Politaktivisten der Kirchenjugend: Wenn Gender wichtiger ist als Jesus

Das Christliche sucht man im Ökumenischen Sozialwort der Jugend vergebens: kein Unterschied zu den sozialpolitischen Thesen eines x-beliebigen Parteiprogramms. So können die Politaktivisten dem Bedeutungsschwund von Kirchen nicht entgegenwirken.

Screenshot: evangelische-jugend.de

Wenn es darauf ankommt, verstecken kirchliche Würdenträger bisweilen ihr Kreuz – wie der katholische Kardinal Marx und der evangelische Landesbischof Bedford-Strohm kürzlich am Tempelberg in Jerusalem. Und als wollte er seinen Taten Worte folgen lassen, veröffentlichte Kardinal Marx vor wenigen Tagen bei der Frankfurter Rundschau einen EU-Politwerbebeitrag, wie er auch von jedem EU-Propagandisten gleich welcher Partei stammen könnte und in dem Gott oder das Kreuz – oder etwas allgemeiner gesagt: das spezifisch Christliche – nicht vorkommen.

Für ihre verfolgten, teilweise unaussprechliche Grausamkeiten erleidenden Mitchristen in den muslimisch geprägten Staaten Afrikas und Arabiens erheben Kirchenfunktionäre hingegen eher selten die Stimme, und noch seltener setzen sie sich aktiv für diese ein. Wie wohlfeil erscheint es da, wenn die Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen, zu der die katholische Kirche und die diversen evangelischen Gemeinschaften gehören, sich um so lauter ausgerechnet gegen eine friedliche deutsche Oppositionspartei engagiert und sich dem politischen und zuweilen gewalttätigen Kampf der Regierung und radikaler Organisationen gegen diese Partei anschließt, noch dazu mit dem geschichtsfernen und zugleich denunzierenden Motto „Unser Kreuz hat keine Haken“. Gelegentlich, ist man da beinahe geneigt, mit Bertolt Brechts Worten polemisch zu entgegnen, scheinen sie nur überklebt.

Religiöses Desinteresse bei der Jugend

„An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen“, heißt es im Neuen Testament bei Matthäus 7,16. Und so muss man sich bei solchen Würdenträgern nicht wundern, wenn junge Leute meinen, sie bräuchten keine Religion. Das ist nämlich das Fazit einer kürzlich veröffentlichten Jugendstudie zur Generation „What?“. Wobei Jugend relativ ist, geht es in der Studie doch um 18 bis 34jährige.

Der Studie nach spielen Kirche und Religion im Leben junger Europäer kaum noch eine Rolle. Europaweit sagten 85 % der Teilnehmer, dass sie ohne Glauben an Gott glücklich sein können, und 86 % äußerten, dass sie kein oder nur wenig Vertrauen in religiöse Institutionen haben. Für Deutschland sehen die Zahlen nicht viel anders aus. Dafür sind die Deutschen staatsgläubig wie sonst in Europa nur noch die Dänen. Nur 51 % erachten hierzulande die Steuerlast als zu hoch, bei den Italienern zum Beispiel sind es 91 %.

Wenn Religion und Gottesglaube keine große Rolle mehr spielen, man aber in diesem Bereich tätig ist, so muss man sich beizeiten neue Geschäftsfelder suchen – dieser Ansicht sind wohl die kirchlichen Jugendorganisationen BDKJ (Bund der Deutschen Katholischen Jugend) und aej (Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend). Und so gründeten sie 2015 eine gemeinsame GmbH, die Faire Kohle GmbH, die mit Grillkohle aus Kokosnuss-Schalen handelt.

Das Geschäftsfeld von BDKJ und aej: Politik

Selbstverständlich ist dieser Kohlehandel nicht das primäre Tätigkeitsfeld der beiden kirchlichen Jugendorganisationen. Doch bringt er gut ihr Selbstverständnis zum Ausdruck. Deren eigentliches Geschäftsfeld ist nicht etwa – wie man meinen sollte – der christliche Glaube, sondern die Politik.

