Foodwatch, PETA, Fleisch und Klimawandel

Gegessen werden soll nur, was Ernährungsaktivisten als wertvoll klassifizieren. Wer Steak grillt, soll enthaltsam leben und sich nicht auch noch vermehren. Strafsteuern auf Erfrischungsgetränke regulieren den Durst. Die Durchsetzung des Zucchini-Auflaufs durch Mehrwertsteuer-Senkung soll gesund sein. Von Detlef Brendel

IMAGO / Mike Schmidt

Eine solche Headline hätte sich die Bild nicht selbst ausdenken können: „Sex-Verbot für fleischessende Männer!“ Die Vorlage für einen solchen Schwachsinn stammt von der angeblichen Tierschutz-Organisation PETA, die im Interesse ihrer Ideologie und Strategie auch gern einmal Gesundheit und Leben von Menschen und Tieren in Gefahr bringt. Die Frauen sollen ihren Männern Sex verweigern, um ihnen zu zeigen, dass ein Würstchen nicht auf den Grill gehört. Weil sich für jeden Unfug eine Studie finden lässt, wird auch gleich vom Kampagnen-Leiter bei PETA Deutschland eine pseudowissenschaftliche Begründung geliefert.

Nach einer Studie tragen Männer durch ihren Fleischkonsum im Schnitt 41 Prozent mehr zum Klimawandel bei als Frauen. Fiskalisches Rechnen beherrscht Kampagnen-Guru Daniel Kox ebenfalls wie ein Klippschüler. Eine Fleischsteuer von 41 Prozent für Männer, wie auch immer diese dann umgesetzt werden soll, hält er wegen ihres prozentual gemessenen Vergehens für angebracht. Die enthaltsame und freudlose Zukunft hat Perspektive. Jedes nicht geborene Kind spart nach Berechnung des vermutlich asketischen Vegetariers 58,6 Tonnen CO2-Äquivalente pro Jahr. So menschenverachtend löst PETA Umweltprobleme. Keine Kinder machen keinen Dreck. Das wird die Menschheit weit bringen.

Es ist erstaunlich, was Experten mit hoher Genauigkeit berechnen können. Ab dem 11. Juli, exakt ab 6.14 Uhr, arbeiten die Deutschen für den eigenen Geldbeutel. Das davor verdiente Geld geht rechnerisch an den Staat. Wer an dem Tag erst um 9.00 Uhr zur Arbeit geht, schadet sich also, zumindest rechnerisch, selbst. Und bald werden Fachleute vielleicht ausrechnen, an welchem Tag wir genug geheizt haben. Danach werden in Wohnzimmern zur Energieeinsparung Pullover getragen.

Experten können alles berechnen. Das Unternehmen Foodwatch, das ernährungswissenschaftliche Gewissen der Nation, hat jetzt berechnet, dass Kinder und Jugendliche am 12. August genug Zucker für das ganze Jahr gegessen haben. Ab dem „Kinder-Überzuckerungstag“ ist Schluss mit Schokolade und Müsli. Doch die Eltern sollten sich nicht in Sicherheit wiegen. Bald wird wohl auch bestimmt, an welchem Tag sie genug Fleisch gegessen haben, um dann auf Rohkost umsteigen zu müssen.

Berechnen lässt sich vieles, um dann als Basis für ideologische Forderungen genutzt zu werden. Foodwatch fordert, dass Werbung für angeblich Ungesundes nur noch nachts erlaubt sein soll. Dann liegt der Nachwuchs im Bett und kann nicht zu Leckereien verführt werden. 15 Prozent der Kinder, so die Ernährungs-Ideologen, sind übergewichtig. Immerhin sind dann nach mathematischer Logik 85 Prozent schlank und fit. Aber auch die dürfen keine Werbung mehr sehen.

Rechnen mit ideologischer Absicht ersetzt hier Nachdenken über die Wirklichkeit. Vielleicht sollten die Experten für Lebensstil-Fragen einmal ermitteln, bis wann Kinder und Jugendliche genug vor Spielekonsolen gesessen haben, um diese dann nach dem Stichtag abzuschalten und Sport zu treiben.

