Wird Olaf Scholz im Zuge von Neuwahlen Kanzlerkandidat der SPD? Seine Umfragewerte sind verheerend, auch in seiner Partei. Sympathieträger Boris Pistorius hält sich klug zurück. Und dann wäre da auch noch die AfD: Was, wenn Scholz mit Stimmen der AfD-Abgeordneten die Vertrauensfrage gewönne?
Die Auguren verheißen der SPD und deren Kanzler Olaf Scholz nichts Gutes. Derzeit käme die SPD bei der Bundestagswahl aktuell auf 16,0 Prozent, die Union auf 32,0 Prozent, die AfD auf 19,0 Prozent, die „Grünen“ auf 10,0 Prozent, das BSW auf 8,0 und die FDP auf 4,0 Prozent. Das ist der Stand vom 16. November 2024.
Die Prozente für Olaf Scholz sind noch schlechter. Unter 20 abgefragten Politikern rangiert Scholz auf der Skala der Beliebtheit mittlerweile auf Platz 20 – noch hinter AfD-Co-Chef Tino Chrupalla (Platz 18) und Nancy Faeser (Platz 19). Platz 1 nimmt seit einigen Monaten Boris Pistorius (SPD) ein, es folgen CSU-Chef Markus Söder, NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU), CDU-Chef und Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz und Hessens CDU-Regierungschef Boris Rhein. Dahinter folgt SPD-Chef Lars Klingbeil. Dessen Co-Vorsitzende Esken kommt in der Tabelle nicht vor.
Das Institut Forsa kommt am 14. November zum Ergebnis: Die wenigsten wollen Scholz als Kanzlerkandidaten der SPD sehen – auch in der eigenen Anhängerschaft! Der SPD-nahe Meinungsforscher Klaus-Peter Schöppner meint: „Mit Scholz ist die SPD chancenlos.“ Und: In der Partei könnte durch eine Kandidatur von Pistorius zumindest ein „Pflänzchen Hoffnung in einem ansonsten verlorenen Rennen keimen“. INSA-Chef Binkert sagt: „56 Prozent der Deutschen haben eine negative Haltung zu Scholz. Er wird die Stimmung nicht mehr drehen können.“ Besonders brisant sind die Umfragezahlen unter den SPD-Anhängern: So wünschen sich dort 58 Prozent Boris Pistorius als eigenen Kanzlerkandidaten, nur 30 Prozent sind für Scholz. In einer CIVEY-Umfrage sehen insgesamt 69,8 Prozent eine erneute Kandidatur von Olaf Scholz als „eher negativ“ oder „sehr negativ“.
Gewichtige Stimmen gegen einen Kandidaten Scholz mehren sich
Die Zweifel an einem Kanzlerkandidaten Scholz sind nicht taufrisch. Lange vor dem Bruch der „Ampel“ und lange, bevor vorgezogene Neuwahlen ausgerufen wurden, betrachtete – konkret im Juli 2024 – nur ein Drittel der SPD-Mitglieder Scholz als den richtigen Kanzlerkandidaten.
Überhaupt hat Scholz nur noch wenige Truppen hinter sich. Dass sich am 19. November die saarländische SPD-Ministerpräsidentin Rehlinger für Scholz aussprach („Scholz ist der richtige Kanzlerkandidat“), hat wenig Gewicht. Etwas mehr Gewicht hat das Wort des niedersächsischen SPD-Ministerpräsidenten Stephan Weil vom 17. November: Für ihn ist Olaf Scholz der richtige Kanzlerkandidat. Er habe bewiesen, dass er „sehr, sehr starke Nerven hat“, sagt Weil im ZDF. Wenig bis kein Gewicht hat die SPD-Co-Vorsitzende Saskia Esken, die meint, die Kandidatur von Olaf Scholz stehe fest.