Sieht man sich die Internetseite des BDKJ an, findet man dort unter den aufgelisteten Themen von „Arbeit für alle“ über „fairer Handel“ bis „kritischer Konsum“ alles und nichts, jedenfalls kaum Religiöses. Immerhin taucht das Thema Kreuzweg auf. Ähnlich auf der aej-Internetseite. Auf deren Themenseite gibt es zwölf Themen, eines davon heißt zumindest Glaube und Leben. Doch klickt man darauf, sucht man Worte wie Gott oder Jesus vergeblich, stattdessen findet man Links zu Friedenspädagogik und Kriegsdienst. Sogar im Unter-Themengebiet Jugend und Religion sucht man Gott vergeblich, stattdessen erhält man Links zu irgendwelchen Jugendstudien.

Wenn Gender wichtiger als Jesus ist

Gibt man auf der Internetseite des BDKJ in das Suchfeld den Begriff „Jesus/Jesu“ ein, so erhält man 84 Einträge, beim Begriff Begriff „Gender“ sind es 118. Bei der aej sind es immerhin 392 Einträge für „Jesus/Jesu“, jedoch ist das nichts gegenüber 1.358 Einträgen für „Gender“ und 1.694 Einträgen für „Flüchtlinge“ und 1.492 für „Geflüchtete“. [Stand jeweils 02.05.17] Das nennt man dann wohl Prioritäten setzen.

Der BDKJ Köln hat es auf den Punkt gebracht, indem er als oberstes Leitziel ausgegeben hat, „die Lobby für die Jugendverbandsarbeit zu festigen“ und „durch regelmäßige Kontakte zu Verantwortungstragenden aus Politik, Kirche und Gesellschaft gute Politik zu machen“. Nicht etwa für den christlichen Glauben zu werben und ihn zu vermitteln, ist also Zweck kirchlicher Jugendarbeit, sondern Politik zu machen.

Ökumenisches Sozialwort der Jugend: Sammelsurium sozialistischer Forderungen

Insofern ist es folgerichtig, wenn diese beiden – auch vom Bundesfamilienministerium staatlich geförderten – kirchlichen Jugendorganisationen in dieser Woche ein sogenanntes Ökumenisches Sozialwort der Jugend veröffentlicht haben, mit dem sie sich nach eigener Darstellung „im Vorfeld der Bundestagswahl 2017 gemeinsam zu aktuellen politischen Fragen positionieren“.

Der Titel „Sozialwort der Jugend“, also nicht etwa „an“ oder „für die Jugend“, erscheint etwas fragwürdig, da die Verantwortlichen bei der aej (Generalsekretär Mike Corsa und Vorsitzender Bernd Wildermuth sind Jahrgang 1956 und 1957) und beim BDKJ (Bundespräses Dirk Bingener und die Vorsitzende Elisabeth Maier sind Jahrgang 1972 und 1984) nicht gerade jugendlich daherkommen.

Inhaltlich ist das Sozialwort der Jugend ein undurchdachtes Sammelsurium zahlreicher Forderungen, wie sie sich in den Programmen vor allem der Linken, SPD und Grünen finden.

  • Schaffung eines weltweiten Klimaregimes mit effektiven Sanktionsmöglichkeiten
  • sozialökologische Transformation der Gesellschaft gemäß dem Grundsatz der Genügsamkeit
  • Einheitsschule
  • Wahlrecht für alle Einwohner ab 14 Jahre
  • Ausbau der Mietpreisbremse
  • bedingungsloses Grundeinkommen für Rentner, Kinder und Jugendliche
  • Abschaffung der privaten Krankenversicherung
  • 30% Umsatzsteuer auf Luxusgegenstände
  • Wertschöpfungsabgabe auf Maschinen
  • Reaktivierung der Vermögensteuer
  • einschränkungsloses Asylrecht
  • freies Niederlassungsrecht für Migranten
  • Strategien gegen Rechts unterstützen
  • Friedenspädagogik als schulverpflichtend
  • gendersensible Sprache in allen Institutionen und Publikationen
  • Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare
  • Schaffung politisch fördernder Rahmenbedingungen für kritischen Konsum
Sozialwort in einfacher Sprache: Gott nein, Geld ja