Die von den Aktivisten zitierte Studie heißt „Kindermarketing für ungesunde Lebensmittel in Internet und TV“. Tobias Effertz, ein Datensammler und Rechner mit dem Ziel, politische Regulierungsabsichten mit fantasievollen Zahlen zu unterlegen, hat hier Reichweiten und Frequenzen aufgelistet, die lediglich aussagen, dass Kinder Werbung rezipieren. Aus der Mediennnutzung von Kindern errechnet er deren Konfrontation mit Werbespots für angeblich ungesunde Lebensmittel. Eigentlich belegt die Studie nur, dass die Kinder sehr lange Zeit körperlich inaktiv vor Bildschirmen verbringen. Dabei geht der Datensammler nicht mit einer Zeile darauf ein, was die durch Werbespots traktierten Kinder tatsächlich essen. Dazu gibt es weder Korrelationen noch Kausalitäten. Woher auch? Angeblich wird der hilflose Nachwuchs manipuliert und ernährt sich durch psychische Gleichschaltung offenbar nur noch mit Hamburgern, Chips und Schokolade.

Kinderarzt fordert ohne jeden Verstand

Zu den Wortführern der Initiative zählt auch einmal mehr Dr. Thomas Fischbach, Kinderarzt und Chef des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte. Bei seinen Aussagen muss man vorsichtig sein. Bei einem Arzt, der Ursache und Wirkung vertauscht, ist wissenschaftliches Misstrauen angebracht. Von ihm stammt nämlich die Erkenntnis: „Wenn ein Kind zu dick ist, bewegt es sich weniger.“ Umgekehrt wäre es eine zielführende Feststellung. Er setzt noch einen drauf. Eltern mit geringer Bildung haben häufiger dicke Kinder. Deshalb fordert Fischbach eine Zuckersteuer. Diese Kausalität entzieht sich einem normal denkenden Gehirn.

Foodwatch bleibt auch bei seiner bewährten Strategie, den Zucker als das alleinige Übel der Menschheit anzuprangern, um damit Aufmerksamkeit zu erlangen und Spendengelder zu akquirieren. Luise Molling, Kampagnen-Verantwortliche bei Foodwatch, hat die Strategie vom ehemaligen Sugarboy des Unternehmens Oliver Huizinga übernommen, der sich mit seinen Verleugnungen der Wirklichkeit und lautstarken Kampagnen seinen heutigen Job als politischer Geschäftsführer und Presseverantwortlicher der Deutschen Adipositas-Gesellschaft verdient hat.

Mangelnde Bewegung von Kindern und Jugendlichen ist kein Thema der Strategen, weil dazu angeblich keine Daten vorliegen. Da muss dann schon einmal gelogen werden. Natürlich kennt man auch bei Foodwatch und sicher auch beim Verband der Kinder- und Jugendärzte die eine deutliche Sprache sprechenden Studien. Aber es darf nicht der Mangel an Bewegung sein, sondern es muss die mangelhafte Ernährung sein, bei der Zucker im Mittelpunkt steht. Das ist eine Strategie, die sich erheblich leichter und plakativer vermarkten lässt. Mit der Gesundheit der Kinder hat das so wenig zu tun wie spektakuläre Aktionen von PETA mit dem Schutz der Tiere.

Foodwatch gibt versehentlich Entwarnung

Ein Satz von Foodwatch, der sowohl in der Einladung zur Pressekonferenz als auch in der Presseerklärung vorkommt, verdient Beachtung. „Die Corona-Pandemie hat die Lage (beim Übergewicht von Kindern und Jugendlichen) noch einmal verschärft.“ Man darf wohl kaum Absicht bei dieser argumentativen Fehlleistung unterstellen. Aber damit geben die Aktivisten zu erkennen, dass der Mangel an Bewegung das eigentliche Problem ist. Beim Homeschooling hat es keinen Sportunterricht gegeben. Sportvereine mussten ihre Aktivitäten einstellen und Spielplätze wurden mit Flatterband geschlossen. Kinder und Jugendliche haben sich während der Corona-Pandemie noch weniger bewegt als sonst. Dafür haben sie deutlich mehr vor Bildschirmen gesessen, um zu lernen oder virtuell zu spielen. Es war eine Zeit, in der das Gesäß über Bewegung, Muskeln und Energieverbrauch triumphiert hat. Was die zwei Pandemie-Jahre mit geforderten Marketing-Beschränkungen und Werbeverboten für die Lebensmittelwirtschaft zu tun haben sollen, entzieht sich der Logik des Betrachters.

