Ein interner Ermittler des öffentlich-rechtlichen Skandalsender RBB gibt in einem Interview einen Einblick in seine Erkenntnisse. Es ging längst nicht nur um die Korruption der Intendantin Patricia Schlesinger.
Der RBB-Investigativjournalist Jo Goll hat der Süddeutschen Zeitung in einem Interview über seine Erkenntnisse zu den skandalösen Zuständen in seinem Sender gegeben. Er ist Teil eines Sender-internen Rechercheteams.
Hier einige Schwerpunkte aus dem Gespräch.
Die Intendantin
Im Interview fällt das Wort vom „System Schlesinger“. Über den Luxus-Dienstwagen mit Massagesessel, den teuren Parkettfußboden und die private Party auf Kosten der Gebührenzahler war bisher ausreichend berichtet worden. Der RBB-Journalist stellt dagegen die entscheidende Frage, die es zu klären gilt: „Wie konnte eine Redakteurin des Norddeutschen Rundfunks sehr schnell zur Leiterin der RBB-Intendanz aufsteigen, um dann faktisch als Projektleiterin dieses Multimillionenbaus (Anm.: „Digitales Medienhaus“ für 188 Mio. Euro) zu fungieren?“ Wer hat diese Journalistin ausgesucht und unter welchen Kriterien? Ich bin mir sicher, Sie erahnen die Antwort.
Das Führungspersonal
Mitglieder der noch amtierenden Geschäftsführung sollen sich bei einer Personalversammlung damit herausgeredet haben, die ehemalige Intendantin sei bei Konflikten „sehr rigide vorgegangen“, Bedenkenträger wären „bloßgestellt und abgebügelt“ worden. Goll fragt: „Warum reden diese gutbezahlten Manager erst jetzt von solchen ungeheuerlichen Vorgängen?“
Das Rechercheteam findet ausdrücklich nicht, „dass man sämtliche Managementfehler und die gesamte Misswirtschaft im RBB an einer einzigen Person festmachen kann.“ Das mag sein, aber auch diese „Führungskräfte“ muss irgendjemand ausgesucht haben. Das mir dazu bekannte Prinzip lautet „Hans sucht Hänschen“ und es hat eine große Vermehrungsrate.
Das „Digitale Medienhaus“
Boni-Zahlungen und der Staatsanwalt
Goll spricht konkret von den illegitimen Boni-Zahlungen, auch für Hauptabteilungsleiter und Abteilungsleiter, und der „Dreistigkeit der RBB-Geschäftsleitung“, die über Jahre die Öffentlichkeit über die tatsächlichen Gehälter der Intendantin und ihrer vier Direktorinnen getäuscht hat. Falsche Zahlen standen da, die jegliche Transparenz verhindert hätten. Angegeben wurden lediglich die Grundgehälter. Auch die Berliner Staatsanwaltschaft habe verstanden, dass wegen Veruntreuung öffentlicher Gelder ermittelt werden muss. Goll spricht von „krimineller Energie“.
Der Eindruck bleibt: Nun, da die Königin gestürzt ist, zeigen vor allem die Leitungs- und Gremienmitglieder mit dem Finger auf die ehemalige Herrscherin, während sie selbst ihrer eigenen Verantwortung nicht nachgekommen sind. Die im Interview aufgezeigten, sich verselbständigenden „Subkulturen“ funktionieren nur, wenn sich viele bereit erklären, mitzumachen und andere dazu schweigen. Notwendig ist dann auch, dass Kontrollinstanzen ihre Aufsicht verweigern. Deren Motive wären konsequent aufzuklären. Die Spanne kann von Unerfahrenheit, Überforderung, Opportunismus, Arbeitsverweigerung, Kumpanei bis zur Mittäterschaft reichen.
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Warum sollten Manager und die obere bis mittlere Führungsebene aufbegehren, wenn sie mit Geld zugeschüttet werden? Die „Kaiserin ist tot“, es lebe die (neue) Kaiserin.
Dieser ganze korrupte Haufen müsste sofort entlassen und dieses Funkhaus geschlossen werden. Solche Leute müssten ein Berufsverbot erhalten, bis in alle Ewigkeit. Und mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit sieht es in allen anderen Funkhäusern ähnlich aus. Das zdf nehme ich dabei nicht aus.
Das Wort Bauernopfer trifft zwar auf Schlesinger im RBB nicht zu aber im Maßstab ÖRR schon. Der Rest läuft, mit ein bisschen Kosmetik, weiter, schreibt sich Persilscheine, klopft sich in den eigenen Sender oder wechselseitig auf die Schultern.
Mund abwischen, weiterfressen.
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Das sind Verträge! Nicht nur die Ehemänner/Frauen bekommen eine Hinterbliebenenrente, nein auch Kinder. Das nenne ich sozial! Das Das Beste aus allen Welten. Managerversorgung, Rentenversorgung, Beamtenpension, Politikerversorgung.
Da kann man als Gebührenzahler stolz drauf sein. Die Politiker die diese Zustände zugelassen haben, und das dürften das alle gewesen sein, sind eine Zumutung.
Selbst wenn diese Zustände bekannt werden, darf weiter abkassiert und gelogen werden.
Schlesinger, und andere Geschäftsführungen von ÖRR-Anstalten, hatten und haben die “ Freiheit “ Günstlinge und Vasallen, möglicherweise bis zur Sittenwidrigkeit, mit Privatverträgen für Gehälter, flexible Vergütungen und Versorgungszusagen auszustatten, weil die Kontrollfunktionen der Verwaltungsräte nicht geregelt sind, und/oder auch von niemandem wahrgenommen oder überprüft werden. Ich habe in den 1960ern gelernt, dass Innenrevision ( heute auch Compliance genannt ) in Großunternehmen nicht ausschließlich der zu kontrollierenden Geschäftsführung, sondern auch einem Revisionsausschuß eines Aufsichtsrat zugeordnet sein sollte, und, dass es immer ein Regelwerk für interne Transparenz und Kontrolle geben muß. Von solchen Ideen scheint es in den ÖRR-Anstalten wenig bis nichts… Mehr