Natürlich gibt es das Sozialwort der Jugend auch in einfacher Sprache. Die Sprache ist so einfach, dass „Jesus“, „Gott“ und „Kreuz“ im Text genau null Mal vorkommen, der Mammon „Geld“ aber 22 Mal auf den 21 (sehr übersichtlich gehaltenen) Textseiten. Das erinnert an die Aktion „#Gutmensch“ des Erzbistums Köln mit dem BDKJ, bei der nicht das Kreuz oder „Jesus“ auf die Straßen gesprüht wurde, sondern der Begriff „Gutmensch“. Ganz so, als wollte man sagen: „Unser Kreuz ist unsichtbar.“

„Bundes-Propaganda-Behörde“
Die Aktion #Gutmensch
Dafür finden sich in dem Sozialwort der Jugend solche „geistreichen“ Aussagen wie „Sehr oft bekommen Chefs sehr viel Geld. Die Menschen, die für die Chefs arbeiten, bekommen aber ganz wenig Geld.“ Das persönliche Highlight ist jedoch folgende verlogene Passsage: „Viele Artikel in der Zeitung werden von Journalisten geschrieben. Solche Artikel gibt es auch im Internet. In solchen Artikeln steht dann, was in Deutschland oder auf der ganzen Wert passiert. Es gibt aber auch Menschen, die keine Journalisten sind und Artikel im Internet schreiben. Manchmal erzählen die Artikel dann nicht die Wahrheit.“ Und manchmal – möchte man hinzufügen -, schreiben kirchliche Jugendorganisationen einfach nur verquirlten Unsinn.

Das charakteristisch Christliche sucht man im Ökumenischen Sozialwort der Jugend vergebens. Ein Unterschied zu den sozialpolitischen Thesen eines x-beliebigen Parteiprogramms ist nicht erkennbar. Mit diesem Versuch, Politik zu machen, werden die kirchlichen Politaktivisten schwerlich dem Bedeutungsschwund von Kirchen und kirchlichen Jugendorganisationen entgegenwirken. Es bedarf keiner weiteren Mitspieler auf dem Feld der Politik über die Parteien und zahllosen anderen Vereine, Stiftungen und sonstigen Politorganisationen hinaus. Eher schon wird die weiter zunehmende Politisierung des Glaubens die Kirchen mitsamt deren Jugendorganisationen in die Bedeutungslosigkeit führen.

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Kommentare ( 86 )

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86 Comments
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Silverager
7 Jahre her

Wenn man sich der christlichen Religion mit gesundem Menschenverstand annähert, merkt man, an welchen Unsinn da geglaubt wird. Ein Blick in den sternenklaren Himmel gibt uns eine kleine Sicht auf die Unendlichkeit des Weltalls. Ein Gott, der dieses alles erschaffen hat, begibt sich auf einen winzigen Planeten am Ende eines Seitenarms der Milchstraße, um dort mit einer israelischen Frau zusammen ein Kind zu zeugen, das -wie prophezeit- ans Kreuz genagelt werden muss, um somit denen, die daran glauben, die Erlösung von dem Übel zu bringen. Aus dieser Geschichte ist dann eine diktatorisch auftretende Kirche geworden. Der „Stellvertreter Gottes“ und Inhaber… Mehr

Schwabenwilli
7 Jahre her

Die Lösung kann aber nicht sein aus der Kirche auszutreten, ich werde das nicht machen. Nur über die Konfrontation im Inneren kann man eine Änderung erreichen.

Dennis S.
7 Jahre her

Wie hiess es im Text des legendären Auftritts von Pussy Riot in der Christ-Erlöser-Kathedrale in Moskau vor ein paar Jahren: „Der Patriarch glaubt an Putin, er sollte lieber an Gott glauben“. Traurig, wie 100%-ig passend sich „Putin“ gegen „Merkel“ austauschen lässt. Die Geschichte lehrt uns, dass immer, wenn die Kirchen ein bedingungslos enges und kritikloses Verhältnis zu den jeweils Herrschenden hatten, dann stank es bis zum Himmel und manche Dinge ändern sich eben nie.