Information, Aufklärung, Empfehlungen. Das wäre für mündige Bürger ein akzeptabler Weg. Der Trend ist anders. Die Menschen müssen reguliert werden. Bunte Nutri-Score-Buttons auf Produkten, damit der Verbraucher erkennt, was er essen soll oder was er mit schlechtem Gewissen isst, weil es trotzdem besser schmeckt. Die informativen Nährwerttabellen auf jedem Produkt bereiten den Menschen offenbar Probleme. Erstens müssen sie lesen können und zweitens die als Kind gelernten Grundrechenarten beherrschen. Aus Sicht von Ideologen und von diesen getriebenen Politikern eine Überforderung. Gegessen wird nicht mehr, was auf den Tisch kommt, sondern was von Ernährungsaktivisten als wertvoll klassifiziert wird. Wer ein Steak grillt, soll in Enthaltsamkeit leben und sich nicht auch noch vermehren. Sex gibt es im Interesse der Umwelt nur noch für Vegane. Strafsteuern auf Erfrischungsgetränke regulieren den Durst, vor allem bei denen mit knappem Budget. Die politische Durchsetzung des Zucchini-Auflaufs durch Mehrwertsteuer-Senkung soll dann gesund sein.

Es drängt sich eine Frage auf: Gesunder Menschenverstand, wo bist du nur geblieben? Die Gewöhnung an das fremdgesteuerte Leben ist gefährlich. Schon heute trauen sich manche nicht mehr, im öffentlichen Raum frei ihre Meinung zu äußern. Abweichler von ständig verschärften Formulierungs-Vorschriften scheuen die Ächtung als diskriminierende Ignoranten, nicht ausreichend über die Vielzahl sexueller Varianten Aufgeklärte fürchten, als Gestrige stigmatisiert zu werden, und das Risiko der ethnischen Aneignung lauert in allen Bereichen vom Schnitzel bis zum Kinderlied. Da hält man zur Sicherheit doch besser den Mund. Ein Zeichen gelebter Demokratie ist das nicht.

Es ist die Tyrannei von Minderheiten mit dem eigenmächtig behaupteten Anspruch, die Menschen nach ihren jeweiligen ideologischen Vorstellungen gesünder, gerechter und die Welt besser machen zu wollen. Sie bestimmen inzwischen maßgeblich die Agenda angeblich notwendiger und in der Bevölkerung angeblich existenter Themen. Damit treiben sie zunehmend die Politik vor sich her. Die GOs (Governmental Organizations) können die NGOs (Non-Governmental Organizations) wohl kaum verbieten. Und das ist im Grunde in einer Demokratie, die Initiativen der sogenannten Zivilgesellschaft nicht nur legitimiert, sondern auch braucht, gut so. Aber die GOs sollten sich nicht zum Erfüllungsgehilfen solcher Umtriebe machen lassen, die ideologieorientiert statt faktenorientiert sind. Die Gesellschaft sollte nicht wie bei den gendergerechten Sprachdiktaten oder den ständig zunehmenden moralischen Fallstricken vermeintlicher Diskriminierung sowie ethnischer Aneignungen kopfschüttelnd und verständnislos Gehorsam üben. Ein klares Nein erhält Demokratie. Lasst die Kinder draußen Indianer spielen. Das ist weder ethnisch übergriffig noch diskriminierend. Das ist gesund.


Detlef Brendel ist Wirtschaftspublizist.

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Kommentare ( 11 )

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Freige Richter
1 Jahr her

Ich essen jeden Tag etwas Vegetarisches, als Beilage zum Fleisch. Spinner, wo man hinschaut. Wo bleibt die hochgelobte Toleranz? Leben und leben lassen? Lauter saudumme Sprüche der grünen Spinner. Esst eure synthetische, genmanipulierte Pampe selbst und geht mir nicht auf den …..

Freige Richter
1 Jahr her
Antworten an  Freige Richter

Danke TE für die Korrektur. Hatte ich mich doch glatt vertippt und den letzten Satz mit Fr angefangen ?

