Olaf Scholz zum Krieg in der Ukraine: „… dass es nicht immer weiter geht“

Olaf Scholz hat im Bundesrat eine Regierungserklärung gehalten. Neu sind seine Positionen zum Ukraine-Krieg. Ansonsten klingt vieles schrecklich vertraut.

picture alliance/dpa | Michael Kappeler

In der alpinen Skifahrt gibt es die Abfahrt und den Slalom. In der Abfahrt geht es auf dem direktesten Weg nach unten, im Slalom müssen die Fahrer die aufgestellten Fähnchen umkurven. Es gibt auch den Riesenslalom mit weit auseinander stehenden Fahnen. Wenn Olaf Scholz (SPD) im Bundestag redet, ist das aber ein Zwergenslalom. Sehr viele Fahnen stehen auf sehr engem Raum und der Bundeskanzler muss allen ausweichen, sodass er kaum einen Meter flüssig nach vorne kommt.

So steht am Ende einer jeden Rede von Olaf Scholz die Frage: Er hat zwar viel gesprochen, aber was hat er eigentlich gesagt? Bei seiner Regierungserklärung zum Treffen des Europäischen Rates ist es wieder so. Der Kanzler betont zwar, dass Deutschland hinter der Ukraine stehe und Russland einen Angriffskrieg begonnen habe. Doch Scholz sagt auch einen bemerkenswerten Nebensatz: Es sei Zeit, auszuloten, „dass es nicht immer weiter geht“ mit dem Krieg.

Nur ein Nebensatz. Nur zwei Meter nach vorne auf der Piste. Doch für Olaf Scholz schon ein Temporausch. Der Kanzler redet im Bundestag von nötigen Friedensverhandlungen. Das könnte mit seinem Parteifreund Dietmar Woidke zusammenhängen. Der Ministerpräsident will in Brandenburg mit den Kriegsgegnern des Bündnis Sahra Wagenknecht koalieren. Deswegen hat er sich an einem liebedienerischen Gastartikel in der FAZ beteiligt, der Friedensverhandlungen fordert. Scholz unterstützt Woidke in der Anbiederung an die Wagenknechts.

Noch mehr Fahnen stehen auf Scholz Weg, wenn er sich zum Thema Israel äußert. Auf die üblichen hohlen Phrasen – „Israel kann sich auf unsere Solidarität verlassen“ – folgt ein echter Scholz: Deutschland habe in der Vergangenheit Waffen an Israel geliefert und es werde in Zukunft Lieferungen geben. Als Politiker spricht vieles gegen den Kanzler. Aber er ist der Alberto Tomba des sprachlichen Ausweichens: Es habe Lieferungen gegeben und es werde Lieferungen geben… Damit drückt er sich davor, dass Israel sich unter der Regierung Scholz eben nicht auf Deutschland verlassen kann. Dass es derzeit eben keine Lieferungen gibt, weil der Kanzler sich wieder einmal von seinen Ministern auf der Nase herumtanzen lässt. Dieses mal von den Grünen Robert Habeck und Annalena Baerbock.

Auch auf die Wirtschaft wirft Scholz einen Blick. Auch hier fährt er Zwergenslalom statt Abfahrt. „Wir sind konjunkturell nicht da, wo wir sein wollen.“ Das ist noch der ehrlichste Satz des Kanzlers. Die EU müsse endlich die Freihandelsabkommen abschließen, über die sie verhandelt. Etwa das mit südamerikanischen Staaten. Das ist noch die am deutlichsten ausgesprochene Forderung des Regierungschefs.

Ansonsten ist Scholz Rede ein Slalom des Ausweichens: Deutschland habe die Industrie nie aufgegeben, anders als andere Länder und man solle mal schauen, wo diese heute stünden. Nun: vor Deutschland. Dessen Wirtschaft schrumpft unter der Ampel, während die Wirtschaft anderer Länder wächst. Sie schrumpft auch deshalb, weil Scholz mit den Grünen immer wieder einem Koalitionspartner nachgibt, dessen eigentliche Agenda das Schrumpfen der Industrie ist.

Apropos Grüne. In den letzten Jahren sei in Deutschland sehr viel liegen geblieben und die CDU habe in der Zeit größtenteils die Verantwortung getragen, sagt Scholz. Nun: In 22 der letzten 26 Jahren hat die SPD im Bund regiert. Mit dem Kanzler Olaf Scholz. Dem Arbeitsminister, dem Generalsekretär der SPD, dem Finanzminister und dem Vizekanzler. Wenn Olaf Scholz sagt, es sei in Deutschland viel liegengeblieben, dann fasst er seine eigene berufliche Laufbahn zusammen. Nicht deutlich. Aber in bestem sprachlichen und scholzischen Slalom-Schwurbel.

Mit diesem Kanzler fährt Friedrich Merz (CDU) Schlitten. Und es fällt ihm nicht schwer. Er erinnert den Kanzler daran, dass sein eigentliches Thema der Europäische Rat gewesen sei. Dessen wichtigstes Thema sei der Kampf gegen die Migration und genau diesem Thema sei Scholz mit seiner Rede ausgewichen. Stattdessen habe er eine Wahlkampfrede gehalten. Dieser Kanzler stehe „mit dem Rücken zur Wand und mit den Füßen am Abgrund“.