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7 Jahre her

Vielleicht kopieren sie ja nur die Strategie des Islams: der hat im Zweifelsfall auch nichts mit dem Islam zu tun, warum nicht mit Jesus und Kreuz ähnlich verfahren?! Und, eh komm, Mohammed wird schon irgendwie richtig liegen und in Wahrheit sind Gott und Allah ein und derselbe.

Schwabenwilli
7 Jahre her

Mit den beiden Staatskirchen ist es momentan wie mit den Parteien. Das was die Führung vorgibt ist vielfach nicht der Glaube der Basis.

Luisa
7 Jahre her

Stimmt. Schmlimmer noch: Sie politisieren die kirchlichen Institutionen und verraten damit die wiklich gläubigen Christen an den Islam, ihre Imame und Moscheen, die wir zudem noch finanzieren dürfen.

Luisa
7 Jahre her

OMG. Radikal-OP. Metastasen mit gesundem Menschenverstand bekämpfen. Offenbar hat sich der Verstand, Hl. Geist, als falsch verstandene Friedens-Taube „völlig l o h o h o h o s s g e h e l ö s t“. Ich mach mir meine Welt wie sie mir gefällt. Widewidewitt! Martin Luther übersetzte „seid stark im Glauben, haltet fest am Gebet“. Meine katholischen Mitschülerinnen hatten es von Kindesbeinen an viel, viel schwerer. Lebenslang (auch in den Familien, die ja meist beide Konfessionen leben + respektieren, tolerieren). Martin Luther, der uns so vieles erleichtert hat ohne Leichtgläubigkeit zu fördern. „Geh in dein Kämmerlein und… Mehr

tc
7 Jahre her

Jeder ist sich selbst der Nächste, das ist auch bei den Kirchen so. Wer an Jesus und Gott glaubt muss nicht Mitglied dieser “ Vereine“ Kirchen sein. Die Kirchen erhalten x Millionen € vom deutschen Staat aus den Steuergeldern der Bevölkerung auch wenn man nicht Mitglied von einer der Kirchengemeinden ist. Die Kirchensteuer die vom erarbeiteten Lohn/ Gehalt einbehalten wird, wird jeden Monat fleißig an die Kirchen überwiesen. Ich kann nur sagen: Austreten, Austreten, Austreten. Das Ablegen des Kreuzes am Tempelberg dieser hohen Kirchenvertreter war ein Verbrechen an Jesus Christus und an Gott und den Glauben.

Casa Done
7 Jahre her
Antworten an  tc

„Wer aber irgend mich (= Jesus Christus) vor den Menschen verleugnen wird, den werde auch ich verleugnen vor meinem Vater, der in den Himmeln ist.“ (Mt 10, 33)

Dass das nicht für Bischöfe und Kardinäle gilt, lese ich an dieser Stelle übrigens nicht.

M. K.
7 Jahre her

Eine neue Idee für zivilen Ungehorsam: Man gehe in eine christlich organisierte Runde und schlage vor, dass sich alle wegen der Lösung allfälliger Probleme gemeinsam im Gebet an Gott wenden. Es sollte aber vorher der psychiatrische Notdienst informiert werden, dass das nur ein Spaß ist… Das ist auch als eine gehässige Variante denkbar: Man gehe in eine christlich organisierte Runde und schlage vor, dass sich alle wegen der Lösung allfälliger Probleme gemeinsam im Gebet an Allah wenden. Anschließend fragt man jeden, der auch nur mit seinen Blicken Löcher in den Tisch vor ihm bohrt, ob er Rassist wäre… Oder man… Mehr

Matthias Thiermann
7 Jahre her

Darf es wirklich wahr sein? Wo ist die Welt hin, in der ich aufgewachsen bin? Wann ist sie mir durch die Finger geronnen? Wann hat sie sich hinter meinem Rücken in Rauch aufgelöst? Wann ist die Tiefe der Gedanken vor dem Stumpfsinn geflohen, der uns scheinbar erst neuerdings umgibt? Sag mir wo die Blumen sind, wo sind sie geblieben?