Iso
1 Jahr her

Ich esse jeden Tag Salat, mit einer großen Portion Fleisch und Käse. Aber wenn ich mir die Frauen auf Deutschlands Straßen ansehe, dann stellt sich bei 90 % gar kein Bedürfnis auf Sex ein. Ich glaube, mit einem Sex-Verbot kommt man hier nicht weiter. Das ist wohl der klassische Schuss in den Ofen, wie er bei den ergrünten Gutmenschen systemisch ist. Da wir aber gerade bei der vorbildhaften Lebensweise von Frauen sind, würde mich mal interessieren, warum so viele von Joghurt und Gemüse so übergewichtig sind. Manche von ihnen kann man mit der Silhouette eines Braunbären vergleichen. Man nennt das… Mehr

thinkSelf
1 Jahr her

Warum erklärt dem Typen eigentlich niemand, das seine Selbstentleibung der einzige Weg ist seine eigenen Forderungen zu erfüllen? Das hätte dann auch den Vorteil mit diesem Geschwafel nicht mehr belästigt zu werden.

fatherted
1 Jahr her

Das mit Cowboy und Indianer ist doch überholt….Kids von heute haben meist noch nie einen Western gesehen…..denn auf Netflix und Co. und auf dem PC gibts viel „Besseres“. Also….einfach mal „Klima-Aktivist und Polizei“ spielen…Uhu hat ja jeder daheim…auf dem Spielplatz auf die Rutsche kleben und mit der „Polizei“ gegen wütende Kids die auch gern mal rutschen würden aber wegen „Klima“ nicht dürfen…verteidigen. Oder Schauckel-Gendern….auf der Wippe entscheiden welches Geschlecht und welchen Namen ich heute trage….wie wäre es mit lustigem Migrations-Raten…..Augenzubinden und raten wo der „Gegenüber“ herkommt und welcher Religion er/sie/es angehört….ach ne geht ja nicht….ist ja rassistisch….

giesemann
1 Jahr her

„Die Frauen sollen ihren Männern Sex verweigern, um ihnen zu zeigen, dass ein Würstchen nicht auf den Grill gehört“. Der verständige Mann geht dann eben in den Puff – dort eh bessere Weiber. Und mit einem ordentlichen Steak … . Die Alte schickt er derweil auf Maloche, irgendwer muss das ja bezahlen. Devise: Schränkt euch ein, ihr Hypofertilen, damit sich die Hyperfertilen umso besser ausbreiten können. Und DIE wollen Fleisch und Boliden, doch nicht Lastenfahrrad und Soya. Und wenn ihr nicht von den Rauchschwaden grillender Türkenmänner am Baggersee geräuchert werden wollt, dann müsst ihr zum FKK-Abschnitt gehen, da sind keine… Mehr

Michael Palusch
1 Jahr her

Dumm, dümmer, PETA.
„Sex-Verbot für fleischessende Männer!“
Die bemerken nicht einmal, dass sie damit die Frauen zu reinen Sexualobjekten ohne eigene sexuelle Befürfnisse degradieren.
Die sprechen den Frauen ihre Sexualität dadurch ab, indem sie Implizieren, für Frauen sei Sex nur eine Dienstleistung an die Männer und ohne diese hätten die Frauen ein mindestens ebenso erfülltes Leben.

rainer erich
1 Jahr her

Keine Sorge. Es gibt eine massiv wachsende Gruppe von Herren, die weiterhin Fleisch, wenn auch kein Schweinefleisch, isst und vermutlich trotzdem sexuell aktiv bleibt. An dieser Gruppe in x Miostaerke duerften sich die Erzieher die Zähne ausbeissen. Das ist auch die Gruppe, die sich ihren Islam, der, so der Energieminuster von Qatar, den Umgang mit LGBQT usw. abschließend regelt, nicht wird nehmen lassen. Zumal, wie wir wissen, dieser Islam mit seinen speziellen Regeln zu Deutschland gehoert. Dieses Apodiktum von Merkel und Konsorten geht gerade aktuell immer wieder unter. Unklar ist einstweilen noch, wie dieses Spannungsverhältnis zur Zufriedenheit aller aufzuloesen ist,… Mehr

Johann Thiel
1 Jahr her

Fleischverzicht macht dumm.
Die Studie dazu, sollte anhand prominenter Beispiele nicht allzu schwer zu schustern sein.

G
1 Jahr her
Antworten an  Johann Thiel

Da braucht es keine Studie. Man sieht die Verdummung täglich an dem Mist, den diese Leute verzapfen.

Klaus Kabel
1 Jahr her

Hätte vor Jahren in der Satirezeitschrift „Pardon“ stehen können. Und das Frauen vegane Schlappschwänze bevorzugen, glauben auch nur die gewisse grüne Mannweiber