Zumindest skeptisch äußerten sich über den Kandidaten Scholz auch die stellvertretende NRW-SPD-Vorsitzende Sarah Philipp, SPD-Urgestein Franz Müntefering (er sieht kein Vorrecht für Scholz) und Juso-Chef Philipp Türmer. Am Sonntag hatten zwei SPD-Bundestagsabgeordnete, Joe Weingarten aus Rheinland-Pfalz und Johannes Arlt aus Mecklenburg-Vorpommern, öffentlich für Pistorius als Kanzlerkandidaten plädiert. „Die Bedenken der Mehrheit der SPD-Mitglieder in meinem Wahlkreis und vieler Bürger, dass Olaf Scholz eben nicht die erste Wahl für die nächste Bundestagswahl ist, teile ich.“
Welche Rolle spielt SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich?
Mützenich ist unangefochtener Vorsitzender der SPD-Bundestagsfraktion. Er ist kein Zuchtmeister wie der legendäre Herbert Wehner, der die SPD-Fraktion von 1969 bis 1983 mit harter Hand dirigierte. Aber Mützenich ist kantig und kann darauf bauen, dass er bei jeder Wahl zum Fraktionschef seit 2019 97 Prozent der Stimmen hinter sich hatte. Deshalb hat sein Votum mehr Gewicht als das Votum einer Saskia Esken oder aller SPD-Bundesminister zusammen. Wenn Mützenich den Daumen senkt, dann ist Scholz politisch Geschichte.
Allerdings verhält sich Rolf Mützenich (65) derzeit wie eine Sphinx. Schon seit geraumer Zeit wird gemunkelt, der NRW-Mann Mützenich könnte nach gut 22 Jahren im Bundestag auf eine weitere MdB-Kandidatur verzichten. Da mag auch eine Rolle spielen, dass Mützenich nach der Wahl 2021 dem Vernehmen nach gern Bundestagspräsident geworden oder als Minister ins Kabinett eingetreten wäre.
Scholz hatte nie Bodenhaftung
Scholz war nie beliebt. „Wer Führung bestellt, bekommt sie“, sagte er einmal, aber niemand glaubte daran. Scholz hatte auch nie das Zeug zum Volkstribun, nicht einmal in seiner eigenen Partei. Als 2019 ein neues SPD-Vorsitzenden-Duo gewählt werden sollte, kam Olaf Scholz (damals schon fast zwei Jahre Bundesfinanzminister und Vize-Kanzler) mit seiner unauffälligen Co-Bewerberin Klara Geywitz auf 22,68 Prozent. Pistorius zusammen mit Petra Köpping übrigens nur auf 14,61 Prozent. In der Stichwahl dann unterlag das Tandem Scholz/Geywitz dem Tandem Esken/Walter-Borjans. Letzterer machte 2021 Platz für Lars Klingbeil.
Was ist Scholz? Scholz ist ein aalglatter Zyniker und Nihilist. Das ist sein „Charisma“, mit dem aber kein Blumentopf zu gewinnen ist. Jetzt will er mit seiner anhaltenden Weigerung, der Ukraine Taurus-Marschflugkörper liefern zu lassen, und mit einem Telefonat mit Putin schnell noch ein paar Pazifisten einsammeln. Schnell noch will er ein paar Stimmen von Frauen-„Rechtlerinnen/Rechtlern“ gewinnen mit einem Gruppenantrag, einen Schwangerschaftsabbruch in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft völlig freizugeben. Nicht vergessen ist der vergessliche Scholz, der sich trotz seiner offensichtlichen Verstrickungen in Hamburger Warburg-/Cum-Ex-Bankenskandale an nachgewiesene Treffen mit Skandalbänkern nicht erinnern will.
