Ja, ich habe auch oft „die Griechen“ geschrieben, und es war nicht nett und freundlich. Dabei gibt es „die Griechen“ so wenig wie „die Deutschen“. Jeder einzelne Mensch ist immer auch ein Opfer seiner Regierung.
Und derzeit werden die meisten Menschen in Griechenland zermürbt, zermalmt, zerredet. Da ist einerseits ihre Regierung, die einfach nichts zu Wege bringt – nur auf alte Schulden neue türmen will und deshalb seit fünf Monaten jeden Kompromiss ablehnt.
Da sind die Gläubiger, die nicht verstehen, warum alte Schulden dafür gestrichen werden, nur damit neue und noch höhere Schulden gemacht werden können. Sie haben recht mit ihren Zahlen und Paragrafen.
Aber sehen sie auch die Menschen dahinter? Mit ihren Ängsten und bei vielen mit der schieren Not?
Was das Ganze so schwierig macht: Wer großzügig sein und zahlen will, der hilft niemandem. Denn mit Geld allein ist nichts gewonnen. Griechenlands Regierung verweigert jede echte Reform. Wieder nur mehr Beamte. Wieder nur mehr Steuern für die, die schon Steuern zahlen. Wieder nur mehr Geld auf den Konten der reichen Griechen in Frankfurt, Zürich, London oder sonstwo.
Deshalb fehlt mir in der Debatte: Wie können wir den Menschen helfen, nicht dem Staat, seinen Beamten und Bonzen? Wie können wir sicherstellen, dass die Mittel bei den Bedürftigen ankommen? Wie schützen wir die Bevölkerung vor ihrer unfähigen Regierung?
Mit diesen Leuten kann man die Griechen nicht allein lassen. Diesen Leuten kann man aber auch nicht unser Geld nachwerfen. Das Referendum, das sie jetzt als Demokratie feiern lassen wollen, ist ja nur: kindisch. Es gibt kein Angebot, über das sie abstimmen können. Warum sollte man auch ein Angebot machen, das die Regierung schon von vornherein ablehnt? Das erinnert an den Geholfenen, der dem Helfer die Rechnung für den Rettungsring schickt.
Griechenland braucht mehr als Geld
Wenn wir ein gemeinsames Europa wollen, dann wird man Griechenland vorübergehend mit mehr helfen müssen als nur mit Geld. Dazu brauchen wir Träume und Visionen. Dann brauchen die Griechen Tochterunternehmen deutscher Mittelständler, die dort Arbeitsplätze schaffen. Aber dafür braucht es Rechtssicherheit und keine bürokratischen Hemmnisse, die jeden Arbeitsplatz mit 3 Kontrolleuren umstellt. Dann schicken wir ihnen gern die 150 Finanzbeamten, die sich schon mal für einen Einsatz in Griechenland gemeldet haben und abgewiesen wurden (wobei ich nicht weiß, ob ich meinen besten Freunden wirklich einen deutschen Finanzbeamte wünsche). Dann sollen Rewe, Lidl und Aldi Tomaten aus Griechenland holen, nicht aus holländischen Gewächshäusern. Dann soll griechischer Yoghurt im Kühlregal aus Griechenland kommen, nicht aus dem Allgäu. Dann soll der Strom aus griechischen Solaranlagen sprudeln, nicht aus den Schattensolarzellen aus Regendeutschland tröpfeln. Dafür bauen wir keine Stromleitung quer durch Bayern, sondern ans Mittelmeer. Das Beste: So würde unser Strom sogar billiger.
Das Ende der Nachfragepolitik
Damit diese Träume Wirklichkeit werden, brauchen wir aber wirklich ein gemeinsames Europa, nicht eines mit einer unsichtbaren Mauer quer hindurch: Auf der einen Seite ärgern sich die Zahler, auf der anderen Seite leiden die, die zu wenig gezahlt kriegen. Und hier sieht man den eigentlichen Geburtsfehler des Euro: Eine Währung für so viel unterschiedliche Kulturen, Länder, Wirtschaftsformen, Verwaltungen – das kann nicht gut gehen. Griechischer Bürokratismus und politischer Kindergarten – das paßt nicht zu einer Währung, die für ein global agierende Wirtschaft gestaltet ist wie sie in Deutschland, den Niederlanden oder Finnland vorherrscht. Reformen in Griechenland müssten das Land aus dem 17. Jahrhundert mental ins 21. katapultieren – und das ohne Gefühl der Kolonialisierung. Wie das gehen soll – darüber gibt es keine Vorstellung. Aber es wäre die Voraussetzung, um den Euro am Leben zu halten. Gescheitert ist der Versuch, über Nachfragepolitik eine Wirtschaft strukturell zu reformieren – also mit mehr Geld. Es ist der primitive Keynesianismus, der in Deutschland von den LINKEN und weiten Teilen der SPD nach wie vor beklatscht wird, obwohl sein Scheitern seit Jahrzehnten weltweit zu beobachten war. Schulden retten keine Wirtschaft. Notwendig ist eine Angebotspolitik – die Neustrukturierung der griechischen Wirtschaft und Gesellschaft. Notwendig wäre Rechtsstaatlichkeit, weniger Staat und mehr Markt. Unternehmer statt Beamte, das wäre das Erfolgsrezept für Griechenland, wenn sie dann noch etwas tun dürften….Aber wie soll das gehen? Mit Syriza? Den alten Oligarchen: Von Innen klappt es nicht. Von außen ist es unmöglich. Das ist das eigentliche Drama.
Darüber, wie wir wirklich gemeinsam Griechenland retten können, darüber wird nicht geredet. Aber dafür wäre ich bereit. Und viele andere auch. Und zahlen würden wir dann auch. Europa kann darüber nur gewinnen. Die Währungsunion ist kein 6er im Lotto, sondern muß erarbeitet werden. Nicht Nachtsitzungen in Brüssel schaffen Wohlstand, sondern Menschen, die arbeiten und unternehmerisch tätig sind.
4 Regeln für Griechenland Urlauber:
1. Wer in diesem Sommer einen Urlaub in Griechenland riskiert, sollte auf alle Fälle Euros mitnehmen, am besten in 5er- und 10er Scheinen: Damit lassen sich Tavernen und der Alltagsbedarf bezahlen. Denn Geldwechseln oder auch nur das Herausgeben auf größere Scheine wird dann nicht mehr möglich sein.
2. Kreditkarten und anderen Platingeld-Formen können Sie nicht vertrauen. Zur Zahlungsabwicklung ist ein griechischer Partner involviert; wie die NZZ ermittelt hat, ist dort einer der wichtigsten Partner die Alpha-Bank. Gerade diese Bank aber könnte mit als erste Bank in die Schließung geraten.
3. Bezahlen Sie das Hotel, Mietwagen etc. vorab. Damit sind sie vor Zahlungsausfällen sicher – allerdings ist damit in vielen Fällen ein Risiko verbunden: Nämlich dass der Partner seine Verpflichtung nicht erfüllt, sie also beispielsweise Ihr Auto nicht erhalten, weil auch der Vermieter vorübergehend dicht macht.
4. Bleiben als Geld-Reserven die Reiseveranstalter – und im Falle des absoluten Notfalls die deutsche Botschaft in Athen. Allerdings – wie kommt man in diesem Falle noch nach Athen, einer Stadt, die als erste von Unruhen erfasst werden wird?
Dieser Beitrag ist kürzer auch in der heutigen BildAmSonntag erschienen
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