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Kommentare ( 16 )

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Privat
11 Minuten her

Scholz und seine Ampel – Nein Danke.
Nur noch die Alternative !

Reimund Gretz
14 Minuten her

Mit immer mehr vom Falschen, wird das nichts mehr in Deutschland!
Immer die gleichen Phrasen, wenn sie im Parlament an den Rednerpult treten!
Der größte Feind der Politiker in Deutschland ist die Realität!
Zum einen spiegelt sich das in dem was die Bürger im täglichen Leben erleben!
Bei #Finanzen, #Wirtschaft, #Sicherheit, #Infrastruktur, #Bildung #Gesundheit #Soziales usw., nichts stimmt mehr!

Thomas
18 Minuten her

Man darf nicht vergessen, daß nur wenige so mutig sind wie Trump. Viele Politiker und Wirtschaftsführer wollen gesund bleiben und ihr Agieren muss man auch unter diesem Gesichtspunkt bewerten.

Last edited 16 Minuten her by Thomas
mediainfo
23 Minuten her

„Der Kanzler redet im Bundestag von nötigen Friedensverhandlungen.“

Bis zum nächsten Besuch in Ramstein.

Wilhelm Roepke
26 Minuten her

Merz braucht gar nicht groß tönen. Geschwurbel zur Ukraine, zur Migration, zur AFD, zur Kernenergie, zur Klimaneutralität, zu von der Leyen, zum Verbrennerfahrzeug.

Freigeistiger
33 Minuten her

Scholz kann zwar Friedensverhandlungen fordern, aber die wird es erst dann geben, wenn die US-Regierung das will. Scholz könnte wohl schon etwas bewirken bzw. anstoßen, doch dazu müßte er wie seinerzeit Schröder aus der Rolle von Koch und Kellner ausbrechen und danach sieht es bisher nicht aus. Immerhin zeigt er mit seiner Weigerung, weitreichende Raketen an Kiew zu liefern, ein gewisses Verantwortungsbewußtsein, weil damit ein unkalkulierbares Eskalationsrisiko einherginge. Vielleicht liegt das auch nur daran, daß die Regierung Biden aus den gleichen Gründen bisher kein grünes Licht gegeben hat. Wie auch immer: Kiew ist dabei, diesen Krieg zu verlieren und je… Mehr

hoho
38 Minuten her

Wenn wir hinter Ukraine stehen dann sehen wir vlt nicht alle Nazi Artefakte, die da sehr verbreitet sind. Sonst hätte man den Eindruck gewinnen sollen, dass die ganze Jagd auf die Rechte und Nazis die man hier seit Dekaden führt, nur ein Theaterstück war, um Kontrolle zu behalten.
Sonst sollte man vlt die Leute fragen ob sie bereit sind an den Krieg gegen Russland beteiligt zu sein und noch dazu Neonazis zu unterstürzen. Noch ein Argument für direkte Demokratie.

GefanzerterAloholiker
39 Minuten her

Ich wiederhole es gerne wieder: lediglich Willy Wimmer hat eine korrekte Einschätzung des politischen Gesamtkontextes.
Die Kennzahl lautet. 1991 haben 82% aller Ukrainer (einschließlich des Westens) FÜR den Erhalt der UDSSR gestimmt.
Der Rest, also über 3 Jahrzehnte, ist Demütigung durch die Angelsachsen. Wie ich so geringschätzig sage, „so dumm muss man erst einmal sein.“ .

Gunter Zimmermann
59 Minuten her

Im Unterschied zu den „ewigen Friedensbewegten“ sage ich klar, dass der Krieg entweder so lange weitergeht, bis die Ukraine endgültig ihre Ziele erreicht hat und Putin klein beigibt, oder ewig andauern wird, da Putin auf jeden Fall den Westen und die westliche Zivilisation vernichten will. Dass der Bundeskanzler das nicht begreift, ist zwar betrüblich, war aber leider zu erwarten.

Lucius de Geer
30 Minuten her
Antworten an  Gunter Zimmermann

Wäre der Westen wirklich bedroht, müsste er sofort auf Kriegswirtschaft umstellen – tut er aber nicht, weil keiner Ihr Szenario ernst nimmt. Die Millionen Ukrainer übrigens auch nicht, welche sich dem Zugriff des Kiewer Regimes entzogen haben.

BK
1 Stunde her

Haben wir eigentlich eine Regierung oder eine Besatzungsmacht, die immer neue Truppen ins Land schickt und noch ein paar Kapitel im Morgenthauplan abarbeiten will? Insgesamt waren die letzten 3 Jahre eine schreckliche Zeit, in der man an allen möglichen Enden der Stadt aufeinander gestapelte Wohncontainer sieht, deren Bewohner keinen freundlichen Eindruck machen. Und es werden immer mehr! Am besten wäre es, wenn die Amtszeiten auf 12 Monate verkürzt werden und schneller gewählt wird. Man sieht ja, wer seinen Job gut macht oder wen man besser nicht mehr wählt.

hoho
47 Minuten her
Antworten an  BK

In GG gibt es den Artikel 120, der fast alles beschreibt, was zu Besatzungsmacht/Vassalentum gehört.
Dieser Artikel ist wahrscheinlich auch einer der Hauptgründe, warum keine Verfassung nach der Vereinigung geschrieben und durch Bürgerbefragung verabschiedet worden ist.

Last edited 34 Minuten her by hoho