Neuer Liebling Boris Pistorius
Auch als Verteidigungsminister kann man im Ansehen kaum einen Blumentopf gewinnen. Pistorius ist das trotzdem gelungen. Er hat in der Truppe mit seiner Ernennung Anfang 2023 schnell Fuß gefasst, gilt auch außerhalb der Bundeswehr als Macher und als geradlinig. Als Nach- bzw. Nachnachnachfolger von Verteidigungsministerinnen, vor allem einer Ursula von der Leyen (CDU) und einer Christine Lambrecht (SPD), war das allerdings auch keine große Kunst.
Nach einer Forsa-Umfrage hätte Pistorius selbst bei einer hypothetischen Wahl zwischen ihm und CDU-Mann Merz die Nase vorn. In dem Zweikampf gaben 39 Prozent aller Wahlberechtigten an, sich für Pistorius zu entscheiden, nur 25 Prozent sprachen sich für Merz aus. Selbst unter den Anhängern der Union würden sich 22 Prozent für Pistorius entscheiden. Merz hingegen kann nur 59 Prozent der eigenen Anhänger überzeugen. Das heißt: Die CDU muss sich weiter einen strauchelnden Kandidaten Scholz wünschen. Pistorius selbst hält sich derweil klug zurück.
Kann die AfD Scholz stützen und damit endgültig stürzen?
Nur mal ein Gedankenexperiment, das offenbar als Sorge bereits in der SPD angekommen ist: Was tut Scholz, wenn er am 16. Dezember die Vertrauensfrage mit Stimmen der AfD übersteht? Laut dem Nachrichtenmagazin Politico wollen bei der Vertrauensfrage am 16. Dezember einige AfD-Abgeordnete offenbar für Kanzler Olaf Scholz (SPD) stimmen. Demnach soll sich unter anderem der AfD-Abgeordnete Jürgen Pohl in einer internen Telegram-Nachricht entsprechend geäußert haben.
Auf Nachfrage habe er diese Entscheidung bestätigt, schreibt Politico. Wie viele Abgeordnete sich Pohl anschließen, ist noch unklar, die Parteispitze spricht sich allerdings dagegen aus, Scholz das Vertrauen zu schenken. Sollte Scholz die Vertrauensfrage mit Stimmen der AfD überstehen, müsste er zurücktreten, denn ein Kanzler von AfD-Gnaden kann er ja nicht sein. Für dieses Szenario hat sich die SPD mittlerweile einen Trick ausgedacht: Die SPD-Fraktion würde sich dann der Stimme enthalten. Denn eine Enthaltung würde bei dieser Abstimmung wie eine Nein-Stimme gewertet.
Diesen Weg der Enthaltungen sind SPD-Abgeordnete bereits 2005 gegangen, als Gerhard Schröder eine Auflösung des Bundestags anstrebte. Das Ergebnis damals wie heute: Dann gibt es erst mal keinen SPD-Kanzler mehr.
Update 12:30 Uhr: SPD plant noch am Dienstag Krisengipfel zur K-Frage
Am Dienstagabend Schaltkonferenz der sogenannten engeren Parteiführung (BILD) mit den Teilnehmern Saskia Esken, Lars Klingbeil, Matthias Miersch und den fünf stellvertretenden SPD-Vorsitzenden. Wenn die Schaltkonferenz stattfindet, ist Scholz laut Plan auf dem Rückflug vom G20-Gipfel in Brasilien nach Berlin.
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Ein Affenvolk wählt stets den Stärksten und Besten zum Anführer. Bei den Menschen muss das nicht immer so sein.
Wenn Pistorius nachdenkt, – und das wollen wir ihm mal unterstellen – dann lässt er Olaf Scholz selbst die Früchte seines Regierungshandelns einfahren.
Wir dann eine Nicht-WEF-Marionette Bundeskanzler? Frage für einen Freund.
soeben im TV:
Scholz:
Es sei eine große Ehre, Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland zu sein. Er sei vom Volk gewählt…
Habe ich irgendetwas versäumt? Seit wann wird der Kanzler vom Volk gewählt?
