Professor Klaus Püschel, führender forensischer Mediziner in Norddeutschland, hat die monatelange „Empfehlung“ des RKI bewusst ignoriert, „Corona-Tote“ nicht zu obduzieren. Vor dem Hintergrund seiner Arbeitsergebnisse kritisierte der Chef des Instituts für Rechtsmedizin am Hamburger Universitätskrankenhauses Eppendorf (UKE) die Notstandsmaßnahmen, die die deutschen Regierungen in Bund und Ländern wegen des Coronavirus getroffen haben, als extrem übertrieben. Püschels Erkenntnisse konterkarieren in wichtigen Punkten Positionen des RKI, die das Institut monatelang öffentlich vertreten hat.
Inzwischen fordern ebenfalls zwei Pathologie-Fachverbände „möglichst viele Obduktionen“ bei gestorbenen Corona-Infizierten: Dies sei notwendig, um mehr über die Erkrankung „und deren oft erstaunlich fulminanten Verlauf“ zu erfahren, teilten der Bundesverband Deutscher Pathologen (BDP) und die Deutsche Gesellschaft für Pathologie (DGP) am 21. April mit. „Bestenfalls könne man aus den Erkenntnissen weitere Optionen für die Behandlung ableiten“ (Nordkurier). Doch der Reihe nach.
Vor einigen Wochen positionierte sich der Chef-Rechtsmediziner in der Öffentlichkeit zur aktuellen Corona-Seuche: „Ohne eine pathologische beziehungsweise rechtsmedizinische Untersuchung eines Leichnams ist nicht zu unterscheiden, ob ein Todesfall in Folge einer Coronainfektion vorliegt oder ob es sich um eine mit einer Coronainfektion zufällig assoziierte andere Todesursache handelt.“ Seine Worte sind jedoch lange Zeit in der nationalen Öffentlichkeit kaum oder gar nicht beachtet worden. Das RKI hat sich über Wochen demonstrativ geweigert, Püschels Positionen zu folgen.
In der Freien und Hansestadt Hamburg sind in der Rechtsmedizin des UKE – im Auftrag der Stadtregierung – bisher alle Menschen zentral sehr gründlich untersucht worden, die mit oder an der Corona-Infektion starben. Das ist einzigartig in Deutschland. Püschel: „Wir schauen uns genau an: Wie hat das Virus das Herz, die Lunge, die anderen inneren Organe befallen?“ Diese Zentral-Institution sammelt darüber hinaus zu den Corona-Todesfällen wesentliche medizinische Erkenntnisse, die insbesondere in Hamburg gewonnen worden sind.
„Die Corona-Sterblichkeit wird sich nicht mal als Peak in der Jahressterblichkeit bemerkbar machen“
Vor dem Hintergrund der Arbeit an seinem Institut hat Professor Püschel vor kurzem gegenüber der Hamburger Morgenpost und auch im Hamburger Abendblatt die Meinung vertreten, das Corona-Virus beeinflusse „in einer völlig überzogenen Weise unser Leben“. Das stehe „in keinem Verhältnis zu der Gefahr, die vom Virus ausgeht“. Der „astronomische wirtschaftliche Schaden“, der nun entstehe, sei „der Gefahr, die von dem Virus ausgeht, nicht angemessen“. Püschel zeigt sich „überzeugt, dass sich die Corona-Sterblichkeit nicht mal als Peak in der Jahressterblichkeit bemerkbar machen wird“.
Auch in der ZDF-Fernsehsendung Lanz kritisierte Klaus Püschel Positionen des RKI, das als eine der wichtigsten Berater-Institutionen der Bundesregierung gilt: Die Empfehlung des RKI, Tote nicht zu obduzieren. Nach Wochen hat das RKI jetzt seine ursprüngliche Empfehlung, grundsätzlich nicht zu obduzieren, korrigiert. Das berichtete die beispielsweise die Tagesschau am 21. April 2020. Nun sagt das RKI plötzlich, Obduktionen könnten sinnvoll sein, wenn es darum geht, die eigentlichen Todesursachen bei „Corona-Toten“ zu ermitteln. Ein womöglich historischer Sieg Klaus Püschels.
