSW ist jetzt als neuer Player hinzugekommen. Freie Wähler stehen gegen den Machtmissbrauch der CSU in Bayern, ob die zur Bundesmacht werden, weiss noch keiner so genau. Alle sind sich einig weitgehend , dass die AfD nicht mitspielen darf. Aus dem Parteiensystem heraus wird es keine Politikwende geben. Weder 1989 in der DDR noch 2024 hier bei uns. Nur die Macht der Straße kann eine Politikwende erzwingen. Aber… Mehr

margit-kaestner
7 Monate her

In absehbarer Zeit wird der KRAMPF gegen die AFD uninteressant, da muslimische Parteien das politische Parkett betreten werden, Soviel dazu, die junge Wählerschaft begreift das, während die Älteren noch der Tagesschau glauben.

Querdenker73
7 Monate her
Antworten an  margit-kaestner

Hallo! Ich gehöre zu den Älteren, der Tagesschau glaube ich schon lange nicht mehr! Manchmal frage ich mich, woher dieses Klischee kommt und wer es leichtgläubig verbreitet! Ich beziehe meine Meldungen vom KONTRAFUNK oder auch SERVUS TV! Ich lege mich regelmäßig mit dem ÖRR an. Wer von Ihrer „Jungen Wählerschaft“ macht das schon? Bei mir sammeln sich allein seit den letzten 2 Jahren drei Ordner schriftlicher Eingaben, Meinungen und Gegenargumente an, die ich mir alle archiviere für den Fall, dass mich irgendwelche tätowierte Typen ihre Argumente aufzwingen wollen. Ich lasse mich von Chefredakteuren der Lügenpresse „Nazisprech“ vorwerfen, nur weil ich… Mehr

johnsmith
7 Monate her

Theoretisch könnte man die Bestrebungen ein Kalifat zu errichten genauso verfolgen wie Reichsbürger beim Rollator-Putsch. Aber bei den Reichsbürgern ging es ja gegen rechts weil eine AfD-Politikerin dabei war. Und die Islamisten gelten merkwürdigerweise als links, obwohl unter einem Kalifat mit Scharia-Gesetzgebung wohl niemand etwas zu lachen hätte.
Erklärbar ist das nur damit, dass man wenn man Maßnahmen ergreift wohl eingestehen müsste, dass die bisherige Migrationspolitik falsch war. Und das darf nicht sein, wie Habeck erklärt hat der Staat macht keine Fehler.

BellaCiao
7 Monate her

Bekanntlich wollen ja Teile der Ampel-Regierung die fortgesetzte Zuwanderung aus den Regionen, aus welchen viele der Anhänger des Kalifats herkommen. Manche Volksvertreter laufen ja schier Amok, wenn die Zuwanderung aus diesen Regionen auch nur reduziert werden soll.  Vielleicht wäre die Errichtung eines Kalifats »die Lösung« – fragt sich bloß für welches Problem? Das sollte dringend ergründet werden.  Wenn wir in Deutschland das Kalifat einführten, wäre das dann eigentlich nicht die maximale kulturelle Aneignung, die ja sonst von Vertretern der Ampel so gerne sanktioniert wird? Wie kommt es dann, dass die Demos mit lautstarken Forderungen nach Etablierung eines Kalifats in Deutschland… Mehr

Last edited 7 Monate her by BellaCiao
Sani58
7 Monate her
Antworten an  BellaCiao

Nachgedacht – ja eine brauchbare Idee. Alle Bundesländer entlang der holländischen Grenze werden als Gebiet für Kalifat zugelassen und die Kalifatgläubigen der anderen Bundesländer bekommen dort bevorzugt Wohnung und doppeltes Kindergeld, von der Landeskasse. Die Staatskasse ist dann nicht mehr zuständig, gleiches bei Bürgergeld. Problem gelöst.

Figiel
7 Monate her

Danke.Es ist sehr interessant dies zu wissen.Aber ich stamme von Oberschlesien/ Ost.

Berlindiesel
7 Monate her

Was soll’s? Weiterhin werden mindetens 16 Prozent der Wähler die SPD wählen, egal was sie macht. Oder nicht macht. Faeser ist weder „hilflos“ noch dumm noch uninformiert. Sie gehört zu dem Teil der neuen Linken, die eiskalt die islamische Karte spielen, Muslime als Verbündete und Bodentruppen gegen Rechte und Konservative. Verbunden mit der festen Überzeugung, „hinterher“, also wenn ganz Deutschlabnd so ausieht wie heute schon Realschulklassen in Duisburg oder Berlin-Neukölln, mit einem Muslimenanteil von 95 Prozent, von den Muslimen aus Dankbarkeit einen Freiraum zugestanden zu bekommen, wo sie ihr links-spießiges Deutschtum weiter ausüben dürfen. Vermutlich ist das auch den meisten… Mehr

johnsmith
7 Monate her
Antworten an  Berlindiesel

Sogar Sarrazin wiollte unbedingt in der SPD bleiben. Weil viele Rentner SPD und CDU lebenslang wählen, konnte Merkel die CDU auch immer weiter nach links rücken, die alten Stammwähler waren eh sicher, dachten die CDU-Strategen. Hat nicht ganz geklappt da die AfD entstanden ist.

Last edited 7 Monate her by johnsmith
Haba Orwell
7 Monate her
Antworten an  johnsmith

Immer noch bleibt die CDU bei 30%. Wie ich lese, in Ahaus wurde schon ein Mini-Kalifat eingeführt – was beschweren sich die auf Unterwerfung gepolten Michels? Die müssten dort doch dankbar sein, dass jemand ansagt, wo es langgeht. Sonst wird ja alles mitgemacht, was jemand verlangt – oder müssen Herrschende:innen unbedingt aus dem westlichen „Garten“ kommen?

Keira McKenzie
7 Monate her

Wer also ein Kalifat errichten will, damit unseren Rechtsstaat und unsere Demokratie abschaffen will, verstößt nicht gegen die FDGO und will in Deutschland keinen Umsturz. Aja.

Haba Orwell
7 Monate her
Antworten an  Keira McKenzie

Da es keinen Rechtsstaat und keine Demokratie mehr gibt (schon lange, spätestens seit Corona), kann man diese nicht abschaffen. Soviel Ehrlichkeit sollte schon sein.

pcn
7 Monate her

Faeser versagt absolut nicht! Sie tut das, was die linksgrüne Ampel seit Merkel verfolgt: die Transformation Deutschlands. Dazu gehört, die Judikative eines ehemaligen Rechtsstaates passend zu machen. Und das bedeutet, dass wir als Kritiker dieser Politik der Rechtsstaatdemontage und wir, die wir uns auf das Rechtsstaatsprinzip berufen, eine „Sondergericht für Delegitimierer der Regierung“ erwarten müssen; auch für Kritik unterhalb der Strafbarkeitsgrenze. Imgrunde ein Zweiklassenrecht. Eine für Migranten, die das Kalifat fordern, eine Forderung, die angeblich unter „freie Meinungsäußerung“ läuft. Also die Abschaffung unserer Verfassung, und für uns, wenn wir uns auf die Verfassung berufen, wenn wir den Schutz der Verfassung… Mehr

johnsmith
7 Monate her
Antworten an  pcn

So ein 2-Klassen-Recht soll jetzt auch für Politiker kommen – Straftaten gegen Politiker sollen härter bestraft werden als solche gegen normale Deutsche.