Noch während die SPD und unsere Medien das große Theater-Stück „Haltet den Dieb!“ aufführen, in dem die FDP den Koalitionsbruch ja viel länger geplant haben soll, als die SPD und Grünen bei ihrem Rauswurf mit verbalem Tiefgriff, meucheln sie hinterrücks ihren gerade erst aus dem Jenseits von den Toten erwachten Kanzler vor aller Augen. Es folgt darauf dann alsbald das Kunststück, zu erzählen, dass Scholz ja freiwillig zurückgetreten ist und er keineswegs, wie Lindner, von seiner SPD vor die Tür gesetzt wurde und das natürlich nicht für den Fall des Falles angesichts der ständigen Umfragewerte von langer Hand geplant wurde.
Seinen Abgesang hat er ja klar und deutlich dementiert und er hat in Bezug auf das Mißtrauensvotum keine schlechte Ausgangslage und könnte durch das Verhalten anderer Parteien zur Fortsetzung der Koalition führen, bis zum natürlichen Abgang Ende 2025, was zwar nicht gut ist, aber immer noch besser als mit den „Schwarzen“ die noch im derzeitigen Auftrag handeln. Warum soll er es sich nehmen lassen, nicht alle Möglichkeiten auszuschöpfen, denn der vielgepriesene Nachfolger hätte keine bessere Ausgangslage, denn auf die Vorstellung des Wählers kann man sich nicht verlassen, weil bis Ende des nächsten Jahres noch Ereignisse eintreten können, die jede Vorstellungskraft… Mehr
Davon abgesehen dass ich Scholz in der Wählergunst auch für „verbrannt“ halte: Vielleicht ist ein wichtiger Grund, ihn jetzt absägen zu wollen, seine zögerliche Haltung bezüglich der Eskalation des Ukraine-Krieges, die nun offenbar schnell vorangetrieben werden soll. Eine zögerliche Haltung, von der ich den Eindruck habe dass sie möglicherweise sogar teilweise auf persönlichen Überzeugungen beruht.
Diese Pistorius-Mania ist doch ein Strohfeuer, erinnert mich an den kommenden Kanzler Martin Schulz. Pistorius ist aktuell in einer Position, als Nachfolger von Damen, deren Wirken man als Totalausfall bezeichnen kann, in der es vergleichsweise einfach ist, sich als entschieden und ein bisschen martialisch zu inszenieren. Mehr nicht.
Aus diesem dünnen Umstand wird hier medienweit; und viele Menschen folgen dieser Idee; ein politischer Hoffnungsträger herbeigeredet. Wir haben auch eine Krise des Urteilsvermögens und der Vernunft.
„Der beliebteste Politiker“ ???? Eine Person, vor nicht allzu langer Zeit noch völlig unbekannt, ist jetzt an Beliebheitsspitze? Wer steuert diese Angaben, mich hat jedenfalls niemand nach meiner Meinung gefragt. DER wer es jedenfalls nicht gewesen.
Ein reines SPD Problem. Dieses Land kann sich SPD, CDU, Grüne, FDP, Linke keinen einzigen weiteren Tag mehr leisten…
Mit einer CDU/CSU – egal, unter wem – oder SPD unter allen außer Scholz wird der Kriegsschauplatz aus der Ukraine weiter nach Westen in Europa verlegt: Versorgungsknoten, Leitstände, Waffenproduktions- und -lagerstätten. Das heißt für Deutschland überhaupt nichts Gutes. Analog zu Karthago, das drei Kriege führte. Merz scheint sich in Oberbayern sehr sicher zu fühlen. Die Russen werden die aktuelle israelische Kriegführung sehr genau analysiert haben. Und: Denen ist bei ihrem riesigen Land egal, was hier übrigbleibt. Der USA, China und Indien auch.
Um diese Personalfrage etwas dynamischer anzutreiben:
Saskia, Nancy und Helge sind auch noch da. Wenn, dann gleich richtig.