Da sei das Virus sozusagen „der letzte Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen brachte“. „Wir hatten (…) gerade auch die erste 100-Jährige, die an Covid-19 verstorben ist.“ Die Mopo fragte den bundesweit ausgewiesenen Wissenschaftler, der Theoretiker und Praktiker zugleich ist, ob Corona auch im Fall der Hundertjährigen „der letzte Tropfen gewesen sei“. Die trockene Antwort Püschels: „Der allerletzte.“
Covid-19: „Nur im Ausnahmefall tödlich“
Vor wenigen Tagen legte Püschel noch einmal nach: Die von ihm untersuchten Todesopfer hätten sämtlich so schwere Vorerkrankungen gehabt, dass sie „auch wenn das hart klingt, alle im Verlauf dieses Jahres gestorben wären.“ Püschels Resümee: Deutschland müsse „lernen, mit dem Virus zu leben, und zwar ohne Quarantäne“.
Anscheinend will der Rechtsmediziner die Bevölkerung mindestens im Stadtstaat Hamburg beruhigen. Es gebe in der Großstadtregion keinen Grund für pauschale Todesangst im Zusammenhang mit der Ausbreitung der Krankheit. „Covid-19 ist nur im Ausnahmefall eine tödliche Krankheit, in den meisten Fällen jedoch eine überwiegend harmlos verlaufende Virusinfektion.“
Das Mopo wollte von Püschel wissen, ob er der Ansicht sei, dass die politischen Reaktionen auf Covid-19 überzogen sind, die fast das ganze Land schon länger lahm gelegt haben. Der Forensik-Leiter antwortete auf diplomatische Art: „Ich bin froh, dass ich keine politischen Entscheidungen fällen muss. Aber ich sage, als Arzt hätte ich andere Entscheidungen getroffen.“
Wird die Angst vor dem Coronavirus geschürt?
In Hamburg haben sich bis zum 21. April 4.204 Personen mit dem Coronavirus infiziert. Es wurden 91 „Corona-Tote“ registriert. Nach Angaben der Hamburger Gesundheitsbehörde befinden sich rund 250 Corona-Kranke mit Wohnsitz in der Hansestadt in einer Klinik, etwa ein Drittel davon auf Intensivstationen. Rund 2.830 Corona-Infizierte gelten als geheilt. Insgesamt sind ungefähr zwei Drittel aller Betten auf Hamburger Intensivtherapie-Abteilungen belegt.
Professor Püschel kommentierte die Corona-Zahlen insbesondere zu Hamburg schon vor ein paar Tagen mit den Worten, es sei an der Zeit, die Maßnahmen gegen Covid-19 noch im April erheblich zu lockern. Die Zahl der Patienten, die nicht an Corona erkrankt sind, sei in Arztpraxen und Krankenhäusern erheblich zurückgegangen. Viele Menschen hätten Angst, in die Praxen und Hospitäler zu gehen. Das sei eine Gefahr, „weil all die anderen, zum Teil deutlich gefährlicheren Krankheiten ja keine Pause machen“.
Diese Aussage gilt auch für die Opfer der jährlichen Grippe-Opfer in Deutschland, die nicht selten auch an einer Lungenentzündung leiden. Die außergewöhnlich starke Grippewelle 2017/18 beispielsweise hat nach offiziellen Schätzungen rund 25.000 Menschen in der Bundesrepublik das Leben gekostet. Ohne dass die Medien groß darüber berichtet hätten. Das sei die höchste Zahl an Grippe-Todesfällen in den vergangenen 30 Jahren gewesen, sagte der Präsident des RKI, Lothar Wieler, 2019.
Im Vergleich dazu: Am 19. April 2020 meldete t-online.de, dass es bundesweit 143.724 bestätigte Corona-Infektionen gegeben hat. 4.538 Menschen sind an oder mit dem Virus gestorben. 85.400 Menschen gelten inzwischen als genesen.
Vergleicht man diese Zahlen, so versteht man den angesehenen Professor Michael Schulte-Markwort (UKE), der jüngst dem Hamburger Abendblatt zur Corona-Problematik erklärte: „Keine der Zahlen, die wir kennen, rechtfertigt die Angst, die in Deutschland vor dem Virus geschürt wird.“ Als Angstmacher sieht Schulte-Markwort die allermeisten Medien sowie die Regierungen in Bund und Ländern.